INHALTSVERZEICHNIS


Einleitung

Vorwort

Das Universum
Das Universum aus höchster Sicht gesehen
Gott, das Universum und das Individuum
Die Wahrheit
Materie und Geist
Die Welt als Struktur des göttlichen Bewusstseins
Der Mensch
Der Mensch, nicht nur Naturgeschaffenes,
sondern höchst potenziertes Bewusstsein

Persönlichkeit und Individualität
Das unwandelbar Prinzip im Menschen
Auf welchen Wegen erfahre ich die wahre Natur von Mensch und Universum?
Durch allumfassende Liebe - zum kosmischen Bewusstsein
Glaube, Kunst, Wissenschaft und Intuition
Sprich mit Gott
Du bist Schlüsselträger des Universums
Fähigkeiten im Menschen
Das eine Ziel
Unterscheidung
Die rechte Perspektive
Konzentration auf die eine Wirklichkeit
Meditation
Universale Religion als Weg zum Verständnis des Universums
"Ich bin der Ich bin"
Innere Erfahrung und Gnade
Was ist Gnade?
Wahre Erkenntnis
Karma, das Gesetz von Ursache und Wirkung
Das Ewige
Bemerkung: Dekors zwischen den einzelnen Kapiteln führen zum Inhaltsverzeichnis zurück.

 

Einleitung

Alles Sichtbare und Unsichtbare befindet sich im Geiste Gottes. Wir alle sind Formen im Bewusstsein Gottes. Es gibt nicht zwei Intelligenzen, sondern nur EINE, welche sich in den vielfältigen Variationen zum Ausdruck bringt; nicht viele Bewusstseins, sondern EINES, welches auf mannigfaltige Weise in den verschiedenen Individuen sichtbar wird. Die innere Intelligenz im einen Menschen und die innere Intelligenz im anderen sind nicht zwei verschiedene Dinge, sondern ein organisches Ganzes. Darum sind wir in diesem innersten Prinzip, welches das EINE im Vielen ist, miteinander verbunden. In diesem inneren Geiste sind wir alle eins und der Mensch muss imstande sein, das EINE im Vielen und alle Menschen in dem EINEN wahrzunehmen. Dieses muss erkannt werden; das ist die richtige Grundlage, einander zu respektieren und zu lieben. Dies ist der Prozess des Wachsens in der Erkenntnis. Auf diese Art müssen wir das Leben, die Menschen und das ganze Universum verstehen, dann werden sich die Dimensionen unserer inneren Persönlichkeit weiten und ausdehnen. In dieser Erkenntnis liegt die Würde des Menschen.

In Wirklichkeit, in Wahrheit, existiert nichts anderes als Gott - als unendliches schöpferisches Bewusstsein. Materie, Geist, Leben sind Manifestationen, welche diesem einen, reinen Bewusstsein entstammen.

Vom Standpunkt der letzten Realität ist jeder Mensch ein untrennbarer Teil der ewigen Realität, und dieses ist der richtige Standpunkt im Leben. Der Mensch ist Geist. Geist ist das wahrhaft Wirkliche im Menschen.

Das Ziel, welches in der Erfahrung dieser letzten Realität liegt, erfordert kein Zurückziehen von der Welt. Wir gewinnen nichts mit einer Weltflucht. Diese tiefe innere Erfahrung gibt uns die Welt in einer anderen Sichtweise zurück. Aber es ist unumgänglich, nicht nur die Liebe in unserem Herzen zu entfalten, sondern es wird auch die Entwicklung unseres Geistes gefordert, um Erkenntnis zu erlangen. Es befindet sich jedoch die Entwicklung von beiden auf trockenem Grunde, sofern sie nicht durch die Tat zum Ausdruck gebracht werden.


Swami Omkarananda

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Vorwort

Swami Omkarananda sieht in intuitiver Erkenntnis den Menschen und das Universum von der Sicht des höchsten Seins. Sein alles durchdringender Geist, welcher sich durch klare Vernunft, scharfen Verstand und unwiderlegbare Logik zum Ausdruck bringt, gibt sich nicht mit Wirkungen zufrieden, sondern forscht nach den ursprünglichen Ursachen aller Wirkungen und gibt uns so Führung zur letzten Erkenntnis. Seine die ganze Menschheit umfassende Liebe ist das Licht, welches uns das Ziel unserer Bestimmung sehen lässt. Sein Denken spiegelt sein Bemühen, die Menschheit dem Verständnis für die Einheit im Universum und der Erfahrung der letzten Realität näher zu bringen.

Swami Omkaranandas Gedankengut darf wohl mit Recht als entscheidender Markstein in der Geistesgeschichte der Menschheit betrachtet werden. Er sieht das Universum und den Menschen in ihrer Gesamtwirklichkeit und öffnet der Menschheit das Tor einer selbsterrichteten Blockade, hinter welcher sie sich verschanzt hat. Swami Omkarananda weiss, dass wir in einer evolutiven geistigen Welt leben, die ihrem Ziele zustrebt.

Mag heute für manche Leser noch nicht alles ganz verständlich erscheinen, so wollen wir uns vor Augen führen, dass es nicht im Sinne der Entwicklung liegt, den grossen Erkennenden auf eine tiefere Stufe herunterzuholen, sondern dass der weniger weit entwickelte Geist sich bemühen sollte emporzuwachsen.

Wenn wir daher das Geheimnis erforschen wollen, das hinter aller Manifestation liegt, müssen wir zu erkennen suchen,

-dass Materie und Geist nicht zwei verschiedene Dinge an sich sind, sondern dass es unsere Einstellung ist, die sie uns verschieden erscheinen lässt;

- dass das Universum und der Mensch im Wesen geistiger Natur sind, in Swami Omkaranandas Worten gesprochen: "... das Universum ist durch einen Bewusstseinsprozess gebildet"... "eine kosmische Situation"... "ein Zustand des unermesslichen Bewusstseins";

- dass es kein Aussen gibt, obwohl es uns als Materie und ausserhalb unser selbst erscheint;

- dass das Universum - als geistiger Zustand - eingebettet ist in das unendliche All-Bewusstsein und als solches aus derselben Bewusstseins-Substanz gebildet ist.

Wir sollten erkennen, dass das Universum und damit die ganze Evolution ein konstruktiver schöpferischer Prozess des Werdens und Wachsens innerhalb dieses einen unermesslichen, unfassbaren Bewusstseins, dieses einen unendlichen, ewigen Geistes ist, und all die Formen, die Begebenheiten, die Erfahrungen, welche sich in ihrer Veränderlichkeit und Bewegung in unserer objektiven Welt von Mensch und Natur mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft abspielen, in Wahrheit als geistige Formen und Begebenheiten diesem in unendlicher Stille sich gleichbleibenden, unveränderlichen, ruhenden Sein entspringen, welches als deren Grundlage betrachtet werden muss.
Das Universum als Gedankenbildung ist eine geistige Welt, in der wir leben, obwohl vom menschlichen Standpunkt aus betrachtet die Wirklichkeit der Materie nicht geleugnet werden kann, ebenso wie im Traum die Wirklichkeit von Freude und Leid, von Tränen und Tod für die Personen im Traum tatsächlich bestehen. Sie existieren - aber als Erscheinung. Ebenso wie eine Fata Morgana für den Erfahrenden in der Wüste tatsächlich existiert, während der höhere wissenschaftliche Standpunkt in ihr eine Erscheinung, eine Luftspiegelung sieht.

Darum sollen wir uns bemühen, den Menschen und das Universum von zwei Blickwinkeln aus zu betrachten: vom menschlichen Standpunkt und von der Schau des ewigen Seins; wobei noch gesagt werden muss, dass die Evolution dahin geht, hinter allem die Einheit zu sehen, und der Mensch emporwachsen muss zum absoluten Standpunkt, zur Schau des zeitlosen Seins, um von dieser erhabenen Höhe auf die Schöpfung zu blicken. Dann haben wir eine rechte Sicht. Diese befähigt uns, über alles Menschliche hinauszuwachsen und die Dualität zu überschreiten. Damit lösen sich alle Probleme des Lebens, und Friede zieht ein in unser von Leid und Rastlosigkeit gequältes Herz. Eine grosse, allumfassende Liebe erfüllt uns in dem Wissen, dass die Wirklichkeit die Einheit ist, das unendliche, unfassbare Bewusstsein - Gott - in welchem alle Vielfalt eingebettet ist und alle Formen ihr Sein haben. Dann leben wir in einem bewussten inneren Gewahrsein der Gegenwart Gottes und verstehen die Worte Swami Omkaranandas: "Alles ist Gott."

Der Mensch, welcher - als Manifestation Gottes - das Göttliche in sich trägt, muss sich durchringen zu dem Erkennen, dass er als physische, psychische und denkende Form eine Erscheinung ist in dieser Erscheinungswelt des physikalischen Universums, eine Erscheinung, in welcher als zentrale Wirklichkeit das Atom des absoluten Bewusstseins ruht, welches ihn befähigt, die Evolutionsleiter emporzuklettern, die höchste Bewusstseinsstufe zu erreichen und in den allerhöchsten Geist, in Gott, einzugehen. Dann erst hat er zu seiner ursprünglichen Quelle zurückgefunden, ist eins mit dem All-Bewusstsein geworden, mit dem höchsten Selbst, welches Frieden, Vollkommenheit, Glückseligkeit bedeutet.

Die Entwicklung dem höchsten Selbst, dem höchsten Bewusstseinszustand entgegen, ist der einzige Sinn unseres Lebens, der einzige Sinn des Seins im Universum.
Materie und Geist sind in Wahrheit Eines. Wenn wir uns um die richtige Einstellung bemühen, haben wir den Schlüssel gefunden zum Menschen und zum Universum. Diese Erkenntnis wird uns nur gegeben, wenn eine Läuterung des ganzen Wesens vorausgegangen ist und die strahlende, unpersönliche vollkommene Liebe, welche die ganze Schöpfung und alle Kreatur mit gleicher Liebe umfängt, unser ganzes Wesen durchströmt. Sie wird uns gegeben, wenn wir über unser persönliches Ich hinauswachsen und durch völlige Übergabe der Kanal frei wird, durch welchen die Eigenschaften des höchsten Bewusstseins, welche latent in uns vorhanden sind, zum Ausdruck gelangen können.
Um die Gnade zu erfahren, den Menschen und das Universum vom rechten Blickwinkel aus zu sehen, so dass die wahre Substanz der Materie durch die sie umgebende Hülle sichtbar wird, weist Swami Omkarananda als Denker, Seher und Weiser, die in vorliegendem Buch angeführten Wege.

Hertha Oosterbaan

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Das Universum
Das Universum aus höchster Sicht gesehen

Wenn wir versuchen wollen, die Wahrheit zu erfahren, dürfen wir nicht bei irgendeinem Punkt im Universum den Anfang machen, denn jeder Punkt erweist sich bei sorgfältiger Analyse als ein Hinweg auf etwas jenseits seiner selbst, und führt letztlich das Bewusstsein des so Suchenden und Forschenden zum Absoluten. Jede sogenannte feste Einheit im Universum ist in Wirklichkeit ein Spiegel, auf dem das gesamte Universum widerstrahlt. Einen Punkt im Universum durch und durch erkennen ist daher gleichbedeutend mit der völligen Erkenntnis des ganzen Universums, denn kein Punkt existiert unabhängig für sich. Jeder Punkt ist ein Universum im Kleinen, und daher ist es nicht gut möglich, dass wir mit irgendeinem festgesetzten Punkt oder einer festgesetzten Einheit beginnen, wenn wir versuchen wollen, das Universum als eine Ganzheit zu erkennen.

Das Universum ist nicht ein Ding, auch keine Substanz. Es ist nicht aus verschiedenen dreidimensionalen Punkten oder Objekten aufgebaut. Jeder Gegenstand im Universum ist ein Wirbel von Kräften, die sich in bestimmter Richtung und auf bestimmte Weise drehen. Diese Weisen und Modi hören indessen auf, Weisen oder Modi zu sein, sobald sie zum wesentlichen Inhalt des universalen Bewusstseins werden.
Das Universum ist daher ein Zustand des unermesslichen Bewusstseins, in welchem das Bewusstsein die Bedingungen oder die Umgebung findet, welche genau den Potentialitäten der erfahrenden Spannungsfelder in ihm, bezeichnet als Individuum, entsprechen. Auf diese Weise ergibt sich eine Erfahrung der objektiven Form und ebenso eine Erfahrung der subjektiven Reaktionen des Universums - aufgebaut auf dem absoluten Bewusstsein - sowie eine Erfahrung jenes Universums, welches auf dem individuellen Bewusstsein aufgebaut ist, als einem Ableger oder einem sekundären begrenzten und widergespiegelten Zweig des ersteren. Der Stoff des Universums ist das Absolute.

Das Universum ist ein Bündel von Bedingungen, Zuständen oder Ausdrucksweisen des Absoluten. Das Universum und das Absolute sind nicht zwei unterschiedliche Prinzipien. Zu jeder gegebenen Zeit, in jedem Stadium, ist das Universum ein relativer, in sich zusammenhängender Zustand, eine kosmische Situation, und jeder Teil davon repräsentiert den ganzen Hintergrund des Absoluten.
Das Universum, in dem wir leben, ist nicht materieller Art; es ist grenzenloses Bewusstsein im Zustand von Disharmonie und Störung, welches durch seine universal verbreiteten Teile um Ordnung und Anpassung ringt, um sein Gleichgewicht wieder zu erlangen. Die physikalische und die psychische Welt sind die Stadien seines Ausdrucks und seiner Entwicklung, welche jedoch für sein wesentliches Sein nur nebensächlich und dazu bestimmt sind, nach und nach im fortschreitenden Evolutionsplan in Richtung auf das Selbstgewahrsein des Absoluten hinweggefegt zu werden. Das Universum ist letzten Endes nicht aus Partikeln, Molekülen, Atomen, elektrischen Ladungen, aus Protoplasma und aus Zellen aufgebaut, sondern durch einen Bewusstseinsprozess gebildet, der, sobald er sich in die Objektivität erstreckt, unter Begriffe wie Raum, Zeit, Bewegung, Substanz, Energie, Welle, Partikel und dergleichen fällt.

Das ganze Universum ist ein einziger kontinuierlicher, in sich verbundener logischer, systematischer, zweckhafter Prozess, der in jedem seiner Teile, zu jeder Zeit und in jedem Stadium das Absolute, von dem er voll und ganz abhängig ist, widerspiegelt, ein Prozess von unendlicher Vielfalt qualitativer und quantitativer Spannungen, in welchem jede Spannung, jeder Aspekt und jeder Teil zugleich Ursache und Wirkung ist, wo jegliches das andere determiniert, ja selbst ist: ein wundervoll ausgearbeiteter Plan der Ganzheit in jedem Fleck und Bereich und Winkel, ein Prozess, in dem jeder Teil Ausdruck des Ganzen ist, ein einzigartiges und einheitlich abgeschlossenes Werk an Vollständigkeit und Vollendung, das höchste Beispiel unvergleichlicher künstlerischer und wissenschaftlicher Darbietung - ein Prozess der Selbstverwirklichung des Absoluten.

In diesem Universum ist alles organisch voneinander abhängig und miteinander verbunden. Alles und jedes ist ebenso auch alles andere, und alles und jedes ist, weil auch das Ganze ist. Das Individuum und seine Umgebung sind dasselbe; das eine ist nicht ausserhalb des anderen. Kein Ereignis ist von den anderen abgetrennt, für sich allein. Jedes Fallen einer Stecknadel, jedes leise Flüstern, jeder Gedanke und jedes Gefühl ist ein Donner, der in allem was existiert einen Widerhall erzeugt, es in Schwingung versetzt und auf sein Gleichgewicht mit jener Intensität einwirkt, die proportional zur jeweiligen Ursache ist. Nirgends besteht ein Ort, wo wir im Geheimen reden könnten. Es gibt keine Möglichkeit, unsere eigenen privaten Gedanken zu denken. Alles ist augenblicklich kund, ein Eigentum des Universums, und die private Handlung findet sofortige Beurteilung und Belohnung im höchsten Gericht des Universalganzen. Jeder Teil spiegelt die Lage des Ganzen wider, und wir können das Ganze durch einen Teil erreichen, vorausgesetzt, dass wir die innerste Essenz des Teiles erkennen. Aus der Gegenwart kann Vergangenheit und Zukunft erkannt werden, denn die Gegenwart ist der Punkt, wo Vergangenheit und Zukunft aufeinandertreffen. Die Gegenwart trägt die Wirkungen der Vergangenheit und die Potentialitäten der Zukunft in sich. Jeder Schritt nach vorn ist die Aktualisierung einer neuen Möglichkeit, ein zusätzlicher Ausdruck der Bewegungstendenz in Richtung auf das Absolute. Das Universum besteht, genau betrachtet, nicht aus Teilen, sondern aus Phasen. Es besteht keine scharfe Abgrenzung im Universum. Alle Erfahrungen bilden einen kontinuierlichen Prozess. Die Existenz ist ein Gleichgewicht, das fortbesteht und sich selbst aufrechtzuerhalten vermag. Die Ursache jeglichen Ereignisses im Universum liegt nicht in irgendeinem anderen Ding oder Ereignis, sondern im Ganzen, das allein für irgendein Ereignis verantwortlich ist, selbst für die Bewegung eines Blattes in der Luft. Derart ist die Grossartigkeit des Universums und derart die Majestät des Absoluten.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

Gott, das Universum und das Individuum

Diese Betrachtungen führen uns zu dem Problem der Beziehung zwischen Gott, dem Universum und dem einzelnen Menschen. Alle Vorgänge im Vernunftbereich gehen von der Erfahrung aus, und zwar von der Erfahrung des individuellen Selbst. "Ich bin" - diese Erfahrung bedarf keines anderen Beweises als den der unmittelbaren Erfahrung. Sie ist aus sich selbst heraus klar. Alle Beweise sind die Folgen dieser unbezweifelbaren Tatsache. Das Bewusstsein meiner Existenz als Individuum bringt sofort die Existenz anderer Individuen in einem ausserhalb meiner selbst bestehenden Universum meinem Denken nahe. "Ich bin" bedeutet "Du bist ebenfalls", d.h. die Welt ist ebenfalls. Das Sein der Welt ist ebenfalls. Das Sein der Welt ist das Korrelat zum Vorhandensein meiner Individualität. Es kann kein Subjekt geben ohne ein Objekt der Erfahrung. Die Welt ist die notwendige Ergänzung zum Individuum. Doch die Position von Individuum und Welt, wie sie uns bekannt ist, genügt nicht zur Erklärung alles dessen, was aus dieser Position hervorgeht. In denkenden Wesen mit der Fähigkeit zur Reflexion macht sich das dringende Bedürfnis bemerkbar, die Beziehung zwischen Welt und Individuum zu erkennen. Was ist die Ursache der Welt? Auf welche Weise bin ich mit den übrigen Dingen dieser Welt verbunden? Was ist hier meine Pflicht? Fragen dieser Art drängen sich dem Geiste verschiedener Menschen auf. Sie lassen sich nicht durch irgendeinen Inhalt der Sinneserfahrung beantworten. Doch ruft das Bedürfnis nach Klärung der Schwierigkeiten, die sich aus der Erscheinung der Welt und des Menschen ergeben, dringend nach einer Lösung. Diese Lösung kann durch eine Synthese auf höherer Ebene erreicht werden, durch das tiefere Bewusstsein, das der gewöhnlichen Erfahrung zugrundeliegt, und das solch höheren Kontemplationen zum direkten und unmittelbaren Erfahrenden wird. Das Zwischenglied zwischen Welt und Individuum sollte entweder vom Wesen des Objektes oder von demjenigen des Subjektes sein. Das objektive Universum wird als materiell erlebt, und nimmt man diese Materialität als das Wesen der Beziehung zwischen Welt und Individuum an, dann würde diese Situation hinsichtlich der Beziehung nur ein einziger Teil unter den zahllosen Teilen, die das Universum zusammensetzen, sein. Materialität wäre ein Teil des Universums, oder mit anderen Worten, es gäbe überhaupt nichts derartiges wie eine Beziehung. Irgendwie drängt es uns, diese Beziehung als eine bewusste anzunehmen und dennoch kann sie nicht identisch sein mit dem subjektiven Bewusstsein. Die Beziehung zwischen zwei Dingen kann nicht zugleich eines dieser beiden Dinge sein. Andernfalls wäre keine Wahrnehmung des Unterschiedes vorhanden. Unterscheidung ist eine dritte Kategorie, und doch ist keine Erkenntnis dieses Unterschieds ohne eine zugrundeliegende Einheit zwischen dem Erkennenden und dem Erkannten möglich. Dinge, die absolut keine Beziehung zueinander haben, können gegenseitig nicht in Wechselbeziehung treten. Die höhere Synthese, die im Bewusstsein stattfindet, sollte daher die empirische Unterscheidung zwischen Subjekt und Objekt transzendieren. Die Welt und das Individuum sollten in dieses höhere Bewusstsein einbezogen werden, während dennoch keines von ihnen den ihm eigenen besonderen Wert verlieren sollte.

Sind wir fähig, diese universale bewusste Beziehung zwischen der Welt und dem Menschen als gesichert darzulegen, dann haben wir die Existenz Gottes festgestellt. Gott ist das notwendige Postulat, das allein die wahre Natur der verschiedenen Phänomene des Universums erklären kann. Die Ordnung, Systematik, Regelmässigkeit und Harmonie des Universums kann - ohne Voraussetzung dieses alles umfassenden Seins, das wir Gott nennen - keine angemessene Erklärung finden. Es spielt keine Rolle, mit welchem Namen wir auf dieses Sein Bezug nehmen, doch muss dieses angenommen werden, damit wir in unserer Erklärung der Konsistenz, die wir im Universum vorfinden, konsequent sein können.

Am Hintergrund dieser beiden sich dauernd bewegenden und verändernden Faktoren - Mensch und Natur - berühren wir die Wirklichkeit eines sich immer gleichbleibenden, unveränderlichen Seins, welches deren ewige Grundlage und Quelle bildet. Dieses göttliche Sein ist die höchste Wahrheit, die letzte transzendente Realität, die eine unteilbare absolute Existenz, Erkenntnis und Glückseligkeit.
Die ganze Schöpfung ist ein Prozess des Werdens, in welche das Eine zum Vielen wird, ein Prozess der Offenbarung des Transzendenten. Alle Phänomene entspringen diesem unteilbaren, unendlichen Ozean reinen Bewusstseins, existieren darin und kehren wieder zu ihrem Ursprung zurück, vergleichbar einem Ein- und Ausatmen des höchsten Seins.
Wie unzählige kleine Wellen sich entwickeln, tanzen und in der Tiefe des Ozeans wieder zur Auflösung gelangen, so strömen am Beginn einer Manifestation unendlich viele Wesen aus diesem Einen und entwickeln sich in die zahllosen Formen des Lebens, die wir in diesem Universum erfahren. Von hier beginnt die stetig aufwärtsführende Prozession der einzelnen Seelen und mündet auf dem Weg der Evolution wieder in ihre ursprüngliche Quelle. Dies ist der Zyklus von Emanation, Involution und Evolution, der kosmische Plan gemäss des göttlichen Willens.

Da die menschliche Seele ein Teil der unendlichen Existenz ist, ist sie in ihrer wesentlichen Natur identisch mit dieser transzendentalen Wirklichkeit. In den Wirbel des Zyklus dieses Weltprozesses hineingeboren, unwissend in bezug auf seine Göttlichkeit und sein Bewusstsein, stark begrenzt durch die verhüllende Decke der Materie, fühlt das individuelle Selbst diese Trennung und Begrenzung und versucht, diese Unvollkommenheit zu beendigen. Durch wiederholte Inkarnationen wird sein Leben zu einem beständigen Aufwärtsstreben in die ursprüngliche Heimat unendlicher, unsterblicher, glückseliger Existenz. Solange dieser Zustand nicht erreicht ist, wird jedes Zentrum des individualisierten Ego-Bewusstseins diese rastlose Suche auf dem aufwärtsführenden Pfad der Evolution fortsetzen. Ununterbrochen und unabänderlich wird die Menschheit aufwärtsgezogen zu diesem idealen Zustand vollkommener Existenz.

Unsere tiefste Wirklichkeit ist ein unwiderlegliches Bewusstsein, und dieses bestätigt sich selbst in unserem ganzen Streben und Mühen, Rechenschaft über unsere Erfahrung, subjektiv und objektiv, abzulegen. Ohne Bewusstsein gibt es weder ein Universum noch ein Individuum. Nichts kann ohne Bewusstsein vorhanden sein. Aller Wert und alle Existenz werden null und nichtig, wenn das Bewusstsein aus dem Gebiet der Erfahrung verbannt wird. Die höchste Intelligenz oder das höchste Bewusstsein muss dem Höchsten des Alls, Gott, gleichgesetzt werden.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

Die Wahrheit

Es gibt ein gemeinsames Bewusstsein, das alle Kreaturen durchdringt. Das ist die Wahrheit. Das ist die höchste Wirklichkeit, die aller Mannigfaltigkeit der Namen und Formen zugrundeliegt. Es ist die Leinwand, auf der dieses ewig sich verändernde Universum gemalt und abgeändert, verschönert und wieder ausgelöscht wird.
Einheit ist die Wahrheit. Die Vielfalt ist blosse Erscheinung. Jede Einzelheit dieser Mannigfaltigkeit ist nicht nur Teil der grossen Einheit, sondern sie ist auch identisch mit dieser Einheit. Die Hülle des Ego - geheimnisvoll geschaffen, um jedes Individuum zu umschliessen - muss irgendwann einmal zerbrochen werden, damit diese kosmische Einheit verwirklicht werden kann.

Die Verwirklichung dieser Einheit ist das Ziel allen menschlichen Strebens, denn in ihr allein liegt immerwährender Friede und ewige Glückseligkeit. Niemand kann lange Frieden und Glück geniessen, so lange er sich mit den immer wieder wechselnden Namen und Formen identifiziert. Die Verwirklichung dieser Einheit ist nicht eine Sache, die beliebig auf die lange Bank geschoben werden kann. Sie ist die allerdringlichste Forderung jeder Stunde unseres Lebens. Tatsächlich wacht das kosmische Leben über jeder Handlung eines jeden menschlichen Wesens, um zu sehen, wie weit es fähig ist, sich der Verwirklichung der kosmischen Einheit zu nähern. In dem Ausmass, in dem ein Mensch diese dringliche Aufgabe vernachlässigt, verfehlt er sein Leben. Der aufrichtig Strebende indessen macht jeden Augenblick seines Lebens als menschliches Wesen zu einem Glied in der Kette unaufhörlicher Bemühungen, die ihn näher und näher zum Ziele hinzieht, zum Erwachen im kosmischen Bewusstsein.

Indem wir die Schale unseres eigenen Ego fortwährend mit der Axt der Wahrheit bearbeiten, erweitert sich von Augenblick zu Augenblick unsere Schau der kosmischen Einheit und dehnt unser Herz immer mehr aus, bis es nach und nach all die unzähligen Wesen der Schöpfung mit warmer Liebe umfasst. Wenn die Schale einmal zerbrochen ist, verschwinden alle trennenden Tendenzen, und der Mensch ist nicht länger von anderen abgesondert, sondern erlebt sich als das kosmische Wesen, das eins mit allem, ewig, unsterblich und von unendlicher Glückseligkeit erfüllt ist.

