Gespräche und Reden

 

 

Inhaltsverzeichtnis

 

Vorwort von Dr. phil. H.-R. Eckert

Einleitung von Dr. med. C.-E. Wetter

1. Friede

2. Freude

3. Kennzeichen des wachsenden Lebens

4. Die Quelle der Kraft

5. Das Menschliche Leben

6. Das Glück ist innen

 

 Vorwort

Verschmelzung von Transzendenz und Materie im Denken Swami Omkaranandas.

Friede, Freude und Kraft gehören zu jenem Bereich des Wesens im Menschen, der jenseits des Psychologischen ist, der sich vom Materiellen unterscheidet, der oberhalb von diesem liegt und dennoch als erhaltende Substanz in ihm zugegen ist. Deshalb kann er allein die Materie in allen ihren Daseinsformen, Bedürfnissen und Bestrebungen erhalten, sie erfüllen, durchdringen und dennoch transzendieren. Jeder Versuch, Friede, Freude und Kraft nur aus dem äusseren Bereich des Lebens und dessen Möglichkeiten zu gewinnen, muss von Grund auf fehlgehen, weil er seinem ureigensten Bestreben zuwiderläuft und es zunichte macht. Es ist dagegen der natürliche und beste Weg, sie aus ihrem Ursprung im innersten Prinzip zu schöpfen und das äussere Leben damit zu überfluten.

Da jenes Prinzip der Atem unseres Atems, die Intelligenz unserer Intelligenz und die bleibende Wirklichkeit hinter allem Vergänglichen ist, können wir zu allen Zeiten, an jedem Ort, in jeder Lage, und unabhängig von allen Bedingungen mit ihm in Beziehung treten. Und mehr noch: Friede, Freude und Kraft haben ihre absolute Quelle in der immateriellen Dimension der Materie, in dem transpsychologischen Prinzip im psychologischen Sein. Sie sind weder Begrenzungen noch Veränderungen unterworfen, wie jener Friede, jene Freude oder jene Kraft, die durch rein materielle und psychologische Mittel oder auf menschliche Weise erlangt werden, während alles nur Materielle, Physische und Psychologische seinem Wesen nach unwiderruflich begrenzt und vergänglich ist. Dieses wurde mir nicht nur durch das Leben im engen Kreise um Swami Omkarananda erkennbar, sondern auch durch ein tiefgreifendes Studium seiner Literatur in Deutsch wie in Englisch, besonders aber durch die erste Auflage dieses Buches.

Lassen Sie mich hier einige erhellende Worte aus Swami Omkaranandas Erfahrung einfügen: "Die Schönheit und der Wert des Materiellen beruhen darauf, wie weit sie von den Eigenschaften der Transzendenz durchdrungen sind. Ein Leben ohne Liebe - die ein transzendenter Faktor ist - verliert allen Duft und Anreiz. Ein Denken, dem das Licht der immateriellen metaphysischen Intelligenz fehlt, ist ohne Wert und kann niemals schöpferisch sein. Und wiederum: die Liebe welkt, wo sie nicht die Fähigkeit entwickelt, in wachsendem Masse ihre organischen, inneren Beziehungen mit den unerschöpflichen Quellen der Liebe im transzendenten Absoluten zu offenbaren. Die Intelligenz verflüchtigt sich und erleidet schwerste Einbussen, sofern sie nicht ihre konstitutionellen Beziehungen mit dem transzendenten absoluten Erkennen bewusst entdeckt hat. Das Leben wird, wenn der Körper vergeht, nicht bewusst unsterblich, um wissend in das ewige Leben einzumünden, wenn es nicht zur Erfahrung der transzendenten, ewigen, unsterblichen Liebe gelangt und ihre ursprunghafte Beziehung und Einheit mit ihr auszudrücken in der Lage ist. Kein wahrer Friede, keine wahre Freude und wahre Stärke sind möglich, ohne dass das materielle Leben sich der über alle Werte erhabenen Transzendenz bewusst und zum Mittel der Offenbarung seiner höchst ausdrucksvollen Eigenschaften wird. Dies ist dann das Königreich des Himmels in unserer Mitte, unter uns und in uns. Ganz gleich, wie machtvoll, freudvoll und gedeihlich im Materiellen ein Leben sein mag - wenn es nicht diese Herrlichkeiten aus dem Himmel der Transzendenz, die allem Leben innewohnt, erkennbar werden lässt, fehlt ihm das Kostbarste, das es bleibend werden lässt."

Das Transzendente behält seinen transzendenten Charakter, während ein Teil seines Wesens mit dem Substanzhaften im Denken Swami Omkaranandas verschmilzt. In diesem Zusammenhang mögen noch einmal seine eigenen Worte wiedergegeben werden: "Dies ist die Logik des Unendlichen, das absoluter Friede, absolute Freude und absolute Kraft ist. Das Transzendente allein kann die Materie aus ihren Begrenzungen befreien, sie beseelen und ihr Unsterblichkeit verleihen. Nichts gibt dem Leben eine grössere Bedeutung, nichts ist dringlicher und begehrenswerter. Dies ist wahre Erkenntnis, wahre Bildung, Kultur, Kunst, Wissenschaft und Religion, wahres Leben und ewig neue Erfüllung.

Eine solche Logik des Unendlichen mag den Intellekt verwirren - für eine höhere Fassungskraft wird sie sehr leicht verständlich. Nehmen wir als Beispiel einen grossen Architekten, der in seinem Geist die gesamte Struktur einer prächtigen Kathedrale einschliesslich der darin betenden Menschen vor sich sieht. Dieses Bauwerk nun ist aus seiner Vorstellungskraft geformt und von ihr beseelt, also aus geistiger Substanz hervorgegangen. Während ein Teil seiner Intelligenz noch verbessert und, wo es nötig ist, verschönt, beobachtet ein weiterer Anteil dieser Geisteskraft das Ganze - und es ist immer noch eine weitere Dimension in dieser Intelligenz, die beide transzendiert. Sie beobachtet jenen Teil der Intelligenz, die ihrerseits die Kathedrale sieht, die ihr entsprungen ist und in ihr besteht. Die Transzendenz erschafft, erhält, verwandelt und erfüllt so das Materielle und weilt doch gleichzeitig jenseits von ihm. Sollten nun jene, die in dieser Kathedrale Gott loben und preisen, aufgrund irgend einer verkehrten Neigung ihre private Individualität behaupten wollen, und sich funktional der Intelligenz des Architekten als etwas Transzendentem, Unerfasslichem entziehen - wie dies bei der heutigen Menschheit in Anbetracht der letzten Wahrheit der Fall ist - gingen sie der sie erhaltenden und schöpferischen Essenz verlustig und welkten in Unwissenheit und Unglück, Irrtum und Tod dahin.

Sollten andererseits die betenden Menschen in jener Kathedrale, die der Vorstellungskraft des Architekten entsprangen, versuchen, sich der Intelligenz des Architekten zu nähern, um in gewisser Weise eine Einheit mit ihr herzustellen, dann dürften sie des ständigen Verwurzeltseins in der erhaltenden Kraft der endlosen Möglichkeiten jener Intelligenz gewiss sein. All ihre Möglichkeiten, Kräfte, Vollkommenheiten, ihre ganze Genialität und schöpferische Freude, die Schönheit der Konstruktion, das freudvolle Entzücken des Beschauers würden ihnen zuteil, und ihr Leben wäre ein beständig neues Abenteuer, ein Gesang des Friedens, der Freude und der Kraft. Das Gleiche erfahren jene, die in ihrem Alltag ganz bewusst Beziehungen zu der schöpferischen und alles besiegenden Wahrheit pflegen. Diese ist die Grundlage allen Seins, ist ihr eigenes Selbstsein und das Selbstsein all dessen, was je Dasein und Wesen hat, das oberste Subjekt in allem, das dennoch immerzu in höchstem Masse alle Dinge transzendiert."

Swami Omkarananda ist ein Weiser, dem schon im Alter von dreizehn Jahren ausserordentliche Erfahrungen der einen universalen Wahrheit zuteil wurden. Diese ist nicht nur die Quelle von Frieden, Freude und Kraft, sondern auch von Leben, Liebe, Licht und Schönheit im absoluten Sinne. Mit achtzehn Jahren hat Swami Omkarananda sein Leben als geweihter Mönch in den Himalayas ganz in den Dienst der Erforschung und Erfahrung jener einen grossen Wahrheit gestellt.

