Swami Omkarananda

Gedanken zum Tag

August 1995

 

Kalender Jan2000



 

1. Tag

Mache dir die Überwindung der Zeit zum Ziel! Wenn du intensiv glücklich bist, befindest du dich in einer Art Zeitlosigkeit. Zwei Stunden vergehen wie im Flug. Du verlierst den Sinn für die Zeit, wenn du in etwas vertieft bist. Doch ist diese Erfahrung nicht mit der Erfahrung des Zeitlosen vergleichbar. Das Zeitlose zu erfahren bedeutet, eine unbeschreibliche Freude zu erfahren. Diese Freude hat weder Anfang noch Ende. Es ist eine Freude, die in sich all die zahllosen Möglichkeiten des Selbstausdrucks grenzenloser Freude trägt.

2. Tag

Durch beständige Reinigung des inneren Wesens, durch Mantrawiederholung und Entfaltung der Hingabe ans Göttliche, durch andauerndes und ausdauerndes Dienen und Opfern um des Göttlichen willen kommt man der Erfahrung der zeitlosen göttlichen Wirklichkeit immer näher.

3. Tag

Die Wissenschaft, besonders die Physik, bemüht sich sehr, das Wesen von Raum und Zeit zu ergründen. Der geistige Mensch führt ein Leben, das über die wissenschaftliche Zielsetzung hinausgeht. Schweigend transzendiert er Raum und Zeit, wird zum Herrn über Raum und Zeit. Die Intelligenz nimmt keinen Raum ein. Sie ist subtiler als der Raum. Bewusstsein ist weiter als der Raum; es ist alldurchdringend, hat unendliche Dimensionen und alle Universen sind nicht einmal ein Staubkorn in seiner unermesslichen Weite.

Wenn dein inneres göttliches Wesen sich Seiner Selbst bewusst wird, wirst du feststellen, dass du dich ins Unendliche ausgedehnt hast, denn dein inneres göttliches Wesen ist raum- und zeitlos.

4. Tag

Raum und Zeit werden in der inneren Erfahrung transzendiert, man wird zum Herrn über Raum und Zeit und überwindet somit alle Probleme, die sich aus dem Raum-Zeit-Prozess heraus entfalten.

5. Tag

Wer der Zeit unterworfen ist, hat viele Sorgen. Die Freunde und Verwandten sterben; darüber hinaus richtet die Zeit noch allen möglichen Schaden an.

Jene aber, die die Zeit überwunden haben, sind wirklich gesegnet und dem Göttlichen am nächsten. Wer das Göttliche erfährt, erreicht den zeitlosen Zustand, gewinnt das überfließende ewige Leben, und da gibt es keine Probleme mehr.

 

6. Tag

Das Ewige steht über Raum und Zeit und ist deshalb allvollkommen. Es ist der gesegnetste und wünschenswerteste Zustand.

Strebe die zeitlose Erfahrung an, die identisch ist mit der göttlichen Erfahrung. Doch ohne Reinheit des Herzens ist dies nicht möglich! Reinheit ist dasselbe wie Hingabe und Liebe zu Gott. Reinheit ist dasselbe wie Erkenntnis Gottes und Weisheit.

7. Tag

Wenn du in der Weisheit und Erkenntnis Gottes oder des Ewigen verbleibst, dann hast du Reinheit. Reinheit gibt dir große Freude an den geistigen Übungen und erhebt deine Erfahrungen auf eine höhere Ebene. Deshalb ist Reinheit sehr wichtig. Auch die Bibel betont die Bedeutung der Reinheit: "Gesegnet sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen!"

Das Göttliche erkennen heißt, zeitlos werden oder in anderen Worten: das ewige Leben erlangen. Fahre also fort, das Mantra zu wiederholen, und wende Herz und Intelligenz immer wieder dem Göttlichen zu.

8. Tag

Fürchte dich nicht vor der Zeit! Zeit und Raum müssen transzendiert, Begrenzungen überwunden werden. Wo Zeit und Raum herrschen gibt es überall nur Grenzen. Wenn du in Raum und Zeit lebst, gibt es einen Ort, an dem du dich aufhältst, und andere Orte, die sich von diesem unterscheiden. Hier beginnt schon das Problem.