Gott oder die Wahrheit ist reines Bewusstsein und kann daher über jenes Bewusstsein, welches von jedem Eingefangensein in körperliche und geistig-seelische Erfahrungen befreit ist, erreicht werden. Die Wahrheit muss in der Wahrheit und durch die Wahrheit selbst erfahren werden.

Der einsichtige Mensch sollte bewusste Anstrengungen machen, um diese Verwirklichung zu erlangen. Dies ist das höchste Prinzip, das alle Tätigkeiten des Menschen auf Erden regiert. Diese glorreiche Wahrheit sollte man durch den Rundfunk in der ganzen Welt verbreiten. Die Schulkinder wie die Universitätsstudenten und die Mitglieder aller Kirchen und anderer Institutionen sollten fortwährend an diese Wahrheit erinnert werden.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Materie und Geist

Unsere Gedanken sind für all unsere Vollkommenheiten wie auch für all unsere Unvollkommenheiten verantwortlich. "Was wir denken, das sind wir." Nicht Gott, sondern unser eigenes Denken, Wollen und Handeln, unsere Einstellung rufen alle Unvollkommenheiten, Schwierigkeiten, Prüfungen, Probleme, Leiden und Übel hervor. Wenn wir auf Schwierigkeiten stossen, wenn uns der Friede entflieht, dann nur unserer Gedanken wegen. Sobald wir unserem inneren Denken und Erkennen nach von der unendlichen Vollkommenheit Gottes losgetrennt sind, erfahren wir das Unvollkommene.

Geblendet von den bequemen Illusionen, die von den leichten Siegen über die äussere physikalische Natur herrühren, findet es der Mensch des 20. Jahrhunderts unmöglich, der Realität des nicht Mess- und Wägbaren und des unfassbaren innersten Wesens gewahr zu werden, dessen Anblick und dessen Einwirkung allein seinen Durst nach fortdauernder Freude stillen, sein Verlangen nach innerem Frieden und Gleichgewicht befriedigen und ihn wieder in einen Zustand echter Glückseligkeit zurückbringen kann.

Unsere Zeit braucht die Synthese materieller und geistiger Werte; sie hat es nötig, dass ihr praktisches Tun von der Sicht des Idealen her bestimmt und ein Zusammenklang von philosophischen Theorien und praktischem Tun erreicht wird. Sie legt es dem Menschen nahe, sein Leben so zu führen, dass der lastende Druck der Materie immer weniger sein Realitätsgefühl beeinflusst und der Geist sich seinem Bewusstsein immer stärker als Wirklichkeit kundtut.

Die Beziehung zwischen philosophischen Theorien und den praktischen Dingen des Lebens steht als die Frage von allergrösster Dringlichkeit vor uns. Sie hat durch alle Zeitalter hindurch die besten Köpfe beschäftigt und viele Arten von Idealisten hervorgebracht, Vertreter sowohl des subjektiven als auch des objektiven Idealismus. Einige haben behauptet, dass nur der Geist Wirklichkeit besitze und die Welt ein blosses Trugbild sei. Andere haben die gegenteilige Ansicht vertreten.

Wie sollen wir nun diese Frage von Geist und Materie angehen? Selbst in einer Anwandlung philosophischer Spekulation wäre es müssig, die Wirklichkeit der Materie gänzlich zu leugnen und den Geist als einzige Realität zu preisen. Auf der anderen Seite neigt die Überbetonung der Materie durch den Materialismus dazu, das Erreichen seiner selbstgesetzten Ziele unmöglich zu machen: alle Anstrengungen, den Frieden zu erhalten, enden in Kriegen; alle Bemühungen, die Wohlfahrt zu fördern, führen zum Zusammenbruch; alle Aktivitäten, die das Glück des Menschen sichern sollen, bewirken, dass er unglücklich wird. Weise voll göttlicher Erkenntnis haben die Philosophie aus dieser Zwickmühle dadurch befreit, dass sie eine zweifache Realität annahmen. Die Wirklichkeit wird von zwei Gesichtspunkten aus betrachtet. Vom absoluten Standpunkt aus ist Gott, das Selbst oder der Geist allein wirklich; die Welt ist nur eine flüchtige, wechselnde, endliche Erscheinung. Doch zu gleicher Zeit wird zugegeben, dass es einen weiteren Gesichtswinkel gibt, von dem aus diese Frage gesehen werden kann und auch gesehen werden sollte. Vom relativen, empirischen Standpunkt aus gesehen existiert die Welt. Und es lässt sich dazu bemerken, dass ihre Realität an Dichte und Bedrohlichkeit zunimmt, je weniger geistige Erleuchtung das Individuum besitzt.

Diese beiden - Geist und Materie - sind nicht zwei verschiedene Dinge an sich; sie sind zwei Stellungnahmen derselben Sache gegenüber. Deshalb muss die Möglichkeit eruiert werden, die beiden in eine einzige überzeugende Philosophie zu verschmelzen. Sie findet sich, wenn uns klar wird, dass die flüchtigen Phänomene der Erscheinung "Welt" in der absoluten Realität als ihrem Substratum verwurzelt sind. Hier ist eine Grundlage für die praktische Anwendung der Wirklichkeit auf das tägliche Leben. Praktische Belange sollten nicht vernachlässigt werden. Aber die relativen Werte von Geist und Materie müssen richtig abgeschätzt werden. Das Leben muss in einer Weise gelebt werden, dass die Materie immer weniger dicht und der Geist in seiner Realität immer dichter für das Bewusstsein des Menschen wird. Eine solche Verschmelzung von Geist und Materie ergibt den wertvollen Vorteil einer Veredelung und geistigen Bereicherung des Menschen, wodurch auch seine niederen Instinkte und Gefühle eine Umwandlung erfahren und kosmische Liebe von ihm Besitz ergreift.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Die Welt als Struktur des göttlichen Bewusstseins

Philosophen wie Hegel führen die ganze Welt auf Vernunft zurück. Unsere Sinne wollen uns davon überzeugen, dass alles Materie sei. Die Wissenschaft legt uns dar, dass alles aus Energie bestehe. Doch der Mystiker weiss: "Alles ist göttliches Bewusstsein."

Diese unsere Welt, von der die äusseren Sinne uns berichten, ist ein sogenanntes materielles Universum, das von Philosophen als Idee und von der Wissenschaft als Energiestruktur begriffen wird, während es der Mystiker als eine Bildung aus dem göttlichen Bewusstsein erkennt. Doch was ist sie nun in Wahrheit? Gehen wir dieser Frage auf den Grund.

Während ein Mensch schläft und träumt, ist das, was er im Traum erlebt, ganz und gar wirklich. Die hohen Berge, die blauen Seen, die Felsen, die Städte mit ihren unzähligen Menschen, mit allen möglichen grossen und kleinen Wesen, sind Gestaltungen des Traumbewusstseins, aus der Substanz des Bewusstseins im Traumzustand geformt. Für den Träumenden ist all dies eine Wirklichkeit, der materiellen Welt vergleichbar; während es für den Beobachter von aussen als ein blosses Bewusstseinsgebilde erkennbar wird, und man kann sagen, dass all diese Bildungen des träumenden Bewusstseins letztlich das Bewusstsein des Träumers selbst seien.

In gleicher Weise erschauen jene, die auf Grund ihrer ungewöhnlichen Weisheit und inneren Reinheit geistig erwacht sind, unser stoffliches Universum als ein herrliches Gebilde göttlichen Bewusstseins, als ein psychisches Universum, das die höhere zeitlose, allwunderbare allwissende Wirklichkeit in ihrer ganzen Fülle in sich verkörpert.
Woraus bestanden die Berge, Felsen, Seen, Städte und Menschen in dieser Traumerfahrung? Sie sind wesentlich psychischer Natur, ähnlich den Gedanken. Man könnte also von einer psychischen Welt mit gedanklichen Gebilden sprechen. Denn woraus besteht dort alles? Welches Prinzip ermöglicht uns Gedanken und Erfahrungen in bezug auf die Aussenwelt? Es ist das die eigentliche Wirklichkeit, während alles, was wir erfahren und sehen, einer sekundären Wirklichkeit der Namen und Formen zugehört, die man als psychische Welt, als Welt der Gedanken, als Welt der Dualität bezeichnen kann - als eine Welt, in der Dinge und Menschen erfahren werden und Gegensätze herrschen, in der Schmerz und Freude, Gut und Böse erlebt wird.

Diese psychische Welt, diese Welt der Dualität, wird erst durch die Gegenwart des inneren, unberührten, alles beobachtenden Prinzips möglich, das ein einziges ist, so wie das Bewusstsein des Träumenden ein einziges ist, während er in seinen Träumen eine Vielzahl von Welten erfahren kann. Die Wissenschaft kennt ja auch den Begriff der Energie als solchen, auch wenn diese in einer Vielzahl von Formen, als mechanische Energie, als elektrische Energie und als andere Arten von Energie, in Erscheinung tritt. So zeigt sich auch im Traum die eine Energie des Bewusstseins in der Vielfalt der Gestalten, als Traum-Berge, Traum-Menschen, Traum-Gedanken, Traum-Gefühle und vieles mehr. Für den Philosophen ist es der eine Gedanke, die Ur-Vernunft, die sich in der Gestalt des offenbar gewordenen äusseren Universums mit all seinen Gegenständen und Erfahrungen zum Ausdruck bringt.

So wie alles, was im Traum erlebt wird - Berge, Seen, Menschen, Städte - für den Aussenstehenden eine Struktur des träumenden menschlichen Bewusstseins ist, so ist für die Erfahrung der Grossen des Geistes und des Herzens unsere Welt eine Struktur des göttlichen Bewusstseins.
Nehmen wir ein weiteres Beispiel, um die Wahrheit zu entdecken, dass sich alles im Göttlichen befindet, dass das Göttliche hier und jetzt zugegen ist. Dieser unser Kosmos befindet sich im Göttlichen, ist voll des Göttlichen, birgt die Merkmale des Göttlichen in sich, so wie der Eisberg, der sich im Ozean befindet, die Merkmale des Ozeans in sich trägt und vom Ozean erfüllt ist.

Die Kohlenatome in einer bestimmten Anordnung werden als Kohle bezeichnet. In einer anderen Form der Anordnung werden die gleichen Kohlenatome Diamant genannt. Die Atome des Göttlichen, die Atome der göttlichen Gegenwart, des göttlichen Bewusstseins und Lebens werden, wenn sie die Organisationsform dieses Kosmos und des menschlichen Wesens tragen, als begrenzt und mit Fehlern behaftet, als brüchig - als der Kohle vergleichbar - erlebt. Die gleichen Atome bilden in einer anderen Weise der Anordnung das Reich Gottes. Die Atome des göttlichen Bewusstseins in ihrer brüchigen Organisation bilden diesen ganzen Kosmos mit seinen Begrenzungen, die Menschenwelt mit ihren Einengungen und ihren Tränen, jene, die Liebe, Weisheit, Güte und Hingabe ans Göttliche besitzen, sich gutem Tun ergeben, nur gute Gefühle hegen, erwerben langsam die Fähigkeit, in dieser Kohle des Kosmos den Diamanten des göttlichen Königreichs zu erblicken. Ihre innere göttliche Schau, ihr geläutertes Herz, ihre Güte, ihre Gebete, ihre Meditationen, ihr Dienen, ihr hohes geistiges Bewusstsein und Denken, all das befähigt sie, die Atome des Kosmos auf eine Weise anzuordnen, dass überall das Reich des Göttlichen sichtbar wird.

Erwirb die neue Schau und siehe den Kosmos als eine andere Art der Anordnung seiner atomaren Strukturen, so dass Du das Himmelreich überall findest. Versuche diese höhere Einstellung zu entwickeln, welche die Dinge richtig zu sehen vermag. Dann besitzt Du den Schlüssel zum Universum, den Schlüssel zu den Problemen Deines Lebens.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Der Mensch

Der Mensch, nicht nur Naturgeschaffenes,
sondern höchst potenziertes Bewusstsein

Der Naturalismus als Weltanschauung betrachtet den Weltprozess als allein aus den Elementen der physikalischen Welt erklärbar. Für ihn ist jede Realität auf die Bewegung von Atomen zurückzuführen, und die Welt lebendiger Organismen wird einem System von Kausalgesetzen gleichgesetzt. Das menschliche Bewusstsein sieht er als ein Erzeugnis des Gehirns, eine beiläufige Begleiterscheinung, und die menschliche Vernunft als ein blosses Naturprodukt. Die menschliche Seele betrachtet er als einen verfeinerten Zustand der materiellen Substanz; Willensfreiheit, Zweck und transzendentale Bestimmung als unwirkliche Belanglosigkeit. Wille, Wahlfreiheit und moralisches Urteilsvermögen sind für ihn unwirkliche und belanglose Auswüchse der sich entfaltenden und zum Ausdruck bringenden Materie. Ziele, Werte und Endursachen sind im Interesse der Einheitlichkeit der naturalistischen Sicht beiseitezustellen. Das Geistige ist ein blosses Fluoreszenzphänomen, eine regelmässig auftretende Begleiterscheinung bei gewissen komplizierten körperlichen Vorgängen. Er behauptet, dass die Natur aus sich selbst hergeleitet und durch ihr eigenes Wesen bestimmt sei, weshalb ihr Vorhandensein nicht von irgend einem nicht-materiellen Faktor oder Wesen abhänge. Infolgedessen weise sie auch kein Prinzip auf, welches philosophische Einsicht verlangen würde. Das bedeutet, dass sie keine verborgenen Kräfte birgt, welche die Übung menschlicher Fassungskraft und deren Anwendung fordert, und auch keine tieferen und sublimen Ursachen, welche der suchenden und forschenden Intelligenz des Menschen eine besondere Anstrengung auferlegt, um sie wahrnehmen und erkennen zu können. Indem er sich weigert, irgendetwas jenseits unserer unmittelbaren Erfahrung Liegendes in Betracht zu ziehen, behauptet der Naturalismus, dass an keinem Punkt des Evolutionsprozesses die wirkende Gegenwart eines transempirischen oder irgendeines teleologischen Prinzips einbezogen sein könne. Er degradiert die Vernunft zu einem Naturprodukt und beraubt sie völlig ihrer Spontaneität und schöpferischen Funktion. Er gestattet keine Annahme von irgend etwas Geistigem und reagiert intolerant auf jede Ansicht über Welt, Mensch, Natur, Gesellschaft und menschliches Wirken, die nicht mit der streng materialistischen übereinstimmt. Er betrachtet das menschliche Verhalten als eine Funktion von Umgebung und Umständen und als etwas, das bis in die letzten Ursprünge auf Physikalisches rückführbar ist.

Ein weiterer Angriff auf Würde, Wert und Grösse des Menschen kommt aus dem Bereich der behaviouristischen Psychologie sowie der Tiefenpsychologie. Die Einmaligkeit des menschlichen Geistes wird in der materialistischen, mechanistischen Darstellungsweise entwertet und ins Lächerliche gezogen, die Freiheit des Menschen zur Illusion gestempelt und seine Ethik als Rationalisierung unethischer Impulse abgetan.

Das Menschenbild, das sich von der heutigen Naturwissenschaft und der Psychologie inspirieren lässt, ist tatsächlich bedrückend, und das Ergebnis zeichnet sich im Antlitz der Menschheit ab. Der Sinn für Bedeutung und Ziel des menschlichen Daseins ist verlorengegangen. Selbst die technischen Errungenschaften in unserer Umwelt scheinen den Menschen noch mehr in seinem Wert zu schmälern, indem sie ihn gerade in jenen Fähigkeiten überflügeln, die er für seine höchsten hält - wenn wir etwa an die modernen Computeranlagen, die sogenannten Elektronengehirne denken.

Wie also sollen wir den Begriff "Mensch" festlegen, wenn eine Definition verlangt wird? Gibt man die Definition des Biologen, des Soziologen, des Psychologen, des Politikwissenschaftlers wieder, dann greift man daneben, weil ihre Beschreibung nur für die äussere Struktur zutrifft.
Teilansichten des Menschen, wie sie von Fachwissenschaftlern abgegeben werden, mögen an und für sich zutreffend sein, doch verleiten sie leicht zu einem Leben, das der zentralen Wirklichkeit im Menschen und einem umfassenden Menschenbild nicht gerecht wird. Die Feststellung, der Mensch sei ein biologischer Organismus, ist durchaus wahr, doch ist dies eine begrenzte Tatsache, bei der viele Faktoren unerfasst bleiben. Der Mensch ist in der Tat nicht nur ein biologischer Organismus unter anderen, er ist bei weitem mehr als sein Körper und seine Intelligenz. Er trägt ein reiches Bewusstsein voll verschiedenartigster Fähigkeiten in sich. Er ist auch eine psychologische Einheit. Wollte man ihn hingegen lediglich als ein psychologisches Wesen oder als eine psycho-physische Einheit definieren, wäre die Beschreibung wiederum nur bruchstückhaft und - angesichts der höheren Wirklichkeiten, die sich in ihm vorfinden - unzutreffend. Der Mensch ist mehr als ein biologischer Organismus, mehr als eine psycho-physische Einheit, mehr als ein Objekt unter Objekten, mehr als ein Vernunftwesen, mehr als eine soziale Einheit, mehr als eine Materiestruktur, weil sich das "Bildnis Gottes" in ihm befindet und die unwandelbare Wahrheit in diesem veränderlichen Körper, Herzen und Denken zugegen ist. Diese unwandelbare Wahrheit sollten wir kennenlernen. Sie ist das Bildnis des Ewigen in uns.

Dieses Bildnis des Göttlichen in uns ist höchst potenziertes Bewusstsein, es ist voll unendlichen geistigen Gewahrseins, voll Licht, unwandelbar und ewig.

Dieses grössere Sein ist Licht, das sich allen menschlichen Begriffen entzieht. Es ist Verstandeslicht, das Licht der höchsten Intelligenz, des höchsten Bewusstseins, welches das Leben des geistig Strebenden durch innere Leuchtkraft und Intelligenz auszeichnet.
Es ist das Licht in unserer Intelligenz, in unserer Liebe, in unserem Glauben, in unserer Weisheit. Durch seine Weisheit sehen wir den falschen und den richtigen Weg. Es sagt uns, was richtig und was nicht richtig ist. Es ist die Schatzkammer allen Friedens und aller Schönheit. Keine Nacht ist in diesem Licht, kein Licht kann dort scheinen. Es ist die Quelle aller Künste, aller Wissenschaften, aller Erkenntnis. Es ist unbeschreiblich strahlend. Es ist ewig und immer das Gleiche. Kein Schatten ist in ihm. Keine Zeit ist in ihm. Es ist unendliche Vollkommenheit. Aus ihm kommt der allmächtige, allgegenwärtige, allwissende Gott.

Nichts existierte vor diesem allerhöchsten göttlichen Licht. Gott ist die Offenbarung dieses göttlichen Lichts, eine Manifestation, welche die Universen hervorbringt, erhält und wieder auflöst. Dieses Grösste in uns ist unendliche göttliche Erkenntnis, die mit ihrer unvergleichlichen Lichtfülle auch die höchste menschliche Genialität übertrifft. So lange wir die Welt durch unsere Sinne und unsere begrenzten geistigen Fähigkeiten erfahren, werden wir wahre Freiheit nicht finden. Wir müssen die Welt mit den Augen der Wahrheit - mit dem höchsten Sein in uns - betrachten, um jene Freiheit zu erleben. Innere geistige Erfahrung lässt uns erkennen, dass dieses Grössere in uns unser eigentliches inneres Sein ist.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Persönlichkeit und Individualität

Vielfältig sind die Auffassungen von "Persönlichkeit". Wenige nur vermögen die feinen Unterscheidungen, welche zwischen den Ausdrücken Persönlichkeit und Individualität bestehen, zu erfassen und verständlich zu machen. Öfters als man denkt, werden diese Begriffe selbst von hervorragenden Denkern verwechselt. Was mit "Persönlichkeit" bezeichnet wird, steht nicht für das Individuum im Menschen; es ist eher eine maskenartige Verhüllung des Individuums, als das Individuum selbst. Die Persönlichkeit wird durch die äusseren, mentalen, moralischen und materiellen Ausdrucksformen des Individuums geformt, während mit Individualität der Status und das Vorhandensein als Individuum selbst bezeichnet wird.

Die Gesamtheit der mentalen Züge sowie die moralischen, künstlerischen und körperlichen Merkmale, die das Individuum maskenartig umkleiden, konstituieren die Persönlichkeit. Diese betrifft Benehmen, Wesensart und Erscheinung eines Menschen. Die Persönlichkeit kann dual bzw. doppelt sein, während die Individualität stets eine einzige ist. Mit Individuum bezeichnen wir das Einzelwesen, das als unteilbare Einheit besteht. Die Persönlichkeit, nicht aber die Individualität, kann gespalten sein.

In jedem Menschen herrscht ein doppeltes Element: einmal die innere und geistige Identität, wenn man vom Individuum spricht, und andererseits das äussere, dem Wechsel unterworfene Phänomen, Persönlichkeit genannt. Sie ist eine äussere Form der Individualität, ein Gebilde an der Oberfläche des Individuums.

Die Individualität ist nicht etwas, das man entwickeln kann, sie bezeichnet die Tatsache der Existenz. Die Persönlichkeit wird in der Gesellschaft hoch bewertet und ist für den Lebenserfolg von Belang. Auf allen Gebieten menschlicher Beziehungen ist sie von grosser Bedeutung.

Der Ausdruck "Persönlichkeit" kommt aus dem lateinischen "persona", was zunächst die Maske bezeichnet, die ein Mensch anlegt. Persönlichkeit ist jenes besondere Bewusstsein, das sich auf den physischen Körper oder den persönlichen seelischen Aufbau des Menschen bezieht. Der Tod bringt die Persönlichkeit zur Auflösung; doch kann er die Individualität nicht auslöschen. Letztere bezeichnet eine bestimmte, gesonderte Einzelexistenz. Sie ist etwas jenseits unseres physischen und jenseits unseres intellektuellen Selbst. Sie hat keinen Bezug zur Persönlichkeit eines Menschen. Das "Ich" in einem Menschen ist das Individuum, und sein oder ihr äusseres Ich bildet die Persönlichkeit. Individualität ist das Empfinden des Ich. Es ist ein beständiges Weiterströmen, eine Weiterführung des einen Gedankens vom "Ich". Alle weiteren Gedanken gruppieren sich um dieses "Ich". Die Persönlichkeit ändert sich, doch die Individualität, das Gefühl, ein "Ich" zu sein, wechselt nie. Das Ich-Empfinden bleibt bestehen, unter welcher Maske wir uns auch befinden mögen. Selbst im Traum verliert man nicht den Halt an dem Gefühl, ein "Ich" zu sein.

Auch im tiefen Schlaf sind wir uns des "Ich" bewusst. Würde dieser Ich-Sinn fehlen, wären wir nicht imstande, festzustellen, dass wir einen gesunden Schlaf hinter uns haben.

Die gegenwärtige Phase der Bewusstwerdung verlangt von uns eine Transzendierung des Persönlichen im Bewusstsein, eine neue Allverbundenheit, die Universalisierung unserer Persönlichkeit. Diese geht dabei keineswegs verloren, erst in diesem Zustand der Universalisierung findet sie ihre höchsten Möglichkeiten.
Wenn der menschliche Geist durch fortgesetzte geistige Disziplin erleuchtet wird, dann taucht die Individualität in die Universalität ein und man erlebt die wahre Natur des eigenen göttlichen Seins, des unendlichen Selbst.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Das unwandelbar Prinzip im Menschen

Man sagt nicht umsonst, dass der Mensch das Mass aller Dinge sei. Der Mensch ist ein vielschichtiges Wesen, das von verschiedenen Hüllen, die sein eigentliches Inneres verbergen, umgeben ist. Er kann sich sowohl mit seinem grobstofflichen Körper identifizieren und in der Sorge um dessen Wohl und Wehe aufgehen, wie es das Tier tut, er kann sich mit seinem selbstbewussten Verstand gleichsetzen, kann aber auch sein Einssein mit dem wahren Selbst fühlen, das der "ewige Zeuge" ist.

Die vitalen Ziele können - so wertvoll sie an ihrem Orte sein mögen - auf die Dauer nicht den Vorrang gegenüber dem geistigen Wesen einnehmen, ohne dass dies eine völlige Unordnung innerhalb der Gesamtpersönlichkeit hervorrufen würde. Im modernen Menschen nimmt der selbstbewusste Intellekt mit all seinen natürlichen Begrenzungen die oberste Stelle ein. Die Folge davon ist selbstzerstörerischer Skeptizismus.

Der Intellekt kann sich nur in einem Circulus vitiosus begrenzter Möglichkeiten bewegen. Er bewegt sich an der Oberfläche des Objekts, ohne je tiefer vordringen zu können. Er vermag nicht einzudringen, um eins mit ihm zu werden, aber: ohne vollkommene Identität ist Erkenntnis unmöglich.

Die Wahrnehmung der Sinne und die Resultate von Schlussfolgerungen sieht der Intellekt als gültig an, er weist jedoch die tiefsten subjektiven Intuitionen als blossen Schein zurück.

Tiefe Einsicht enthüllt uns, dass im Menschen noch mehr ist, als sein normales Bewusstsein offenbar werden lässt, etwas, das der Urgrund aller Gedanken und Gefühle ist: eine feingeistige Gegenwart, die uns ewig unbefriedigt lässt, so lange wir nur irdischen Belangen nachgehen.
Jeder, der um vertiefte Einsicht in die fundamentale Wirklichkeit in der inneren Konstitution des Menschen bemüht ist, wird schliesslich zu der Feststellung gelangen, dass der Mensch die unvergängliche Essenz in einer vergänglichen Form darstellt. Es dürfte ihm kaum entgehen, dass es sich beim Menschen um das Unwandelbare in seinem sich ständig wandelnden Bereich handelt, um eine Formulierung des ewigen und unendlichen göttlichen Bewusstseins - eines Bewusstseins voller Freude, Schönheit, Güte und Vollkommenheit - das von einer sich entwickelnden Psyche umhüllt ist und sich in einem Leben der Begrenzungen befindet, einem Leben der Freuden und Schmerzen, des Guten und Bösen.

Der Mensch ist der selbstbeobachtende und allbeobachtende Erfahrende im weiten Bereich kosmischer Manifestation. Er ist das erfahrende Subjekt, und alles im Kosmos Offenbargewordene ist sein Erfahrungsbereich. Die Geheimnisse der Schöpfung haben in seiner inneren Konstitution ihren Sitz. Mehr noch: der Schlüssel zum Rätsel von Dasein und Wesen des unendlichen Schöpfers, oder Gottes, liegt im inneren Sein des Menschen. Er ist nicht nur der Mikrokosmos im Makrokosmos; er trägt vielmehr die ganze noumenale Wirklichkeit in sich. Natur und Gott befinden sich in ihm. Er ist die Antwort auf alle Fragen, die sich auf die Natur und auf Gott, als den Schöpfer der Natur, beziehen.