Worin besteht nun die Erfahrung der Wahrheit? Lassen wir Swami Omkarananda selbst zu uns sprechen: "Voraussetzung dafür ist, dass wir mit unserem ganzen inneren Sein und Wesen an der Natur der Wahrheit, an ihrer Zeitlosigkeit, Raumlosigkeit, Formlosigkeit, Namenlosigkeit, Unermesslichkeit und Transzendenz und all ihren unzähligen Eigenschaften und Möglichkeiten bewusst Anteil haben. Die Wahrheitserfahrung erwächst daraus, dass man weiss, wer der Erkennende ist, indem man selbst dieser Erkennende ist; man versteht den Verstehenden, indem man selbst dieser Verstehende ist; man sieht den Sehenden, indem man selbst der Sehende ist. Das klingt für den Intellekt widersinnig, doch handelt es sich um eine Erfahrungstatsache. Die Erfahrung übersteigt die Vernunft und erfüllt, vollendet und transzendiert sie. Ganz gleich, wie lange man in einer solchen Erfahrung verweilt, die Erfahrung ist bedeutend. Kehrt man aus ihr zur täglichen Erfahrung der Arbeit und des Lebens, zu den Erinnerungen und Beziehungen im menschlichen Bereich zurück, dann weilt jene Wahrheitserfahrung immerzu im Hintergrund, lenkt das Walten der Intelligenz, regiert unser Wollen und Wirken wie auch die Regungen unseres Herzens, indem sie die Führung in den Beziehungen zu anderen und zur Umwelt übernimmt und uns Ziele vor Augen hält, die zu verwirklichen sind, und überall auch im äusseren Leben jenen sichtbar wird, die selbst in ihrem Wesen geistig sind und sich durch klares Denken, geschärfte Unterscheidungskraft und hohes Streben auszeichnen.

Die Wahrheitserfahrung offenbart erst ganz, dass Wahrheit Gott ist, dass Gott Geist ist, und dass Geist Liebe ist. Licht und Leben sind die Substanz der Liebe selbst. Wo Wahrheit oder Gott, wo Geist oder Liebe ist, da sind auch Friede, Freude, Kraft, Schönheit und Vollkommenheit. Die Wahrheit oder das Göttliche ist das Selbst in allem, was Dasein hat, der letzte Urgrund allen Seins, das absolute Zentrum, das zugleich in allen Herzen und überall als der Zeuge und Seher zugegen ist, den keiner sehen kann, und der dennoch jeden befähigt, alles zu sehen ausser Ihn selbst. Denn jene, die Er zu sehen befähigt, sind nach Seinem eigenen Sein und Wesen gebildet, sie sind Er selbst. Um Ihn zu sehen, müssen sie in ihrem ganzen inneren Wesen Er selbst sein. Um Ihn zu sehen, müssen sie ihr eigenes Selbst, ihre eigene innere Wahrheit sehen, und dies ist nicht möglich, solange sie sich nicht selbst als jenes Selbst, als jene Wahrheit erfahren. Gott oder die Wahrheit oder das Selbst kann nicht mit leiblichen Augen gesehen werden, wie wir etwa ein Flugzeug, ein Segelboot, ein Rennpferd oder eine Tasse Tee in unserer Hand sehen. Obschon allgegenwärtig, ist das Göttliche oder das Selbst, ist die Wahrheit nichts Äusseres und nichts Objektives an sich, in jedem und für jedes Ding ist es das unbegrenzbare, unendliche, absolute, ewige Zentrum, das Subjekt, die Fülle, von allem unabhängig, doch alles erfüllend. Nichts ist ihm äusserlich; auch für uns ist es nicht etwas Äusseres und kann daher weder körperlich noch mit dem menschlichen Verstand wahrgenommen oder äusserlich erlangt werden. Was äusserlich wahrgenommen oder erworben werden kann, ist ein Ding unter anderen Dingen. Gott jedoch ist kein solches Ding unter anderen und darum auch nicht wie die Dinge dem Wechsel und Vergehen unterworfen. Da die Wahrheit oder Gott oder die Liebe oder das Licht nichts Objektives und auch nichts Äusseres ist, sind Seine sich selbst offenbarenden Werte, Sein grundlegendes Wesen oder Frieden, Freude, Kraft, Schönheit und Vollkommenheit auch nicht Gegenstände unter anderen, nichts Äusseres und darum auch nicht von aussen her erreichbar. Sie können niemals durch irgendwelche äusseren Dinge oder Menschen gefunden werden, auch wenn diese als Spiegel dienen mögen, um unsere Aufmerksamkeit auf die Wahrheit, das Selbst, den Geist, das Göttliche in uns zu lenken und uns zur Erfahrung jenes Friedens, jener Freude und jener Kraft gelangen zu lassen, die Gott oder die Wahrheit in sich trägt. Frieden, Freude und Kraft allein im äusseren Bereich zu suchen, wird ganz vergeblich sein und uns Illusionen nachjagen lassen. Kein Mensch der wahren Erkenntnis aber läuft Illusionen nach oder lässt sich von einem Irrlicht verführen.

Die Wahrheit oder Gott, Geist, Friede, Freude, Kraft oder Vollkommenheit sind alle weder gegenständlicher Natur noch sind sie äusserlich, obwohl sie in gewissen Zuständen ihrer Erscheinungsweise auch in äusseren Gegenständen zum Ausdruck kommen und ihre Offenbarungsformen äussere Dinge sind. Liebe ist subjektiv, unsichtbar und nicht äusserlich; doch die Art und Weise, wie sie sich in den von ihr verliehenen Gaben offenbart, ist äusserer Natur und sichtbar. Das Unsichtbare ist die Quelle des Sichtbaren, des Äusseren, des Objektiven. Unter allen Menschen auf Erden, seien sie gross oder klein, findet nur jener, dessen inneres Wesen eins mit der Wahrheit oder Gott ist, sein Leben bereichert und durch den unerschöpflichen Gehalt dieser Wahrheit genährt."

Doch dieser Bereich der Wahrheitserfahrung bildet nur einen der Bereiche der geistigen Erfahrung Swami Omkaranandas. Wahrheit ist nicht nur das unpersönliche Absolute, das Sein mit den unermesslichen Attributen des Friedens, der Freude, der Kraft und der Schönheit, sondern ist auch der persönliche Gott, mit dem der Swami im täglichen Leben dynamische und innige persönliche Beziehungen pflegt. Die Wahrheit umfasst in sich die unpersönlichen und persönlichen Aspekte des Göttlichen und transzendiert beide. Diese Tatsachen und die grossartige Befähigung, die eigene Erfahrung zu analysieren und zu beschreiben, wo immer es das Bedürfnis einer sich entwickelnden Menschheit erfordert, sowie aus den Tiefen seines unerschöpflichen geistigen Wissens heraus die Fragen eines jeden Wahrheitssuchers zu beantworten, welcher Kultur, Religion, Nation und Entwicklungsstufe er auch angehört, das lässt Swami Omkarananda zu einer der grössten geistigen Autoritäten unserer Zeit werden. Neben anderem sind es seine meisterhafte Beherrschung zahlreicher Methoden zur Gott- und Wahrheitserfahrung, seine wissenschaftliche Veranlagung, seine philosophische und logische Diszipliniertheit, seine weitgehende Kenntnis westlicher wie östlicher Kultur, sein Vertrautsein mit fast allen Wissensgebieten, die ihn zum genialen geistigen Freund und Lehrer der Menschheit qualifizieren und zur Entfaltung eines umfangreichen Dienens in kürzester Frist befähigen. Doch über allem wird in seinem Leben und Wirken sichtbar, dass er von der Wahrheit, die er in sich trägt, sanktioniert und beglaubigt ist.

Dies hier ist nur eine kleine Auswahl aus dem Werk eines Weisen, der schon in seinen Zwanziger Jahren von bedeutenden Gelehrten des Ostens wie des Westens als die grösste aller lebenden geistigen Persönlichkeiten der Welt bezeichnet wurde. Wenige Leser dürften sich dem erhebenden und vergeistigenden, überaus anregenden Einfluss dieses Buches entziehen können, das dem Suchenden Hilfe sein möchte auf dem Weg von Ruhelosigkeit zu Frieden, von Schwäche zu Stärke und von der Last und Bürde des Alltags zu immerwährender Freude.

Wenige Bücher dürften heute auf dem Buchmarkt oder in den Bibliotheken der ganzen Welt zu finden sein, die dieses Thema in einer vergleichbaren Weise behandeln und in denen die Worte Friede, Freude und Kraft einen ähnlich tiefen Gehalt offenbaren, um dem täglichen Leben erhebende Kraft und Fülle zu verleihen. Friede, Freude und Kraft werden hier zu ihrem letzten Urgrund zurückverfolgt. Sie werden im ganzen Reichtum ihrer Bedeutung offenbar gemacht, der ihnen innewohnenden Fülle und lebendigen Schönheit, die sie jenem als Grundlage ihres täglichen Erlebens enthüllen, der sie am rechten Ort sucht, und durch jene Methoden, die dieses Buch ihm zu diesem Zwecke darbietet.

Dr. phil. H.-R. Eckert

 

 

 Einleitung

 Wie überall die Erfahrung des Alltags tragischerweise zeigt, sind die Freuden des Lebens flüchtig und ziehen oftmals unerwünschte Folgen nach sich. Die bleibende und immer neu aus sich selbst hervorquellende Freude erlangen wir aus den Dimensionen höchsten Bewusstseins, die innerhalb der Reichweite unserer Erfahrung - hinter der psychologischen Persönlichkeit und oberhalb des unbewussten Bereichs - liegen. Solche Freude ist die tiefste und zugleich wahrste, denn sie ist das eigentliche Wesen unseres Seins und darum allein fähig, die Freuden des Lebens von ihrer Vergänglichkeit und ihren unheilvollen Nachwirkungen zu befreien und sie zu einem Teil der bleibenden, unbegrenzbaren Freude zu machen. Auch die durchdringendste Freude, der wir im Alltag der Sinneserfahrung begegnen, hat nur die allerleiseste und flüchtigste Berührung mit dieser unbegrenzbaren Freude in unserer inneren Existenz. Die Freude ist indessen nur eines der Attribute jener Existenz, jenes eigentlichen Seins oder jener göttlichen Wirklichkeit. "Friede, Kraft, Schönheit und Vollkommenheit sind die übrigen", sagt Swami Omkarananda.

