Swami Omkarananda

Gedanken zum Tag

Mai 2015

Kalender Jan2000



1. Tag

Erfahre die wahre Welt des Göttlichen, transzendiere die Welt der Sinneswahrnehmungen! Du lebst in Irrtum und Sünde, solange du die Welt durch die Sinne erfährst.

Du lebst in Vollkommenheit und Freude, wenn du im Herzen des Königreichs des Himmels lebst.

Erzeuge deshalb immer wieder das machtvolle Gefühl, in der Gegenwart des Göttlichen zu sein. Jenes Leben, das die Schau des Göttlichen hat, ist ein gesegnetes Leben. Halte dir deshalb stets die Schau des Göttlichen vor Augen und arbeite hart, um Gott zu erfahren.

2. Tag

Das höchste Prinzip in dir ist das Bild Gottes, die Seele deiner Seele, und von ihm wirst du niemals getrennt werden.

Der Tod beendet das Leben des Körpers, aber bringt keine Veränderung in dir hervor.

Je näher du dieser größeren Wirklichkeit in dir bist, desto stärker bist du im Leben und wirst zum Meister deines Lebens. Je besser du die Welt deiner Gedanken und Gefühle beherrschst, desto besser beherrschst du die Welt deiner Aktivitäten.

Deine Unwissenheit, welche die Ursache für so viele Unstimmigkeiten im Leben ist, wird langsam verschwinden, wenn die Erkenntnis des unwandelbaren Prinzips in dir immer stärker wird.

Dieses unwandelbare Prinzip ist das unsterbliche Prinzip.

In dir wohnt ein unsterbliches Wesen, das du in der Tat selber bist.

3. Tag

Alles, was nicht unsterblich ist, verschwindet, und niemand sollte unglücklich sein wegen etwas, das vergeht.

Das, was nicht vergeht, das, was dein ewiger Schatz ist, das ist der Schatz der Schätze, das Herz des Herzens.

Dieser Schatz war, bleibt und wird immer sein.

Komme der Erfahrung dieses Prinzips in dir näher, sei es durch mehr Verstehen, durch mehr Liebe, durch mehr Weisheit, durch mehr Reinheit, durch Gebet oder Meditation.

Es spielt keine Rolle, auf welchem Weg und mit welcher Methode du es versuchst. Entscheide dich für einen Weg und nähere dich diesem zeitlosen, wandellosen Prinzip in dir!

4. Tag

Was geschieht, wenn unser Herz rein ist, wenn ein großes Gefühl der Hingabe von uns Besitz ergreift? – Unser ganzes Sein und Wesen ist dann ausschließlich dem Göttlichen hingegeben, sodass wir ganz bewusst eins mit Gott werden.

Diese Vereinigung geschieht von selbst, und wir erfahren Gottes Zeitlosigkeit und Raumlosigkeit hier und jetzt.

Wenn wir dazu bereit sind, geschieht Gotterfahrung so mühelos und einfach, wie der Schlaf sich einstellt.

5. Tag

Die Welt ist aus Liebe erschaffen. Diese Welt ist Gottes Welt.

Sie wurde durch seine Liebe erschaffen und wird durch seine Liebe erhalten.

Liebe bedeutet Gott in Wirksamkeit. Gott, wie Er sich offenbart, ist Liebe. Das Licht Gottes ist Liebe im Selbstausdruck. Wo wirkliche, makellos göttliche Liebe durch eine menschliche Persönlichkeit zum Ausdruck kommt, sehen wir etwas vom Reich Gottes offenbar werden.

Liebe ist Licht, Schönheit, Güte, Frieden, Weisheit, Wahrheit, Gott. Sie ist wie das weiße Licht, das sich in die herrlichen Farben des Regenbogens aufteilt. Die Natur wird durch die verborgene Schönheit Gottes, der Mensch im Bilde der Wahrheit erschaffen.

Die Welt ist deshalb voller Uneinigkeit und Ruhelosigkeit, voll von Kriegen und Problemen, voll von Sorgen und Nöten, Elend und Jammer, weil die Liebe aus dem menschlichen Leben verbannt wurde.