Soll die Schöpfung als Ganzes voranschreiten, sich höherentwickeln und zur wahren Erfahrung ihres inneren Gehaltes gelangen - d.h. zu der zugrundeliegenden Unendlichkeit - dann hat dies durch den Menschen zu geschehen, der nicht nur der bewusst und selbstbewusst Handelnde in einem unbewussten und einem unbelebten Naturreich ist, sondern in welchem Mensch und Gott - oder das Individuelle und das Absolute - beisammen wohnen und zusammengehören. Somit wird die unendliche Wirklichkeit des Göttlichen nicht anders verständlich als über den Menschen und durch den Menschen. Die Schöpfung gelangt nur über den Menschen zur vollen Erfüllung des ihr innewohnenden Strebens nach Höherentwicklung, des Strebens, über sich hinauszuwachsen und die eigene innere Essenz zu erkennen.

Dem Menschen, als einem sich selbst, wie alles andere, wesensmässig Transzendierenden, wohnt ein ontologisches Streben inne. So ist er nicht nur in der Lage, sich von seinen persönlichen Umwelterfahrungen zu distanzieren und die Welt um sich her auf eine Weise zu beobachten, aus welcher sich eine Vielzahl von Spezialwissenschaften ergibt, sondern er kann über den Erfahrungsbereich der äusseren Welt überhaupt hinausgelangen, neue Horizonte erreichen und das innere Wesen erkennen. Es ist ihm also nicht möglich, die äussere Welt zu erforschen, sondern auch seine eigene subjektive psychologische Innenwelt kennenzulernen. Doch sind seine Möglichkeiten damit noch nicht erschöpft. Er kann über den Bereich der psychologischen Selbsterforschung hinaus auch das Wesen seines dahinterliegenden psychischen Seins in den Griff bekommen, und selbst von diesem psychischen Sein kann er sich erkennend distanzieren und dessen Funktionen beobachten. Er kann bis zum zentralen Beobachter/im Buch Beobachtenden vorstossen, so dass sowohl die objektive, als auch die subjektive Welt sich seiner forschenden Aufmerksamkeit als Beobachtungsbereich erschliesst, während er sich selbst auf den Standpunkt des inneren Wahrnehmenden zurückzieht. In dieser innersten Beobachtung bzw. Erfahrung sind die Dimensionen ontologisch. Hier befindet sich die ontologische Wirklichkeit, das unvergängliche Sein, das unendliche Subjekt. Hier, wo es sich um die Essenz des Menschen, um die zentrale Wirklichkeit im Menschen handelt, ist keine Objektivierung mehr möglich. In diesem eigentlichen Genius, diesem Göttlichen im Menschen, lassen sich keine Dimensionen mehr finden, und doch sind alle Dimensionen darin enthalten, ebensosehr wie alle Raum-Zeit-Ordnungen. So wie der leere Raum alles in sich enthält, so befindet sich auch alles in dieser zentralen Wirklichkeit, mit welcher der Mensch seiner inneren Struktur nach organisch verbunden ist. Vom empirisch-psychologischen Standpunkt aus betrachtet lässt sich sagen, dass das Bewusstwerden dieser ontologischen Wirklichkeit dem Menschen ein Gefühl grosser Stärke verleiht. Aus der tieferen Erkenntnis dieser inneren Realität entsteht dann der Sinn für das Unsterbliche im Menschen, ferner das Gefühl, im Besitz grenzenlosen Friedens zu sein, an einem unbegrenzten Glück teilzuhaben, über Zeit und Raum zu stehen und schliesslich das deutliche Empfinden, im Göttlichen verwurzelt zu sein und an Seinem Wesen teilzuhaben.

Je mehr wir von dieser unwandelbaren Wirklichkeit erkennen, um so mehr offenbart uns das Leben seine Bedeutung, um so mehr auch seinen hohen Wert und seine wahre, unvergängliche und unangreifbare Würde. Was Gott ist, ist im Grunde auch der Mensch, und alle menschlichen Probleme entspringen letztlich der Tatsache, dass wir weit grösser sind, als wir zu erkennen vermögen. Unsere Grösse ist die Ursache aller Probleme, und so lange wir nicht bewusst dynamische Kenntnis davon haben und in bewusstem Kontakt mit dieser Grösse unseres Inneren stehen, findet keines der Probleme im Äusseren seine endgültige Lösung.

Das Bild, das der Mensch von sich selbst hat, muss einerseits der Wahrheit - und zwar einer bleibenden Wahrheit - entsprechen und andererseits aufwärts führen. Er muss sich seine eigene Wirklichkeit klarmachen, das transzendente Prinzip in sich entdecken, erkennen lernen, dass er Mittelpunkt eines unendlichen göttlichen Bewusstseins ist.

Die ewige Wahrheit zu verwirklichen und sie durch die vervollkommneten Instrumente des menschlichen Geistes und des menschlichen Körpers zum Ausdruck zu bringen, ist das Prinzip und der ganze Sinn und Zweck des geistigen Lebens, das einzige Ideal, das der denkenden Menschheit dauernde Befriedigung und Frieden geben kann.

Die Lehre, dass der gewöhnliche Zustand des Menschen nicht sein Endstadium darstellt, dass er ein höheres Selbst, einen unsterblichen Geist, ein unauslöschliches Licht besitzt, hat zu allen Zeiten die Aufmerksamkeit der besten Geister der ganzen Menschheit auf sich gezogen. Sämtliche grossen Denker in aller Welt erheben einstimmig die Forderung, dieses Selbst kennenzulernen. Während im Aufbau unseres Körpers ein ständiger Wechsel herrscht und unsere Gedanken sich wie die Wolken am Himmel zusammenballen und wieder verflüchtigen, geht das wahre Selbst niemals verloren. Es ist alldurchdringend und dennoch von allem verschieden. Es ist die Quelle des Identitätsempfindens durch zahlreiche Verwandlungen hindurch. Es bleibt sich gleich, obwohl es alle Dinge sieht. Es ist das eine Unveränderliche, das in all den vielfältigen Vorgängen im Universum keiner Veränderung unterliegt. Unsere begrenzte Persönlichkeit ist sich nur dann und wann bewusst. Dazwischen liegen ausgedehnte Bewusstseinslücken. Doch stirbt der innere Seher nicht, auch wenn der Tod den Menschen ereilt. Nichts von seiten der Objektivität vermag an das subjektive innere Sein heranzukommen.

Dieses ewig fortbestehende Selbst als das ewige Subjekt kann nicht bewiesen werden. Auch bedarf es keines Beweises. Es ist sein eigener Beweis. Es ist das, was jedem Erkenntnisvorgang zugrundeliegt und jedem Organ und jeder Fähigkeit erst Leben verleiht. Unreinheiten unseres menschlichen Geistes sind schuld, dass dieses universale Selbst mit dem empirischen Selbst verwechselt wird. Wenn wir den Dunstkreis um das Selbst durchbrechen und es von seinen Hüllen befreien, gelangen wir hier und jetzt im physischen Körper zum Ziel unserer Bestimmung.

Das innere göttliche Selbst, das "Ich", ist das unwandelbare Prinzip im Menschen. Es ist von unendlicher Einfachheit und bildet eine Dreiheit von transzendenter Wirklichkeit, transzendentem Gewahrsein und transzendenter Freiheit.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Auf welchen Wegen erfahre ich
die wahre Natur von Mensch und Universum?

Durch allumfassende Liebe -
zum kosmischen Bewusstsein

Die höheren Kräfte des Bewusstseins gelangen zum Selbstausdruck, wenn die innere Natur immer reiner und reiner und gänzlich umgewandelt wird. Die Reinheit und der innere Umwandlungsprozess können unser Inneres so zubereiten, dass die Gottheit, die Realität, die Wahrheit, das unendliche Bewusstsein, das in all den Formen des Universums, in der Natur, in der Welt, in allen Wesen verborgen liegt, uns plötzlich offenbar wird.

Das kosmische Bewusstsein stellt eine der Stufen göttlicher Erfahrung dar. Jenseits von ihm, über ihm liegt das transzendentale Bewusstsein. Auf der Stufe des transzendentalen Bewusstseins werden wir in das Herz und Sein der höchsten Gottheit zurückgenommen. Wir erlangen die Einheit mit der Gottheit. Auf der Ebene des kosmischen Bewusstseins sind wir uns des göttlichen Seins in aller Schöpfung, im ganzen Kosmos bewusst. Wir gehen auf in der Erfahrung der Gottheit in Natur und Universum, in allen Dingen. Das Bewusstsein als solches - in seiner Unendlichkeit - ist Gott.

Um die Begrenztheit der Körper sowie der mentalen Sinne und der emotionalen Kräfte zu durchbrechen, müssen wir allmählich jede dieser Eigenschaften dahin bringen, dass sie weitere, höhere und umfangreichere Erfahrungen ermöglichen. Der menschliche Geist, der gewohnt ist, nur das zu sehen, was ihm durch Erziehung, Kultur und Gesellschaft als Tatsache oder als Wahrheit vorgesetzt wurde, muss langsam einsehen lernen, dass es Hunderte, ja Tausende von Wahrheiten gibt, von denen die körperlichen Sinne keine Kenntnis vermitteln können. Er muss allmählich zur Einsicht kommen, dass ein gemeinsames Leben in allen Dingen, ein gemeinsames Bewusstsein in allem Erschaffenen wohnt, dass ein universales göttliches Licht und Leben in allen existierenden Formen vorhanden ist, handle es sich um Materielles oder um Nichtmaterielles. Daraufhin muss er lernen, sich in seiner Beziehung zum Unendlichen, zum Absoluten, zum Unbedingten, zur höchsten Gottheit zu sehen.

Alles, was sich in diesem leeren Raum auf uns bezieht, ist eine unsichtbare Gottheit. Die Tische, Stühle, alles, was sichtbar ist, sind letzten Endes in ihrer Zusammensetzung, in all ihren Atomen, die Offenbarung des ewigen Lichts. Überall erfahren wir die alles sehende Intelligenz, sie ist der Hintergrund aller Offenbarungen. Sie ist die geheimnisvolle Wirklichkeit, welche die Grundlage allen Lebens bildet, die Ursache und Quelle aller Manifestation, welche wir mit den physischen Augen wahrnehmen. Wo immer wir hinblicken, überall da wo wir unsere Gefühle erweitern und wo unser Bewusstsein sich ausdehnt, überall da erleben wir die unendliche Schönheit und Freude des höchsten Wesens. Es handelt sich hier nicht um ein blosses Gerede, sondern um eine direkte lebendige Erfahrung. Tausende von grossen Menschen sind durch die Jahrhunderte hindurch zu diesem göttlichen Bewusstsein gelangt. Sie haben erfahren, dass die ganze Welt nur eine Offenbarung dessen ist, was sie im eigenen Herzen tragen.

Wir besitzen oder gewinnen ein Ding nur, indem wir es überwinden. Nur dann besitzen und nützen wir unsere Welt völlig, wenn wir uns in erster Linie mit dem grösseren Königreich in uns verbinden. Berühre die Wahrheit, die Weisheit des Göttlichen. Erkenne die höchsten Dimensionen des göttlichen Bewusstseins in Deinem Inneren und komme in Kontakt mit ihnen - und Du hast die Lösung zu den tiefsten Fragen.

Doch wie soll das geschehen? Indem wir zuerst das Göttliche suchen. Wie gelangen wir über diese Welt hinaus? Wie soll sie überwunden werden? Nicht durch äussere Machtentfaltung oder durch Eroberung, sondern durch zunehmendes Verstehen, durch die Entfaltung einer Liebe, die geistig allumfassend ist, durch den unmittelbaren Kontakt mit dem geistigen Sein und Wesen, Gott genannt.

Die äussere Welt muss im Geiste überwunden werden, bevor man sich ihrer wahrhaft erfreuen kann. Sie wird all ihre Begrenzungen und Fehler ablegen, wenn wir sie mit den Eigenschaften des Lichts, der Geistesklarheit, der Liebe des schöpferischen Bewusstseins und des geistigen Wesens überfluten.

Diese Erfahrung wird uns nicht zuteil, so lange wir auf unsere Sinne beschränkt bleiben, welche uns das Universum auf ihre Art darstellen. Doch werden wir überall nur dem Angesicht des Unendlichen begegnen, sobald wir unser Bewusstsein von der Begrenzung der körperlichen Sinne frei machen, wenn wir unsere Liebe von den körperlichen Begrenzungen lösen, um das Göttliche erleben zu können. Die Begrenzungen, die wir noch heute im Leben erfahren, sind nicht unvermeidlich, sie können durchbrochen werden. Dann wird die Erfahrung des Göttlichen uns sofort zuteil, und alle die Wunder, welche die Ursache der Wunder des Weltalls und der Befreiung von Zeit und Raum sind, werden in unseren Händen sein. Wir werden damit arbeiten können, und es wird uns möglich werden, mit unendlicher Kraft und Energie zu leben, aber was wesentlich ist: Wir müssen aufgeben, ein normales Leben in der normalen Art und Weise zu leben. Wir müssen auf unsere kleinen, kleinlichen Erfahrungen verzichten. Wir müssen bereit sein, eine grosse Vision unser eigen zu nennen und zu einer grossen Liebe bereit sein, einer Liebe, die alle Wesen als Ausdruck der Gottheit umfasst.

Je grösser, erhabener unser Denken, je göttlicher unsere Gefühle sind, je weniger wir unser persönliches Ich in den Dingen dieser Erde verlieren, um so mehr werden wir der wahren Wirklichkeit bewusst, um so mehr gewinnen wir ein unfehlbares Bewusstsein des Unendlichen. Unser Bewusstsein wird sich erweitern, unsere Art zu leben wird sich verändern, und auf diese Weise werden wir dann etwas von dem göttlichen Bewusstsein erleben, das in uns allen ist. Und wenn wir anfangen, Erfahrungen zu machen, sie zu fühlen und zu verwirklichen, wenn wir dieses unendliche Bewusstsein in der ganzen Natur, in der ganzen Menschheit, in allen Wesen, zu allen Zeiten und in allen Lebensumständen erlangen, dann wird die Möglichkeit der Erwerbung des kosmischen Bewusstseins immer näher rücken. Das kosmische Bewusstsein ist unser normaler Zustand.

Die körperlichen Begrenzungen dauern nicht lange, doch so lange wir darin eingesperrt sind, besteht die Erfahrung des Unglücklichseins, des Irrtums, des Verlorenseins. Je mehr wir uns aber von den Begrenzungen dieses menschlichen Bewusstseins befreien, je mehr wir unsere Gefühle erhöhen, je mehr wir unsere kleinlichen Wünsche in eine grosse, allumfassende Liebe weiten, je mehr wir fähig werden, unsere kleinmenschliche Einstellung zu einer hohen Vision auszuweiten, um so mehr besteht die Möglichkeit, zu dem kosmischen Bewusstsein zu gelangen, das sich in unserem inneren Wesen bereits vorfindet.

Das normale Individuum erfährt die Welt mittels seiner Sinne durch seinen Geist, mit dem Resultat, dass die Erfahrung mehr Schmerz einbringt als Freude, dass Unwissenheit herrscht statt Erkenntnis. Durch das Verstricktsein in die Sinneswahrnehmung ist auch die Erfahrung des Übels und des Bösen gegeben, all der geringeren Wirklichkeiten, wie die des Leidens und des Todes. Deshalb ist dieses eingeengte Bewusstsein nicht unser natürliches. So lange wir darin verstrickt sind, werden wir hilflos und unglücklich sein, und je schneller wir uns aus dieser Umklammerung befreien, umso besser für uns. Und die Möglichkeit dazu besteht, sich aus Schwächen und Unvermögen zu lösen, ja in unserem täglichen Leben zum kosmischen Bewusstsein durchzudringen. Wenn das geschieht, werden wir dieses unendliche Bewusstsein als die einzige Realität unseres Lebens empfinden. Alles, was wir dann sehen und erleben, ist Auswirkung des unendlichen göttlichen Lichts und seiner Macht.

Die Entfaltung der inneren Stille und Ruhe ist wesentlich für inneres geistiges Wachstum. "Seid stille und erkennet, dass ich Gott bin." Unser inneres Wissen muss in Ruhe und Stille wurzeln. Wir können aber niemals die wahre Stille und Ruhe in uns verspüren, so lange wir nicht das dynamische Empfinden der allvollkommenen göttlichen Gegenwart haben, so lange sich unser Herz nicht in Liebe öffnet und unser Wesen im Glauben erstrahlt, in völliger Auslieferung an jene Macht, die als das Leben unseres Lebens uns beschirmt, uns erhebt und innerlich reich macht.

Je mehr wir in diesem Zustand der Verwirklichung des ewigen Seins leben, desto mehr wird unser innerer Zustand ein glücklicher und friedvoller sein, immer vollkommener werden, und wenn wir uns weiter in dieser Richtung entfalten und unser Denken und Leben von diesem kosmischen Sein bestimmt sein lassen, werden wir auch imstande sein, die Kräfte des Universums zu handhaben und die Geheimnisse des Geistes zu erfassen, die Weisheit einer unendlichen Liebe zu erleben, die hier und dort und überall am Werke ist. Unter allen Umständen und Bedingungen des Lebens werden wir dann die unbegrenzte Freude und Liebe des inneren Wesens erfahren. Das ist unsere Bestimmung.
Liebe, Glauben und Selbstübergabe an Gott und die grundlegenden geistigen Werte und Wahrheiten, sie allein tragen zur Lösung der eigentlichen grossen Lebensfragen bei und sollten in ihrer vorrangigen Bedeutung erkannt und anerkannt werden.

Was wir durch die Errungenschaften unserer technisch-wissenschaftlichen Zivilisation an Wundern hervorgebracht haben, kann nur bewahrt und fruchtbar genutzt werden, wenn wir gleichzeitig auch jene Liebe in uns entfalten, die vom Gefühl der göttlichen Gegenwart und der Berührung mit dem alles ernährenden, erhaltenden und beschützenden Gott getragen wird.

Dahin müssen wir kommen, ja es ist uns sogar zur Pflicht gemacht, und es gibt hundert Wege und Methoden, um dahin zu gelangen. Man kann es in einem Jahr so weit bringen oder auch in sechs Monaten, bei manchen genügt ein Tag. Es hat sogar aussergewöhnliche Persönlichkeiten gegeben, die diesen Zustand in drei Stunden oder in drei Minuten erreichten. Alles hängt davon ab, wie weit wir dafür vorbereitet sind, wie gross unsere Herzensreinheit schon ist, wie wir unser Denken und Fühlen schon verfeinert, unsere Wünsche sublimiert haben, wie gross unsere Sehnsucht nach der Erfahrung einer unendlichen Macht in uns, um uns und über uns ist.

Welche Schritte haben wir schon unternommen, um die Versklavung durch unsere Sinne zu brechen? Wie sehr lassen wir uns innerlich davon anrühren, wenn wir die Sonne aufgehen sehen oder den Vogelflug beobachten? Wie ist unsere Einstellung zu Menschen und Dingen, wie ist unsere Art, sie zu sehen? Solche Faktoren sind ausschlaggebend dafür, wie weit schon die Möglichkeit für uns besteht, das Göttliche in Erfahrung zu bringen. Wenn alles in uns geläutert, veredelt und strahlend ist und wir uns der Gnade der allsehenden Gottheit öffnen, gelangen die inneren Gaben der Intuition und Inspiration, der Erleuchtung in uns zur Auswirkung, so dass wir im Licht des Göttlichen wandeln, wohin wir auch gehen. Wir gehen dann mit der Weisheit im Herzen, die unendlich ist, wir bringen die Liebe zum Ausdruck, die keine Grenzen kennt, die alles umfasst und nichts ausschliesst. Dann wird unser Leben zum Spielplatz des göttlichen Bewusstseins, wohin wir auch blicken, werden wir des Unendlichen gewahr, unser wahres Wesen, unser eigentliches Sein, die ganze Wahrheit unseres inneren Lebens ist dann unendliche Freude, ist Friede und Vollkommenheit Gottes.

Je mehr wir unseres eigentlichen Wesens bewusst sind und sich unsere Gedanken und Gefühle in dieser Richtung bewegen, um so mehr werden wir aus der unerschöpflichen Quelle gespeist und die Dinge des äusseren Lebens meistern. Je kraftvoller unsere Bemühungen in dieser Richtung sind, um so grössere Chancen haben wir, schon hier auf Erden im Reiche Gottes zu leben.

Damit gelangen wir dahin, auch im täglichen Leben unser kosmisch weites Bewusstsein zum Ausdruck zu bringen. Was soll das heissen? Kosmisches Bewusstsein ist nichts anderes als das Bewusstsein Gottes, das überall, in allem ist, in allen Dingen, in der Natur, in den Vögeln, einfach in allem. Es ist das wie ein intensives Bewusstwerden der göttlichen Gegenwart, die in allem Sichtbaren zum Ausdruck kommt. Dieses Etwas ist in der Natur, in der aufgehenden Sonne, im blauen Meer, in der ganzen Menschheit, in allen Dingen, die das äussere Universum ausmachen. Mit der Hilfe unserer irdischen Augen werden wir dann das kosmische Bewusstsein wahrnehmen, das überall gegenwärtig ist. Sind wir dahin gelangt, haben wir eine grandiose Sichtweise und hohe Weisheit in uns. Dann gibt es keine Erfahrung und kein Ereignis mehr, das uns im Leben Schaden zufügen könnte.

Schmerz und Freude haben keinen Einfluss mehr auf uns. Wir werden durch nichts abgestossen, fühlen uns von nichts mehr gestört. Das Böse hört auf, für uns zu bestehen. Unglücklichsein kommt nicht mehr in Frage, keinerlei Schwäche oder Schwachheit befällt uns mehr.

Das kosmische Bewusstsein zu erlangen ist das, wozu das Leben uns auffordert. Es geht um nichts anderes, als hier auf Erden in diesem Bewusstsein zu leben, dieses für uns wirklich werden zu lassen. Dann leben wir als übermenschliche Wesen hier auf Erden, und wir sind dann auch keine Versager in den Angelegenheiten dieser Erde, sondern werden dadurch bessere Schriftsteller, bessere Philosophen und wahre Künstler. Wir werden auch die Rolle des Vaters, der Mutter, des Staatsbürgers auf rechte und beste Art ausfüllen. Es gibt gar nichts Wichtigeres und Vordringlicheres, als dass wir dieses eigentliche Wesen, dieses Bewusstsein, das in allen Dingen und Wesen wie in uns selbst ist, kennenlernen. Die übliche Art zu denken und zu fühlen ändert sich dann, muss sich ändern. Die menschliche Mentalität gilt es abzulegen, damit das Bewusstsein Gottes die innere Geduld, Ausdauer und all die vielen göttlichen Fähigkeiten, die in uns liegen, aktivieren kann. Wir sollen ein Leben führen, das den inneren Kräften gestattet, uns zu durchströmen. Ein intensives Gewahrwerden des Unendlichen, das sich überall in uns und um uns kundgibt, wird es ermöglichen, dass diese kosmische Schau unser ganzes Leben regiert. Wir sollen in weiter, allumfassender Weise fühlen, so dass jeder Tag eine kosmische Anbetung wird.

Der göttliche Pfad ist ein Pfad der Liebe, der Weisheit und des Wachsens an geistiger Erkenntnis und Erfahrung. Ihn zu beschreiten ist dem Menschen möglich und natürlich. So lasse die grenzenlose Liebe Gottes sich in dein Herz ergiessen. Liebe, ohne Gegenliebe zu erwarten, liebe auch da, wo man dich hasst. Liebe selbst da, wo dir der andere Schwierigkeiten macht und dich vor Probleme stellt. Wenn du eine solche Liebe in deinem Herzen trägst, kannst du ganz Ungewöhnliches daraus entspringen sehen. Der Aufruf zur Gotterfahrung, zur Höherentwicklung, zum geistigen Übermenschentum ergeht nur an den, der dafür schon empfänglich und wach ist, der über genügend Herzensreinheit verfügt und sich ernstlich bemüht, den göttlichen Willen zu erfahren. An all jene ergeht der Aufruf, von denen erwartet werden kann, dass sie sich auf ihrem Lebensweg als Helden bewähren.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Glaube, Kunst, Wissenschaft und Intuition

Es gibt hundert Dinge, die unser äusseres Auge nicht zu sehen vermag, und die auch unsere anderen Sinne nicht wahrnehmen können. Es gibt eine Schönheit, die noch keiner je erblickt hat. Weder Raffael noch Michelangelo sagen uns wirklich, was Schönheit ist, und dennoch lässt sie sich von Menschen gestalten und zum Ausdruck bringen, und unser Schönheitsempfinden nimmt sie wahr.

Welche Wissenschaft könnte je Aufschluss geben über die grundlegenden Probleme menschlicher Existenz? Die Wissenschaft sucht die äussere Erscheinung zu erklären, sie spricht von der Natur und ihren Elementen und landet zuletzt bei der Energie: doch über den Ursprung dieser Erscheinung "Energie" kann sie keine Auskunft geben. Kein noch so grosser Wissenschaftler kann das Wesen der Elektrizität genau erklären, dennoch sehen wir ihre Wirkung und Kraft und setzen sie hundert- und tausendfältig im täglichen Leben ein. Kein noch so hervorragendes Genie kann uns ein wahres Bild davon vermitteln, woraus das Leben eigentlich besteht - und doch besteht es, und wir spüren und sehen seine Gegenwart an tausend sicheren Zeichen, die es nach aussen sichtbar und erkennbar werden lässt. Die Luft ringsum ist äusserlich nicht sichtbar, und dennoch können wir ihr Dasein aus den Bewegungen ersehen, die sie an sichtbaren Gegenständen hervorruft, wie auch durch unseren Atemstrom. Oder hat je ein Psychologe, Analytiker oder Psychiater die Psyche zu sehen bekommen, die er behandelt? Keiner weiss um das eigentliche Wesen der Seele Bescheid, dennoch besteht ein solches Phänomen. So gibt es hundert Dinge, von denen wir keine direkte Erkenntnis haben und hundert weitere, die wir nicht sehen können und die dennoch da sind. Genau so verhält es sich mit dem Göttlichen: Es existiert, auch wenn das äussere Auge ES nicht sieht.

Menschen, deren Herz in universaler Liebe herangewachsen und deren Leben in Weisheit herangereift ist, die ihre höheren Fähigkeiten entfaltet und ihren Horizont geweitet haben, durchschauen diese Dinge, und ihr Glaube kann Berge versetzen. Solche Menschen gab es immer wieder, und es gibt sie auch heute. Doch leider bleiben diese Fähigkeiten den meisten gänzlich verborgen und gelangen nicht zu ihrem Selbstausdruck.

Jene, deren inneres Wesen geläutert, erhoben und umgewandelt ist, finden neue Erkenntnismöglichkeiten oberhalb des Wirkens menschlicher Vernunft. Ein Beethoven oder Raffael ist nicht durch logisches Verstandesdenken zustande- gekommen, vielmehr waren in den Zuständen höherer Inspiration die Kräfte des gewöhnlichen Verstands vorübergehend ausgeschaltet: in ihren besten Augenblicken haben die intuitiven Fähigkeiten des Sehens, Erkennens und Erlebens von ihnen Besitz ergriffen.