Die Frage ist nun: Lässt sich diese Freude hier im irdischen Dasein verwirklichen? Die Antwort liegt im Autor selbst. Sein Dasein legt beredtes Zeugnis davon ab, dass sie auf Erden erfahrbar ist und dass es sich lohnt, diesen Höhenweg zu gehen. Dieser führt in Regionen, in denen die Seele befreit aufatmet, in denen die Erkenntnis aufleuchtet und das Bewusstsein aus dem innersten Quellgrund heraus wahren Frieden, Kraft und Freude schenkt.

Erhobenen Geistes zu sein, bedeutet Freude. Diese bedarf keines lauten Ausdrucks; sie kann umso intensiver schwingen, je leiser sie ist. Mit der Höherentwicklung des Bewusstseins verstärkt sich die Verbindung mit dieser Quelle. Die Belohnung für die geistige Bemühung ist unermesslich, denn der Sonnenschein der Gottesfreude wird uns allein durch die Wolken menschlicher Kleinheit und Enge, durch menschlichen Irrtum abgeblendet. Die Freude ist ein wesenseigenes Merkmal des Göttlichen - allerdings ein so tiefverborgener Aspekt, dass er unserer Zeit fast gänzlich zu entgehen scheint. Das Wesentliche aber ist: diese Freude welkt nicht, verblasst nicht, vergeht nicht. Die Stärke, die wir aus ihr gewinnen, ist auf unerschütterlichen Grund gebaut. Sie kennt kein Altern. Dies ist nicht der Weg der Masse, jedoch begehbar.

Dass diese Freude, dieser Friede und diese Kraft aufgrund ihrer innigen Verwurzelung und organischen Beziehung im Menschen jedem offenstehen, ist so eindeutig klar, dass der Verfasser in einer seiner Reden sagen kann: "Die Tatsache, dass mein Friede unzerstörbar ist und auch unter schlimmsten Bedingungen standhält, dass meine Freude aus sich selbst hervorquillt, von allem Äusseren unabhängig in sich selbst gegründet, und dass meine Kraft einzig und allein aus meinem beständigen Gewahrsein der allmächtigen Gottheit abgeleitet ist, gehört zu den normalen Kennzeichen meiner täglichen Erfahrung, kann aber genau so auch zu Deiner Erfahrung werden, da Du ebenso wie ich ein Selbstausdruck der Wahrheit bist. Aus dieser Wahrheit und in dieser Wahrheit lebst Du." Worte können trügen, nicht aber das tägliche Leben und Sein eines Menschen, das einer ganzen Anzahl von Schülern aus nächster Nähe des Alltags bekannt ist und uns darum die Wahrheit dieser Worte verbürgt.

Auf dem Wege über die Vernunft und tiefere Erfahrung der sich selbst erhellenden Erkenntnis und durch die Logik wachsender Bewusstwerdung, über die Schwingung hingebender Liebe und durch ein Leben, das aus der Kraft und Grösse umwandelnder Ideale und Werte gelebt wird, ergeht an uns die Einladung, in all unserem Tun und Erleben - unter allen Umständen - an diesem bleibenden Frieden, dieser stillen inneren Freude und dieser nie versagenden Kraft teilzuhaben. 

Ostern 1971 Dr. med. C.-E. Wetter 

 

1. FRIEDE

Ebenen des Bewusstseins
Mache die Stille, den Frieden, die Freude und Kraft des Tiefschlafzustandes zur dauerhaften Bedingung Deines wachbewussten Tuns und Erlebens im Alltag.

So, wie sich das Eis in den Wasserzustand zurückverwandelt, kann auch das Bewusstsein des Menschen in den ihm natürlichen und eigentlichen Zustand des Unbedingten und der göttlichen Wirklichkeit des unermesslichen Friedens, des Glückes, der Erkenntnis, der Kraft und des Gesegnetseins eingehen.

Aus dem Wachzustand, der durch Mühen und Nöte, durch Probleme und Prüfungen, Pflichten und Anforderungen gekennzeichnet ist, tritt der Mensch in den Tiefschlafzustand ein, der voll Stille, voll Frieden, voll Glück und Stärke ist. Nehmen wir ein Beispiel: Thomas ist ruhelos und in viele Schwierigkeiten verstrickt. Nun hat er Fieber, und seine Sorgen bringen ihn fast um. Er versinkt in tiefen Schlaf. Jetzt ist seine Ruhelosigkeit verschwunden. Auch das Fieber wird nicht mehr empfunden, und seine Sorgenlast hat er zurückgelassen. Sein Bewusstsein ist in die ihm wesenhaft eigene, unbegrenzbare Existenz eingegangen, und infolgedessen lebt er, obschon er sich dessen nicht bewusst ist, in tiefer Stille, im Frieden, im Glück und in der Kraft.

Wie jeder andere, so trägt auch Thomas in sich selbst das eine Sein. die eine Existenz. die fundamentale und höchste Wirklichkeit, in die er im Tiefschlaf eingeht, um so zeitweilig von allen Problemen und Kümmernissen frei zu werden - wenn auch nur so lange, als der tiefe Schlafzustand andauert. Doch während dieser Zeit findet er Befreiung von seinem Unglücklichsein, von dem Erleben des Fiebers, von seinen niederdrückenden Sorgen - nicht indem er in einen Himmel über den Wolken entflieht,noch indem er seinen physischen Körper ablegt, wie im Tode, sondern während er lebt, in einem besonderen Zustand seines Bewusstseins, dem Tiefschlaf.

In diesem Tiefschlafzustand hat Thomas nicht nur seine Sorgen und Kümmernisse vergessen, sondern er ist auch den Dimensionen von Raum und Zeit entflohen. Er weiss weder, welche Stunde des Tages es ist, noch sind ihm räumliche Verhältnisse bewusst, während all die anderen, die sich um Thomas her aufhalten, manchmal friedlich und manchmal ruhelos sind. Sie sind sich der dahinfliessenden Zeit, der wechselnden Umstände und ihrer Probleme bewusst. Ruhelos und unbefriedigt laufen sie Freuden nach, die ihnen wieder entfliehen, und wenn sie dauerhaft sind, dann nur mit negativen Auswirkungen. Von diesem Wechselspiel der Erfahrungen ist Thomas nun befreit. Wodurch? Durch sein Versinken in den Zustand tiefen Schlafes - durch seine Berührung mit jener unbegrenzbaren Existenz, durch die sein Bewusstsein in den ihm eigenen und wesentlichen Zustand der Stille, des Friedens, der Freude und Kraft im grenzenlosunermesslichen Sein des inneren Wesens einkehrte.

Ein grober, vorschneller Verstand mag diesen Tiefschlafzustand mit dem Zustand des Todes vergleichen. Ein solcher Vergleich ist insofern unberechtigt, als Thomas auch im tiefsten Schlafe lebt und atmet und sich, obschon ohne sein Gewahrsein, in tiefer Stille, in Frieden, in Freude am Ursprung der Kraft aufhält. Er befindet sich nur in einer anderen Dimension des Seins, die dem Menschen gemässer ist als die Dimension des Wachbewusstseins, welche durch Begrenzungen aller Art gekennzeichnet ist.

Das Problem aller Probleme oder der ganze Sinn und Zweck des Lebens ist, diese Stille, diesen Frieden, dieses Glück und diese Stärke, die im tiefen Schlaf unbewusst erlebt werden, unter allen Verhältnissen im wachbewussten Erleben andauern zu lassen. Selbst dann noch, wenn Du den grössten Anforderungen und Prüfungen ausgesetzt bist, wirst Du damit zum Meister über das Leben und seine Umstände, bleibst immer frisch, immer friedlich, freudig und dynamisch, bist niemals müde, gepeinigt oder verzweifelt, selbst wenn Dir die Last der ganzen Menschheit mit all ihren Kümmernissen überantwortet wäre. Dann nur erreicht Deine überlegende, forschende Vernunft und Unterscheidungskraft ihre höchste Vollendung, so dass Du, als ein wahrhafter Philosoph und Weiser, als eine erleuchtete Persönlichkeit von hohem Wert für die Menschheit betrachtet werden kannst. Das ist das höchste Ziel der Kunst und Wissenschaft des Lebens auf Erden. Das ganze Leben soll eine Freude sein; es wurde uns nicht zuteil, um neben ein wenig Vergnügen viel Kummer zu haben.