6. Tag

Der Mensch ist unwissend in Bezug auf die unendliche göttliche Wirklichkeit. Er weiß vielleicht alles über Computer, die Erde oder was ihm im täglichen Leben begegnet, aber er ist total unwissend, was Gott anbelangt. Er lebt in der finsteren Welt der Unwissenheit, und auch wenn er große Bildung besitzt, ertrinkt er doch in einem Ozean spiritueller Unwissenheit. Er kennt die Wirklichkeit nicht, die ihm Unsterblichkeit verleiht. Er sieht die Wahrheit nicht, er lebt in der Dunkelheit der Unwissenheit.

Der Guru löst diese Dunkelheit auf. Er ist selbst die höchste göttliche Wirklichkeit. Obwohl er in dieser Welt lebt, lebt er doch nicht in ihr; seine ganze Intelligenz ist erfüllt mit dem Licht der Gotterkenntnis. Er ist der Träger des göttlichen Lichts. Er löst die Dunkelheit geistiger Unwissenheit auf. Diese Unwissenheit ist die Ursache allen Unglücks und aller Begrenzungen; ist sie einmal zerstört, verschwinden diese.


7. Tag

Die höchste Gottheit ist überall, aber der gewöhnliche Mensch sieht sie nicht, deshalb sein Unglück, deshalb seine Begrenzungen, Ängste, Probleme und Sorgen.

All diese verschwinden durch die Gnade des Guru. Er ist der Zerstörer der Unwissenheit. Er ist der Bringer des Lichts, des göttlichen Lichts.

Er ist das höchste Licht, das unbegrenzbare, endlose Licht, das die Dunkelheit der Unwissenheit auflöst. Die Meditation über die höchste göttliche Wirklichkeit, die innerliche Verehrung des Guru und die Kontemplation über ihn, befreien den Menschen und führen ihn zur Erfahrung der Wahrheit.

Der Guru ist egolos – ein schweigender Zeuge aller Geschehnisse.

8. Tag

Was bleibt, wenn es kein Ego mehr gibt? – Das göttliche Bewusstsein bleibt! Ein Mensch ohne Ego ist Gott ähnlich. Gott mit Ego ist Mensch, Mensch ohne Ego ist Gott. Ein solcher Mensch ist wie im Tiefschlaf. Für ihn ist es, als ob nichts geschähe. Er hat keine Ahnung davon, ob er im Gefängnis oder auf dem Thron eines Kaisers sitzt. Es ist alles gleich für ihn: Er hat nur eine einzige Wahrnehmung, die Wahrnehmung des einen göttlichen Lichts.

Der Guru ist so eine egolose Person. Sein Bewusstsein ist im Einklang mit dem göttlichen Bewusstsein, welches sich nicht ändert, welches immer das gleiche ist.

Die erste Bedingung, um ein wahrer Guru zu sein, ist Egolosigkeit. Wo kein Ego ist, da ist keine Selbstgerechtigkeit, kein Selbstinteresse, somit auch keine Ausbeutung und Unterdrückung anderer.

Der Guru sieht keinen Unterschied zwischen sich und denen, die ihm nachfolgen.

9. Tag

Auch der Guru arbeitet, aber er arbeitet wie im Schlafzustand. Im Schlafzustand erledigt er alle Angelegenheiten des täglichen Lebens. Sein Bewusstsein ist im göttlichen Sein verwurzelt. Alle seine Arbeiten sind wunderbar, aber nichts davon bleibt in seinem Herzen hängen. Keine Arbeit hinterlässt in seinem Bewusstsein eine Spur. Es ist, wie wenn man Worte auf Wasser schreibt. Nichts in seinem Leben und seiner Erfahrung verändert sein Bewusstsein.

Der gewöhnliche Mensch wird ständig von seinen Erfahrungen geprägt, er ist ein Spielzeug in den Händen seiner Emotionen.