Was sagt uns eine solche Intuition oder eine noch höhere als diese Grossen sie erlebten? Die gleiche Intuition macht uns klar, dass ganz unmittelbare organische Beziehungen bestehen zwischen dem Menschen und dem unendlichen Bewusstsein. Das ist eine wissenschaftlich erkennbare Tatsache. Das lässt sich sicher wissen und erkennen, wenn wir die Kräfte des Verstandes entwickeln. Vertiefe dich also in die Quellen des Lebens durch Nachdenken und entfalte Liebe, eine Liebe, die alle Schöpfung umarmt, entfalte die Kraft des Glaubens, die du in dir hast. So gut du den Worten von Wissenschaftlern oder denen deines Arztes Glauben schenkst, wenn sie dir von Dingen sagen, und sei es in deinem eigenen Körper, die du niemals zu sehen bekommst oder nachprüfen kannst, so gut du hundert anderen Leuten aufs Wort glauben musst, was sie dir mitteilen, rein um des Überlebens willen, so könntest du doch wahrhaftig auch den Worten der Grossen vertrauen, die der Menschheit nichts als Wohltat und Segen spenden. Warum nicht den Worten der grossen Liebenden und Weisen vertrauen, warum nicht ihnen Glauben schenken, die während ihres Erdenlebens tiefer blicken, mehr erblicken konnten als Normalsterbliche? Sind doch ihre Erfahrungen nicht individuell und isoliert, nicht die Erfahrungen von Einzelnen nur, sondern universal und zeitlos. Schon lange ehe ein heiliger Franziskus geboren wurde, Jahrtausende schon vor ihm, hat es Heilige gegeben, und nach Jahrtausenden werden immer noch weitere erstehen. Es handelt sich da um ein universales Phänomen.

Die Fähigkeit zur Gotterfahrung ist, wie die musikalische Begabung oder die wissenschaftliche Intelligenz, alle künstlerischen und geistigen Befähigungen, eine universale Erscheinung, die immer wieder zutage tritt, und was universal, allgemein in jedem angelegt ist, kann auch wieder und wieder erreicht und verwirklicht werden. Das ist eine wissenschaftliche Tatsache, eine unwandelbare Wahrheit. Warum sollten wir diese Fähigkeit nicht pflegen oder wenigstens glauben, was die Grössten in der Menschheitsgeschichte uns immer wieder als unwandelbare Wahrheit vor Augen führen? Dieser Glaube ist in den Anfangsstadien durchaus notwendig. Später werden wir selbst eine direkte Erfahrung der Wahrheit erlangen, an die wir jetzt nur glauben. Ein Junge, auch wenn er einst ein noch so grosser Wissenschaftler zu werden verspricht, muss zunächst doch dem Lehrbuch glauben, dass viele dieser winzig kleinen Sterne, die am Himmel leuchten, grösser als unsere Sonne sind. Wenn er dann ein grosser Wissenschaftler geworden ist und selbst Experimente durchführt, kann er nachprüfen, was er zunächst nur glaubte. Unser Vorteil ist nicht unbeträchtlich, wenn wir solchen Wahrheiten Glauben schenken. Es wird uns dieser Glaube dann an die Erfahrung jener Wahrheiten heranführen.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Sprich mit Gott

Jedes kurze Gespräch mit dem Göttlichen bringt uns mehr Frieden, Glück, Verständnis, Erleuchtung und Furchtlosigkeit; es vermittelt uns ein Gefühl von Unsterblichkeit und die Bereitschaft, schwierige Situationen ins Auge zu fassen und zu überwinden, grosse Aufgaben auf uns zu nehmen, um sie zu lösen, sowie im Leben Erfüllung und ein Abenteuer zu sehen, um schöpferische Freude und Schönheit zu finden. Hunderte von grossen Menschen haben im Verlauf der menschlichen Geistesgeschichte mit dem unsichtbaren Göttlichen gesprochen und sind zum intuitiven Bewusstsein vorgedrungen, das sie befähigte, das Göttliche zu allen Zeiten und in allen Lagen zu sehen.

Gott spricht zu uns, wenn das ganze innere Wesen still und ruhig ist, auch wenn wir äusserlich ein Auto steuern oder die Erde umgraben. Die beste Art und Weise, Gott zu veranlassen, zu uns zu sprechen, besteht darin, unser Herz ruhig, friedlich, lichtvoll und rein werden zu lassen. Ist das nicht ohne weiteres möglich, dann sprich mit Gott, so wie du manchmal zu dir selbst sprichst. Es gibt viele Menschen, die mit sich zu Rate gehen; fast alle sprechen dann und wann mit ihrem eigenen Inneren, und manche sprechen sogar laut mit sich selbst. Statt sich solchem Selbstgespräch hinzugeben, kann man auch mit Gott sprechen und seine Worte, Gedanken und Gefühle an Gott richten, der alles hört und sieht, der alldurchdringend zugegen und allmächtig ist.

In der menschlichen Konstitution ist Gott als die göttliche Intelligenz zugegen. Diese Kraft liegt latent im Menschen bereit und muss uns nur offenbar werden und zur Wirksamkeit gelangen. Mit jedem Anruf Gottes, mit jedem Gebet, mit jeder Meditation, mit jeder grossen, schönen, selbstlosen Arbeit wird etwas von dieser latenten Kraft in uns geweckt. Je grösser die Intensität ist, mit der wir uns auf Gott ausrichten, um so mehr kommt diese latente Kraft in uns zum Selbstausdruck.

Die Gottheit in ihrer unendlichen Intelligenz besitzt alle Fähigkeiten, so dass sie nicht nur deine gesprochenen Worte, sondern auch deine unausgesprochenen Gedanken hört. Am Hören fehlt es nicht, doch braucht es die grosse Seele eines weisen Menschen und ausserdem einen ausgesprochen praktischen Sinn, um von Minute zu Minute mit dem Göttlichen Umgang zu pflegen und im äusseren Leben die grossartigen Folgen solchen Umgangs zum Ausdruck zu bringen.
Das göttliche Sein, die unendliche Intelligenz, das unendliche, allsehende Auge ist bei jedem und hört auf jeden - jederzeit und unter allen Umständen. Darum gibt die auf alles reagierende Wirklichkeit in ihrer Allgegenwart, Allwissenheit und Allmacht oft schon Antwort, wenn auch nur der Wunsch im Herzen wach wird, mit diesem göttlichen Wesen in Kontakt zu kommen. Doch reagiert Gott nicht auf jene, die in ihrem Unglauben und ihrer Unaufrichtigkeit, in ihrer Ignoranz nicht hören wollen, ja wegen allzu vieler Unreinheiten nicht mehr hören können, taub geworden sind. Sollte jedoch einer von ihnen für das Göttliche empfänglich werden und versuchen, mehr Glauben, mehr Aufrichtigkeit, Güte und Hingabe zu mobilisieren, wird auch seine Fähigkeit, mit Gott zu sprechen, wieder zunehmen, und seine Worte werden nicht länger ohne Antwort bleiben.

Halte das Gespräch mit allem aufrecht, was das Höchste, das Edelste und Grösste in deinem inneren Wesen ist. Dieses innere Wesen in dir, das unendlich ist, ist zugleich das innere Wesen der gesamten Schöpfung. Es ist auch das innere Wesen des Zeit- und Raum-Universums. Dieses innere Wesen in dir zu berühren oder mit ihm Umgang zu pflegen heisst, es in allem und überall zu berühren und mit ihm in Kontakt zu bleiben. Es gibt nichts, was nutzbringender, wertvoller und wichtiger sein könnte als das. Darin liegt das Geheimnis der Grösse deines Lebens und dessen, was du zu erreichen imstande ist.

Das Wirkliche des Wirklichen, die Wahrheit aller Wahrheiten im ganzen Universum ist das Göttliche. Es ist subtiler als das Subtilste, es ist das supersensitive und alles beobachtende Sein. Sprich mit ihm und du erhältst augenblicklich Antwort. Doch wende dich an das Göttliche in dir und nicht an das kleine Ego, an das undisziplinierte, gebrechliche und noch nicht ins Geistige verwandelte Ich.

Es gibt Menschen, die mit sich selbst sprechen und aus einem solchen Selbstgespräch mit der fantastischen Behauptung zurückkehren, dass Gott mit ihnen gesprochen habe. Sie halten die Stimme ihres Irrtums, ihrer Begierden und Unvollkommenheiten für die Stimme Gottes. Solchen Täuschungen sollte man aus dem Wege gehen.

Bereite dich zu einer wirklichen Unterredung mit dem Göttlichen auf vielfachem Wege vor. Lasse die Natur vollkommen umgewandelt werden, indem du höheren Zielen, Idealen und Werten nachstrebst. Bis du zu einem Gespräch mit dem Göttlichen bereit bist, fahre beständig fort, deine Intelligenz und dein Herz zu reinigen und zu läutern, indem du mit all dem sprichst, was das Höchste, das Selbstloseste, das Reinste, das Grösste, Beste und Göttliche in dir ist. Mit ihm sollst du Gemeinschaft pflegen, diesem sollst du deine Fragen vorlegen. Wissenschaftler, Juristen, Direktoren, Künstler, Politiker, Denker - sie alle legen ihrer eigenen Intelligenz Fragen vor, und diese antwortet nicht in Form hörbarer Sprache, sondern in Form von neuen Ideen, neuen Wahrnehmungen, unausgesprochenen Worten. Menschen der Wahrheit, der Reinheit, der Liebe und der Weisheit legen ihre Fragen Jenem vor, das sich hinter der Intelligenz befindet - dem göttlichen Bewusstsein - und erhalten so tiefere Einsichten, höhere Schau und unsterbliche umwandelnde Gedanken und Einsichten, Wahrnehmungen und Intuitionen. Der Anruf an das Höchste und Edelste in unserem Inneren hat dem Gespräch mit dem, was der ewige Ursprung alles Höchsten ist, voranzugehen.

Der Beweis für dein Sprechen mit dem Göttlichen wird sichtbar in der völligen Umwandlung deines Herzens, in der Reinheit deines Wesens, in der Kraft deiner Persönlichkeit, in der göttlichen Natur, die in dein äusseres Leben hineinspielt. Du wirst dann niemals anderen erzählen, dass Gott mit dir gesprochen hat, sondern deine Furchtlosigkeit und Friedfertigkeit, deine erstaunliche innere Kraft, deine Unabhängigkeit, deine überfliessende Weisheit und beständige Freude wird für sich selbst sprechen und es offenbar machen. In der Grösse und in der eindrucksvollen Erhabenheit deines Lebens und Tuns wird die kleinste Handlung sichtbar. Fast buchstäblich weilt der Himmel bei dir. Sprich also mit dem Göttlichen. Gott hört. Er antwortet. Lass dein Leben zu einer grossartigen Ansprache des Göttlichen werden.

Wie die vierte Dimension des Raumes, die unsichtbar, doch rings um uns vorhanden ist und unser Tun bestimmt, so besteht die Wirklichkeit Gottes rings um uns als jene andere und höchste, allerhaltende Dimension dieser Welt. Die in ihrem Herzen Grossen nehmen sie wahr. Die in ihrem Herzen rein sind, sprechen mit ihr. Die Gott Hingegebenen erhalten Antwort auf ihre fromme Hingabe und ihre Gebete. Vom Gespräch mit dem, was lichtvoll in ihnen selbst ist, begeben sie sich weiter zum Dialog mit dem Göttlichen. Vom Dialog mit dem Göttlichen schreiten sie weiter zur inneren geistigen Einheit mit dem Göttlichen, das allerhöchste Stille und aus diesem Grund die Quelle aller Sprachen, aller Wissenschaften, aller Künste und aller Schöpfung ist. Dieses Stadium ist die abschliessende Entwicklung der inneren geistigen Evolution des Menschen.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Du bist Schlüsselträger des Universums

Die höchste Intelligenz, die alles durchdringt und das Geschick der Universen lenkt, sie ist in dir. Ein unendliches Meer der Freude und Schönheit, der Macht und Gnade liegt in dir. Es besteht kein Faktor, keine Kraft, keine Macht oder Energie im höchsten göttlichen Bewusstsein, die nicht auch in dir wäre. Alles, was die göttliche Wirklichkeit in sich trägt, ist dir übergeben. Alle Schätze schöpferischen Denkens, die sich im Unendlichen befinden, sind in Deinem inneren Wesen enthalten. Dieses Innerste, das dein Wesentliches ausmacht, ist allvollkommen, ganz und gar schön, voll Schöpferkraft und Allmacht. Es ist der Mittelpunkt und die Quelle jeder Kraft, die in deinen Sinnesfunktionen und anderen Fähigkeiten zur Wirksamkeit gelangt.

Hundertfach bist du gesegnet unter Millionen Wesen, denn als Mensch allein bist du gegenwärtig in der Lage, den tiefsten Anliegen und Ansprüchen, die im Leben liegen, Antwort zu stehen. Zum gesegneten Umstand gerade deines Lebens unter Millionen Lebewesen auf Erden ist es geworden, dem ewigen Sein gegenüber empfänglich zu werden, dich nach höheren Geisteswerten auszustrecken und nach einer Vollkommenheit zu streben, die keine Grenzen mehr kennt.

Warum finden sich Menschen zusammen, um geistige Belehrung zu empfangen? Die Vollkommenheit des Gottesreichs in ihnen steht als wirkliches Motiv im Hintergrund. Darauf zielt letztlich ihr Verlangen ab. Die unmittelbare und persönliche Berührung des Göttlichen ist das Ziel, wenn wir uns bemühen, unsere Erkenntnis über das Göttliche und das Wissen um Wege und Methoden in dieser Richtung zu erweitern. Jede Bemühung in Richtung auf das Unendliche, jeder Schritt, mit dem wir der Erfahrung des Absoluten näher kommen, ist eine Handlung unseres inneren Wesens eine Handlung und ein Streben, das heldenhaften Menschen zukommt, jenen Kindern des Unendlichen, welche in ihrem inneren Erkennen wach geworden sind.

Ein berühmter britischer Wissenschaftler schrieb ein Buch über "Das geheimnisvolle Universum", das sich mit der Unermesslichkeit des Weltraums, mit seinen Milliarden Lichtjahre zählenden Dimensionen und den ungezählten Universen befasst, den Trillionen Sternen und all den Wundern, die uns ein Riesenteleskop zu erschliessen vermag. Doch das Universum, das du in deinem Inneren erforschen kannst, das Göttliche, das du zu berühren, zu fühlen, zu erfahren vermagst, dieses ganze innere Königreich ist weit wunderbarer, weit herrlicher, weit glanzvoller. Tatsächlich ist das äussere, so wunderbare Universum nur eine kleine Widerspiegelung des grossen, unbegrenzten, zeitlos-raumlosen Universums in unserem Inneren. Wenn dieses ganze Erdenrund, auf dem wir leben und uns bewegen, nur ein Staubkörnchen ist, verglichen mit den grossen Weltsystemen, diesen endlos-wunderbaren Universen, dann gleichen diese ganzen Universen ihrerseits wiederum nur einem Staubkörnchen in unserem Inneren gegenüber diesem unermesslichen Königreich. Was in uns selber ist, überragt bei weitem alles, was uns das äussere Sehvermögen je zu erschliessen vermag. Es gibt kein Wunder in der äusseren sichtbaren Welt, keine Schönheit und keine Energie, die nicht schon in uns wäre.
Die Geschichte, wie auch die grossen Schriften der Welt sprechen von millionenfacher Schöpfung. Woher kam sie? Die menschliche Vernunft sagt, dass dann auch Millionen Universen, Millionen Schöpfungszyklen folgen werden: Erschaffung, Erhaltung und Auflösung. Worin finden diese künftigen Weltenschöpfungen statt? In diesem grenzenlosen unendlichen Sein, diesem Bewusstsein, in dieser Macht und Schönheit. Die Geschichte jedes Blattes, jeder Blüte, jedes Wesens, jeglichen Schöpfungskreislaufs ist in ihm enthalten, und doch ist nichts in ihm. Es ist allreines Feuer, goldenes Licht, grenzenloses, unbegrenztes, allwunderbares Sein auf zahllosen Ebenen.

Wie uns die mystische Erfahrung lehrt, ist das Königreich in unserem Inneren tatsächlich und in Wahrheit der Ursprung aller sichtbaren Bereiche. Es gibt Wunder in uns, die sich nicht beschreiben lassen. Es sind ungewöhnliche Kräfte in uns, die zahllos und unendlich sind. Das Göttliche in uns ist allvollkommen und überall, ist zeitlos, raumlos und schliesst darum alle Universen in sich ein, ist Schlüsselträger von Zeit und Raum, von Ursache und Wirkung.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Fähigkeiten im Menschen

Wenn der Mensch sein Bewusstsein völlig nach aussen kehrt, verliert er sich in die Begrenzungen des Verstandes und der Sinne und wird von den äusseren Erfahrungen in Beschlag genommen. Er ist dann in diesem Zustand tatsächlich funktionell von der inneren Realität losgelöst und von Gott abgeschnitten. Dieser Zustand kann als Sündhaftigkeit oder Unvollkommenheit oder auch als Unwissenheit bezeichnet werden. Die ganze menschliche Situation ist damit behaftet. Das ist der Grund für die Probleme und Rätsel des täglichen Lebens. Die Befreiung von den Begrenztheiten der menschlichen Lage besteht darin, unsere Schritte zum eigentlichen Wesen zurückzulenken, in Gott zu leben, Ihn zu erkennen und zu berühren, noch während wir auf dieser Welt und in unserer körperlichen Form leben.

Die Fähigkeiten, dem Eingefangensein in menschliche Begrenzungen und Schwächen zu entrinnen, sind im Menschen vorhanden. Da das Geschöpf - der Mensch - in sich selbst den Schöpfer - Gott - verbirgt, sind die Möglichkeiten des Schöpfers zugleich auch die Möglichkeiten des Menschen. Die Fähigkeit, körperliche Begrenzungen zu überschreiten, die Fähigkeit, Zeit und Raum zu durchstossen, die Fähigkeit, Abstand zu gewinnen vom menschlichen Geist und Gemüt und deren Funktionen, die Fähigkeit, über allem Zeitlichen und seinen Ereignissen zu stehen, ist dem Menschen angeboren. Die Vernunft ist nicht die höchste Fähigkeit, die dem Menschen verliehen ist. Es gibt noch weitere Fähigkeiten des Bewusstseins in unserem Inneren, die zur Wirksamkeit gelangen, wenn die Vernunftkraft diszipliniert, geläutert und von ihren Mängeln und Begrenzungen befreit ist.

Die Fähigkeit, Dinge zu erkennen, indem man selbst zum innersten Wesen des betreffenden Dinges wird, eine direkte, unmittelbare intuitive Erkenntnis aller Dinge, ist eine natürliche Kraft des göttlichen Bewusstseins in uns. Diese gelangt zur Wirksamkeit, wenn das Herz des Menschen rein und der Mensch unter der Disziplin der Liebe, der Hingabe an höhere Werte und Ideale durch Umwandlung seiner niedrigen Natur geläutert ist. Die höheren Bewusstseinsfähigkeiten erwachen dann ohne unser Zutun von selbst. Diese Möglichkeiten des Menschen, über sich selbst hinauszuwachsen, für die höheren Realitäten und Wahrheiten empfänglich und aufnahmefähig zu werden, gelangen zur Wirksamkeit, wenn der Mensch höhere Stufen innerer Entfaltung erklimmt. Dies erfordert allerdings vielseitige Disziplinierung.
In den Anfangsstadien ist es wesentlich, den menschlichen Geist beständig mit Wahrheiten und erlebten Wirklichkeiten, wie sie von den Grössten dieser Welt auf Grund von Erfahrungen ihres Herzens vermittelt werden, zu nähren, um die Sicht des Menschen auf Höheres auszurichten und tiefere Einsicht in die Kräfte und Strebungen des menschlichen Lebens zu gewinnen. Damit wir die vorbereitenden Stufen zur Vollkommenheit finden und beschreiten mögen, ist die Freude am Schönen, die Bewunderung alles Edlen, die Bereitschaft, alle Formen von Wissen in sich aufzunehmen, die Aufgeschlossenheit gegenüber der Wahrheit sowie der Wunsch, im täglichen Leben Frieden, Harmonie, Schönheit zu pflegen und Licht in uns aufzunehmen von nicht geringer Bedeutung. Die allmähliche Entwicklung der Kräfte unseres Herzens, der Willenskraft, der Kräfte von Geist und Seele ist wichtig. Die Möglichkeiten des höchsten göttlichen Bewusstseins können in unserem Leben nicht offenbar werden, so lange wir uns nicht auf diese Art und Weise vorbereiten. Die Entwicklung der Kräfte der Liebe, des Willens und des inneren Bewusstseins ist wesentlich, um den Grund nicht nur für die Manifestation, sondern auch für das bewusste Wirken des göttlichen Bewusstseins in uns vorzubereiten.

Die materielle Welt, wie auch die Welt der Gedanken, die Welt des inneren Bewusstseins sind voller Beweiskraft für die Gegenwart und das Dasein Gottes. Er mag für äussere Augen nicht zu sehen sein, doch ist Er den geistigen Fähigkeiten in uns sichtbar. Ein Glaube wohnt in uns, der Seine Gegenwart erspürt, und eine Intuition, die wirksam werden und uns direktes Gotterleben vermitteln kann. Ein Verstehen ist in uns, das selbst das Wesen der Gottheit zu erfassen fähig ist. Eine Vernunft ist in uns, die uns Gegenwart und Dasein Gottes als eine Notwendigkeit erschliesst. Ebenso ist unser Streben nach Schönheit, Vollkommenheit und Güte ein Beweis für die Gegenwart Gottes.

Jede Ordnung der Wirklichkeit erfordert jeweils die richtigen Instrumente zu ihrer Entdeckung und Erfahrung. Die Beschreibung der Wunderwelt von Universen jenseits unseres Weltsystems wäre unmöglich, wenn es nicht Observatorien mit starken Teleskopen gäbe. So brauchen wir auch zur Erfahrung Gottes besondere Fähigkeiten, gewissermassen Spezialinstrumente der Gotterfahrung. Eines dieser Instrumente ist die alles umfassende, weite und intensive Liebe. Wachsender Glaube und Vertrauen ist ein weiteres Mittel zur Erkenntnis Gottes. Sobald unser inneres Bewusstsein diszipliniert ist, treten einige der höheren Fähigkeiten zur unmittelbaren Gotterfahrung in Wirksamkeit.

Lasse Gott zur grössten Wirklichkeit deines Lebens werden, wirklicher als die Materie deiner Erfahrungswelt. Was ist wirklicher - die Augen oder das Sehvermögen? Die Fähigkeit zur Sichtwahrnehmung bleibt bestehen, auch wenn die Augen geschlossen sind. Das Sehvermögen ist eine allgemeine Fähigkeit. Es gibt Billionen Augen, doch es gibt nur das eine Sehvermögen, und dieses ist ein einziges, ohne Rücksicht auf die Besonderheiten der Menschen, die sehen können. Die Fähigkeit zu sehen ist eine und dieselbe in allen. Und diese Fähigkeit ist göttlichen Ursprungs. Sie ist nicht gut und nicht schlecht. Was du siehst, kann gut oder schlecht sein, doch ist die Fähigkeit des Sehens an sich weder gut noch schlecht. Es ist die eine universale zeitlose Gotteskraft. Du bist gut, wenn du Gutes siehst; du bist schlecht, wenn du Schlechtes siehst; die Fähigkeit aber zu sehen, ist weder gut noch schlecht, sondern einfach eine Eigenschaft der Seele, eine Funktion des Seelenhaften. Die Seele ist der Tempel Gottes, die Wohnstätte des Göttlichen. Versuche also über die Eigenschaften Gottes nachzudenken und lasse diese in dich hinein, dass sie deine Gefühle erwecken, deine Gedanken anregen, dein Herz wachrufen.

Wenn unser inneres Bewusstsein diszipliniert und in eine höhere Zustandsform erhoben ist, wenn einige der höheren Kräfte unseres inneren Bewusstseins wirksam werden, gewinnen wir direkte Erfahrung vom Göttlichen. Gott ist ein Bewusstseinszustand, den wir hier und jetzt erfahren können. Er ist die einzige Wirklichkeit überhaupt, eine Wirklichkeit voll Allmacht, unbegrenzt in seinem Wesen und Wissen. Sie erweist sich unserer Erfahrung und Verwirklichung zugänglich, und wir sind durch strukturelle Beziehungen mit Gott verbunden, wie die Wellen mit dem Meer, denn das innerste Bewusstsein in uns ist in seiner Unendlichkeit Gott selbst. In diesem Atem unseres Atems, in dieser Seele unserer Seele, in diesem unserem eigentlichen Wesen, in unserem wirklichen Selbst, in unserem göttlichen "Ich bin" wohnt das Göttliche. In diesem geistigen Selbst in uns haben wir unser eigentliches Leben; von Ihm werden wir erhalten. Seine Gegenwart ermöglicht das Denken. All unsere objektiven und subjektiven Erfahrungen beruhen auf der Gegenwart dieses Bewusstseins. Sie haben ihre Grundlage in diesem Göttlichen. Wenn wir in der Güte wachsen, wenn die Liebe zur Wahrheit stark genug in uns geworden und unser ganzes Wesen geläutert ist, d.h. wenn die Kräfte des Unterbewusstseins der Umwandlung unterworfen werden, wenn all die kleinen Taten der Güte, der Barmherzigkeit und Liebe in uns aufblühen und die Kräfte der inneren Seele sich entfalten, wenn die Dunkelheit in unserem Inneren sich langsam durch Gebet und Meditation aufgelöst hat und die materiebedingten Grenzen von Körper und Denken durch eine Anzahl geistiger Disziplinen überwunden sind, dann naht die Stunde der Erfahrung des Göttlichen in unserem Inneren. Wenn wir dann aufrichtig und ernst nach der göttlichen Vollkommenheit, dem göttlichen Licht in uns streben, werden sich aus dem Inneren heraus weitere Methoden erschliessen, um diese unendliche göttliche Vollkommenheit zu erlangen. Die Kräfte der Gottheit, die mit unseren Bemühungen zusammenwirken und unsere Evolution vorantreiben, führen zur Entfaltung des göttlichen Bewusstseins in uns.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Das eine Ziel

Das Endliche gibt Fingerzeige und trägt Hinweise auf das Unendliche in sich. Jedes Phänomen enthält organische Beziehungen zu dem hinter ihm stehenden Geistigen, Noumenalen. Es besteht eine Koinzidenz zwischen dem Absoluten und dem Individuellen. Dem in die Tiefe dringenden Denken eröffnet sich hinter dem Gemälde immer wieder die Existenz der Leinwand. Alles im Leben - jedes Streben, jede Erfahrung, jedes Bedürfnis, jede Errungenschaft - weist auf etwas jenseits seiner unmittelbar gegebenen Situation hin: Wenn jemand bestrebt ist, Reichtum zu erringen, dann ist er vielleicht der Meinung, es gehe ihm um den Reichtum als solchen oder um Vergnügen, um die Macht oder das Prestige, die er ihm einbringen kann. Doch letzten Endes ist es nicht das Unbewusste der eigenen Seele, das allem Streben zugrundeliegt. Es ist vielmehr etwas, das - obschon noch unbemerkt und unentdeckt - auf den absoluten Reichtum hinweist, auf den Vollbesitz all dessen, was sich an Reichtum und Wert ersinnen lässt und was dem natürlichen Verlangen und der Möglichkeit unseres eigentlichen Seins entspricht. Es ist dies jener Reichtum, den man im Erleben des Unendlichen erfährt, wenn man der eigenen Unendlichkeit und göttlichen Absolutheit gewahr wird.