Jeder auf der Welt, ob gross oder klein, ob Mann oder Frau, ob reich oder arm, ob jung oder alt, ob mehr oder weniger begabt, trägt in sich den Spender höchsten Friedens, der Freude und Kraft. Jeder unter der Sonne Geborene ist Träger dieses Hintergrunds, dieses alles erhaltenden, inneren Seins, der unendlichen Stille, des Friedens, der Freude, der Schönheit und Vollkommenheit. Das Mass unseres Friedens, unserer Freude und unserer Kraft im täglichen Leben beruht auf dem Ausmass, in dem wir bewusste Beziehungen zu diesem grenzenlosen inneren Sein aufgenommen haben. Innige Berührung mit diesem Sein im Inneren im tiefen Schlafzustand - auch wenn er noch so unbewusst ist - bedeutet tiefen Frieden und tiefes Glück, während uns ein flacher Schlaf nur oberflächliche Ruhe und Stärke vermittelt. Ein inniger und bewusster Kontakt mit dem inneren Sein im Meditations oder Erleuchtungszustand, in erhabenen Zuständen erhöhter Erkenntnis oder grossen liebenden Verstehens, bedeutet bewusste Erfahrung von Frieden, Freude und Kraft inmitten des Alltags mit seinen vielfältigen Anforderungen. Dieses innere Sein voll grenzenlosen Friedens, voll Freude, Bewusstsein, Schönheit und Vollkommenheit bezeichnet der Heilige als Gott, der Weise als Wahrheit, der Philosoph als das Absolute, der Künstler als Schönheit, der grosse Wissenschaftler als die höchste Intelligenz, der Gläubige als den himmlischen Vater, als Reich Gottes oder als Christus in uns.

Keinem Menschen, wer immer er sein mag, ist vom höchsten Sein dieser innere Friede, dieses Glück und diese Kraft versagt. Jeder kann überall, zu jeder Zeit und in jeder Lage zur Erfahrung des grossen Friedens, der Freude und Stärke, die aus diesem Sein hervorgehen und die im Zustand tiefen Schlafes unbewusst sind, gelangen. Sie ist auch während der Arbeit im bewussten Verstehen und Erleben berührbar.

Eine Mutter, die gerade ihre einzige Tochter verloren hat, versinkt in tiefen Schlaf und wird so von ihrem unerträglichen Leid befreit. Ein bekannter Leiter einer der grössten Industrieunternehmen der Welt wird von fast nicht zu bewältigenden geschäftlichen Anforderungen bedrängt; auch er geht in eine Dimension unbewussten Friedens, der Freude und Kraft ein, sobald er in Tiefschlaf versinkt. Ein Mensch höchsten geistigen Verständnisses und grosser Weisheit, Liebe und Erleuchtung dagegen, wird auch angesichts ganz besonders tragischer Umstände, auch unter Prüfungen, die jeden anderen an Geist und Seele vollkommen zerrütten würden, durch seinen bewussten inneren Kontakt mit dem Sein allen Seins in ihm in unbeschreiblichem Frieden, voll innerer Freude und Kraft bleiben.

Jeder Mensch birgt in sich einen Ort der Befreiung, in den kein Kummer einzudringen vermag. Dieser ist das Zentrum, das jedem Freiheit von aller Begrenzung gewährt. Wo gäbe es ein atmendes Wesen, das nicht diesen höchsten Befreier in sich trüge, der zum grenzenlosen Frieden, zur Freude, zur Freiheit, zur Kraft und Vollkommenheit führt? Wer könnte auch nur atmen oder leben, wenn dieses höchste Zentrum der Freude nicht in ihm wäre? Können wir leben ohne das, was Existenz, Wahrheit, Gott, Urquell der Freude, des Friedens, der Erkenntnis und Freiheit, allen Lichtes und Gesegnetseins genannt wird? Dies sollten wir erkennen und verstehen lernen; dieser Kontakt sollte bewusst hergestellt werden - nicht nur allein durch den tiefen Schlaf.

Die völlige Befreiung von allen Schmerzen, Kümmernissen, Sorgen, Problemen und Begrenzungen, die uns im tiefen Schlaf zuteil wird, ist jedoch nicht begehrenswert, obschon zeitweilig willkommen; denn der Schlafzustand ist durch Unbewusstsein gekennzeichnet, und ein Mensch, der reich oder glücklich ist, ohne es zu wissen, ist nicht wirklich reich oder glücklich, da er ja nicht weiss, was er ist oder was er erlebt. Unwissenheit ist Tod; Erkenntnis ist Leben. Abgesehen von diesem wesentlichen Mangel, der in der Unbewusstheit liegt, ist der Schlafzustand vergänglich, er hält nicht an und nimmt ein Ende. Schwerwiegender jedoch ist, dass Friede, Glück und Stärke, die der Tiefschlafzustand mit sich bringt, nur Aufschub, jedoch keine echte Lösung unserer Sorgen und Probleme bedeutet. Sobald wir erwachen, bedrängen uns alle Kümmernisse und Fragen von neuem.

Nicht der Schlaf, nicht irgend ein unbewusster Zustand, weder irgend eine Art der Sucht und Betäubung noch der Tod, sondern tiefstes Verstehen, Erkenntnis, Erleuchtung und Erfahrung sind die Antwort auf das Problem des Lebens. Der Schlaf ist nicht dazu da, um Probleme zu lösen oder um den Forderungen des Lebens und der Welt, die uns von der höchsten Wahrheit gestellt werden, auszuweichen; er ist nicht dazu geschaffen, bleibende Erkenntnis, Freiheit, Frieden, Glück und Vollkommenheit zu gewähren. Die Natur versetzt den Menschen in den Schlafzustand, um ihn näher an das innere Sein heranzuholen und seine Kräfte und die Harmonie des gesunden Organismus zu erneuern.

Das Sein, die Existenz, ist die Quelle allen Friedens, aller Freude, aller Kraft und Erfüllung Der Weise lebt von innen heraus. Er lebt aus den Tiefen des Friedens, der Freude, der Erleuchtung. Jener, der nicht weise ist, lässt sich von der Oberfläche des Lebens gefangennehmen. Er verstrickt sich in den Kreislauf der psychologischen Erfahrungswelt, in der ein Übel dem nächsten die Hand reicht. Er lässt sich von seinem seelischen Erleben beherrschen, anstatt sich, wie der Weise, darüber zu erheben. Die Antwort auf das Rätsel des Lebens liegt in der Erleuchtung, und Erleuchtung liegt innerhalb der Reichweite eines jeden Menschen, der sich darum bemüht, genau so wie das Glück des tiefen Schlafes für jeden Menschen erreichbar ist. Erleuchtung ist unbegrenzter Friede, Kraft, Freude und Gesegnetsein. Sie ist die Quelle aller grössten und dauerhaften Werke, aller schöpferischen, aufbauenden und wirklich förderlichen Arbeit, die der Menschheit über Jahrtausende hinweg Bereicherung schenken.

In Dir liegt der unbedingte und unendliche Friede, das unendliche Glück. In Dir ist die unendliche Wirklichkeit. In Dir ist das höchste Reich göttlichen Seins und Bewusstseins. Es befreit Dich von allen menschlichen Bedingungen und giesst Dir jede denkbare göttliche Eigenschaft, Fähigkeit und Erfahrung ein. Ein Schlafender gelangt unbewusst in diese zentrale Welt des Friedens und der Freude, während der Mensch der Erkenntnis und Kontemplation, der an die Wahrheit Hingegebene, der Gottliebende, der aus der Erleuchtung heraus Grosses vollbringt, bewusst in diese eintritt, um dann, inmitten aller Arbeit, aus jenem Frieden heraus zu leben, der alles Verstehen übersteigt, aus jener Freude, die unerschöpflich und von allem unabhängig ist, aus jener Kraft, die über allen Kräften steht, aus jener Freiheit, die alle anderen Freiheiten überragt. Jede andere Freiheit, Kraft, Freude, jeder andere Friede ist nur eine abgeleitete, begrenzte, unverlässliche Form. Ausser in der zentralen Existenz im Inneren, in diesem göttlichen Bereich, in der Wahrheit, gibt es keine unbegrenzte Freiheit, keine von allem unabhängige Freude, keine alles besiegende Macht, keinen immerwährenden Frieden und keine alles zur Erfüllung bringende Vollkommenheit.

Im Wissen, dass es sich um den Schatz aller Schätze, das Wunder über alle Wunder handelt, gehen einige ganz bewusst in seine unendliche schöpferische Stille, Schönheit und Freude ein, durch besondere kontemplative Zustände, durch innige göttliche Hingabe oder durch das Wirken höchster Genialität und Weisheit voll Liebe, Güte, Dienst- und Opferbereitschaft, welche die innere Umwandlung vollziehen. Einige betreten seinen unerschöpflichen Quellgrund voll Frieden, Freude und Erleuchtung, indem sie ihr Bewusstsein von dem Gewahrsein aller Begrenzungen freimachen und es in der Wirklichkeit ihres Inneren aufgehen lassen, genau so wie der Schlaf das Bewusstsein des Schläfers vom Körper, von der Umgebung, vom äusseren Leben befreit und in der Stille des inneren Seins verweilen lässt.

Im Tiefschlafzustand berührt jeder Mensch auf der ganzen Welt die gleiche innere Existenz, das gleiche innere Sein und findet während dieser Zeit völlige Befreiung von den Belästigungen, die das Leben mit sich bringt. Das Kind, die Frau, der Mann, der Vogel und die Vierbeiner - sie alle kennen den Schlaf und gehen auf diese Weise in eine Welt der Stille und des Glücks ein. Und doch sind sich nur wenige dieses Zustandes bewusst, selbst nicht beim Aufwachen, es sei denn durch eine vage Erinnerung: "Ich befand mich in einem tiefen, friedlichen, glücklichen Schlaf."