Der Guru bleibt derselbe inmitten aller Emotionen, inmitten aller Gedanken. Welche Gedanken auch immer aufsteigen, sie verschwinden wieder, ohne einen Eindruck zu hinterlassen. Er bleibt dasselbe weiße Licht in allen Erfahrungen: Das ist der Prüfstein für den Guru. Er ist schweigender Zeuge und wird von nichts berührt.

10. Tag

Der weltliche Mensch lässt sich in alles hineinziehen.

Er ist voller Gefühle und Gedanken, die ihn beherrschen. Er wird zu den Gedanken, die in ihm aufsteigen. Er kann seine Individualität, seine Freiheit, seine Abgeschiedenheit nicht bewahren.

Der Guru aber steht über den Gefühlen. Er ist Zeuge aller Umstände und Zustände.

Der gewöhnliche Mensch ist Spielzeug all dessen, was er beobachtet, und deshalb ist er Unreinheiten, gegensätzlichen Erfahrungen, Problemen, Schwierigkeiten, Zweifeln und Misstrauen ausgesetzt.

Der Guru bleibt in allen Umständen der Gleiche; er hält seine Aufmerksamkeit auf das Göttliche gerichtet.

Der Guru hat den Frieden grenzenloser Liebe gefunden.

11. Tag

Die Seele des Guru ist weiter als der Kosmos, identisch mit der höchsten Wirklichkeit. Sein Bewusstsein ist immer aktiv, es ist jenseits des Körpers, jenseits des Universums, jenseits von Raum und Zeit. Auch wenn es sich in Raum und Zeit aufhält, dehnt es sich aus und transzendiert Raum und Zeit. Es ist weit und unermesslich, es ist todlos. Ein solches Bewusstsein ist der Guru.

In ihm hat die Seele ihre unbegrenzbare Ausdehnung erreicht. Seine Intelligenz erstreckt sich in die Weite des unendlichen Parabrahman – der höchsten Wahrheit, der transzendenten Wahrheit. Selbst während der Guru spricht, umhergeht oder arbeitet, ist sein ganzes Bewusstsein überallhin ausgedehnt, seine Seele ist befreit, er wohnt in der Todlosigkeit, in einer leuchtenden Welt göttlicher Gedanken. Er hat den Frieden grenzenloser Liebe gefunden, sowie das Schweigen, das aus unbegrenzbarer Weisheit und Erkenntnis hervorgeht.

12. Tag

Das Herz des Guru ist Gottes Wohnort, sein unzerstörbares Heiligtum. Wenn der Körper des Gurus vergeht, bleibt dieser Schrein des Herzens trotzdem bestehen, ohne vom Tod des Körpers berührt zu werden, außer, dass er vielleicht noch leuchtender wird. Und das Göttliche wohnt für immer darin. Das ist das wirkliche Leben des Gurus, das ist seine Biographie. Es gibt keine äußere Biographie. Was soll man auch über den Guru berichten? – Äußerlich gesehen gibt es nichts zu sagen: Keine Ereignisse, über die man schreiben könnte; nichts ist an der Oberfläche sichtbar. Das ganze Leben findet innerhalb des Herzens statt, und sein Herz ist weiter als der Himmelsraum, sein Bewusstsein transzendiert die ganze Schöpfung.

Nur jener, der dieses innere Leben kennt, kennt den Guru.

13. Tag

Das Leben des Guru ist für niemanden sichtbar. Jemand, der denkt, er könne das Leben des Guru beobachten, weil der Guru mit ihm arbeitet, weil er sieht, wie er sitzt, isst und herumgeht, täuscht sich sehr.

Das Leben des Gurus spielt sich völlig innerhalb des Herzens ab. Es ist eine leuchtende Welt, welche die Wahrheit in sich trägt, welche sich der Dimensionen der Wahrheit erfreut und in den Dimensionen der Wahrheit lebt.