Wenn der Mensch nach Freuden und nach Frieden sucht oder Freude und Frieden empfindet und immer wieder von neuem danach verlangt, dann weist dieser Umstand auf die innere Notwendigkeit und Fähigkeit zur Erfahrung des unendlichen Glücks hin, welches dem Menschen nur in der bewussten Verwirklichung der einen, alles in sich enthaltenden göttlichen Realität zuteil wird. Diese macht sein eigentliches grundlegendes und unzerstörbares Wesen aus. Doch anstatt diese Erfahrung zum erstrangigen Ziel seines Strebens zu machen, gibt sich der Mensch der meist unentdeckt bleibenden Täuschung hin, dass wirklicher Friede, wirkliche Ruhe und Harmonie im Äusseren zu finden seien, in vergänglichen Situationen und äusseren Umständen, die er irgendwo anzutreffen hofft oder die zu schaffen er bemüht ist.

Die Logik, die sich im einmal angestossenen Fussball auswirkt, lässt ihn seinem Ziele zurollen, und die Logik in jeder Lebenslage besteht im Erreichen der bedingungslosen Wirklichkeit. Eine Einheit, ein Friede, ein Glück, eine Erkenntnis und Macht, welche Bedingungen unterworfen sind, tragen die Tendenz in sich, die unbedingte Einheit, das keinen Bedingungen mehr unterworfene Glück, das Unbedingte an Frieden, Erkenntnis und Macht zu erlangen. So wie die Dampfwolke sich dem ihr innewohnendem Gesetz entsprechend ausdehnt und im Raum verteilt, so trägt das Einzelwesen das unvermeidliche Gesetz in sich, durch Auflösung im universalen, zeitlosen Sein der Vollkommenheit in die grosse, unzerstörbare, individualitätslose und doch unbedingte Individualität einzumünden. Alles Leben und alle psychologischen Erfahrungen weisen über sich hinaus, sind ein Mittel, das auf ein Ziel jenseits seiner selbst hingeordnet ist. So ist der Beruf ein Mittel, um den Lebensunterhalt zu erwerben und dieser wiederum ist ein Mittel, Freude und Wert im Leben zu verwirklichen. So ist alles irgendwie ein Mittel. Ein Mittel aber mit dem Ziel zu verwechseln, heisst, sich der Desillusion aussetzen. Da solche Ziele begrenzter, bedingter, zeitweiliger Natur sind, werden sie fragwürdig, sobald man sie in der Hand zu haben meint - und eben dadurch wird der Ausblick auf das Ziel, das über sie hinausweist, frei. So führen sie weiter zu höheren Zielen, bis das erfahrende menschliche Bewusstsein des unbegrenzten Zieles gewahr wird, das die höchste Wirklichkeit voll grenzenloser Vollkommenheit ist.

Das Leben weist darum in letzter und wesentlicher Analyse auf das eine, alles integrierende, alles einschliessende und alles umwandelnde Ziel, auf die absolute Gottheit hin. Es ist dem Leben innerlichst zu eigen, auf das hinzuweisen, was jenseits seiner selbst liegt. Dieses wiederum ist im Leben selbst enthalten und kann daher zu einem höheren oder geringeren Ausmass erkannt und verwirklicht werden, und zwar gerade unter den Bedingungen des Lebens hier auf Erden. Da es im Leben selbst enthalten ist, bringt es spezifische Fähigkeiten zum Ausdruck, die sich weder von irgend etwas im Unbewussten ableiten, noch in irgendeinem begrenzten Bereich unseres bewussten Mentalbereichs finden lassen. Sie sind darum auch höher als die Kräfte und Fähigkeiten, die den psychologischen Bereich des Menschen konstituieren.

Diese höheren Fähigkeiten sind die eigentlichen Erkenntnisinstrumente, um jenes höchste, eigenständige und nicht mehr über sich hinauszuweisende Ziel unter den täglichen Begleitumständen des Lebens zu erkennen, zu erfahren und zum Ausdruck zu bringen. Über dieses hinaus besteht kein weiteres Ziel mehr. Es ist die höchste Vollkommenheit, die ständig neu ist in all den unendlichen Dimensionen ihrer Freude, ihres Friedens, ihrer Erkenntnis, ihrer Macht und Schönheit, deren Fülle aus sich selbst hervorquillt.

Als Beweis für die Tatsache, dass der Mensch unendlich ist, kann einmal das Zeugnis unserer eigenen inneren Erfahrung gelten, wie auch Aussagen jener Grossen und Weisen vergangener Jahrhunderte, die sich in allen grossen Weltkulturen und Glaubensformen finden. Der Mensch ist fähig, das Unendliche zu erfassen. Ein solches Erfassen wäre niemals möglich, trüge er nicht selbst das Unendliche in sich. Unsere tägliche Erfahrung in Ausnahmezuständen, wie auch im Tiefschlaf oder in gewissen Träumen, offenbaren den Charakter der Unendlichkeit des Menschen. Disziplinen des Bewusstseins im Inneren durch höhere Erkenntnis führen zum Erlangen eines überbewussten Zustandes, in dem die Erfahrung seiner absoluten Attribute wie auch seine Freiheit von jeglicher Eigenschaft zum täglichen Erleben werden kann.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Unterscheidung

Eine der wunderbarsten und grundlegendsten Übungen, die zu einer bleibenden Einstellung von Herz und Geist führen sollen, ist die Unterscheidung zwischen Wirklichkeit und Erscheinungswelt. Halte ständig die Erscheinungsform und die Wirklichkeit auseinander, die unbegrenzt, unsterblich und unvergänglich ist und Gott genannt wird. Welcher Art sind die Erscheinungen? Erscheinung ist alles, was du durch die Sinne wahrnimmst. Die Welt der Sinneserfahrung ist eine Erscheinung. Warum? Sie hält dem Wahrheitstest nicht stand.

Zeigst du einem Wissenschaftler einen soliden Gegenstand wie etwa einen Eisennagel, so erklärt er dir, dass dieser vom Standpunkt der Physik aus ein von Energieladungen erfüllter Raum ist. Der Nagel besteht aus winzigen Atomen, und selbst in einer so unbeweglich festen Materie wie Eisen, wo die Atome dicht beisammen sind, ist noch ein Atom vom anderen durch Raum geschieden, und auch noch innerhalb eines jeden Atoms sind dessen Partikel weitläufig im Raum verteilt. Wellen breiten sich im Raum aus. Raum ist überall und alldurchdringend. Der Raum durchdringt alles und befindet sich selbst noch im Inneren des Atomkerns, der voll von Energie ist und als materiell bezeichnet wird. Alles erscheint als Raum. Von diesem wissenschaftlichen Standpunkt aus gesehen gibt es keinen undurchdringlich festen Gegenstand, der Raum ist überall.

Der Mensch ist eine Erscheinung, doch in ihm befindet sich die Wirklichkeit. Das was da an Wirklichkeit ist, bleibt den leiblichen Sinnen verborgen. Es ist nur dem Auge des Selbst in dir wahrnehmbar. Die Wirklichkeit im Menschen ist dem Auge des göttlichen Bewusstseins in dir sichtbar, doch der menschliche Körper ist da nur eine Erscheinung. Name und Form sind Erscheinung. Alles was der Mensch tut und darstellt, ist Erscheinung, doch was in ihm ist, unsichtbar für das leibliche Auge, was in seiner endlichen Form das Unendliche ist, das Unvergängliche in seinem vergänglichen Körper, das was von nichts umschlossen wird, was nie geboren wurde und nicht mit dem Körper stirbt, das ist die Wirklichkeit und Wahrheit, das ist Gott. Das ist es, was du begreifen solltest. Das ist es, worauf du dich konzentrieren solltest. Das ist es, was du lieben und anbeten solltest. Werde dieses. Es ist das Eine, das allvollkommene, namenlose, gestaltlose Licht.

Hält der Mensch seinen Körper für wirklich, dann hat er ein Problem, dann hat er einen Wunsch, dann ist er unwissend, dann leidet er, dann ist er ein menschliches Wesen, unglücklich, von der Dunkelheit der Unwissenheit überwältigt. Weiss er indessen, dass sein Körper nur eine Erscheinung ist, einmal geboren wurde und wieder sterben wird, dass dieser nicht sein wahres und wirkliches Selbst ist, nicht eigentlich ihm gehört und nicht auf immer zu erhalten ist, und besässe er noch so viel Macht, dann wird er weise und hat Erkenntnislicht, dann befindet er sich auf dem rechten Weg, dann wird er mit ewigem Frieden belohnt; dann hat er einen Frieden in sich, der durch nichts zu erschüttern ist, eine Freude, die unbegrenzt, eine Macht, die absolut ist.

Nimm den Bericht deiner Sinne nicht ernst, wenn sie dir weismachen wollen, dass du auf einer materiellen Welt lebst, die mit vielen Dingen angefüllt ist; glaube vielmehr deinem inneren Bewusstsein und erkenne, dass überall das Reich des Göttlichen zugegen ist.

Der geistig Strebende, der die Schau der Einheit erreichen will, muss durch Selbstverleugnung und ausdauernde Meditation sein Bewusstsein auf eine so hohe Ebene erheben, dass er fähig wird, die wechselnden Einflüsse zu überwinden, die von den Objekten der Wahrnehmung und von den ihnen innewohnenden Kräften des Universums ausgehen. Kraft des intelligenten Willens durchschaut das innere subjektive Bewusstsein des geistig Strebenden die im Gemüt aufscheinenden menschlichen Tendenzen und wird sich des einen Wesens hinter allen Gestaltungen bewusst. Diese Methode, die Einheit in aller Verschiedenheit zu erkennen, führt zu einem Zustand inneren Gleichgewichts, indem alle störenden Aussenweltfaktoren wegfallen, wie auch die Störfaktoren aus der eigenen Innenwelt. Durch Unterscheidungskraft und Meditation wird der innere Spiegel sozusagen "entstaubt" und von allen verzerrenden und entstellenden Unreinheiten frei.

Der Umgang mit Weisen überträgt solche Schwingungen des Lichts und der Harmonie, dass die unreife Seele unter ihrem Einfluss beim geistigen Vorwärtsschreiten leichter vorankommt. So wie die Sonne, wo immer sie ist, Licht ausstrahlt, so verbreiten weise Menschen Weisheit und Frieden, wo immer sie sind. Alle, die mit ihnen in Verbindung treten, machen eine rasche innere Umwandlung durch, weil die Kraft, die jene rings um sich verbreiten, von dem reinen Bewusstsein erzeugt wird, das Gott selbst ist.

Ziehe also beständig dein Bewusstsein und deine Intelligenz von den äusseren Dingen ab, also von allem, was durch die Körpersinne und durch Gedanken, wie auch durch materielle Instrumente hindurch erfahrbar wird. Verbinde dich ständig mit der unendlichen Wirklichkeit in allen Dingen, stütze dich immer auf diese unendliche Wirklichkeit in allem und jedem. Löse dein Herz beständig von allen Erscheinungen los und wende deine Aufmerksamkeit der unendlichen Wirklichkeit zu. Diese ist Gott. Lasse dein Herz mit dieser Wirklichkeit, Gott, verbunden sein, mit sonst nichts. Sei weise. Befreie dich von allen Illusionen und Täuschungen, lasse dich nicht von dem in die Irre führen, was deine Sinne sehen und erfahren. Entwickle die höheren Kräfte des Bewusstseins.

Der menschliche Geist lebt im Einzelnen und im Vielen, in der Vielfalt; der göttliche Geist lebt im Unendlichen. Der gewöhnliche Alltagsmensch trägt ein chaotisches Abbild der Vielfalt in seinem Inneren; der Geist des auf Gott ausgerichteten geistig Strebenden dagegen ist von der unbeschreiblichen Schönheit des Unendlichen erfüllt. Das Denken des gewöhnlichen Menschen spielt sich in Raum und Zeit ab; das Denken des Geistesmenschen wurzelt in der zeitlosen Wahrheit. Der gewöhnliche Mensch wird von Erfahrungen des Körpers hin- und hergerissen, von Gefühlen gepeinigt, von Gedanken geplagt, vom Schicksal heimgesucht. Er wird von vielen Dingen, die er haben und geniessen möchte, abgelenkt. Ein geistig Strebender, in dem sich das Göttliche verkörpert, ist voll Frieden und voll Licht. Er weilt in der Unendlichkeit und ist von Gott erfüllt. Gottes Licht bricht aus ihm hervor. Gottes Liebe überflutet ihn Jeder Nerv, jede Zelle seines Körpers ist vom Frieden Gottes erfüllt.

Sieh die Welt durch die Augen Gottes. Erfahre die Wahrheit. Erfahre auch die äussere Welt als Wahrheit. Ziehe deine Wünsche, deine Liebe und dein Herz von äusseren Dingen zurück. Hefte sie an das innere Prinzip in ihnen. Lass Gott als Erstes und als Letztes in dir sein. Sei in Gott, erkenne Gott. Lass dich nicht von den Formen irreführen, die du siehst, nicht von menschlichen und materiellen Formen. Nichts ist wichtig. Die Wahrheit allein ist wichtig. Werde weise und sieh das Universum richtig. Erfahre überall die Wirklichkeit. Lasse dich nicht vom Netzwerk der Erscheinungswelt einfangen, erhebe beständig dein Bewusstsein zu Gott. In allen endlichen Dingen richte das Auge des inneren Bewusstseins auf das Unendliche, lasse dein Herz das Absolute in den Einzeldingen fühlen.

Das will geübt sein. Viel Reinheit wird gefordert, und viel Güte ist nötig, dazu Gottes Gnade und der Segen grosser Meister. Um all dies zu erlangen, arbeite für Gott, lebe für Gott, atme für Gott. Wandle alle deine Kräfte um in selbstloses Arbeiten für Gott. Tue nichts aus Selbstsucht. Befreie dich von der Unwissenheit des Ego und des persönlichen Selbst. Lasse deine Individualität im Wirken zum allgemeinen Besten aufgehen. Sei ein Held. Schliesse keinen Kompromiss mit der Welt der Erscheinung. Lasse dich nicht von deinem grössten Feind, dem kleinen Ich, dem Ego, dem persönlichen Ich herabziehen.

Die Wirklichkeit, die in dir ist, ist dieselbe Wirklichkeit, die auch in allen anderen ist. Der allwissende Gott in dir wohnt auch in allen anderen. Lasse dein Herz sie alle verehren, alle lieben, allen dienen. Lasse dein Herz nicht sich selbst lieben, sich selbst dienen, für sich selbst leben oder sich eigennützigem Tun hingeben. Lebe so, dass Tausende davon Nutzen erfahren, und Du wirst die Übung, die Wirklichkeit von der Erscheinungswelt zu trennen, nicht schwierig finden.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Die rechte Perspektive

Um raschen geistigen Fortschritt zu machen und innerlich zu wachsen, solltest du dir die rechte Perspektive auf das Leben aneignen und im Herzen den festen Entschluss fassen, das Göttliche in allen seinen Dimensionen zu erkennen, zu erfahren und zu verwirklichen. Wie aber gewinnen wir diesen weiten Ausblick auf das Leben?

Versetze dich im Geiste auf den höchsten Berg oder die höchste Erhebung weit und breit und halte Ausschau auf das Land ringsum zu deinen Füssen. Betrachte den weiten Himmel. Du hast ein ganz anderes Gefühl. Es kommen dir neue Gedanken, und es verschwinden die kleinlich-beengenden Gefühle und Gedanken, die dich in deinem Zimmer, deiner Wohnung, deinem Haus oder sonst irgendwo in der Grossstadt plagen. Dein Blick hat sich geweitet. Du denkst unter höheren Gesichtspunkten, du hast eine bessere Sicht gewonnen von dem Platz, den du im Weltganzen einnimmst, du gewinnst innerlich Abstand.

Wenn der Mensch heute in der Lage ist, auf den Mond zu fliegen und wir über Photos darüber verfügen, wie sich die Erde vom Mond aus zeigt, dann sollte es nicht allzu schwer fallen, dich im Geist und Bewusstsein von der Erde zu distanzieren und einen Sprung aus dieser Welt hinauszuwagen, und sei es nur, um dich in Gedanken auf den Mond zu versetzen, um von dort aus die Dinge zu sehen. Da gewinnst du so ungefähr die rechte Perspektive. Die Welt erscheint nicht mehr so überwältigend gross und bedrängend, überwältigend und belastend für deine psychologische und emotionelle Erfahrung. Was ist sie aus dieser Entfernung, wo sie nur noch einer schönen blauen Kugel in Fussballgrösse gleicht und einen faszinierenden Anblick bietet? Da ist nichts mehr zu sehen und zu hören von all dem Geschrei und den Kriegen hier auf Erden.

Nun begib dich von diesem Standort aus weiter hinaus in den Weltraum, so ein paar Millionen oder Milliarden Kilometer weiter. Was siehst du da? Die Welt gleicht einem Staubkorn, die Sonne einem hellen Stern. Was ist von den unermesslichen Tiefen des Raumes aus betrachtet dein Streit mit dem Nachbar? Dein ganzes Leben ist wie die Angelegenheit eines flüchtigen Augenblicks, und die ganze Weltgeschichte selbst schrumpft auf ein nichtiges flüchtiges Geschehen auf diesem Staubkorn Erde zusammen. Dein ganzer Stolz, jemand zu sein, dein Egoismus wird klein; der sonst so überwältigende Eindruck der Weltwirklichkeit mit ihren Problemen und Prüfungen, Versuchungen und Vergnügungen ist verschwunden. Wo bleibt deine Wichtigkeit? Die Welt ist nicht mehr als ein Stäubchen.

Nun hast du die rechte Perspektive. Du bist ein Weiser geworden, dem nichts mehr den Blick trüben kann, du bist so weit, dass du Sorgen und Leiden, Erniedrigung und Gemeinheiten, Egoismus und Eitelkeit, Stolz und Wichtigtuerei nicht mehr ernst nimmst. Dann hast du den rechten Blick auf das Leben, hast eine weite befreiende Sichtweise gewonnen, die weiteste Perspektive auf Welt und Leben überhaupt.

Das hier Gesagte gilt vom Standpunkt des unermesslichen Raumes und der darin enthaltenen Wunder. Doch ist dies immer noch eine materielle Perspektive. Sie trägt alle Begrenzungen und Schwächen der materiellen Perspektive in sich. Worin besteht dann die rechte Perspektive dem Leben gegenüber? Es ist dies die geistige Perspektive des wahren Weisen und Heiligen, der mit der göttlichen Wirklichkeit in Berührung ist. Sie besteht darin, Zeit und Raum und alles, was der Raum enthält, vom Standpunkt der Zeitlosigkeit aus zu betrachten. Jener ist ein Heiliger, der aus der Perspektive der Zeitlosigkeit lebt, und jener ist ein Unwissender, der sich in Begriffe der Zeit fassen und sich vom Bewusstsein der Zeit und des Zeitlichen gefangennehmen lässt. Tag und Nacht beschäftigt er sich damit, sein vorrückendes Alter zu betrachten. Er kämpft auf Leben und Tod, um dem Tode zu entrinnen, dem Altern zu entgehen und ewig jung zu bleiben. Er wird zum Sklaven vieler unerwünschter Zwischenfälle und unglücklicher Situationen, welche die Zeit über ihn hinwegrollen lässt und denen gegenüber er so hilflos ist wie der Frosch vor der Strassenwalze.

Der Weise sieht sich vom Standpunkt der Zeitlosigkeit aus. Seine Sichtweise wurzelt im Zeitlosen. Wenn du das Leben eines Weisen beobachten möchtest oder das Leben eines Heilgen, wie wir ihn verstehen, dann betrachte sein Leben, ob in allem, was er tut, und in der Weise, wie er lebt, sich das Gewahrsein der Raum- und Zeitlosigkeit widerspiegelt. Versuche jedenfalls, deine Perspektive hinsichtlich des Lebens zu erweitern.

Der gewöhnliche Mensch spricht immer von sich, von seinem Auto, seinem Füllfederhalter, seinem Haus, seiner Familie, seinem Besitz, seinem Heimatland. Sein ganzes Leben ist ein Widerhall des gleichen alten Liedes, und inzwischen verfliegt es, als hätte es zwei Stunden nur gedauert, bis die Hand der Zeit ihn hinwegfegt. Ist dies das wahre Menschsein, das im Grabe endet? Liegt darin etwa der Sinn des Lebens? Ist das der hohen Intelligenz würdig, mit der Gott den Menschen ausgestattet hat? Es wäre alles andere als sinnvoll, wenn ein solches Leben dem Menschen mit Vernunft und Verstand entspräche.
Du siehst die Blätter, die Zweige, den Baumstamm. Du stellst fest, dass sie wachsen und grösser werden. Doch du siehst nicht die innere Essenz, die für das Wachstum der Pflanze verantwortlich ist. Das Unsichtbare erhält das Sichtbare. Ohne das Unsichtbare gibt es das Sichtbare nicht. Dabei gibt es etwas, das noch weit unsichtbarer ist als die Luft, die man nicht sieht, das unsichtbare Leben und anderes Unsichtbares, das sich nur aus den Auswirkungen erschliessen lässt. Es gibt ein letztes unsichtbares Prinzip, die letzte unsichtbare Wirklichkeit. Sie erhält alle unsichtbaren Wirklichkeiten, welche ihrerseits wiederum die sichtbaren Wirklichkeiten erhalten. Dies ist der Urgrund, in dem der Weise verwurzelt ist. Begleiche in deinem Herzen, das Unsichtbare zu sehen. Darin liegt deine Grösse, und das ist möglich, ganz gleich, wie begrenzt deine menschlichen Fähigkeiten sonst sind.

Lasse deine Perspektiven sich weiten und beschliesse, das Zeitlose, Raumlose in Erfahrung zu bringen, das Unsichtbare wahrzunehmen und selbst als das Unsichtbare voller Kraft im Leben zu stehen.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Konzentration auf die eine Wirklichkeit

Eine völlige und tiefe Konzentration hängt von der Intensität des unmittelbaren Verlangens nach Gotterfahrung ab. Wenn dieses Verlangen sehr intensiv ist und infolgedessen auch die Konzentration sehr stark, wird ein Mensch auch bereit sein, alle Schwierigkeiten auf sich zu nehmen, um raschen inneren Fortschritt zu machen, und er wird dann tatsächlich auch rasch vorankommen.

Das menschliche Gemüt ist sehr schwer in die Hand zu bekommen. Es ist auch nicht so schnell bereit, etwas dazuzulernen. Darum ist es besser, wenn es immer wieder mit Schwierigkeiten dazu angeregt wird. Das ist ihm so etwas wie Nahrung, damit es auf dem rechten Wege bleibt und durchhält im raschen Voranschreiten. Sobald es keine Schwierigkeiten und Prüfungen mehr zu bestehen gibt, befasst es sich nur allzu leicht mit unnützen Dingen und verpasst alle Chancen des Fortschritts. Darum sollten wir vor Schwierigkeiten nicht zurückscheuen, sondern bereitwillig immer noch schwierigere Aufgaben auf uns nehmen, im intensiven Verlangen nach Gotterfahrung.

Wie wird doch ein Mensch nach Atem ringen, wenn ihn jemand an der Kehle packt und ihm die Nase zuhält. Wenn irgend eine dunkle Kraft ihn zu Tode würgen möchte, mit welcher Intensität wird er da zu entfliehen trachten. Mit der gleichen Intensität und Dringlichkeit sollten wir Gott suchen. So lange wir nicht ebenso stark nach Gott verlangen, vergeuden wir unser Leben mit unwesentlichen Dingen, machen keinen wahren Fortschritt, erleben keine wirkliche geistige Entfaltung und keine Befreiung von menschlichen Problemen. So lange wird uns auch nicht Gottes Gnade zuteil. Wirkliche Reinheit ist dann ebenfalls nicht möglich. Darum suche Gott mit aller Intensität und Dringlichkeit, halte alle anderen Gedanken und Gefühle von dir fern. Die Seele im Menschen ist letztlich Gott selbst. Der innerste Geist im Menschen ist der Gottesgeist, der alles weiss und sieht und allvollkommen ist. Er kann nicht zum Selbstausdruck gelangen, so lange nicht völlige Reinheit herrscht.
Löse deinen Geist, dein Herz, deine Aufmerksamkeit von allen Dingen los und lasse sie im Bewusstsein des Göttlichen aufgehen. Das Wesen Gottes lässt sich nicht erkennen, und die Stille Gottes wird nicht erfahrbar, solange das Gemüt nicht erhoben und von allen menschlichen Reaktionen und Gefühlen frei ist.

Betrachte das ganze Universum als eine herrliche Kathedrale, als durchflutet von der Fülle göttlicher Schönheit. Erkenne überall, wohin du auch blickst, das gleiche Licht des unendlichen Friedens, das Licht der Freude, der Kraft, der Gnade und Erfüllung. Aus jedem Atom dieses Lichts lasse die Schönheit des Göttlichen in seiner unendlichen Kraft, Erkenntnis und Herrlichkeit emporsteigen. Verweile in diesem Bewusstsein.

Sprich mit der allsehenden Intelligenz der vollkommenen Liebe Gottes im ganzen Raum. Tritt in Berührung mit dem Göttlichen auch in der Erde, auf der du stehst. Verbinde dich mit dem Göttlichen in der Luft, die du atmest. Sieh dich eingehüllt von grenzenlosem, herrlichem, umwandelndem und läuterndem Licht. Blicke auf die aufgehende Sonne. Empfinde das Göttliche in der Sonne, wie sie goldene, verwandelnde Strahlen der Läuterung über dich ergiesst. Gib dich dieser Empfindung längere Zeit hindurch hin und versenke dich mit aller Kraft der Hingabe und Konzentration deines Lebens und Denkens in den golden strahlenden Sonnenaufgang der göttlichen Gnade. Lasse alles ringsumher von der Gegenwart und den Segnungen des Göttlichen erglühen. Tauche immer von neuem und immer intensiver mit Herz, Geist und Willen in die Gotterfahrung ein.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Meditation

Wie lernen wir Gott kennen? Durch Stillesein. Wie sollen wir stille sein? Indem wir uns in der Meditation üben. Meditation ist die Kunst des Stilleseins, eines Stillewerdens, das Körper, Geist, Herz - das ganze innere Sein und Wesen umfasst und das höhere göttliche Bewusstsein in uns befähigt, Gott unmittelbar und direkt wahrzunehmen.