Je mehr wir von diesem inneren göttlichen Sein, das wir mit jedem anderen Wesen im Universum teilen, erkennen und wissen, umso stärker werden unsere Intelligenz, unser Charakter, unsere Persönlichkeit, unser ganzes Leben. Wir werden dann nicht mehr von den Launen des Schicksals und der Umstände umhergetrieben. Denn dann sind wir weise, und etwas vom Wesen und Charakter des göttlichen Seins in uns fängt an, sich in unserem täglichen Leben und Verhalten auch nach aussenhin kundzutun.

So sind wir also zuerst und zuletzt im tiefsten Grunde jene zentrale Existenz, die vom Schlafenden unbewusst berührt wird, damit sein Körper die für ihn notwendige Erholung findet, sich sein psychologisches Wesen beruhigt und seine ganze Seele sich an jenem Glück labt, nach dem sie sich sehnt, denn in Wahrheit ist dieses Sein, das von Menschen hoher Weisheit und Liebe bewusst berührt wird, unser eigentliches Wesen.

Während sich alles innen und aussen ändert, bleibt das innere Sein des unendlichen Friedens, der Freude, der Kraft, der Freiheit, des Reichtums und der Vollkommenheit unwandelbar dasselbe. Es ist das einzige, worauf wir uns verlassen können, auf das wir angewiesen sind und von dem alles, was Wert hat, selbst der Atem unseres Lebens, abhängt. Unsere Körper sind dem Wandel unterworfen, und damit vergehen Glück und Stärke. Auch die menschliche Umgebung wandelt sich. Um Frieden und Kraft zu erlangen, dürfen wir uns nicht auf menschlichen Reichtum verlassen. Auch auf das menschliche Gemüt lässt sich nicht vertrauen, denn es hat seine Launen. Und unsere Sinne bringen uns nicht nur Vergnügen, sondern auch Pein.

Aber das innere Sein bleibt immer das gleiche grossartige Königreich voll unendlicher Stille, voll Licht, Freiheit, Freude, Frieden, Schönheit, Macht und Vollkommenheit. Wäre es dem Wandel unterworfen, würde Thomas im tiefen Schlaf heute Stille und Frieden, morgen Ruhelosigkeit und Kummer erleben, und einen Tag später vielleicht wieder etwas anderes. Wäre dieses dem Wandel unterworfen, dann würde auch der Meditierende oder der Weise, der Erleuchtete im inneren Kontakt mit diesem Sein heute Glück und morgen Schmerz und dann wieder etwas anderes erleben. Etwas Vergleichbares ist der menschlichen Erfahrung unbekannt. Jeder Kontakt mit diesem inneren Sein, sei es im Schlaf oder im bewussten Gewahrsein, bringt immer nur tiefe Ruhe, Stille, Frieden, Freude und Stärke hervor. Das war immer so und wird immer so sein. Unter allen Umständen legt diese Berührung Zeugnis ab von einem Sein, das voll unendlicher Stille und Freude, Erkenntnis und Freiheit ist - von einer ewig unwandelbaren Wirklichkeit endloser göttlicher Vollkommenheit. Sie bleibt dieselbe im Sünder wie im Heiligen, im Glücklichen wie im Unglücklichen, im Grossen wie im Kleinen, im Jungen wie im Alten.

Nur was absolut vollkommen ist, kann die unwandelbare Wahrheit sein, von der die Bibel als dem Fels spricht, auf den wir unser Leben bauen sollen. So lange wir nicht zu einer tiefen Erkenntnis dieser inneren Existenz, dieser göttlichen Wahrheit, gelangen, fehlt es unserem Leben am eigentlichen Gehalt, ganz gleich, wie intelligent und stark, wie reich und mächtig wir sonst sein mögen. Wer nicht in dieser oder jener Weise die Gnade dieser grossen, wunderbaren göttlichen Wirklichkeit besitzt, muss irgendwann einmal zusammenbrechen.

Wie entgeht Thomas seinen schrecklichen Bedrängnissen? Indem er unbewusst im Tiefschlafzustand in Beziehung zu diesem inneren Sein tritt. Wie gelangen Heilige, Weise, Mystiker - alle erleuchteten und edlen Menschen über die Begrenzungen des Lebens hinaus? Durch bewusste Vereinigung mit dieser zentralen Wirklichkeit. Angenommen nun, Thomas wäre sich dieses inneren Seins - der unendlichen Stille, des Friedens, der Freude, der Macht, der Erkenntnis und Vollkommenheit - bewusst und seiner auch im Wachzustand gewahr, auch inmitten aller Anforderungen und Herausforderungen des Lebens - wie würde er dann auf seinen kränklichen Körper, seine ihn bedrängende Umwelt und seine Welt voller Begrenzungen reagieren? Er würde sich sicherlich sagen: "Ich bin weder der Körper noch seine Krankheit. Ich bleibe unberührt von der Umgebung, in der ich lebe. Ich habe das Leben, die Materie und die Welt überwunden. Mein Leben ist ohne Ende. Meine Freude, mein Friede und meine Freiheit sind grenzenlos. Ich bin furchtlos und unendlich gesegnet in der Wirklichkeit aller Wirklichkeiten. Ich habe die höchste Dimension meines Seins entdeckt, in ihr besitze ich alles."

So wollen wir um tiefere Erkenntnis ringen und bewusste Beziehungen zu diesem göttlichen Sein suchen. Es gibt Menschen, die sich vom Zorn oder vom Ehrgeiz treiben lassen; wieder andere sind von Neid und Eifersucht besessen oder von Angst und Unwissenheit. Wir aber wollen uns völlig von diesem inneren Sein ergreifen lassen und all unsere Gedanken, Gefühle und Handlungen, unser ganzes Leben aus dieser Stille, diesem Frieden, diesem Licht, dieser Freiheit, Freude und Kraft fliessen lassen. Der Wert, die Würde. die Kraft und Grösse unseres Lebens beruhen auf der inneren Erkenntnis und Erfahrung unseres innersten göttlichen Seins.

Die Psychologie des Weltfriedens

Der Sieg gehört der Liebe, der Wahrheit, der Güte, dem ernsten und ehrlichen Tun. Siegen werden weder Nationen noch Gruppen, weder Sekten noch Rassen; vielmehr gehört der Sieg der Liebe im Herzen des Menschen, der Wahrhaftigkeit des Lebens, der ehrlichen Arbeit, dem hohen Streben und Ringen der Menschenseele.

Lange schon sucht der Mensch nach Frieden und hat ihn doch nicht gefunden. Unzählige Kriege sind geführt worden, und auch heute ist die Menschheit noch nicht von diesem Übel befreit. Frieden ist der Menschheit etwas Fremdes. Der Friede, den sie kennt, ist zerbrechlich wie Glas und wird von jedem Windhauch umgestossen.

Der Mensch hält Ausschau nach Ruhe, Einsamkeit und Stille. Doch selbst wenn er sein Haus an einem einsamen Berghang baut, bleibt er nicht von Lärm verschont, denn Flugzeuge brausen über ihn hinweg. Und wenn die äussere Umgebung still und friedlich ist, so herrscht in seinem Herzen wie in seinem Denken doch kein Friede.

Sage daher nicht: "Kriege sollen abgeschafft werden." Gehe nicht umher und mache Propaganda gegen den Krieg. Du kannst damit nur Dein Leben vergeuden. Sieh jedoch zu, dass kein Krieg in Deinem Inneren sei - und Du kannst sicher sein, dass in der äusseren Welt weniger Krieg sein wird. Millionen Menschen auf der Welt sagen täglich, dass es keinen Krieg geben solle; doch das ist nicht der Weg, um dem Krieg ein Ende zu bereiten. Der Krieg im Herzen eines jeden Einzelnen muss enden, ehe den Kriegen auf der Welt Einhalt geboten werden kann. Sieh also zu, dass in Deinem Inneren, in Herz und Seele kein Krieg herrsche.

Was geschieht, wenn wir uns als Weltverbesserer betätigen? Wir gehen darüber selbst verloren. Halten wir uns andererseits an Gott, werden wir stärker und stärker. Gottes Gnade fliesst durch uns und vollbringt Wunder, während wir mit unseren eigenen Kräften und Fähigkeiten, unserer eigenen Klugheit und unseren eigenen Möglichkeiten niemals Frieden stiften können.

Der Sieg gehört der Liebe, der Wahrheit, der Güte, dem ernsten und ehrlichen Tun. Siegen werden weder Nationen noch Gruppen, weder Sekten noch Rassen; vielmehr gehört der Sieg der Liebe im Herzen des Menschen, der Wahrhaftigkeit des Lebens, der ehrlichen Arbeit, dem hohen Streben und Ringen der Menschenseele.

Lange schon sucht der Mensch nach Frieden und hat ihn doch nicht gefunden. Unzählige Kriege sind geführt worden, und auch heute ist die Menschheit noch nicht von diesem Übel befreit. Frieden ist der Menschheit etwas Fremdes. Der Friede, den sie kennt, ist zerbrechlich wie Glas und wird von jedem Windhauch umgestossen.