Raum und Zeit zu überwinden ist das Ziel des geistigen Lebens.

9. Tag

Die zeitlose Ewigkeit ist das Licht der Lichter, das unbegrenzbare Licht, das allem Licht im Raum und in der Zeit verborgen zugrundeliegt.

 

10. Tag

Hier und jetzt kann der Mensch Raum und Zeit transzendieren. Darin liegt seine Größe.

11. Tag

Wenn du dich bemühst, Raum und Zeit zu überschreiten, wird dir dieses Vorhaben im Einklang mit der Gnade Gottes sehr leicht fallen - einfach, indem du die mystischen Mantras wiederholst.

Nimm dafür das Beispiel eines Menschen, der sich hart abarbeitet, um tausend Franken im Monat zu verdienen, während ein anderer einfach, ohne etwas zu tun, einige Millionen erbt. So auch scheint es im Fall des geistigen Menschen zu sein: Indem er den Einen anruft, der Urheber aller Millionen, Quelle allen Reichtums und aller erdenklichen Schätze ist, und sonst gar nichts zu tun scheint, erbt er Millionen.

So rufe das Göttliche an - durch das Göttliche, im Göttlichen, denn die Mystischen Mantras sind das Göttliche und offenbaren dir, was sie sind: das Göttliche.

12. Tag

Wenn du dich der zeitlosen Wirklichkeit, dem Ewigen, zuwendest, verliert auch die Intelligenz ihre Begrenzungen, und höhere, im inneren Wesen ruhende Kräfte der Wahrnehmung beginnen zu wirken. Das Wirken dieser Wahrnehmungskräfte wird von einigen Intuition genannt, während andere von Erleuchtung sprechen. Doch wie immer wir es nennen, es ist die Fülle der Intelligenz, einer Intelligenz, die sich, von Begrenzungen befreit, über Irrtum und Unwahrheit erhebt.

13. Tag

Ein geistiges Leben ist ein überwissenschaftliches Leben, das einzige Leben, in dem die Vernunft vervollkommnet und von ihren Begrenzungen befreit ist. Im Gegensatz dazu haben die traditionellen Religionen die Vernunft aus dem geistigen Leben verbannt, mit dem Ergebnis, dass die Religionen allgemein belächelt werden. Eine Religion, die sich in Gestalt von Dogmen präsentiert, lässt einen denkenden Geist schnell Abstand nehmen. Diese Rechtfertigung und Einengung des geistigen Lebens durch Dogmen sollte bald einmal ein Ende haben, dann wird die Menschheit ein neues Leben in Frieden, Kraft und geistiger Entwicklung finden.

14. Tag

Dogmatische Konzepte, die stets im Widerspruch zur Vernunft stehen, sollten vermieden werden. Das geistige Leben muss mit frischen Augen gesehen und auch praktiziert werden. Es sollte sich auf das beziehen, was es ist: ein Leben in höherer Vernunft, ein Leben in wirklicher Wissenschaft. Es ist die beste Lebensweise, die die Menschheit anstreben kann.

15. Tag

Durch ständige Mantrawiederholung versucht der geistige Mensch, sich immer auf den höchsten Rhythmus, der das Göttliche ist, einzustimmen. Obwohl diese Übung von der Natur der Hingabe ist, führt sie doch zur höchsten Vernunft.

16. Tag

Das Leben eines weltlichen Menschen ist nur zu drei bis vier Prozent von Vernunft geleitet, und selbst dieser geringe Anteil an Vernunft wird noch zu niederen Zwecken verwendet.

Die Vernunft findet ihre wahre Würde nur bei einem geistigen Menschen.

17. Tag

Überall im menschlichen Bereich hat die Vernunft den Instinkten, Impulsen und natürlichen Anforderungen der physischen Existenz zu dienen. Die Vernunft ist dazu da, um zu forschen, zu analysieren, zu verstehen. Unglücklicherweise wird die Vernunft gewöhnlich nur dazu verwendet, um die körperliche Existenz zu erhalten und zu gestalten. Die Vernunft wird gänzlich daraufhin trainiert, jene Funktionen auszuführen, die nötig sind, um dem Menschen den materiellen Wohlstand zu sichern; auf den einfachsten Nenner gebracht heißt das: Brot und Komfort. Das ist alles, wozu die Vernunft im Leben der Menschen im Allgemeinen gebraucht wird.