Meditation ist eine wundervolle Hilfe, um das göttliche Bewusstsein wachzurufen. Die Schwierigkeit bei den meisten Menschen liegt darin, dass sie zwar das Geheimnis und Wesen des in ihnen liegenden göttlichen Bewusstseins begreifen, aber die Techniken und Methoden nicht anwenden, um es zu erlangen und seine Kräfte zum Ausdruck zu bringen. Sie besuchen Vorträge und nehmen an Kursen teil, um das Geheimnis der Meditation zu erfahren und die Technik zu erlernen. Am Abend üben sie vielleicht ein wenig, und am nächsten Morgen haben sie alles wieder vergessen.

Wie wäre da zu erwarten, dass sie wirklich Gottbewusstsein erlangen und die Kraft Gottes zum Ausdruck bringen, oder auch nur den eigentlichen Wert und Nutzen der Meditation verstehen? Betrachten wir vergleichsweise die Mühen, die junge Menschen einsetzen, um sich auf eine Abschlussprüfung vorzubereiten. Mit welcher Ausdauer sitzen sie da über ihren Lektionen. Sie verkürzen sich den Schlaf, sie essen nur wenig, gehen nicht mehr aus und lesen nur noch, was zum Prüfungsstoff gehört. Sollten die Eltern sie zu irgendwelchen gesellschaftlichen Ereignissen oder Anlässen einladen, sagen sie ab. Würde mit eben solchem Ernst und Eifer und eben solcher Anstrengung daran gearbeitet, die göttliche Kraft in uns zum Erwachen zu bringen, würden sich in wenigen Jahren schon Ergebnisse zeigen.

Wenn die Meditation gelingt, und sei es auch nur eine halbe Minute lang, fühlen wir uns wunderbar gestärkt. Wir erheben uns dann in Frieden, Kraft und Stille. Fahren wir auf diese Weise Tag um Tag fort zu meditieren, erleben wir, wie alle Kräfte aus dem inneren göttlichen Bewusstsein wie von selbst in Wirksamkeit treten. Alles ist dann eingetaucht in göttliches Bewusstsein und in diesem zur Ruhe gelangt. Rings um dich her kann dann Donnergetöse sein, du bleibst unbehelligt. Dein ganzes Bewusstsein, alle deine Gedanken und Gefühle sind eingehüllt in den unendlichen Frieden des göttlichen Bewusstseins. Vielleicht spürtest du vorher Schmerzen am Bein, doch dein Bewusstsein hat den Bereich des Mentalen hinter sich gelassen, so dass der Schmerz nicht mehr spürbar ist. Das unglückselige Gemüt und Denken des Menschen, das die Ursache von Begrenzungen und Schwächen, Einbildungen und falschen Vorstellungen ist, tritt zurück, hat ausgespielt. Das menschliche Bewusstsein ist durch etwas ersetzt worden, das man Überbewusstsein nennen könnte.

Die beste Voraussetzung zu einer erfolgreichen Meditation ist intensive Gottesliebe und völlige innere Loslösung und Gleichgültigkeit gegenüber allen noch so hoch gepriesenen Werten dieser Welt. Eine solche innere Verfassung sollten wir anstreben, indem wir diesen Dingen gegenüber skeptisch sind und gründlich darüber nachdenken, ob etwas letzten Wert besitzt. Wir kommen dann zum Schluss, dass Gott allein wirklich von Wert ist, dass Gott allein genügt, dass wir von Ihm alles erhalten.

Tauche durch Meditation dein ganzes inneres Wesen in ein Meer der Stille. Lasse alles in dir zu einem grenzenlosen Ozean der Ruhe werden. Erlange in deinem Inneren einen Zustand des Bewusstseins, in dem du nicht Gedanken, sondern Gottes Gegenwart und Liebe erfährst, nicht Gefühle, sondern Gottes Frieden und Sein Licht. Selbst während der Stunden geschäftigen Tuns lasse etwas tief in dir in innerer Stille verweilen und bleibe so in Kontakt mit der Macht, mit der Gnade und der erhaltenden Schönheit und Freude Gottes.

Meditation bedeutet: bei Gott zu verweilen und Gottes Wesen in sich aufzunehmen. Durch Meditation wollen wir dem Göttlichen näherkommen. Die Meditationsstunde ist also eine Zeit, in der man mit ganzer Aufmerksamkeit bei Gott ist, sich mit Ihm befasst, mit ihm spricht, sich in Ihn versenkt. Wenn wir dabei einen ruhigen Geist, starke Nerven, ein glückliches Herz und die Bereitschaft zu liebendem Dienen und gutem Arbeiten gewinnen, wenn wir daraufhin bereit sind, aus unserem Leben ein erfülltes Leben zu machen, die Fülle, ja ein Paradies für uns und andere hervorzubringen, dann war die Meditation richtig. Meditation ist ein Vorgang der inneren Kontaktnahme, der Vereinigung mit dem Göttlichen, ein Erfülltsein vom Zeitlosen, Unzerstörbaren inmitten einer Welt, die vergänglich und wandelbar und von Zerstörung bedroht ist.

Die reine Natur der Wahrheit oder Gottes ist Stille. Stille ist die ursprüngliche Quelle aller Manifestation.

Stille ist der ewige Hintergrund, auf dem das Universum sich abbildet.

Stille ist der Urgrund hinter allem Schall und Lärm.

Stille ist die Gabe einer tiefen inneren Wahrheitserfahrung.

Im Stillesein liegt unsere Stärke.

Stille ist Gold.

Stille ist die Mutter aller Weisheit.

Stille ist die Quelle aller Erkenntnis.

Stille macht dich übermenschlich durch innere Erleuchtung und Lichtreichtum.

Darum wollen wir uns bemühen, die Wahrheit auf diese grossartige Art und Weise zu erfahren, denn nur durch die Erfahrung der göttlichen Stille kann unser Leben wirklich reich und schön werden.

Versuche, diese Stille auf allen dir zur Verfügung stehenden Wegen zu erreichen, dann wird dein Leben gesegnet sein und du wirst Tausenden Kraft und Stärke geben können in diesem Leben voller Unglück und Leid. Die Stille des unendlichen Seins zu erfahren und zum Ausdruck zu bringen - darin liegt deine Bestimmung.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Universale Religion als Weg zum
Verständnis des Universums

Religion gründet sich auf Glauben, Vertrauen und Überzeugung. Im Grunde genommen kann niemand irreligiös sein. Sogar der Ungläubige glaubt an seinen Unglauben. Auch der Gottesleugner nimmt die Existenz des Leugners, d.h. seiner selbst, als gegeben hin. Die Frage ist nur, ob diese Art Einstellung der menschlichen Seele, den Notwendigkeiten des Gefühls, dem fragenden Forschen des Verstandes und dem Hunger des Geistes gerecht wird.

Solange der Mensch sich eines gesunden Körpers erfreut und in günstigen äusseren Umständen lebt, nicht von irgendwelchen besonderen Schwierigkeiten belastet ist, fühlt er sich des öfteren versucht, forsch und kühn die Existenz einer übernatürlichen Macht zu bestreiten. Doch heisst es mit Recht, dass die Anfechtung, wo menschliche Kraft versagt, zum Ausgangspunkt der Religion werden kann, und eine religiöse Einstellung ist die Vorbedingung jeden wahren Erkennens. So lange der Mensch nicht zum Bewusstsein einer gewissen Unzulänglichkeit der Lebensbedingungen gelangt und merkt, dass etwas in seinem Leben fehlt, wird er nicht nach jener Kraft und Weisheit, jenem Frieden Ausschau halten, die aus Gott kommen, wird er sein Bewusstsein nicht nach dem ausstrecken, was das Höchste, das Edelste und Grösste ist: Gott.

In dieser unserer Erscheinungswelt gilt als Regel, dass das Subtilere durch das Gröbere verdeckt wird. Die Wahrheit oder das innere Wesen von allem verbirgt sich hinter der äusseren Erscheinung. Die Substanz wird durch Name und Form überdeckt. Um die innere Wahrheit, die zugrundeliegende Essenz wahrzunehmen, sollte man Beobachtung mit Unterscheidungskraft und unvoreingenommener Prüfung verbinden. Wird dies unterlassen, gewinnt man einen nur oberflächlichen Eindruck von den Dingen, und es entgeht uns die eigentliche Substanz. Die Religion bildet hier keine Ausnahme.

Das wirklich Wichtige und Wesentliche wird aus oben erwähntem Grunde vielfach übersehen. Wirklich aufrichtiges Forschen nach dem tieferen Sinn der Religion findet nur selten statt. Anstatt die Religion in ihrem wahren Wesen und Licht zu erkennen, wird sie vielfach falsch verstanden, missgedeutet als ein zu Trennungen führendes Element in der menschlichen Gesellschaft, das zu Streitigkeiten und Konflikten, ja Kriegen Anlass gibt. Viele pflegen bereitwilligst die alte und auch neuere Geschichte als Beweis für diese Ansicht anzuführen.

Die Bezeichnung "universal" in bezug auf Religion wird misstrauisch beargwöhnt, ja mit viel Skepsis belächelt. Doch macht sich ein solcher Skeptizismus seinerseits lächerlich, denn seine Vertreter verhalten sich wie ein Mensch, der eine farbige Glühbirne sieht und das gefärbte Glas mit dem Licht im Inneren verwechselt, nämlich dieses nicht als rein und farblos erkennt.

Universalität ist das wichtigste Merkmal wirklicher Religion. Diese Tatsache wird durch unser Misstrauen und die Meinung solcher, die keine Unterscheidungskraft besitzen, nicht beeinflusst. Unter wahrer Religion verstehen wir Religion in ihrem reinen inneren Wesen und nicht als Ansammlung konventioneller Anschauungsweisen. Die Wirklichkeit der Religion liegt nicht in ihren Ritualen noch in äusseren Kennzeichen, Traditionen, Gewändern und Gebräuchen, die von den Vertretern irgendeines besonderen Aspekts religiösen Lebens gepflegt werden. Das sind nur die veränderlichen unterschiedlichen Erscheinungsweisen an der Oberfläche.

Etwas tieferes Nachdenken und genaueres Prüfen lässt uns unmissverständlich erkennen, dass Religion der Urimpuls im Herzen eines jeden menschlichen Wesens ist. Der Religion zutiefst zugrunde liegt der ursprüngliche geistige Drang zur Selbstwahrnehmung. Dieses Prinzip pulsiert im Herzen aller Menschen.

Jeder hat in seinem Inneren eine positive und eine negative Seite, wobei diese sich in Fähigkeiten und äusseren Verhaltensweisen Ausdruck verschaffen. Der religiöse Prozess besteht darin, den Menschen zu befähigen, seine negativen Instinkte mit Hilfe der verborgenen positiven Züge, die in jedem menschlichen Wesen vorhanden sind, zu überwinden. Der Selbsterziehungsprozess lässt uns immer besser verstehen, dass man im innersten Wesen das ist, was alles andere auch ist, und dass alles andere nur eine Wiederholung ad infinitum dessen ist, was wir in unserem Innersten sind.

Dieser Vorgang bringt uns zuerst dahin, wahrhaftig, demütig, rein, barmherzig, leidenschaftslos, verzeihend, tolerant, selbstlos, grossmütig und liebevoll zu sein. Er schliesst mit ein, dass wir ein göttliches Leben führen, das frei ist von sinnlicher Begierde, Ärger, Hass und Neid, Stolz und Heuchelei, allem egoistischen Wesen, allem was negativ und niedrig ist. Religion ist wesentlich eine Beziehung, eine bewusste und dynamische, vielseitige Beziehung zwischen dem Menschen und seiner höchsten Seele, auch Überseele genannt, zwischen dem Endlichen und dem Unendlichen, das sein Schöpfer, Erhalter und seine innere Unendlichkeit voll Wissen, Macht, Liebe, Licht, Frieden und Freude ist. Es ist gerade dieses Verlangen, die eigene Überseele kennenzulernen, was ein wesentliches Merkmal von Religion ausmacht.

Die Religion ist nicht bloss eine Ansicht, nicht nur ein Ideal, keine blosse Vorstellung, sondern der Weg des richtigen Denkens, rechten Fühlens, Handelns und Lebens. Sie sollte vom Bewusstsein des Einen, Gottes, durchdrungen sein. Wem das Wort Gott nicht liegt, kann auch ein anderes dafür einsetzen, doch die Tatsache gilt es zu akzeptieren: Es besteht eine Wirklichkeit, eine Wahrheit, die unsterblich ist, die nie vergeht, die jeder Mensch annehmen sollte, wenn er vernünftig ist, weil es unmöglich ist, sich absolute Nicht-Existenz und absoluten Wechsel ohne diese höchste Wirklichkeit auch nur vorzustellen. Die Tatsache, dass ich existiere, beweist schon, dass Gott existiert. Dies ist eine Tatsache, die auch der Philosoph Descartes auf seine Weise darlegte. Ich habe eine Vorstellung von Vollkommenheit und Unendlichkeit. Woher ist mir diese gekommen? Sie kam aus mir selbst. Ich existiere. Existenz ist eine Tatsache, deshalb muss auch Unendlichkeit existieren, und sie muss überdies intelligent sein. Mit diesem Bewusstsein müssen wir uns selbst, unser soziales, unser individuelles wie auch nationales Leben in Einklang bringen. Auf dieser Grundlage des unendlichen Bewusstseins, nach dem wir alle streben, sollten wir unser Leben führen.

Es ist schwer, die negativen Züge der menschlichen Natur bis in ihre tiefsten Wurzeln hinein auszurotten. Doch werden unermüdliche ausdauernde Bemühungen schliesslich zum Erfolg führen. Anfangs wird das menschliche Denken, Empfinden, das Gemüt sich sträuben, und die Sinne werden revoltieren. Man muss aber das Negative dadurch überwinden, dass man sich beständig müht, das Positive zu stärken. Letzten Endes ist die moralische Kultur der Prüfstein des religiösen Fortschritts. Wer nicht Vollkommenheit im ethischen Bereich erlangt hat, kann niemals eine vollendete Seele sein. Kein religiöses Prinzip, das sich ethischen Geboten entgegenstellt, kann von Gott her kommen und von Ihm inspiriert sein.

So wollen wir wachsen in dem Geist, der den Unterschied zwischen dem einen und dem anderen Menschen richtig versteht, möge dieser nun zur eigenen Familie, zur eigenen Religion und Nation gehören oder nicht. Indem wir diese Haltung einnehmen, sind wir allezeit in dem Bewusstsein des einen göttlichen Seins und Wesens verwurzelt.
Wir sollten Toleranz entfalten. Das ist das eine Wesentliche in jeder anständigen, vernünftigen und edlen Beziehung unter Menschen. Vom Standpunkt der Wahrheit Gottes, der Liebe und des Lichts wird klar und deutlich erkennbar, dass es im Grunde nur eine Religion gibt. Diese Einsicht sollte uns zu weitherziger Duldsamkeit, Universalität, Aufgeschlossenheit führen und eine Sichtweise ermöglichen, die harmonisiert und eint, d.h. zur Einigkeit führt, ohne Uniformität zu verlangen. In allen sollen wir den Bruder, die Schwester sehen, ihnen geschwisterlich begegnen. Dieser weltweiten Verbundenheit soll die Erkenntnis des einen Selbst, die universale Erkenntnis des Reiches Gottes in allen Menschen zugrundeliegen. Alle sozialen Beziehungen sollten diese übersozialen Tatsachen zur Grundlage haben, anderenfalls können wir niemals wirklich glücklich zusammenleben.

Immer gilt es im Hintergrund unseres Bewusstseins, sich von diesem Ideal erheben zu lassen. Ein Ideal bleibt nicht ewig ein Ideal, sondern es führt seiner Verwirklichung entgegen. Ein Ideal, das nicht zu verwirklichen ist, könnte es in unserem Bewusstsein auch nicht geben. Die Tatsache, dass wir imstande sind, den Begriff der Vollkommenheit zu bilden, beweist schon, dass es Vollkommenheit gibt. Die Tatsache, dass in uns ein Antrieb ist, unendlich zu werden, zeigt schon, dass es für uns möglich ist, unendlich zu werden. Die Tatsache, dass wir den Tod nicht annehmen wollen, zeigt schon, dass wir unsterblich sind. Die Tatsache, dass wir nach unbegrenztem Bewusstsein streben, beweist, dass wir unbegrenztes Bewusstsein erlangen können. Dieses Bewusstsein kann verwirklicht werden, wenn wir im Sinne universaler Religion leben. Sie ist die Religion Gottes, die Religion der Wahrheit, der Liebe, des Lichts, des Glaubens, der Güte, des Dienens und göttlichen Wissens, das sich in verschiedenen menschlichen Wesen auf verschiedene Art und Weise kundgibt.

Die Gottesliebe ist das grundlegendste Prinzip aller Religion. Vor ihr verschwinden alle Grenzen und Unterschiede. So wie die Sonne gleichermassen alles überstrahlt, so beschenkt die Gottesliebe immerwährend die ganze Schöpfung. Sie ist ein wirksames Heilmittel gegen Krankheit, Furcht und Hass. Die reine Liebe ist eine unwiderstehliche Macht. Für denjenigen, dessen Herz von reiner Liebe erfüllt ist, wird die Stimme des Gewissens zur Stimme Gottes. Er setzt sich ein, die Leiden der anderen zu lindern. Selbstloser Dienst ist das Ideal, das ihn ganz erfüllt. Gottes Wille wirkt durch ihn. Er ist stets in der Freude und fürchtet sich nicht. Er bringt Frieden und Harmonie in das Leben jener, die seinen Weg kreuzen. Eine dauerhafte Einheit aller Menschen kann es nur auf der Grundlage der Religion der reinen Liebe geben. Sie ist die Religion der ganzen Menschheit, und das ist es, was Religion letztlich für die Menschheit bedeutet.

Dieser reinste und höchste Zustand ist keineswegs schwer zu erreichen, wenn man nur die "Schau des Einen", die nötige Gelassenheit und Unterscheidungsgabe besitzt. Das wird möglich, wenn man Verbindung pflegt mit Weisen und sich ausdauernd in der alles durchdringenden Unterscheidungskraft übt.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

"Ich bin der Ich bin"

Nach Seinem Namen gefragt, hat Gott einst dem Moses geantwortet: "Ich bin der Ich bin". Das genau ist das Wesen und daher auch der Name Gottes. Doch wo ist dieses "Ich bin"? Es ist überall. Es ist in jedem. Die ganze Schöpfung kreist um dieses zentrale "Ich bin", um diesen Mittelpunkt des "Ich bin". In jedem befindet sich dieses "Ich", und es ist auch in jedem Ding zugegen. "Ich" ist die Grundlage jeder Erfahrung, allen Denkens, Forschens und Philosophierens. "Bin" als Hilfszeitwort ergänzt es zum "Ich bin" als Feststellung der Existenz, des Seins.
Es besteht eine enge Beziehung zwischen "Ich" und "Mein": meine Hand, mein Fuss, meine Gedanken, meine Gefühle, meine Arbeiten und meine Erfahrungen.

Du bist aber von deinen Werken, deinen Gedanken, deiner Hand, deiner Erfahrung und deinen Gefühlen verschieden. Sie gehören dir zwar, doch du gehörst nicht ihnen. Deine Hand gehört dir, doch du bist mehr als deine Hand. Du bist. Du bist mehr als alles, was du erleben und erfahren kannst. Du bist mehr als alles, was du je besitzen kannst.
Dieses "Ich" in uns darf nicht mit unserem Ego verwechselt werden. Es ist grösser als alles in uns und ausserhalb von uns. Das Ego ist etwas anderes als dieses zentrale "Ich". Das innere "Ich bin" ist gänzlich rein und allvollkommen, es ist stets ein und dasselbe. ES ist immer gegenwärtig. Der schlechte Mensch sagt: "Ich bin schlecht." Der gute Mensch sagt: "Ich bin gut." Das "Ich" im guten wie im schlechten Menschen ist ein und dasselbe. Was aber unterscheidet dann die beiden? Das äussere Wesen des einen ist gut, das des anderen schlecht. Oder im gleichen Menschen ist das äussere Wesen manchmal gut und manchmal schlecht.

Du hast dich soeben vom Schlaf erhoben. Jemand fragt dich: "Wer hat hier geschlafen?" - "Ich habe hier geschlafen", ist die Antwort. Wer war es aber, der geschlafen hat? Nicht das wahre "Ich". Das "Ich" hat niemals je geschlafen. Der Körper schlief, die Gefühle schliefen, die bewusste Erfahrung, die Gedanken schliefen, doch nicht dein zentrales "Ich". Das schläft überhaupt nicht. Dieses ist eine Wirklichkeit, die keinen Schlaf kennt, eine Wirklichkeit, die der Zeuge aller Dinge ist, auch des Schlafes. Wenn dieses Ich nicht schlief - wie ist das zu beweisen? Der Beweis liegt in der Feststellung: "Ich habe gut geschlafen, hatte einen gesunden glücklichen Schlaf." - Wenn alles in dir völlig geschlafen hätte, wie könntest du überhaupt wissen, dass du gut geschlafen hast? Ein Prinzip ist da in dir, das nicht schlief, auch als du in tiefem Schlaf lagst.

Fragst du dieses Prinzip: "Wer bist du denn?" sagt es: "Ich". Es ist das Ich in dir, das weder gut noch schlecht ist. Es ist von allem übrigen verschieden. Es ist der Zeuge aller Dinge, der um alles weiss, von allem unberührt bleibt, allvollkommen und nie in irgendetwas einbezogen ist. Wenn du sagst, du seiest von etwas betroffen, dann handelt es sich um das kleine persönliche Ich, das Ego. Dein Stolz war einbezogen und fühlte sich betroffen, doch nicht das grosse Ich in dir. Dieses ist allvollkommen und die Grundlage, auf der sich dein inneres wie dein äusseres Leben erhebt. Es ist der Hintergrund, vor dem sich alles abspielt, der zwei voneinander unabhängige getrennte Phänomene, die du erfährst, miteinander in Verbindung bringt.

Dieses "Ich" in uns ist das unwandelbare Prinzip. Es ist immer da. Alles andere besteht nur kurze Zeit. Wir erfreuen uns an Schönheit und Musik. Wir erfahren Gutes und weniger Gutes. Einmal fühlt man sich erheitert, ein andermal bedrückt, dann wieder zu grossen Taten aufgelegt. Alles ist vergänglich und geht vorüber. Das sind zeitweilige Strukturen, die kommen und gehen. Dein Glück oder Unglück, deine gute oder schlechte Laune, Güte und Missmut kommen und gehen. Heute bist du stark, morgen bist du schwach. Gesundheit und Kraft kommt und geht wie alles, doch etwas ist da, das bleibt und beständiger Zeuge von allem ist, was kommt und geht, nämlich das zentrale "Ich" in dir. Es ist das Dasein, das "Ich bin" - die Existenz, das Sein, das bleibt. "Ich bin" und Wahrheit, letzte Wirklichkeit und Gott - all das bedeutet dasselbe.
Du sagst: "Ich sehe." Wer in dir sieht? Deine Intelligenz! Was sieht sie denn, was nimmt sie wahr? Äussere Gegenstände. Wer sieht die Intelligenz, die da sieht? Etwas in dir, ein höheres Prinzip in dir, das deine Beobachtungen überwacht. Du siehst deine Gedanken und beschreibst sie als gut. Wer sieht deine Gedanken? Du. Was ist das für ein Prinzip in dir, das die Gedanken beobachtet? Das Licht der Intelligenz. Wem gehört nun dieses Verstandeslicht? Es gehört dir. Du selbst bist grösser als das Licht deiner Intelligenz in dir. Wer hat das Licht der Intelligenz gesehen? Wer hat die Gedanken wahrgenommen? Es ist das höhere Prinzip in dir. Würdest du nicht gerne noch einen Schritt weitergehen und sehen, was hinter diesem höheren Prinzip in dir steht?

Gehe in die Stille, um zu sehen, was sich da in dir in Funktion befindet. Die Intelligenz tritt in Wirksamkeit. Du weisst, dass du bist. Du weisst, dass du auf einem Stuhl sitzt. Nun weisst du, dass du versuchst, über das innere Prinzip in dir nachzudenken. Diese Person in dir, welche über das innere Prinzip in dir nachzudenken versucht, ist grösser als dein inneres Prinzip. Mit Hilfe dieser Person, dieser höheren Wirklichkeit, diesem höheren "Ich bin" bist du in der Lage, diese Erforschung deines Inneren durchzuführen. Da ist immerzu dieser Hintergrund in dir, ein Ich-Prinzip, ein Etwas, das hinter all deinen Gedanken steht und Zeuge deiner Beobachtung eines jeglichen Ereignisses ist, das jemals von dir beobachtet wird. Es ist der ewige Zeuge in dir. Hinter dieses Prinzip lässt sich nicht mehr weiter zurückgreifen, es ist das letztliche Prinzip in dir, der letztliche Zeuge, der es uns möglich macht, Zeuge von Vorgängen innerhalb oder ausserhalb von uns zu sein. Du kannst alles beobachten, nur nicht diesen letztlichen Beobachter und Zeugen in dir. Er ist der eigentliche und letzte Zeuge.
Das "Ich bin" ist im Kind wie im Philosophen und Heiligen, in Mann und Frau, in Jung und Alt, in guten wie in schlechten Menschen gleicherweise da. Es ist überall dasselbe. "Ich bin" ist die Ausgangsbasis, der Mittelpunkt allen Denkens. Erkenne dieses "Ich bin" in dir. Wenn du dieses Ich-Bin-Prinzip in dir voll und ganz verstehst, wirst du zum grössten Philosophen der Welt, zum Weisen, zu einem Menschen, der sich vor nichts mehr fürchtet, weil er sich seiner Unvergänglichkeit bewusst ist, zu einem Menschen, der in grenzenlosem Frieden, Glück, in Kraft und schöpferischem Bewusstsein lebt. Auf die Frage des heutigen Menschen, was denn mit Gott gemeint sei, kannst du dem Fragenden zur Antwort geben, was Gott ?selbst dem Propheten des Alten Bundes zur Antwort gab: "Ich bin, der Ich bin". - Das ist Gott, das lässt sich entdecken.

Wenn du Vernunft besitzt, dann setze dieses "Ich bin" immer mehr ein, und du wirst selbst die Feststellung treffen: "Ich bin, ich existiere."
Der moderne Mensch sagt: "Gott existiert nicht", währenddem in der Existenz eben dieses Menschen, der Gott leugnet, Gott selbst zugegen ist, so dass dieser Mensch, während er Gott leugnet, erst recht die Existenz Gottes bestätigt. Wenn dann sein Verstand etwas zugenommen hat, wollen wir erneut diese eine Aussage von ihm erbitten.

Berühre dieses "Ich"-Bewusstsein, sinne über seine Natur, seine Wirklichkeit und die unbestreitbare Existenz nach. Da dies in jedem ist, kannst du es ruhig universal nennen. Es ist aber nicht das persönliche Ich damit gemeint, wohlverstanden, und darf nicht mit diesem verwechselt werden.

Es wird selbst vom leeren Raum geteilt. Auch dieser verkündet seine Existenz. Und dieses "Ich" im Raum ist grösser als die Weiten des Weltraums. Dieses "Ich" ist also transzendent. Somit ist das "Ich" in dir sowohl universal als auch transzendent. Wenn du dich nicht mit deinem kleinen Körper identifizierst und dich nicht ständig mit dem Gedanken beschäftigst: "Ich bin ja der arme elende kranke Josef", sondern dein Denken auf die eigentliche Wirklichkeit, auf dieses "Ich" und die Erforschung von dessen Wesen ausrichtest, bist du gesegnet. Deine äussere Lage wird dich dann nicht aus der Ruhe bringen können, sondern du wirst diese meistern, dein Herz wird sich nicht über die Umstände betrüben, und du erlangst die Kraft, die äusseren Umstände zu verbessern, indem du innerlich davon Abstand nimmst.