Der Mensch hält Ausschau nach Ruhe, Einsamkeit und Stille. Doch selbst wenn er sein Haus an einem einsamen Berghang baut, bleibt er nicht von Lärm verschont, denn Flugzeuge brausen über ihn hinweg. Und wenn die äussere Umgebung still und friedlich ist, so herrscht in seinem Herzen wie in seinem Denken doch kein Friede.

Sage daher nicht: "Kriege sollen abgeschafft werden." Gehe nicht umher und mache Propaganda gegen den Krieg. Du kannst damit nur Dein Leben vergeuden. Sieh jedoch zu, dass kein Krieg in Deinem Inneren sei - und Du kannst sicher sein, dass in der äusseren Welt weniger Krieg sein wird. Millionen Menschen auf der Welt sagen täglich, dass es keinen Krieg geben solle; doch das ist nicht der Weg, um dem Krieg ein Ende zu bereiten. Der Krieg im Herzen eines jeden Einzelnen muss enden, ehe den Kriegen auf der Welt Einhalt geboten werden kann. Sieh also zu, dass in Deinem Inneren, in Herz und Seele kein Krieg herrsche.

Was geschieht, wenn wir uns als Weltverbesserer betätigen? Wir gehen darüber selbst verloren. Halten wir uns andererseits an Gott, werden wir stärker und stärker. Gottes Gnade fliesst durch uns und vollbringt Wunder, während wir mit unseren eigenen Kräften und Fähigkeiten, unserer eigenen Klugheit und unseren eigenen Möglichkeiten niemals Frieden stiften können.

Das zeitlose Wesen in uns
Es ist ein grosses allgemeines Gesetz, dass es keine Feindschaft auf Erden geben kann, ohne dass Du deren Fortdauer möglich machst. Deshalb sage Dir: "Mein ganzes Leben, mein Atem, mein Geist, meine Gedanken, meine Bewegungen und selbst mein Körper atmen Frieden für die ganze weite Welt. Ich kenne nichts anderes als Frieden. Ich kann nichts anderes als Frieden wünschen. Mein ganzes Leben ist in absoluter Einheit mit dem Frieden, ist ganz auf Frieden gegründet. Ich atme beständig Frieden aus und sende Schwingungen des Friedens nach Osten und Westen, nach Norden und Süden. Nicht nur allen Menschen auf dieser Erde, sondern auch allen anderen Welten sende ich Frieden zu."

Der menschlichen Erfahrung entsprechend ist es wahr, dass es Menschen gibt, die sich uns gegenüber feindlich einstellen. Wie lange aber können sie auf ihrer Feindschaft beharren, wenn wir uns nicht nur völlig passiv verhalten und ihnen keinen Widerstand entgegensetzen, sondern sie mit Liebe überschütten, wenn immer sich eine Gelegenheit dazu bietet? Das hat zur Folge, dass sie nicht nur völlig entwaffnet sind, sondern sich schliesslich sogar intensiv und dynamisch für uns einsetzen werden.

Das Beste, was wir tun können, um den Frieden zu sichern, ist, unseren Blick auf Gott zu richten. Schauen wir auf Ihn, verbinden wir uns innerlich mit Ihm, dann kommen Stärke, Licht und Liebe zu uns, und jene, die uns ansehen, finden Frieden, Glück und Kraft. Selbst jene, die in der Welt dem Unrecht Vorschub leisten und das Böse verstärken helfen, werden auf eine ihnen unerklärliche Weise durch eine ihnen unbekannte Macht in Schach gehalten. Sie wissen nicht, von woher und auf welche Weise ihnen Einhalt geboten wird. Dies geschieht darum, weil wir fortwährend Ströme der Liebe und des Segens von uns ausgehen lassen, weil wir mit der göttlichen Gegenwart innige Gemeinschaft pflegen. Aus diesem Grunde gibt es dann weniger Böses, weniger Not und weniger Unglück auf der Welt und dafür mehr innere Stärke und Kräfte der Güte.

Als den wichtigsten Punkt, was das Wohl, den Frieden und die Rettung der Welt betrifft, solltest Du Dir vor Augen führen, wie wunderbar es ist, dass Friede und Glück der Welt von Dir abhängen. Sei Dir auch immer bewusst, dass menschliches Sinnen keinen Frieden zu geben vermag. Denn das menschliche Gemüt schafft Zweifel, Schwierigkeiten, Missverständnisse und Streit. Durch menschliche Kraft lässt sich auf dieser Welt niemals Frieden schaffen. Er muss aus Deinem inneren Bewusstsein hervorgehen. Das innere göttliche Bewusstsein allein kann das zuwege bringen.

Gott ist die Ursache, der Mensch die Wirkung. Als solche wiederum hat er keine Stärke, keine Kraft, kein Leben, keine Freude und keinen Frieden, solange die Beziehung zur Ursache nicht bewusst aufgenommen wird. Der Mensch kann das himmlische Königreich bewusst erfahren und es hier auf Erden Wirklichkeit werden lassen. Sobald wir den Vorhang zerreissen und durch den Schleier, der uns die Wahrnehmung des Himmlischen verhüllt, hindurchblicken, erkennen wir es als schon gegenwärtig. An jedem beliebigen Ort kann es zu uns kommen. Wo immer wir der Gottesgegenwart bewusst sind, wo immer wir unser inneres Sein vom Glauben, von der Hingabe an Gottes Gegenwart erleuchten lassen, erfahren wir das Göttliche und erfreuen uns eines Lebens im himmlischen Reich. Hier und jetzt ist es jedem von uns möglich, das innere Bewusstsein in höhere Zustände und Bedingungen unseres Seins zu erheben und das Antlitz des allgegenwärtigen und allwissenden Gottes unmittelbar zu erschauen. Hier, in diesem Punkt des Raumes, ist Gott als die raumlose Dimension zugegen. In diesem Augenblick ist Gott als das zeitlose Sein gegenwärtig. Es gibt keinen Ort, an dem Er nicht zugegen wäre. Es gibt keinen Umstand und keine Lage, in der Er nicht erfahren werden könnte. Der Mensch ist eine Manifestation Gottes und besitzt darum strukturelle und organische Beziehungen zu Gott.

Die Bibel sagt: der Mensch ist nach dem Bilde Gottes erschaffen. Sie sagt nicht, dass er ein kompliziertes Wesen mit vielen verschiedenen Trieben, Instinkten und Neigungen sei. Sie erklärt kühn und bestimmt, dass der Mensch nach dem Bilde Gottes erschaffen ist. Damit ist nicht ein Bild nach Art der von Menschenhand geformten Kunstwerke gemeint. Das Bildwerk, das ein Künstler formt, ist ausserhalb von ihm und etwas anderes als er. Skulpturen sind der Zeit, dem Raum, dem Wandel unterworfen und niemals mit dem Bildhauer selbst identisch. Gott aber hat den Menschen nach Seinem eigenen Bild gemacht. Er nahm Sein eigenes Wesen zum Vorbild. Er legte Sein eigenes Sein in ihn. Mit Seinem ganzen unendlichen Bewusstsein, mit allen Kräften und Möglichkeiten weilt Er in dem Abbild, das Er geschaffen hat. Darum sagt Jesus: Das Himmelreich ist in euch.

Wo in uns ist dieses Königreich des Himmels? Nicht in unserem psychologischen Wesen, das voll Unvollkommenheiten und Begrenzungen ist, noch in unserem Unter- oder Unbewussten, das ebenfalls seine Grenzen und schweren Mängel hat. Wo also ist das Königreich in uns? Es ist im Bildnis Gottes in jedem Menschen. Darum spricht die Bibel vom menschlichen Körper als dem Tempel Gottes. Dieses Bild Gottes ist in jedem von uns. Es ist kein totes Bild. Es ist voll vom Bewusstsein Gottes. Es steht immer, auch ohne unser Wissen und Gewahrsein, in vollkommener Verbindung mit dem Göttlichen. Darum ist es uns auch näher als unser Atem. Gott ist uns näher als unser Blut und unser Gebein, und nichts vermag uns jemals von Ihm zu trennen.

Von grösster Wichtigkeit für alle, die ein normales menschliches Leben führen und den normalen menschlichen Tätigkeiten und Pflichten obliegen, ist, dass es auch unter den Bedingungen des menschlichen Alltags möglich ist, der Erfahrung Gottes näher zu kommen und aus dem unbeschreiblichen Frieden, der Freude und Kraft Gottes heraus zu leben und zu wirken. In uns ist ein Auge des Glaubens, das Ihn uns erkennbar werden lässt. In uns ist eine Liebe, durch die wir Ihn in allen unseren Erfahrungen spüren können. In uns kann sich eine Gabe des Verstehens entfalten, die Ihn für uns fassbar werden lässt.