18. Tag

Nur der geistige Mensch kontrolliert seine niederen Impulse. Darum kann sich die Vernunft von der Sklaverei der niederen Impulse losmachen und erwirbt so die Freiheit, ihre natürlichen und fundamentalen Funktionen auszuführen.

Die Vernunft des geistigen Menschen stellt fragen wie: "Was ist das Leben? Wer bin ich? Warum wurde die Welt erschaffen? Wer erhält die Welt? Was ist der Ursprung des Universums? Warum bin ich ein Mensch? Was sind die Grenzen der menschlichen Natur? Wie kann ich sie überwinden? Warum sind die Menschen unglücklich? Warum müssen die Menschen sterben? Was ist Religion? Was ist Gott? Was ist Wahrheit? Was ist Gerechtigkeit? Was ist Schönheit? Was ist Glück? Was ist der Urquell des Glücks?"

19. Tag

Ein von der Vernunft geleitetes Leben ist auch das schönste Leben, ist ein glückliches Leben, es ist ein Leben, das von den Zwängen der niederen Natur befreit ist. Wer die Natur gemeistert hat, nähert sich dem Göttlichen.

20. Tag

Was wollte Jesus mit den Worten "Ich habe die Welt überwunden!" sagen? Warum sollte er die Welt überwinden wollen? Weil die Welt voller Unvollkommenheiten und Begrenzungen ist. Diese Welt ist eine Welt der Körper und somit eine Welt von Freude und Schmerz, Wahrheit und Unwahrheit, eine Welt des Schönen und des Hässlichen, des Guten und Schlechten, eine Welt, in der es nicht nur Gesundheit, sondern auch Krankheit gibt, in der Leben nicht nur geboren, sondern auch vom Tod verschlungen wird. Es ist eine fehlerhafte Welt, eine irrationale Welt, eine Welt der Täuschungen. Es gibt so viele Trugbilder im täglichen Leben, doch wenn wir unsere Vernunft anwenden, können wir sie entlarven. Diese Trugbilder machen die Welt zu etwas nicht Wünschenswertem, zu etwas, in dem man nicht gefangen sein sollte. Darum sagte Jesus: "Ich habe die Welt überwunden!"

21. Tag

Wie konnte Jesus die Welt überwinden? - Durch Einheit mit dem Vater! Wer ist der Vater? Ist er ein Mann wie andere Väter? Wenn er es ist, dann ist er von begrenzter Form und wird sterben. Ein solcher Vater ist hier nicht angesprochen. Hier ist mit Vater jemand gemeint, der unendlich und absolut ist, jemand, der alles Geschaffene erhält.

Wenn der ganze Kosmos das Kind ist, dann ist Gott der Vater. Die Wahrheit, das Absolute, das Unendliche ist der Vater. Vom unendlichen Vater ist der endliche Kosmos entsprungen. Der Vater ist also das Höchste.

 

22. Tag

Die Menschheit im Allgemeinen lebt ein instinkthaftes Leben. Obwohl sie ihre Aktivitäten um vieles verbessert hat, sind sie im Wesentlichen die Gleichen wie bei den Tieren. Die Menschen sind ein Teil des Tierreichs, und solange sie das sind, wird es Gefängnisse, Krankenhäuser, Gerichtsinstanzen, Soldaten, Polizei, Probleme, Unglück, Ungerechtigkeiten, Angst und unlösbare Konflikte geben.

Erst wenn sich die Menschheit über die instinktive Ebene erhebt, kann sie mehr Ordnung, Harmonie und Zusammenhang schaffen.

23. Tag

Ein Mensch, der sich selbst beherrscht, beherrscht die Welt, überwindet die äußere Welt. Die Vernunft, die zu ihrer wahren Funktion erwacht ist, verfeinert und erleuchtet das menschliche Leben und hebt es empor. Ein Leben der Vernunft bringt dich dem Göttlichen näher.

Die gleiche Logik, die dich befähigt, das instinkthafte Leben zu transzendieren und dauerhaften Frieden und dauerhafte Freude zu finden, wird dich auch befähigen, dich zu einem Leben in der höchsten Vernunft, welche die unwandelbare letzte Wahrheit ist, zu erheben.