Versuche zu verstehen, was du in dir trägst. Du trägst das höchste "Ich", das göttliche "Ich bin" in dir, dieses "Ich bin", das Gott ausspricht, der allein Wirkliche. Er ist so vollkommen, dass er mit deiner Güte oder Schlechtigkeit, mit deiner Schönheit oder deinem Alter nichts zu tun hat. Dieser Gott in dir ist die Quelle allen Denkens, allen Wissens, allen Bewusstseins - was alles letztlich ein und dasselbe ist. Erkenntnis ist Kraft, Erkenntnis ist Schönheit, Liebe und Leben, und sie alle sind in dem "Ich bin" enthalten. In dem "Ich" in dir, dem göttlichen Ich, existiert nichts von all dem Stolz und der Selbstsucht des kleinen persönlichen Ego-Ichs. Das göttliche Ich ist nicht ein abstraktes Prinzip, sondern es ist eine machtvolle lebendige Wirklichkeit Die Bläue des Himmels, die Kälte des Eises, die Schönheit der Blüte und die Intelligenz im Menschen, sie alle strahlen aus dieser zentralen Existenz hervor, sie alle tragen das Merkmal der einen Existenz in sich. Die Musik eines Beethoven und Bach, die Schönheit der Bilder und Skulpturen eines Raffael und Michelangelo, die Erkenntnisse der grössten Wissenschaftler und Philosophen, sie alle gehen aus dieser Existenz, diesem Ich, dieser zentralen Wirklichkeit hervor. In biblischer Sprache lässt sich diese Tatsache mit dem Hinweis des Apostel Paulus umschreiben: "Wisset ihr nicht, dass ihr Tempel des lebendigen Gottes seid?"
Deine Kraft und Stärke liegt in diesem inneren "Ich". Endloser Friede, endlose Kraft und Freude, Vollkommenheit und Schönheit sind in ihm vorhanden, das ist lebendigste Wirklichkeit, die wahre Realität, Wirklichkeit aller Wirklichkeiten.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Innere Erfahrung und Gnade

Frage an Swami Omkarananda: "Verehrter Swami, eines Ihrer Büchlein trägt den Titel "Alles ist Gott". Dieser Satz "Alles ist Gott" ist schon schwer genug zu verstehen und noch schwerer zu erfahren. Könnten Sie diese Aussage nicht etwas näher erläutern?"

Die Feststellung "Alles ist Gott" klingt ebenso irrational und hoffnungslos verwirrend wie die Aussage: "Ich bin im Wind; ich bin der Wind. Ich bin in der Frau; ich bin die Frau. Ich bin im bösen Menschen, ich bin der böse Mensch. Ich bin im Kosmos. Ich bin im Göttlichen, ich bin das Göttliche, ausser mir gibt es nichts, ich allein bin, ich war, ich bin und werde sein."

Diese Stimme ist nicht die Stimme des menschlichen Denkens noch des Ego, des individuellen Ich, der menschlichen Persönlichkeit, sondern die Stimme des inneren Erkennenden in allen Formen der Erkenntnis, des inneren Sehenden in jeder Sichtwahrnehmung, des Zeugen hinter jeder Art von Gestaltwerdung und Erfahrung. Es ist die Stimme der fundamentalsten aller grundlegenden Erfahrungen eines Menschen, nicht wie ihn die Soziologie sieht, sondern als eines Wesens jenseits aller soziologischen Bedingtheit, dem seine Einheit mit dem Urgrund allen Seins in allen Wesen zur lebendigen Erfahrung geworden ist. Er ist als solcher psychologischer Erforschung nicht zugänglich, denn er ist ein überpsychologisches Wesen, das von einem transzendenten und alles einschliessenden Licht geführt wird, indem er die Beweggründe seines Tuns und Verhaltens aus göttlicher Erkenntnis bezieht, wobei die psychologischen Bereiche der Persönlichkeit völlig umgewandelt und in ein vollkommenes Gottbewusstsein hinein transzendiert sind. Er bietet auch kein Thema mehr für eine ethische Beurteilung, indem er ein überethisches Wesen ist, das in der absoluten Güte wurzelt und oberhalb allgemeinmenschlicher rationaler Verstehbarkeit angesiedelt ist. Sollte eine solche Feststellung aus einer Vernunft heraus erfolgen, die noch nicht von der kontinuierlich erfahrbaren Offenbarungsschau erleuchtet, noch nicht ganz zum göttlichen Leben herangereift ist, also noch von einem rein menschlichen Standpunkt aus beurteilt werden könnte, dann wäre eine solche Behauptung des Irrsinns verdächtig und einer psychopathologischen Untersuchung wert. Zumindest wäre sie ein Ausdruck von starker Ichbefangenheit oder von Grössenwahn und von einem ethischen Standpunkt aus betrachtet gefährlich und zu verwerfen.

So wie das Unbewusste in unsere mentalen Tätigkeiten einfliesst, so kann Gott oder das Überbewusste, die allwissende, innere göttliche Wirklichkeit, auch in unsere Intelligenz und unsere Wahrnehmungsweise der äusseren Welt einfliessen und die grosse Wirklichkeit im Inneren, die sich in, über und um alle Erscheinungsweisen herum befindet, offenbaren. In einem solchen Zustand bleibt kaum ein Unterschied zwischen der eigenen Intelligenz und der Gottintelligenz, mit dem Resultat, dass zuweilen die Intelligenz in uns spontan erklärt: "Ich bin göttlich".

Wie der Ozean, der den Strand überspült und einen kleinen Teich überflutet, so überflutet das Licht des göttlichen Bewusstseins unsere Intelligenz und unser ganzes Erleben und taucht sie ein in sich selbst. Dann erfahren wir die göttliche Wirklichkeit überall und als alles - so wie ein aussergewöhnlich Befähigter, der in die Traumwelt eines anderen Menschen Einblick nehmen kann, alles was darin vorgeht, ganz klar als Bewusstseinsgebilde, als Gestaltung des Traumbewusstseins erkennt und weiss, dass letztlich in dieser Traumwelt nichts anderes als Bewusstsein vorhanden ist. Der dazu Befähigte würde eine Tatsachenfeststellung treffen, wenn er sagte, dass diese Traumwelt mit ihren Bergen, Bäumen, Flüssen, Seen, Wolken, Männern, Frauen, Kindern, mit Eisen- und Stahlwerken und all den verschiedenen Gegenständen nichts als Bewusstsein sind, das sich selbst zum Ausdruck bringt. So könnte er auch sagen: "Alles ist Bewusstsein."
Genau so erleben wir alles als Gott. Doch dies lässt sich nur durch Erfahrung verstehen; und jene, die solche Erfahrungen in Worte zu fassen versuchen, tun das nur, um den Suchenden zu helfen, den Weg zur Erfüllung ihres Lebens auf Erden im Göttlichen zu finden.

Eine solche Erfahrung, die sich ungebeten einstellt, ohne dass man im bewussten Leben danach Ausschau hält, stellt die Vernunft und Logik vor ein Rätsel und ist doch in höchstem Masse rational und logisch, insofern diese Erfahrung sich der Wahrheit öffnet und in die Weite der Wahrheit, als der Wirklichkeit der Wirklichkeiten, einmündet. Diese Erfahrung ist immer bei der Hand. Manchmal tritt sie sogar ein, während man am Schreibtisch sitzt. Plötzlich verschwindet der ganze Erfahrungsbereich, und das deutliche Gefühl, in allen Wesen die ewig sich gleichbleibende, zeitlose Wirklichkeit zu sein, schiebt sich ein und verstärkt das Verwurzeltsein im Hintergrundsbewusstsein der ständig erfahrbaren Gottgegenwart.

Das ist ein immer wiederkehrendes Merkmal. Solche Erfahrungen lassen sich nicht als persönliche in Anspruch nehmen. Göttliche Erfahrungen kommen in der Regel ungebeten, und obschon sie die Vernunft in Erstaunen setzen, erweitern sie diese dennoch, lassen sie aufleuchten und bringen sie zur Erfüllung; sie bereichern die Vernunft und bringen, wie nichts anderes, ihren vollen Wert zur Geltung.

Darum finden wir den wirklich geistig Strebenden dadurch gekennzeichnet, dass bei ihm in einem gut ausgebildeten Verstand eine untadelige Vernunft von unfehlbarem logischem Scharfsinn am Werke ist und all seine Gedankenprozesse steuert. So ausgerüstet vermag er aus dem geistigen Leben all das fernzuhalten, was unklar und irreführend, undurchführbar und gefährlich ist, wie auch jede Form von Aberglauben, Illusion und Täuschung. Diese göttlichen Erfahrungen gehören nicht dem individuellen Selbst an. Das kleine Ich ist während dieser Zeit nicht vorhanden. Es verschwindet in das göttliche Selbst hinein, wie der kleine Teich am Meeresstrand nach der Überflutung. Es verschwindet in das göttliche Selbst hinein und besteht als das göttliche Selbst weiter, so wie das Traum-Ich im Schlafenden verschwindet, sobald der Traum zu Ende ist, wobei der Übergang von einem zum anderen Zustand schwerlich beschrieben werden kann. Wie sich das individuelle Selbst im göttlichen Selbst aufhebt, das ist, wie gesagt, höchstes der Art und Weise vergleichbar, wie sich im Augenblick des Erwachens der Schläfer im Wachenden wiederfindet, in ihn hinein verschwindet. Oder eher noch kann es dem Untergang des Traumbewusstseins ins Wachbewusstsein verglichen werden, wenn der Träumende plötzlich aus dem Schlaf gerissen wird. Und so wie wir den Schlaf wieder neu aufnehmen können, wenn die Bedingungen erfüllt sind, so finden auch die höheren geistigen Erfahrungen von selbst statt, wenn die Vorbedingungen erfüllt sind. Das gilt jedoch nur für die späteren Stufen, nachdem bereits genügend Fortschritt erreicht ist. In den Anfangsstadien geistiger Entfaltung ereignen sich solche Erfahrungen gerade so natürlich und unvorhergesehen, wie sich irgend ein Traum bei uns einstellt.

Wir können uns nicht hinsetzen und sagen: "So, nun will ich träumen." Ebensowenig können wir uns hinsetzen und sagen: "Jetzt will ich eine geistige Erfahrung haben." Wie sich die Traumdauer nicht im voraus bestimmen lässt, so lässt sich auch die Dauer der geistigen Erfahrung nicht vorher bestimmen. Es ereignen sich solche Erfahrungen, so könnte man sagen, aus Gnade oder als Folge ungewöhnlicher innerer Reinheit und Läuterung des inneren Wesens. Erst in fortgeschrittenen Stadien können sie willentlich herbeigeführt werden oder kann man sich ihnen vorsätzlich aussetzen.

Genauso wie für einen Blinden die Feststellung: "Überall ist Licht." unsinnig, unwahr und fantastisch klingt, tönt das "Alles ist Gott." einfach unwahrscheinlich, ja verrückt für jeden, dessen Leidenschaften noch nicht völlig in höhere Liebe umgewandelt sind, dessen Natur noch nicht von allen niederen Impulsen und Makeln gereinigt und dessen psychisches Wesen noch nicht durch geistige Übung und Erleuchtung des Geistes und durch beständiges Nachdenken über die letzte Wirklichkeit gänzlich durchleuchtet ist.

Welche Antwort könnte ich oder irgend sonst jemand, der eine ähnliche Erfahrung hat oder hatte, erteilen, wenn jemand fragt: "Wie kannst du nur so etwas sagen, als seiest du im Wind oder seiest selbst der Wind. Das ist ja so unlogisch, so ganz und gar unverständlich und gleich viel eher der Aussage eines Verrückten als einer vernünftigen Feststellung."

Hier stehen wir vor dem, was für die Vernunft das Problem aller Probleme darstellt. Sie kann nicht verstehen, was die Wirklichkeit wirklich ist und welcher Art die Erlebnisse sind in bezug auf diese Wirklichkeit. Es geht hier um Dinge der unmittelbaren Erfahrung, nicht um solche der Spekulation, und noch viel weniger um Dinge, die man durch Überlegen ergründen könnte. Hier versagt der gesunde Menschenverstand. Es gilt hier zu erfahren, um erkennen zu können. Die Erfahrung allein ist der beste Beweis. Hier gibt es keine höhere Autorität als die Erfahrung. Im Bereich der eigentlichen Wirklichkeit erkennen wir nur durch unmittelbares Erleben. Das allein ist die Grundlage wirklicher und gültiger Erkenntnis. Darum ist es auch ganz und gar nicht leicht, Ihrer Frage die richtige Antwort zuteil werden zu lassen, wie und auf welche Art alles Gott ist.

Würde der Raum in der Nase von irgendeinem Menschen seine innere Identität mit dem Raum, der ja überall ist, entdecken und sagen: "Ich bin in der Nase aller Wesen, auch in allen Sternenräumen, und das Sonnensystem befindet sich in mir", träfe dies zu. Würde jedoch die Nase es wagen, so zu sprechen, dann wäre dies ein heller Wahnsinn und eine gefährliche Unwahrheit. Genauso verhält es sich mit Feststellungen wie: "Alles ist Gott." - "Ich bin in allen Wesen, ich bin das Göttliche usw." Dieses sind nicht Erklärungen, die von einem körpergebundenen, armselig begrenzten menschlichen Wesen abgegeben werden, sondern von der unendlichen göttlichen Essenz in ihm. Obschon das Ego, das persönliche Ich des Geschöpfes, immer der Gefahr ausgesetzt ist, sich entweder bewusst oder infolge eines neurotischen Zwangs eine solche Behauptung anzumassen.

Subtiler als Raum ist Intelligenz, und diese nimmt keinen Raum ein. Sie beansprucht nicht nur keinen Raum, sondern sie bringt auch ihre eigenen Raum-Zeit-Ordnungen hervor, wie das am Phänomen der Träume ersichtlich ist.

Unbegreiflich viel subtiler als Intelligenz ist das Göttliche. Es ist darum nicht schwierig zu verstehen, dass es unseren ganzen kosmischen Raum auf eine Weise in seinem dimensionslosen unendlichen Sein erhält, als wäre er ein winzig kleines Fleckchen in irgendeiner seiner unauslotbaren Tiefen. Das Göttliche ist alldurchdringend und absolut, und in Ihm ist unsere innere göttliche Wirklichkeit überall gleichzeitig gegenwärtig, und sie selbst ist alles.

Wenn sich nun schon vom Raum in unserer Nase sagen lässt, er sei eins mit dem Raum des ganzen Universums und auch mit dem Raum in den Nasen aller anderen Geschöpfe, er sei überall und alles befinde sich in ihm, - mit wie viel mehr Recht noch können wir dies von der inneren Wirklichkeit, der unendlich subtilen Essenz der Existenz in uns sagen.

Von diesem Standpunkt aus betrachtet, mit den Augen dieser Wirklichkeit gesehen, und durch ihr Herz hindurch erlebt, ist tatsächlich alles göttlich und lässt sich wirklich behaupten: "Alles ist Gott." Vom menschlichen Standpunkt aus betrachtet, indessen ist jedes Ding vom anderen verschieden und alles durch einen Gegensatz bedingt, alles begrenzt, nichts gleicht dem anderen. Doch ist unser Sehen, obwohl es auf der gegenwärtigen Stufe der Evolution unumgänglich ist, nur bruchstückhaftes Sehen, das immer nur eine Teilansicht zeigt, und so ist unser Universum wie auch unsere Seele ein Geheimnis und unser Leben problematisch und sehr begrenzt an Erkenntnis, Perspektive, Frieden, Freude, Dauer, Kraft und Vollkommenheit.

Unsere Unfähigkeit, die unverhüllte Wirklichkeit zu sehen, ist durch schwerwiegende Begrenzungen und Mängel eingeschränkt und bedingt, unverlässlich. Wir sind auf unsere eigenen begrenzten und nur rudimentär entwickelten Sinnesfähigkeiten angewiesen. Dadurch sind alle unsere Wahrnehmungen entsprechend begrenzt.

Auch selbst die Logik, nicht nur der Wahrnehmungsbereich und die Wahrheit unserer Sinneserfahrung, ist begrenzt, und zwar so sehr, dass viele ihrer Schlussfolgerungen ausserhalb ihrer eigenen engen Grenzen zur Quelle von Irrtum werden und viele Phänomene nicht erfassen kann. Insgesamt ist unsere Vernunft bedingt in ihren Fähigkeiten, so dass, was dem einen als wahr gilt, der nächste als falsch erkennt und die Wahrheit des einen der Irrtum des anderen ist, die wissenschaftliche Wahrheit eines Newton durch Einstein eingeschränkt werden kann. Die menschliche Vernunft ist überall in Fesseln und gerät aus Notwendigkeit leicht in Widerspruch mit sich selbst, rein aufgrund der ihr innewohnenden Begrenzungen. Dennoch kann sie deshalb nicht als nutzlos abgetan werden, verfügen wir doch über kein anderes Instrument, das ihre Stelle einnehmen könnte, und so sollen wir ihre Möglichkeiten auch voll ausschöpfen und darüber hinaus durch weitere Kräfte zu ergänzen suchen, um ihr den Aufstieg ins Überrationale, Göttliche, zu erleichtern, indem wir sie läutern und zum Kanal werden lassen, durch den die unmittelbaren integralen göttlichen Wahrnehmungskräfte aus der inneren göttlichen Wirklichkeit in uns zur Funktion gelangen.

Die göttliche Wirklichkeit ist die höchste und absolute Vernunft, und nur in ihr findet unsere Vernunft ihre Erfüllung und vollste Entfaltung. Im Verlauf der menschlichen Kultur- und Geistesgeschichte erlangte mancher eine hohe Vollendung in der Vernunftkraft, und es gibt erprobte Methoden, um auf den Gipfel rationaler Wahrnehmung zu gelangen.

Um noch einmal dasselbe Beispiel zu bringen: In der Nähe des Meeres ist ein kleiner Teich. Eines Tages merkt er, wie er vom Meer überflutet wird, und er sagt sich: "Ich bin der Ozean, in mir befinden sich alle Meere, der Atlantik wie der Pazifik, alle, auch das Mittelmeer, das ganze weite Weltmeer ist in mir." Dabei handelt es sich aber, wohlgemerkt, nicht mehr um die Stimme des kleinen Teiches, sondern um die des Meeres. Der Teich hat seine Individualität verloren und die des Meeres übernommen, er spricht vom Standpunkt des Meeres, dieser unermesslich weiten individualitätslosen Individualität. Genauso verliert der Mensch sein kleines Einzeldasein und entdeckt seine eigentliche weite grenzenlose Individualität, wenn das menschliche Wesen durch das göttliche Selbst ersetzt ist. Hätte der Teich diese Feststellung getroffen, ehe er vom Meer ergriffen und in dieses aufgenommen wurde, dann müsste man ihn für verrückt erklären.

Wann aber geschieht es, dass der Ozean den kleinen Teich überschwemmt, oder die Gnade Gottes den geistig Strebenden überflutet und ihn aus Erfahrung sprechen lässt: "Alles ist Gott"? Niemand kann das beantworten und sagen, wann das geschieht. Es geschieht einfach, es ist Gnade. Wenn in einem Menschen solches zum Ereignis wird, gelangt er zur Feststellung: "Alles ist Gott!" Wenn andere seine Aussage wiederholen, ohne die Erfahrung gemacht zu haben, bringen sie sich selbst in Gefahr und führen die Menschheit in die Irre. Um so sprechen zu können, muss man vom Göttlichen überwältigt worden sein. Bis dahin kann man sich solche Aussagen als Ideal vor Augen halten und es auf edle und dynamische Weise anstreben. Tatsächlich ist ein solches Streben und eine solche Vorbereitung unerlässlich. Wenn es auch wahr ist, dass die Gnade kommt, wann sie will, so kommt sie doch niemals zu einem Menschen, der sich nicht schon innerlich darauf vorbereitet hat. So wollen wir uns nun der Frage zuwenden, wie die Entwicklungsstadien während dieses Vorbereitungsprozesses auf den Gnadenempfang aussehen.

Eine Stufenleiter der Bewusstseinsentwicklung soll das Voranschreiten des inneren Wesens in Richtung auf die Erfahrung des Höchsten, Göttlichen, wie ES ist, der einen Wirklichkeit in allen Dingen und im ganzen Universum wie auch im erlebenden Einzelnen erleichtern.

In den vorbereitenden Stadien der geistigen Entwicklung schon nimmt der geistig Strebende in allen Dingen und Wesen der Welt bewusst die Gegenwart des Göttlichen wahr, so wie ein grosser Bildhauer in einem formlosen Felsblock schon die schönste Madonna erschaut.

Auf der nächsten Entwicklungsstufe des inneren Bewusstseins dann gewahrt er die Welt der Materie im Prozess der Umwandlung in Licht und Gottbewusstsein, so wie ein Wissenschaftler in seiner Vorstellung riesige harte Eisblöcke sich in Wasser auflösen sieht, um sich dann bei weiterer Erhitzung als Wasserdampf in die Luft zu erheben.

In einem nächsten Stadium inneren geistigen Fortschritts stellt der geistig Strebende fest, dass die Dinge und Wesen in der Aussenwelt nichts sind als die vielfältigen Formen und Strukturen des einen selbstleuchtenden allschöpferischen Bewusstseins der ewigen Schönheit, so wie der Träumende sich ganz plötzlich mit einem Teil seines Wesens dessen bewusst werden kann, dass er träumt und dabei einsieht, dass all die Menschen und die wilden Tiere, alle Dinge, die er im Traum erlebt, nichts als Gebilde, Strukturen aus seinem Traumbewusstsein sind.

Auf noch höheren Stufen innerer geistiger Erleuchtung merkt der geistig Strebende, dass er so tief in der Welt der absoluten Wahrheit und des unendlichen Bewusstseins verankert ist, dass er zum materiellen Universum und zu allem, was sich darin befindet, in ähnlicher Weise sich verhält wie ein Mensch, der unberührt in die Traumerfahrung eines andern hineinschauen kann, während dieser träumt, er befände sich in einer Grossstadt und werde soeben von Räubern überfallen und ausgeplündert.

Auf einer noch höheren Stufe geistiger Entfaltung erkennt der geistig Strebende aufgrund seiner Verankerung im absoluten Wahrheitsbewusstsein, dass er nicht nur eins sein kann mit dem Herzen des schöpferischen Gottesgeistes, sondern dass er als dieses Herz auch bewusst teilnehmen kann an der Aufrechterhaltung der Schöpfung. Gleichzeitig kann er die ganze Schöpfung vor sich sehen und über einzelne Ereignisse Entscheidungen fällen. Hier gleicht er dem Menschen, der die Traumwelt im Inneren des anderen unberührt und gleichmütig betrachtet, aber zugleich auch bewusst in dessen Traumwelt eintreten und über die Ereignisse darin verfügen kann.

Die Frage, die Sie mir gestellt haben, ist eine sehr weitreichende und würde eigentlich eine fast unüberschaubar ausgedehnte Antwort erforderlich machen. Man muss durch hunderte, oder um es deutlicher zu sagen: zahllose Erfahrungen in bezug auf das Göttliche hindurchgegangen sein, bis man wirklich in der Lage ist, alles immer als Gott zu erfahren. Die Gnade des Göttlichen wählt denjenigen aus, dem diese Erfahrung zuteil wird, und führt ihn auch weiter durch verschiedene geistige Übungen und Erfahrungen hindurch. So beseelt eine Erfahrung nach der anderen das äusserlich nicht sichtbare, innere geistige Leben eines solchen Menschen. Für diesen beginnt das wahre geistige Leben erst, nachdem er jahrelang das Göttliche in allen Dingen erfahren hat. Das kosmische Bewusstsein im Sinne eines gefestigten inneren Gewahrseins in der Erfahrung des einen Göttlichen in jedem, in allem und überall, in allen Lagen, wird zur ersten Grundlage wahren inneren göttlichen Lebens. Der Betreffende lebt ständig in der Erfahrung der zeitlos-raumlosen Wirklichkeit, Gott genannt, ob er nun meditiert oder umherwandelt, arbeitet oder sonst etwas tut. Manchmal scheinen die Steine, die Bäume, die Menschen ringsumher die innere Erfahrung dieses Menschen zu verkünden, indem sie ihm zurufen: "Ich bin dieses ICH BIN. Siehe, Ich bin das Göttliche, dem du in der Meditation nachgehst, das du mit der Vernunft zu erkennen strebst, dem du dich erfahrungsmässig annäherst, das du mit deinem Herzen anbetest."

Zuweilen nimmt er mit gleicher Mühelosigkeit die Welt seiner Erfahrung als nichts anderes als das Göttliche wahr, so wie er ganz spontan weiss, dass Worte nichts anderes sind als ihr Bedeutungsinhalt. Es lässt sich nicht beschreiben, wie viele solcher Erlebnisse uns immer wieder ungesucht zuteil werden. Manchmal ist das ganze innere Wesen so völlig in das Göttliche getaucht, dass das Gewahrsein unserer selbst als Individuum aufgelöst ist, auch wenn es wieder in Erscheinung tritt, sobald man aus diesem Versunkenheitszustand auftaucht. In solchen absorbierenden Zuständen spricht unser ganzes inneres Sein: "Ich bin das Göttliche; das Göttliche ist ICH. Ich bin nicht getrennt von IHM."

Zuweilen wird auch dieses Stadium noch überschritten, und man ist selbst das bare reine Bewusstsein voller Licht, voll unendlicher Stille und unbeschreiblicher Freude. Solch ein geistiger Fortschritt, der es ermöglicht, alles als das Göttliche zu erleben, ist etwas, das der Wirklichkeit im Menschen natürlich ist und sie kennzeichnet. Wenn der Mensch dazu reif ist, dann bringt jene Wirklichkeit von innen heraus ein höheres Streben zur Geltung, entlässt Offenbarungen über ihr eigenes Sein und Wesen ins menschliche Bewusstsein hinein und überrascht den Suchenden so auf Schritt und Tritt mit immer neuen Intuitionen.

Jeder Mensch auf Erden kann die nötigen Eigenschaften entwickeln und sich auf diese Vollendung innerer Evolution hin qualifizieren. Im allgemeinen kann diese Reise mit einfachsten moralischen und geistigen Übungen begonnen werden, wobei man durch inneres Wachstum langsam die Voraussetzungen schafft für erste Lektionen in Gotterfahrung überall im täglichen Leben, wo immer man sei.