Um unser Leben mit dem Frieden und der Kraft des Göttlichen zu erfüllen, fangen wir am besten ganz unmittelbar da an, wo wir uns gerade befinden. Sind wir an Haus und Familie gebunden, werden wir uns bemühen, das Heim zum Himmel umzugestalten und in dieser äusseren Welt der Sinneserfahrung zu entdecken suchen, was dem himmlischen Bereich zugehört. Unsere Einstellung zu Familie und Heim soll eine Neuorientierung erfahren. In der neuen Sichtweise gewinnt das Haus neue Bedeutung als ein Ort, an dem Gott wohnt; es wird zu einem Bereich, in dem wir wachsen, uns höherentwickeln und alle edleren Eigenschaften, alle Vorzüge von Herz, Geist und Willen hervorkehren sollen. Wenn wir uns irgendwo ausserhalb des Hauses aufhalten und die Erinnerung an unser Heim in uns aufsteigt, werden wir dieses im Geist als Tempel und Heimstätte Gottes betrachten.

Gott wohnt ja nicht nur in uns, sondern auch in unseren Familienangehörigen. Dies ist die wesentliche und fundamentale Wahrheit über die Welt und über uns selbst. Diese Wahrheit wird durch äussere Unterschiede, Farben, Formen und Namen überdeckt. Darum müssen wir danach trachten, mit dem uns gegebenen Licht eine neue Einstellung zu gewinnen, die tiefer in das eigentliche Wesen aller Menschen und Dinge eindringt. Alles im Haus soll mit dem Göttlichen in deutlichen Zusammenhang gebracht werden. Ganz still und im Geheimen, tief im Inneren unseres Herzens, sollen wir nicht nur Gott im Herzen aller anderen verehren, sondern auch bestrebt sein, dass unsere eigene Gegenwart und unser Lebenswandel selbst die Wände des Hauses mit Geistigkeit aufladen und so eine geistige Atmosphäre schaffen.

Um unseren Geist beständig in erhobenem Zustand zu erhalten und uns an das Göttliche zu erinnern, kann es wertvoll sein, wenn wir Bilder von grossen Heiligen im Hause haben. Auch Schallplatten oder Tonbandaufnahmen können eine geistige Atmosphäre verstärken helfen.

Lade Dich mit unendlicher Stärke, mit Frieden und Freude auf. Erhebe das Bewusstsein und tauche es ins Göttliche ein. Die Materie zieht nieder. Die innere Stärke muss beständig unter Beweis gestellt werden. Auch wenn die äusseren Umstände und Bedingungen schwierig sind und unsere Kräfte herausfordern, sollten wir uns in der Kraft, im Frieden und in der Freude Gottes erhalten. Zu keiner Zeit, unter keinen Umständen sollten wir unserem Übermenschentum, das uns im göttlichen Bewusstsein gegeben wird, eine Absage erteilen. Die Wahrheit aller Wahrheiten besteht in der Tatsache, dass die unendliche Gotteskraft in unserem Inneren wohnt und uns umgibt. Wir sind aus dem Atem des Göttlichen geformt und gebildet. Das ist die zentrale Wahrheit über uns. Der Atem Gottes umgibt uns von allen Seiten. Dieser Atem Gottes ist unendlicher Friede, unendliches Glück, Licht und Liebe. Nichts hält uns davon ab, dieses Königreich des Himmlischen hier und jetzt zu geniessen. Es ist das menschliche Denken, das eine Barriere zwischen uns und dieser Wahrheit aller Wahrheiten errichtet.

Diese Wirklichkeit, das Alpha und Omega aller Dinge zu erkennen, ist die wichtigste Aufgabe im Menschenleben. Diese Erkenntnis giesst unserem Leben nie endenden Segen ein. All die Wunder des Himmelreiches, die ganze unermessliche Gnade Gottes, die das Unmögliche möglich und das Unsichtbare sichtbar, das Unhörbare hörbar, das Unbekannte bekannt macht, die den Himmel zur Erde und die Erde zum Himmel verwandelt, alles ist im Geist, im Odem, im Bildnis Gottes in uns enthalten. Mögen wir sie auch im Herzen aller Wesen erkennen! Sobald wir diese Wirklichkeit erkennen, hören wir auf zu hadern und zu hassen, fangen wir an, den Geist, das Göttliche in den anderen zu lieben und anzubeten.

Das Bild Gottes im Menschen
Wir sind als Abbild des Göttlichen, das heisst nach dem Vorbild und Wesen Gottes selbst erschaffen. Lassen wir diese Tatsache beiseite, dann laufen wir blindlings durch die Welt und begehen Fehler. Wir sind ohne Frieden. Wir verfolgen vergängliche Ziele und sind voll Angst und Ruhelosigkeit, auch wenn wir äusserlich unter den besten Bedingungen leben und die verlässlichsten Freunde besitzen. Darum sollten wir die unabtrennbare Gegenwart dieses Bildes Gottes in uns zu erkennen suchen. Hier liegt das Wunder aller Wunder verborgen. Nehmen wir einmal an, ein Eisberg schmelze zurück ins Meer. Was geschieht? Er erwirbt die Macht, das Bewusstsein, die Grösse und Schönheit des Meeres und kann sich rühmen, Millionen Schiffe und Boote auf seiner Oberfläche zu tragen und Billionen Lebewesen in seinen Tiefen zu nähren. Wenn es uns gelingt, unser Herz und unser Bewusstsein in der göttlichen Wahrheit in uns aufgehen zu lassen, sei es durch tiefere Erkenntnis, durch innere Betrachtung oder durch intensive Liebe und Hingabe zum Göttlichen, so folgt daraus eine immer grössere Leuchtkraft und Reinheit unseres Wesens, bis wir eins und identisch werden mit diesem Bildnis Gottes in unserem Inneren und so die Kraft und Würde Gottes erlangen. Ist dies in uns vollbracht, dann sind wir der Aufforderung der Bergpredigt nachgekommen, vollkommen zu sein, wie der Vater im Himmel.

Das Bild Gottes in uns ist grösser als das ganze Universum, das wir im Äusseren sehen. Der Kosmos ist nicht mehr als ein kleines Fleckchen vor dem grossen Sein des grenzenlosen Schöpfers. Da sich das Göttliche mit all seinen Dimensionen in uns befindet, werden wir zu Herren über alle Schöpfung. Unser wahres Königtum liegt in diesem Bild des Göttlichen in uns, das unvergängliche Schönheit, unsterbliches Sein, unwandelbare Wahrheit, vollkommen unabhängiges Glück, unbedingte Stille, Frieden und Vollkommenheit ist. Es gibt keine Vollkommenheit ausser in diesem Bildnis Gottes in uns. Wo wäre der Mensch, der vollkommen genannt werden könnte? Kein Denker, kein Musiker, kein noch so reicher Mensch, kein Genie auf welchem Gebiet auch immer, kein Gelehrter oder Wissenschaftler ist jemals vollkommen, wie reich seine Gaben auch sein mögen. Die Vollkommenheit ist nur diesem Bildnis Gottes eigen. Darum wollen wir die Vollkommenheit des Gottesbildes in uns zu verwirklichen suchen. Nicht in den Sinnen, nicht im Körper, nicht in der materiellen Welt, sondern in diesem Bildnis des Göttlichen in unserem Inneren liegt die Vollkommenheit. Daher sollen wir für diese Gegenwart des Göttlichen wach und empfänglich werden und auf die Wahrheit des göttlichen Wesens in uns Antwort geben. Denken wir immer wieder über das Göttliche nach, dann wird das Herz still, die Seele schön. Die ganze Persönlichkeit wird dynamisch und lässt sich von göttlicher Erkenntnis leiten, anstatt von Ruhelosigkeit geplagt zu sein. Das Leben erhebt sich über Freud und Leid und ist fest in der Freude des Unbegrenzten verankert. Um diese Reichtümer zu erfahren und das äussere Leben von ihren Schätzen überquellen zu lassen, sind wir in diese Welt hineingeboren.

Lassen wir die Unterscheidungen zwischen Mensch und Mensch fallen, und bringen wir den wahrhaft christlichen Charakter zum Ausdruck, indem wir den einen Geist Gottes in allen sehen. Gott macht keine Unterschiede. Gott hat alles nach Seinem eigenen Bild und Wesen erschaffen, nach dem Vorbild Seines eigenen, unendlichen Seins und in Seiner Freude. Gott hat die Menschheit als Einheit gesehen, während sich die Menschen in Unterscheidungen gefallen. Gott ist Einer, und die Menschheit ist eins in Gott. Die Vielheit gilt nur im Bereich des Menschlichen, des Begrenzten. Der Ozean ist ein einziger, und die vielen Millionen Wellen sind durch den Ozean zur Einheit verwoben. Eine Vielheit sind sie nur ihrer eigenen begrenzten Bildung und Form nach. Die Menschheit kann nur so weit als Einheit leben, als sie ihre Einheit im Göttlichen erkennt. Das eine göttliche Prinzip durchdringt und erhält alles. Trennungen und Unterscheidungen sind vom Menschen erschaffen. Sie sind für das Herz Jesu Christi nicht annehmbar. In Gott haben sie keine Existenz, und so lange wir an diesen Unterscheidungen, Abtrennungen und Unterteilungen festhalten, die in geheimem Egoismus, in Selbstsucht und grosser geistiger Unwissenheit wurzeln, können wir weder wahre Christen sein noch die Stärke besitzen, die uns die Aufrichtigkeit und den Mut verleihen, uns als wahre Nachfolger Jesu Christi zu erweisen. Ohne Demut, Liebe und Glauben, ohne diese auf Einheit hinwirkenden Eigenschaften ist der christliche Charakter undenkbar. Demut macht uns liebenswert, und Liebe führt zur Einheit; Glauben, wenn er echt ist, lässt alle in Gott eins werden und eine Stärke, ein Glück und einen Frieden erlangen, die unerschöpflich sind und jedes Verstehen übersteigen.