Der Guru ist eine unsichtbare Persönlichkeit mit einer Seele, die ohne Grenzen ist. Wenn der ganze Kosmos und der weite Himmelsraum sein Grab wären – sie könnten ihn nicht fassen. Sein inneres Bewusstsein weilt immer jenseits der Grenzen des erschaffenen Universums. So wie der gewöhnliche Mensch seines Körpers gewahr ist, so ist der Guru der Wahrheit gewahr; so wie der Mensch an seinen Körper gebunden ist, so ist der Guru an die Wahrheit gebunden.

14. Tag

Wir sind Gott nicht untreu, wenn wir verschiedene Namen verwenden, um Ihn anzurufen. So können wir auch dem Guru nicht untreu werden, wenn wir den Guru wechseln. Ein wahrer Guru sagt: „Du kannst so viele Gurus haben, wie du brauchst!” Ein falscher Guru sagt: „Hänge dich an mich, andernfalls kommst du nicht weiter!” Dieser Guru ist ein falscher Guru. Er ist nur ein Mensch, der ein Ego hat, weiter nichts. Krishna sagt in der Bhagavad Gita, dass man auf allen Wegen zu Ihm, der letzten Wahrheit, kommen kann. Deshalb kannst du wählen, welchen Guru du brauchst, und kannst von Zeit zu Zeit auch den Guru wechseln, wenn dir das richtig erscheint. Nimm das Beispiel von Dattatreya: Er hatte vierundzwanzig Gurus! Ein wahrer Guru freut sich, wenn du nach Licht, Schönheit, Weisheit und Hingabe strebst. Ein wahrer Guru hat keine Ahnung, dass er ein Guru ist, und niemals sagt er zu den Menschen: „Ich bin ein Guru, ihr sollt mir folgen!”

15. Tag

Der Ozean kann jeden Fluss in sich aufnehmen. Alle Flüsse kommen – der Ozean hat Platz. Der wahre Guru ist tolerant. Er ist erfüllt von Licht, und Licht ist grenzenlos.

Wenn du alle Götter anbetest, alle Blumen, alle Steine, alle Lebewesen, indem du das Licht in ihnen anerkennst, gewinnst du mehr als durch Fanatismus! Der wahre Guru hat seine Identität mit Gott in allen anderen Gurus gefunden, mit Gott in allen Lebewesen. Der wahre Guru weiß nichts davon, dass er größer sein soll als der Schüler. Er sieht sich selbst in allen, er bindet niemanden an sich oder einen bestimmten Pfad.

Der geistig Strebende soll wachsen, soll sich ruhig und natürlich entfalten können und Hilfe aus allen Quellen annehmen.

16. Tag

Der Guru ist wie die Sonne. Sonne dich in seinem Licht! Es ist deine Wahl! Du kannst das Licht annehmen oder dich in einer finsteren Höhle verstecken. Es ist deine Wahl; es steht dir frei. Die Sonne sagt nicht: „Binde dich bitte an mich, nicht an ein anderes Licht!”

Der Guru ist allgegenwärtiges Bewusstsein.

Ein wahrer Gottsucher sucht Gott in allem. Es ist ein Spiel des Egoismus und der Unwissenheit zu sagen: „Mein Guru ist größer als deiner!”

Der Guru ist nicht der Körper. Ein wahrer Guru ist eine alldurchdringende Gegenwart; er ist eins mit dem Herzen des Göttlichen. Er freut sich an allem und jedem. Und der größte Guru ist im Herzen: Gott selbst!

17. Tag

Der Guru ist endlose Barmherzigkeit und Liebe. Er hat Platz für alle und alles. Du kannst auf den Guru schimpfen: Er hat Platz dafür! Du kannst den Guru verleumden: Er hat Platz dafür! Er verwirft dich deshalb nicht. Du kannst dem Guru untreu sein: Er hat Platz dafür! Er wird nie sagen: „Du warst untreu!” Das ist sein Wesen. So ein Guru kann eine wahre Hilfe sein.

Wissen und Weisheit können nicht verkauft werden.