Bis dahin kann man sich die Aussage "Alles ist Gott" immer wieder als zu erstrebendes Ideal vor Augen führen, womit wir unsere Gedanken und Gefühle wie auch den ganzen Stil unseres Lebens emporheben und läutern. Es vermag von dieser Aussage auch eine ständig neue Aufforderung an uns ergehen, unsere Vernunft zu ihrer vollsten Stärke zu entfalten und uns von den schwerwiegenden Begrenzungen unserer äusseren Erkenntnis- und Wahrnehmungsinstrumente unbeirrt auf die Suche nach der verborgenen Wirklichkeit zu machen, um von Teilerkenntnissen zum Herzen des Ganzen vorzudringen, durch die Erscheinung zur Seele der Wahrheit vorzustossen und so dem inneren göttlichen Wahrheitsbewusstsein zu ermöglichen, seine ihm eigentümlichen Mittel zum unmittelbar direkten Erkennen und Erleben hervorzubringen. Selbst schon die Vorbereitungsübungen, die zu einer solchen höheren Erfahrung hinführen, schenken viel Kraft und inneren Frieden, geistige Klarheit und bringen neben dem geistigen Fortschritt auch noch gesundheitliche Vorteile mit sich.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Was ist Gnade?

Gnade ist die Macht des Göttlichen, die dir zuteil wird.

Gnade ist das Licht des Göttlichen, das du in dir selbst empfängst.

Gnade ist die Aufmerksamkeit des Göttlichen, die du suchst.

Gnade ist die Intensität, mit der du dich dem Göttlichen zuwendest.

Gnade ist die Unmittelbarkeit oder das Nahesein, mit dem das Göttliche in dein Leben tritt.

Gnade ist ein Ausdruck deiner intensiven Liebe für das Göttliche.

Gnade ist dein Offensein für das Göttliche und das Entgegenkommen des Göttlichen zu deinem Offensein.

Wenn deine Bereitschaft für das Göttliche und dein Verlangen nach Gott gross genug ist und deine Liebe für das Göttliche immer noch zunimmt, wenn du aller irdischen Vergnügungen überdrüssig bist und dich mit den Begrenzungen menschlichen Lebens nicht zufrieden gibst, sondern nichts anderes mehr begehrst als Seine Weisheit, Stärke, Vollkommenheit, Macht, dann kommt die göttliche Gnade auf dich herab und führt dich eines Tages in Sein Bewusstsein, Seine Erfahrung und Gegenwart.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Wahre Erkenntnis

Wer Gott, den Schöpfer, erkennt, wird auch alles über Seine Schöpfung wissen. Jeder Fortschritt auf den Gebieten der Biologie, der Soziologie und aller übrigen Wissenschaften wird immer wieder mit der Tatsache konfrontiert, dass ein solches Studium nicht dazu verhilft, zu den letzten Ursachen des inneren Lebens vorzudringen. Die wahren Meister und Weltüberwinder sind keine Wissenschaftler, keine Psychologen noch Okkultisten, keine Spiritisten und keine Politiker, keine Soziologen oder Pädagogen, ja nicht einmal Philosophen, sondern Menschen der Selbstverwirklichung, der Gotterfahrung.

Entscheidend ist deshalb die Erfahrung des Prinzips, das die Quelle alles dessen ist was zur Offenbarung gelangt. Entscheidend ist die Erkenntnis der überpsychologischen, überbiologischen, über-okkulten Wirklichkeit, des Selbst, das die höchste Gottheit ist. Nur durch ein solches Wissen und durch eine solche Erfahrung wird der Mensch, wie die Bibel sagt, zum Beherrscher der Welt, zum Weltüberwinder. Nur dadurch ist er unsterblich; nur durch Selbst-Verwirklichung und Gotterfahrung wird er unüberwindlich. Auch wenn grosse starke Persönlichkeiten, wie Einstein, sich unendlich um die Erkenntnis des Universums gemüht haben, so werden uns solche Erkenntnisse allein weder zur Unsterblichkeit noch zum Frieden führen. Oder wenn wir vielleicht imstande sind, Sputniks und andere derartige Schöpfungen hervorzubringen, so werden wir dadurch doch nie dazu gelangen, die Freuden des ewigen Lebens wahrhaft zu geniessen. Wir werden nie imstande sein, das Leiden, das Unglück, den Tod zu überwinden. Dies ist nur dann möglich, wenn wir zur Selbsterkenntnis, zum Selbst-Wissen, zur Gott-Erkenntnis gelangen.

Welches ist der Hintergrund, die wirkliche Kraft hinter der elektromagnetischen Energie? Es ist die Gottheit, das Selbst. Wenn Energie zu Licht reduziert und Licht in Elektrizität und Hitze umgewandelt werden kann, was ist dann das universale Prinzip, das hinter diesen Energien steht? Welches ist die dominierende höchste Macht, die alle Universen schuf? Was ist dieses wunderbare Etwas, das wir den menschlichen Geist nennen, der solch hohe Wunder vollbringt mit seinen kleinen Kräften? Was ist hinter diesem Geist? Ihn zu kennen heisst, das Selbst kennen. Wenn wir Ihn kennen, kennen wir das Leben, die Energie, einfach alles. Das ist die Energie hinter allen Energien und das Licht hinter allen Lichtern. Wenn wir die zentrale Kraft dessen besitzen, was geschaffen ist, sind wir derjenige, der alles besitzt was existiert. Deshalb hat die Bibel absolut recht mit ihrer Aussage: "Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes (d.h. der zentralen Macht), dann wird euch alles übrige hinzugegeben werden."

In jedem von uns wohnt das unzerstörbare Licht, der Ewige Zeuge. In jedem von uns ist das allsehende und aus sich selbst leuchtende Bewusstsein vorhanden. In jedem von uns ist jener Zeuge zugegen, der zeugenlose Zeuge, der alles beobachtet, aber von nichts beobachtet wird, der alles sieht und festhält. Die ganze Schöpfung ist durchlichtet vom Licht des allschöpferischen göttliche Bewusstseins.

Das Bewusstsein allein ist wirkliches und wahres Licht. Ohne diese Grundlage ist die Erschaffung physikalischen Lichts gar nicht möglich, und es besteht auch keinerlei Möglichkeit, irgend etwas zu erblicken, weder körperlich noch mental, weder geistig noch sonst irgendwelcher Art oder unter sonst einer Bedingung. Das ewige, zeitlose, unzerstörbare Licht beseelt unser äusseres und begrenztes Sein, das selbst aus Licht besteht und in diesem Licht gebildet und erhalten wird. Dieses Licht ist es, das unseren Verstand sehend macht und mit Hilfe des menschlichen Geistes auch die Augen zu sehen befähigt.

Bewusstsein ist Licht. Das Licht hat uns geschaffen, es ist in uns, um uns, über uns und überall. Das Licht des Bewusstseins ist von grundlegender Bedeutung. Sein Ursprung, das zeitlose und transzendentale Licht, ist die Urquelle und alles erhaltende Urkraft. Das unbedingte, unendliche, ewige, unzerstörbare und unveränderliche Bewusstsein ist der Ursprung allen begrenzten, bedingten, wechselhaften und individualisierten Bewusstseins, und aufgrund der inneren Logik der organischen Beziehungen zum zeitlosen Bewusstsein kann es seine Einheit und ewige Identität mit dem unbedingten Bewusstsein zurückerlangen. Ohne die alles erhaltende unendliche Existenz sind wir gar nichts. Diese alles erzeugende Bewusstseinsmacht, dieses Selbst, ist die Grundlage all unseres Erkennens und Erlebens. Es ist das göttliche Wesen in uns. Dieses Selbst muss verwirklicht, erkannt und erfahren werden.

Die höchste Erkenntnis irgendeines Dings besteht in der Erkenntnis des Selbst, das höher ist als das natürliche enge individuelle Selbst. Logischerweise sollten wir die grösste Einsicht und Verfügungsmacht über ein Ding haben, wenn es von unserer Existenz, von unserem Dasein nicht verschieden ist, und wir erfreuen uns am meisten an diesem, wenn wir selbst zu ihm werden. Dabei kann es sich bei diesem Ding um irgendeine partikuläre Einheit - ein Ding, zwei Dinge, tausend Dinge - oder um das ganze Universum selbst handeln. Die Erkenntnis eines Dings ist in Wirklichkeit nicht Erkenntnis von etwas, sondern Erkenntnis unseres eigenen erweiterten und ausgeweiteten Selbst. Erkennen ist Sein. Letztlich ist jede wahre Erkenntnis Selbsterkenntnis. Wenn wir einmal ganz tief im dynamischen Gewahrsein dieses unendlichen subjektiven Seins des Lichts und der Liebe verwurzelt sind, haben wir eine Erfahrung Gottes.

Wenn höchste Macht und höchstes Glück im höchsten Erkennen liegen und die höchste Erkenntnis die des eigenen höchsten Selbst ist, dann bedeutet das, dass wir uns durch die verschiedenen Grade oder Stufen der Erkenntnis, die scheinbar einem Ziel ausserhalb, also dem Nicht-Selbst, dienen, in Wirklichkeit auf einen Zustand hinbewegen, wo die Erkenntnis jeglichen Grad übersteigt und alle Ziele in seinem eigenen unendlichen Sein der Selbstheit umfasst. Diese Bewegung auf das höchste Selbst zu - was nur ein anderer Name für die höchste Erkenntnis ist - mag bewusst oder unbewusst sein. Doch ist sie immerhin vorhanden und ist zudem die einzige Bedeutung, der Lebenssinn unseres Lebens und ebenso der einzige Lebensinn aller Wesen im Universum. Indem wir versuchen, der Dinge habhaft zu werden, machen wir in Wirklichkeit und Wahrheit einen untauglichen Versuch, unser eigenes höheres Selbst zu erreichen. Indem wir uns der Dinge erfreuen, machen wir in Wirklichkeit den Versuch, in unserem absoluten, unabhängigen, unendlichen Selbst zu ruhen. Fehlt uns die Erkenntnis dieses grossen Geheimnisses der hier zugrundeliegenden metaphysischen und geistigen Wahrheit, dann liefert sich der Mensch einer irrationalen Gebundenheit an vergängliche und flüchtige Dinge aus, die zwar oberflächlich gesehen angenehm zu sein scheinen, sich aber als Quellen der Täuschung und Schwäche, des Unglücklichseins und der nervenzermürbenden Unruhe erweisen. Das Vorhandensein dieser Erkenntnis befreit uns von der begrenzten und darum so sorgenvollen unruhigen Einzelexistenz und lässt uns unsere Heimat im Absoluten finden.

Ohne diese Erkenntnis können wir die Fesseln nicht sprengen. Solange Objekte als Mittel zur Befriedigung des individuellen Selbstseins gebraucht werden, kann der Prozess der unendlichen Existenz mit seinen Belastungen und Spannungen zu keinem Ende kommen. Erst wenn das ganze Universum mit dem absoluten Selbst identifiziert wird, kann Erkenntnis zu einem Ziel an sich werden, kann die Dualität aufgehoben und die absolute Freiheit erreicht werden.

Deshalb liegt die endgültige Wahrheit, das höchste Wissen der Welt in den Worten: "Erkenne dich selbst."

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Karma, das Gesetz von Ursache und Wirkung

Das Gesetz von Ursache und Wirkung ist ein universales Gesetz. Es erhält die innere Harmonie und die folgerichtige Ordnung des Universums. Alle Phänomene der Natur werden durch dieses wichtige Gesetz regiert. Die Handlungen und Erfahrungen des Menschen sind genauso diesem Gesetz unterworfen wie die Ereignisse und Vorfälle im physikalischen Universum.

In aller Literatur und allen Kulturen der Welt ist das Wort "Karma" als das Gesetz von Aktion und Reaktion, Ursache und Wirkung bekannt. Das Wort ist ein Sanskritausdruck aus der Wurzel "kri", was Tun und Handlung oder Tat bedeutet. Jede physikalische oder geistige Handlung ist also "Karma" - ein weiter Begriff. Anziehung, Abstossung, Gravitation, Atmung, Bewegung, Nahrungsaufnahme, alle Handlungen des Körpers und der Psyche, das Fühlen, Denken, die Sinneswahrnehmung, alles ist da einbezogen. Karma umschliesst Ursache und Wirkung. Alle übrigen Naturgesetze sind diesem fundamentalen Gesetz unterworfen.

Die Sonne scheint, das Feuer brennt, der Fluss fliesst, der Wind weht, die Blume blüht, der Geist denkt, die Nieren verrichten ihre Arbeit im Körper, alles ist in Harmonie und strengem Gehorsam diesem grossen Gesetz von Ursache und Wirkung unterworfen. Dieses Gesetz wirkt überall, auf der physikalischen wie der geistigen Ebene. Kein Phänomen kann der Wirkung dieses umfassenden Gesetzes entgehen.

Die Saat hat ihre Ursache im Baum, und der Baum selbst wird wieder Ursache für die Saat. Die Ursache ist in der Wirkung und die Wirkung in der Ursache begründet. Das ist die universale Kette von Ursache und Wirkung, die kein Ende hat. Kein Glied in dieser Kette ist notwendig.

Die Welt dreht sich um dieses fundamentale Lebensgesetz; dieses ist unerbittlich und unabänderlich. Dieses unerbittliche Gesetz von Ursache und Wirkung wird nur im Licht der absoluten Realität überschritten, das wird im Fall eines liebenden Herzens, das des Höchsten gewahr worden ist, Gnade genannt. Wenn voll empfangen, macht die Gnade das Gesetz von Ursache und Wirkung zunichte und erlöst den Menschen zu unbedingter Freiheit, Glück, Frieden, Macht, Schönheit, Licht. Wird die Gnade in geringerem Mass empfangen, so wird der Mensch nur von den schlimmsten Wirkungen einiger Ursachen, die ihren Ursprung in seinen eigenen Gedanken, Gefühlen und Handlungen haben, befreit. Je grösser die Gnade, desto umfassender die Befreiung vom Gesetz von Ursache und Wirkung.

Kein Ereignis kann stattfinden ohne ausdrückliche bestimmte Ursache im Hintergrund. Es gibt kein blindes Schicksal oder irgendeinen Zufall. Die Ursache kann aber versteckt und unbekannt sein, wo wir nicht imstande sind, sie in einem besonderen Fall zu erkennen oder aufzuspüren.

Alle physikalischen, mechanischen, mentalen, psychischen und geistigen Kräfte in der Natur gehorchen diesem grossen, umfassenden Gesetz von Ursache und Wirkung. Gesetzgeber und Gesetz sind hier ein und dasselbe. Das Gesetz der Schwerkraft, der Zusammenziehung und Abstufung, das Gesetz von Sympathie und Antipathie, das Gesetz der Assoziation auf der mentalen Ebene, arbeiten in strikter Übereinstimmung mit diesem Gesetz von Ursache und Wirkung.

Von der Vibration eines Elektrons bis zur Entwicklung eines mächtigen Planeten ist jedes Ereignis die Ursache irgendeiner unsichtbaren Macht, die in glücklicher Eintracht und Harmonie mit dem Gesetz von Ursache und Wirkung zusammenarbeitet.

Zum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum InhaltsverzeichnisZum Inhaltsverzeichnis

 

Das Ewige

Die Suche nach dem Ewigen ist nicht ein träumerisch-fantastisch irrationales Unternehmen. Dieses Streben entspricht einer unerbittlichen organischen Forderung des göttlichen Wesens in jedem von uns. Die Vernunft in ihrer höchsten Ausprägung selbst zwingt uns dazu, und die Liebe in ihrer höchsten Hingabe verlangt danach. Der Glaube treibt dazu an, nach oben zu streben. Dieses natürliche Aufwärtsstreben der Seele ist ein zugleich natürliches wie auch überpsychologisches ästhetisches Verlangen. Eine noch weit kraftvollere und noch mehr erleuchtete Vernunft als die eines Hegel ist nötig, um das Ewige in der Schöpfung innerhalb der Welt von Zeit und Raum richtig wahrzunehmen. Es braucht eine noch höhere mystische Wahrnehmungskraft als selbst die ist, die im Herzen von Meister Eckehart wohnte, um gleichzeitig in der Welt von Raum und Zeit und im Herzen des Ewigen zu verweilen.

Das Forschen nach dem Ewigen entspringt als logische Notwendigkeit der Konstitution des Menschen, und es liegt darin ein unüberwindliches Verlangen, das so fundamental ist, dass es sich gar nicht auf die Dauer umgehen lässt. Unausweichlich sucht das Menschenherz nach der Erfahrung des Ewigen. Das Göttliche in uns verlangt danach, das Göttliche in uns und um uns überall zu erfahren. Es ist ja das göttliche Licht selbst in jedem von uns, was den Menschen sich ständig emporstreben lässt nach dem Licht der Liebe, dem Licht der Erkenntnis, dem Licht des Friedens, der Freude und Vollkommenheit.

Wie schwere Wolken sich entlasten, indem sie Regen auf die Erde niederprasseln lassen, so lässt das Zeitlose den Menschen nicht ruhen, bis er schliesslich zur Erleuchtung gelangt und durch seine menschliche Persönlichkeit hindurch die Schätze des Zeitlosen auf die der Zeit verhaftete Erde strömen lässt.

Kein Mensch gelangt je zur vollen Befriedigung und Sättigung seines Verlangens, so lange sich sein Bewusstsein nicht zum Erleben des ewigen Friedens erhebt, des ewigen Glücks in der Vollkommenheit, bis nicht das Zeitlose zum Innigsten seines Erlebens wird und die bewusste innere Erfahrung der Welt in Zeit und Raum alles mit Glorie überflutet.

Es ist für die zeitlich verstrickte Seele in ihrer ermüdenden Umwelt nur natürlich, nach dem Zeitlosen zu verlangen, so wie es für ein Kind natürlich ist, dass es verloren zwischen vielen Spielsachen schliesslich ermüdet nach der Mutter schreit. Es ist für die ins Zeitliche eingespannte Seele nur natürlich, nach der Vereinigung mit der Seele des Zeitlosen zu streben, so wie es für das in Ufer eingefasste Wasser im Fluss natürlich ist, dem grenzenlosen Meer entgegenzueilen.

Es ist der menschlichen Seele also natürlicherweise bestimmt, die Freude der Befreiung in der Erfahrung der Weite des Ewigen und Absoluten zu erlangen, so wie die Luft in einem Ballon wieder zurückkehrt in die Grenzenlosigkeit und Freiheit der Lufthülle unserer Erde.

Das Unendliche trägt das Endliche. Das Transzendente ist im Empirischen enthalten. Das Noumenal-Geistige ist Grundlage aller Erscheinungen, aller Phänomene. Das Absolute ist das geheime Herz jedes Einzelnen. Wie ein Stückchen Eis im tiefen Meer, so ist alles im Ewigen enthalten, von ihm umgeben und von ihm beseelt. Aus dem Unendlichen wird jedes Ding herausgeboren. Es hat im Unendlichen sein Dasein und kehrt einmal zu ihm zurück.

Es kann keine Erscheinung in der Zeit geben, ohne dass die Grundlage des Zeitlosen vorhanden wäre. Nichts ist auch nur denkbar und begreiflich ausserhalb des Zusammenhangs mit dem Ewigen, dem zeitlosen Sein, ausserhalb des unendlichen Bewusstseins, Gott, Wahrheit oder das Absolute genannt. In der zeitlosen Realität des letzten Seinsgrundes ist alles ins Dasein gerufen, und in allem, was Dasein hat, ist überall das eine zeitlose Bewusstsein gegenwärtig, die eine gleiche Essenz voll alles erschaffender Wunder, ohne die es keine Erfahrung, kein Phänomen, keine Manifestation irgendeiner Art geben kann.

Wäre der Mensch gänzlich unbewusst oder ganz jeden Bewusstseins beraubt, könnte er auch nicht träumen, hätte er im Traum die Stadt mit Leuten am Meer und mit Feuer speiendem Berg nicht sehen können. Das Bewusstsein stellt die Grundlage dar für alles, was der Mensch im Traumzustand erlebt. Genauso ist das zeitlose, unvergängliche, all-reine, alles erleuchtende Bewusstsein des Ewigen die Grundlage und Seele alles Erschaffenen.

Bewusstsein ist die Grundlage aller Erkenntnis, jeder Empfindung und Erfahrung. Dennoch bleibt es gänzlich unbeteiligt, unberührt und unbetroffen von allen Vorgängen in der Erkenntnis, Empfindung und Erfahrung. Bewusstsein ist die wesentliche Natur des ewigen unendlichen Seins. Deshalb findet sich das Ewige auch überall im Bereich endlichen Wissens, Empfindens und Erlebens vor. Das Zeitlose ist auch in der Zeit enthalten. So wie ein Film sich vor dem statischen Hintergrund der weissen Leinwand abspielt, so entfaltet sich das ganze Drama der Welt in Raum und Zeit auf dem unbeweglichen Hintergrund des Zeitlosen.

Im ewigen Licht wird alle Schöpfung geboren, und sie wird erhalten von demselben Licht. Das Zeitlose trägt das offenbar gewordene Universum. Wird dieses wieder aufgelöst, dann ist im Zeitlosen gar nichts geschehen. Es ist jenseits der Zeit, obschon es das Herz aller Zeit ist. Es bleibt unbetroffen von den Vorgängen in der Zeit, obwohl das Zeitgeschehen im Zeitlosen abläuft.

Das Ewige ist nicht ein Nichts. Es ist nicht Leere. Obgleich da nichts in ihm zu sein scheint, ist doch alles in ihm enthalten. Das zeitlose Nichts enthält alles in sich, was als Raum und Zeit darin ausgegossen ist. Alles entspringt dem unendlichen Nichts und kehrt in dieses unendliche Nichts zurück.

Im Augenblick, wo unser Bewusstsein zur Erfahrung des Ewigen befreit wird, im Augenblick, wo unser Herz eins wird mit dem Ewigen in aller Schöpfung, schrumpft der äussere Kosmos in seinen Proportionen und Dimensionen zusammen und zieht sich irgendwo in eine kleinwinzig-raumlose Ecke unseres unermesslichen inneren Bewusstseins zurück.

Der Mensch als Mikrokosmos wird zum Makrokosmos, und er transzendiert ihn zugleich. Er erlebt, dass alles sich in ihm befindet und er als das unendliche Bewusstsein dennoch unbeschreiblich grösser ist als alle unermesslichen Sternenräume und Weltsysteme. Der Kosmos ist für uns nichts Äusseres mehr. Er ist etwas Innerliches. Er ist nicht einmal eine dünne Schicht an der Oberfläche des weiten grenzenlosen Meeres unseres inneren ewigen Bewusstseins. Das Äussere wird zum Inneren, und das Innere umgreift und überragt und transzendiert alles Äussere. Das Königreich in uns ist grösser als das Königreich ausserhalb von uns und trägt deshalb im Überschreiten den letzten Sieg davon.

Gesegnet ist die Schöpfung, denn jedes ihrer Atome trägt die Vollkommenheit des Ewigen in sich. Die Probleme des menschlichen Bewusstseins sind nicht die Probleme Gottes. Es sind nicht die Probleme des Ewigen. Die Logik der unvergänglichen Realität ist unverständlich für die Logik der unvergänglichen menschlichen Vernunft. Das Ewige schaut auf die Welt und findet sie schön. Es weiss, dass die Universen ein Kosmos und nicht ein Chaos sind. Zerstörungen und Verwüstungen im Erleben des Menschen sind jenseits des Erfahrungsbereichs des Menschen nicht vorhanden. Im Augenblick, wo das menschliche Individuum sein Bewusstsein aus der menschlichen Begrenztheit zurückzieht und die Welt vom Standpunkt des Ewigen sieht, gewahrt es überall nur das Königreich Gottes.

Die Würde der menschlichen Vernunft liegt in ihrer Fähigkeit, die Dinge im Bereich des Zeitlosen zu erfahren. Die Grösse des menschlichen Herzens liegt in seiner Empfänglichkeit für die Gegenwart des Zeitlosen in aller Schöpfung.

So wollen wir es uns zur Gewohnheit machen, alles aus dem Blickwinkel des Ewigen und Unendlichen zu betrachten. Blicken wir doch auf das Leben und seine Ereignisse, auf Menschen und Dinge, auf Welt und Universum aus der Sicht des Zeitlosen, dann haben wir die wahrste aller Perspektiven. Alles kehrt an seinen rechten Platz zurück, wir sehen uns beschenkt mit einem seltenen Frieden, mit innerer Kraft und Freude. Ruhe und Furchtlosigkeit, Harmonie und Reinheit sind dann beständige Züge unseres Wesens.

Ist unser inneres Bewusstsein erst einmal vom Körperbewusstsein, vom Bewusstsein von Raum und Zeit und Welt befreit und frei für die Erfahrung des Unendlichen im Endlichen, des Absoluten im Individuellen, des Transzendentalen im Empirischen, des Göttlichen im Menschlichen, also zur Gotterfahrung gelangt, Gottes sowohl im Menschen als auch in allem Stofflichen, in der Wahrheit und im Geist und im Leben, dann erblicken wir überall ein grenzenloses schöpferisches Licht, das von Uranfang war und jetzt ist und immer sein und bleiben wird.

Das Nichtgeoffenbarte ist das Ewige, es ist nicht manifest, doch ermöglicht es alle Manifestionen innerhalb Seiner Selbst. Es ist ohne Anfang und Ende. Das Himmelreich in uns ist ungeboren, nicht manifest, unzerstörbar, grenzenlos, absolut. Alles befindet sich in ihm.

Das Ewige ist das Alles. Dieses Göttliche wollen wir kennenlernen. Dieses Unendliche wollen wir berühren, sei es durch unsere erwachte Intelligenz, sei es durch das Leuchten unseres verwandelten inneren Bewusstseins und Wesens. Wir wollen die höheren Fähigkeiten des Überbewusstseins in uns entfalten. Die Liebe unseres Herzens soll universal werden, den ganzen Kosmos umspannen und uns in die Lage versetzen, auf das, was ewig und transzendent ist, auch im Universum zu reagieren.

Das Ewige ist transzendent, während es zugleich allem Offenbargewordenen innewohnt. Wenn wir das Ewige berühren, werden wir furchtlos. Der Tod verliert an Bedeutung. Begrenzungen hören auf zu sein. Unser Friede besteht weiter, auch unter schwersten Prüfungen. Unser Glück bleibt unter allen Bedingungen und Umständen weiter erhalten. Gott fängt an, durch uns zu sprechen und durch uns zu leben. Er bereichert die Welt durch unser Wesen voller Liebe und Licht.

Wir sind aus dem Ewigen geboren. Wir sind aus den Urstoffen des Ewigen gebildet, deshalb wollen wir uns nicht weiterhin von den menschlichen Bedingungen hypnotisieren lassen. Wir wollen uns von den Ereignissen und Erfahrungen des Alltags nicht beherrschen und versklaven lassen. Mögen die höheren und noch höheren Fähigkeiten und Kräfte der Wahrnehmung in unserer bewussten Intelligenz erwachen und aus dem Urgrund des Ewigen in unserem inneren Wesen hervorbrechen. Keine lebende, aus Materie gebildete Form, sondern nur der lebendige Geist, der sich durch Weisheit und Kraft kundtut, jene hohe Gegenwart, die uns mit Bewusstsein und Seligkeit durchströmt, bildet den Abschluss im Epos der sich emporentwickelnden Schöpfung.

Swami Omkarananda

 

  Home German PublicationsEnglish Publications WürdigungGedanken zum TagDivine Light Magazin Freie Online Bücher Bildergalerie Audio VideoLinks  

 

World Wide Web (WWW) Auflage: 1999