24. Tag

Was sich verändert, kann nicht Träger der wahren Vernunft sein. Was sich verändert, kann unlogisch und unzuverlässig sein. Auf ein sich stets änderndes Denken ist kein Verlass. Deshalb sagt die Vernunft: "Lass mich nach dem unveränderlichen Geist Ausschau halten!"

25. Tag

Nur ein geistiger Mensch ist ein wirklich vernünftiges Individuum. Er hat eine durchdringende Vernunft und lässt sie nicht ruhen, solange er nicht die höchste Wahrheit entdeckt hat. Mit ihr hat er ein Prinzip entdeckt, in dem es keinen Widerspruch gab, ein Ding, das sich nie ändert, das allvollkommen ist - das Göttliche. Es ist überall, und überall kann man Verbindung mit Ihm aufnehmen. Es kann überall und jederzeit erfahren werden.

 

26. Tag

Nach dem Wirklichen zu suchen, den Tod zu überwinden, die instinktive Natur zu besiegen und die menschliche Natur zu transzendieren, das ist das erstrangige Ziel des spirituellen Lebens.

27. Tag

Wirklich vernünftig ist nur jener, der ein geistiges Leben führt. Alle anderen Lebensweisen sind unvernünftig. Die Vernunft, die nur materiellen Zwecken dient, geht fehl, denn die Materie verändert sich, versagt und schafft Täuschungen.

28. Tag

Wir leben nicht in einem Reich der Materie, sondern im Reich der Vernunft, der höchsten Vernunft, im Geist, in der Wahrheit. Unser Problem ist kein materielles Problem, es ist ein spirituelles Problem. Alle Probleme des Lebens können auf ein Problem reduziert werden: das spirituelle Problem.

Die Frage ist: Tendiert der Mensch in Richtung absolute Glückseligkeit oder nicht? - Wenn er es tut, wird er sich zum Meister des Lebens emporschwingen und das Göttliche erfahren. Tut er es nicht, wird er zahllose Tage des Unglücklichseins erleben, nur hie und da ein wenig durch einen kleinen Erfolg oder eine kleine Freude unterbrochen.

 

29. Tag

Entwickle die Kraft der Vernunft! Nimm das Leben nicht unkritisch hin! Frage und prüfe! Eine Religion, die sagt: "Glaube, dann wirst du erlöst, wenn nicht, wirst du verdammt!" ist eine falsche Religion. Sie wird nie imstande sein, die Menschheit zu befreien, sondern wird ihr im Gegenteil großen Schaden zufügen.

30. Tag

Die wahre Religion ermutigt stets die Entwicklung der Vernunft, während die falsche vor ihr Angst hat und anderen ihren eigenen Standpunkt aufzwingt. Sei also kritisch, analysiere, wende deine Vernunft an!

Gott ist höchste Vernunft. Gott ist die unwandelbare Wahrheit. Du kannst nicht anders, als Ihn zu erfahren. Du brauchst auf deinem Weg zu Gott nicht durch die Unwahrheit gehen. Mit offenen Augen kannst du das Göttliche wahrnehmen. Mit klarer Vernunft musst du das Göttliche erkennen. Wer von dir verlangt, dass du die Vernunft fallen lässt, kann dich irreführen und dir falsche Ziele vorgaukeln.

 

31. Tag

Da Gott Vernunft und Wahrheit ist, muss Er durch Vernunft und Wahrheit erfahren werden. Wenn die Vernunft aufrichtig und ernst in ihrer Suche ist, wird sie mit Sicherheit die Wahrheit oder die höchste Vernunft, die Gott ist, entdecken. Sei also kritisch, und überwinde durch das Wirken der Vernunft die Begrenzungen des menschlichen Lebens; und durch das Wirken der Vernunft erkenne die Wahrheit.

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August 1995

Monatliche Zeitschrift,
Jahrgang 20, Nr. 226

Herausgeber: Omkarananda Ashram
Anton-Graff-Strasse 41
CH 8400 Winterthur

Tel: 052 - 202 19 03

Druck und Versand:
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CH 8400 Winterthur

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