Schau dir mal die Upanishaden an! Was haben all die billigen Gurus der modernen Welt zu bieten? Können sie ein Licht anbieten, das so groß ist wie das Licht in den Upanishaden? – Sie haben die alten Methoden zur Gotterfahrung von dort gestohlen, aber kaum zur Hälfte verstanden. Und dieses Missverständnis bringen sie unter die Menschen!

18. Tag

Wissen und Weisheit sind nicht da, um verkauft oder geheimgehalten zu werden. Ein geheimgehaltenes Wissen ist kein Wissen. So etwas kann nicht wahrhaftig zur unendlichen und ewigen Glückseligkeit führen. Es heftet dich an ein vermutetes Licht, aber es vereint dich niemals mit der grenzenlosen Liebe und dem Licht Gottes.

Der Guru gibt allen Licht – ohne Unterschied.

Der Guru soll der Menschheit den Weg weisen. Er ist nur ein Wegweiser am Wegesrand. Er sagt aber niemals: „Hänge dich an mich!” Ganz im Gegenteil: Er gibt dir Freiheit.

Der wahre Guru gibt dem Gottsucher grenzenlose Freiheit. Er erlaubt dessen innerlichen Kräften zu wirken und sich zu entfalten.

Der Guru macht den Schüler selbst zum Guru. Das ist das Wesen des Gurus. Er sieht keine Unterschiede. Er stellt sich nicht über den Schüler.

19. Tag

Der wahre Guru braucht nichts.

Es gibt Gurus, die sitzen auf einem großartigen Podium, auf einem teuren Thronsessel! Brauchen sie das, um ihre Größe zu zeigen, ihre Herrlichkeit oder Heiligkeit? – Das Ego braucht das, aber nicht der Guru!

Der Guru ist ein fantastisches, namenloses, gestaltloses Licht. Er ist Schönheit, ewiges Leben, grenzenlose Weisheit. Seine Liebe umfasst alles.

Wenn ein Guru sagt: „Ich führe dich zur Weisheit, binde dich an mich, mein Weg ist der einzige Weg!”, dann führt er die Leute in die Irre.

Wenn er sagt, er verkünde die einzige Wahrheit, dann irrt er sich; denn das ist die Stimme des Ego.

20. Tag

Die unendliche Wahrheit in allem zu sehen, das ist Reinheit, das ist Weisheit! In allen lebt der eine Gott!

Manchmal brauchen wir jene besondere Macht Gottes, die sich in der Form und Gestalt von Ganesha ausdrückt. Manchmal brauchen wir jene Kraft der unendlichen Gegenwart, die in der Gestalt einer Mutter kommt, als grenzenlose Liebe, grenzenloses Erbarmen, grenzenlose Gnade. Doch eine Lakshmi, eine Parvati, ein Ganesha oder eine Sarasvati sind in Wahrheit absolut ein und dasselbe. Aber wenn Hanuman sagen würde: „Ich bin der einzige Gott, der machtvollste Gott, kommt zu mir und zu niemandem sonst”, dann irrt er. Dann kann er von Krishna lernen, der sagt: „Welchen Gott du auch anbetest, du kommst immer zu mir!” – Wer ist Krishna? Krishna ist die unendliche Wahrheit: Keine Person, kein Ego, kein Gemüt! Er ist ein Licht, eine Gegenwart, eine Vollkommenheit, eine Liebe, eine Schönheit, die allen zugänglich ist.

21. Tag

Es gibt nur eine Schönheit, keine zwei. Es gibt nur eine Wahrheit, nicht zwei. Wenn ein Guru sagt: „Ich allein bin im Besitz der Wahrheit”, dann irrt er. Was sollen wir dann mit Ramana Maharshis Wahrheit, mit Sivanandas Wahrheit, mit Christi Wahrheit, mit Buddhas Wahrheit anfangen? Sind das alles verschiedene Wahrheiten? – Nein! Es gibt nur eine einzige Wahrheit.

Der wahre Guru freut sich, wenn du zu Buddha oder Christus gehst. Die Hauptsache für ihn ist, dass du die Wahrheit willst, den einen Gott, die eine Wahrheit.

Die eine Wahrheit ist in allen Gurus und deshalb kann kein Guru sagen, er allein sei im Besitz der Wahrheit und man müsse ihm folgen.

22. Tag

Der Guru soll wie die Sonne sein, die allen Licht gibt: dem Kriminellen wie dem Heiligen, den Menschen im Krieg und den Menschen im Frieden. Allen verleiht die Sonne ihr Licht, ohne Fragen zu stellen, ohne Vorurteile, ohne zwischen Mensch und Mensch zu unterscheiden, ohne zwischen Kultur und Kultur, Rasse und Rasse oder Religion und Religion zu unterscheiden.

Eine wahre Religion ist in allen Religionen, und alle Religionen sind in dieser wahren Religion. Die wahre Religion macht keinen Unterschied. Der Hinduismus erkennt auch den Islam, auch den Buddhismus als Teil der eigenen Religion an. Das ist eine großzügige Religion, eine in der Wahrheit verwurzelte Religion. Die Hindus beten Krishna, aber auch Christus als Inkarnation Gottes an. Es gibt keine Trennung zwischen Hinduismus, Christentum, Islam und Buddhismus. Wer beginnt den Streit mit der Behauptung: „Meine Religion ist besser als deine?”

– Es sind die Fanatiker, die in der Finsternis ihrer eigenen Beschränktheit verharren.


23. Tag

Alle Heiligen Schriften sagen, OM sei die höchste Wirklichkeit.

OM ist die Mutter aller Götter und Göttinnen. OM ist die Wahrheit aller Wahrheiten. OM war am Anfang, OM ist am Ende; es ist ein anfangloser Anfang und ein endeloses Ende. OM ist die eine ewige Wirklichkeit. Eine Wahrheit oder einen Gott höher als OM gibt es nicht.

Das ausgesprochene oder gesungene OM ist nur der physische Körper der unberührbaren Stille des transzendenten, lautlosen Lauts, des tonlosen Tons. Das ist nicht so leicht vorstellbar. Die OM-Intonierung führt letztlich zum eigenen inneren, wirklichen Wesen.

24. Tag

Der Guru ist im Wesen Gottes verankert.

Der Guru ist ein Spiegel deiner inneren geistigen Größe. Er verkörpert, was auch du in dir trägst.

Die Gegenwart des Gurus erhebt dich innerlich, gibt dir Energie, erhöht deine Empfänglichkeit für die Anwesenheit der allliebenden Gottheit.

Der Guru ist einer, der keinen Unterschied zwischen sich und allen anderen Wesen sieht.

25. Tag

Ein Mensch, der durch sinnliche Wahrnehmung Unterschiede macht und von diesen Wahrnehmungen beherrscht wird, hat kein Licht, er kann kein Führer sein, er ist kein weiser Mensch, er ist kein Vorbild für unser Verhalten im täglichen Leben.

Ein Guru muss im Wesen Gottes selbst verankert sein und dieses in innerer Erfahrung und im Leben zum Ausdruck bringen. Er muss Gott sehen, ob er seine Augen öffnet oder schließt.

Ob er hier oder dort ist, wo immer er sich auch aufhält: Er ist direkt im Herzen Gottes.

Das ist die Erfahrung des wahren Gurus, des Lehrers und geistigen Meisters, die Erfahrung von Weisen, Mystikern, Yogis und großen Seelen!

Möge die Gnade Gottes durch dein gesegnetes Herz fließen!

26. Tag

Der Guru ist Herr des Gemüts. Er erfährt nur das Göttliche überall.

Der Guru besitzt vollkommene Reinheit. Wenn nicht, ist er kein Guru. Niemand kann ihn beleidigen. Niemand kann ihn fassen oder fangen, obwohl er einen fassbaren Körper bewohnt. Er lebt jenseits des Körpers in der unfassbaren Wirklichkeit, Brahman oder Ekam, das Eine, genannt. Die Göttliche Mutter ist dieses Ekam.

Der Guru und die Göttliche Mutter sind ein und dasselbe.

27. Tag

Es ist nicht einfach, einem wahren Guru zu begegnen, und es ist schwer, die Gnade Gottes zu erhalten. Doch der Guru bringt dir die Gnade Gottes und legt sie dir in den Schoß.

28. Tag

Shankara sagt im Vivekachudamani, dass Atemübungen nicht helfen, Gott zu erfahren. Tausendmal kannst du deine Atemübungen machen, es hilft nichts! Millionenmal kannst du deine eigene Art von Meditation praktizieren, es hilft nichts! Du brauchst Gnade! Du brauchst die Berührung des göttlichen Lichts!

Nicht nur das: Du musst auch Tugenden entwickeln!

Wie kannst du zwischen Wirklichkeit und Illusion unterscheiden, wenn deine Intelligenz von der Sehnsucht nach sinnlichen Objekten besessen und von allen möglichen Leidenschaften eingenommen ist? Kannst du in diesem Zustand richtig denken, kannst du der Weisheit folgen? – Unmöglich!

Der Guru räumt all diese Gefahren, Hindernisse und Probleme aus dem Weg. Es ist eine große Gnade, einem Guru zu begegnen.

29. Tag

Der Guru ist eine Verkörperung übermenschlicher Tugenden. Ausdauer, absolute Selbstlosigkeit, universale Liebe, kosmische Liebe sind einige seiner Kennzeichen. Trotz aller Liebe weiß er, wo und wann er Strenge zeigen muss. Ohne strenge Erziehung kann das Kind ein Opfer dunkler Kräfte werden.

Es ist ganz und gar nicht so einfach, einem wahren Guru zu begegnen. Können wir einen zweiten Ramana Maharshi auf dieser Welt haben? Können wir einen anderen Ramakrishna haben? – Nicht sehr wahrscheinlich!

Wo können wir heute schon einen Ramana Maharshi oder einen Shirdi Sai Baba finden – ihre Tugenden, ihre leuchtende Weisheit, ihr von Gott durchdrungenes Wesen!


30. Tag

Wenn es schon so schwierig ist, einen wahren Guru zu finden, ist es dumm, seine Gegenwart zu verlassen, hat man ihn einmal gefunden. Aufgrund der Anwesenheit des Gurus hilft dir Gott.

Weil Gott mit dem Guru verbunden ist, ist Er immer um den Guru herum und im Guru selbst. Deshalb wirst du in der Nähe des Gurus von Gottes lebendiger Gegenwart berührt. Dein Karma wird in der Gegenwart des Gurus zerstört. Deine Unwissenheit, diese große Finsternis, wird vermindert und verschwindet allmählich. Du wirst stark. Ohne die Upanishaden und die Bhagavad Gita zu lesen, bekommst du alle Weisheiten eingeimpft. Das ist der Vorteil, den du hast, wenn du dich beim Guru aufhältst.

31. Tag

Alles, was geboren ist, hat eine Geschichte, eine Biographie, einen Anfang und ein Ende. Aber der Guru hat das alles nicht.

Er ist sakshat parabrahma. Was ist parabrahma? – parabrahma ist die unendliche, unsichtbare, unbewegliche, allvollkommene, absolute Wirklichkeit.

Ein Beispiel für diese Wirklichkeit finden wir im Tiefschlafzustand. Auch der Tiefschlaf ist zeitlos, raumlos, namenlos, gestaltlos, wunschlos, anfanglos, endlos.

Auch die schlafende Ameise ist im Tiefschlaf raumlos, unendlich, zeitlos, anfanglos, endlos. Deshalb besteht kein Unterschied zwischen der Seele der Ameise und der höchsten Seele.

Der Guru ist diese zeitlose Wirklichkeit in allem. Gleichzeitig ist er auch jenseits von allem als transzendentes Wesen.

Das ist der Guru.

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Mai 2015

Monatliche Zeitschrift, Jahrgang 40, Nr. 463

Herausgeber: Omkarananda Ashram

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