Die Bedeutung des menschlichen Lebens in den Begrenzungen dieser Welt liegt darin, Liebe und Frieden auszudrücken, die Kraft, die Stärke und Herrlichkeit Gottes, unseres Vaters, offenbar werden zu lassen. Jesus Christus hat dies getan, als Er hier auf Erden in einem vergänglichen physischen Körper lebte und sich so unter Männern und Frauen bewegte. Das Leben und die Lehren Jesu sind uns Weg und Licht. Der unsterbliche Vater ist die herrliche Quelle all unseres Seins und unserer Freude, und Er ist stets untrennbar bei uns, in uns und rings um uns her.

Du Kind des unendlichen Reichtums! Das zeitlose schöpferische Sein, das Gott genannt wird, hat Dich nach Seinem eigenen Bild erschaffen und all Seine grenzenlosen Schätze restlos in Dich hineingelegt. Warum also kleinmütig, verzagt und engherzig sein, wenn es darum geht, alle Arten des Duftes, die Du in Deinem Inneren trägst, hervorzuholen und zu verbreiten: den Duft der Weisheit, den Duft des Glaubens, den Duft der Liebe, den Duft des Friedens, den Duft der Reinheit und der Schönheit, den Duft der grenzenlosen schöpferischen Erkenntnis und Freude; lasse alle Arten des Duftes reichlicher aus Deinem Inneren strömen! Die Welt braucht Dich! Sie hält Ausschau nach Hilfe, nach Kraft und Frieden, nach Glück und nach jeglicher Art des Duftes.

Wer wird schon sagen wollen, die Welt des Duftes, die sich um eine Blüte verbreitet, sei weniger natürlich und weniger wirklich als die Fehler, Ungerechtigkeiten, Unglücksfälle, Versuchungen und Nöte dieser Erde? Segne also die Welt mit der Welt des Segens, die aus Deinem innersten Geiste quillt, wie die Rose den Duft ihres eigenen Wesens in die geplagte Menschenwelt verströmen lässt.

Der grösste Krieg ist innen: Das eine Mal sagst Du ja, das andere Mal sagst Du nein. Einmal bist Du ein Zweifler, ein andermal ein Glaubender. Einmal liebst Du, ein andermal hassest Du jemanden. Manchmal erwacht die Liebe in Dir, ein andermal die Leidenschaft. So herrscht ein endloses Chaos. Schaffe also Ordnung in Deinem Herzen.

Warum gelingt es nicht, Frieden auf der Welt herzustellen? Warum sind so viele Menschen ohne Frieden? Die Friedlosigkeit ist eine Schöpfung des Menschen. Eine ganze Anzahl von Ursachen liegen ihr zugrunde. Jedem Menschen ist es möglich, zum Frieden der Welt beizutragen: denn der Unfriede im Äusseren entspringt der Friedlosigkeit im Inneren, und dort kann kein Friede aufkommen, so lange im Herzen Aufruhr tobt und der Mensch von seinen Gefühlen, Neigungen und Leidenschaften umhergetrieben wird. Die Friedlosigkeit besteht weiter, solange wir unser Herz und Denken ausschliesslich den Dingen dieser Welt zuwenden: Während Du an einem fremden Haus vorbeigehst, bemerkt es drinnen ein Hund. Er bellt Dich an. Das Bellen liegt in seiner Natur. Nun solltest Du es zu Deiner Natur werden lassen, dieses Bellen nicht zu beachten und ruhig weiterzugehen. Wenn Du Deine Gemütsruhe verlierst, Dich erregst und auf das Bellen des Hundes hörst, wird er um so stärker bellen und Dich noch mehr stören. Jede derartige Reaktion ist ein sicheres Zeichen der Schwäche. Sobald Du das Bellen beachtest und darauf reagierst, spürt das Tier die leise geheime Furcht irgendwo in Deinem Wesen und bellt Dich um so drohender an. Nichts Böses, nichts Schlechtes, nichts Unglückliches kann weiter bestehen, wenn es in Deinem Interesse, Deiner Aufmerksamkeit und Deinem Willen keinen Platz mehr findet.

Um Friedensstifter sein zu können, müssen wir in unserem eigenen Inneren Frieden haben. Dies ist nur möglich, wenn Liebe und Verständnis in uns sind, wenn Glaube und Vertrauen in die unendliche Allmacht, Gnade und Schönheit Gottes in uns zur Herrschaft kommen. Unser Leben findet sein Glück im grenzenlosen Licht, in der Liebe und der Gnade Gottes. Im Geist und in der Wahrheit, aus der ganzen Tiefe unseres Herzens wollen wir auf die Welt und die Menschheit Liebe, Sanftmut und Licht ausgiessen. Darin soll unser hauptsächliches inneres Wirken bestehen, und all unser Tun soll sich danach richten. Die Hand Gottes wird es ordnen.

Lasst uns nach allen Himmelsrichtungen Frieden ausströmen. Es besteht kein Grund zur Furcht. Angst und Ruhelosigkeit sind Zeichen innerer Unvollkommenheit und etwas Unbekanntes für den, dessen Wesen vom deutlichen Gewahrsein der ihn umgebenden Allmacht, Liebe und Fülle Gottes geläutert ist. Sie stellen sich ein, wo es an Liebe, Glauben, Verständnis, Weisheit und Güte mangelt.

Die beste Art, das Dunkel zu vertreiben, besteht darin, positive Eigenschaften zu entwickeln. So wollen wir uns selbst das Glück bereiten, Frieden auf dieser Welt auszubreiten.

Wer der andere auch sein mag - segne ihn. Wenn Du ein Haus betrittst, entbiete ihm den Friedensgruss. Tue keinen Atemzug, ohne zur selben Zeit die Gegenwart und die Segnungen Gottes einzuatmen. Von Gott bist Du erschaffen. Rings um Dich her, in Dir und über Dir ist Er mit Seiner Gnade und Liebe gegenwärtig. Es besteht kein Grund zu Nervosität, Furcht und Angst. Alles arbeitet zu Deinen Gunsten. Alles wird wunderbar. Bewahre in Dir Liebe, Frieden und verständnisvolle Weisheit, und Du wirst sehen, wie sich Gott im Alltag stärker zum Ausdruck bringt. Der Geist Christi, der schon in Dir ist, will aus Dir hervorleuchten. Das Mass, in dem Er sichtbar wird, hängt von Deinem ernsten und ehrlichen Streben ab, Ihm Ausdruck zu verleihen.

 FRIEDENSGEBET

Herr, mache mich zum Werkzeug Deines Friedens:

Lass mich Liebe bringen, wo Hass ist.

Lass mich verzeihen, wo Schuld ist.

Lass mich vereinen, wo Zwietracht herrscht.

Lass mich Wahrheit bringen, wo Irrtum ist.

Lass mich Glauben bringen, wo Finsternis ist.

Lass mich Freude bringen, wo Leid ist.

 

Ach Herr, lass Du mich trachten:

Nicht, dass ich getröstet werde,

sondern dass ich tröste.

Nicht, dass ich verstanden werde,

sondern dass ich verstehe.

Nicht, dass ich geliebt werde,

sondern dass ich liebe.

 

Denn wer da hingibt, der empfängt,

wer sich selbst vergisst, der findet,

wer verzeiht, dem wird verziehen,

und wer da stirbt, der erwacht

zum ewigen Leben.

Amen

Franz von Assisi

 
Angst als Ursache von Feindseligkeit
Dass der Mensch sich vor den Mächten dieser Welt fürchtet, ist die Ursache seiner Unfähigkeit zum Frieden. Zu den ersten Früchten wahren geistigen Lebens gehört völlige Furchtlosigkeit. Wie aber kannst Du unter allen Umständen furchtlos bleiben? Mache Dir klar, dass Gottes Macht in Dir und um Dich ist und nicht von Dir getrennt werden kann.

Ein kleines, dreijähriges Kind ist auf dem Schoss seiner Mutter eingeschlafen und träumt, es befinde sich in einem Wald und werde von wilden Tieren verfolgt. Es fühlt sich allein und verlassen und beginnt nach seiner Mutter zu schreien. - Ist es nun wahr, dass es fern von seiner Mutter ist? Nein, nur im Traum, in seiner eigenen Traumvorstellung ist das Kind von seiner Mutter getrennt. In gleicher Weise sind wir unzertrennlich von Gott, der immer bei uns ist. Wenn wir aber in der Erfahrung der äusseren Welt aufgehen, bedeutet dies, dass wir in einer Art Traumerleben befangen sind und Gott vergessen haben.

In Dir ist Friede ohne Grenzen. Erfahre ihn hier und jetzt und lasse ihn im täglichen Tun und im Umgang mit Menschen zum Ausdruck gelangen. Sage nicht: "Wie unwirklich, von der Grenzenlosigkeit des Friedens zu sprechen! Wo ist denn dieser Friede? Zeige ihn mir."

- Grenzenloser Friede ist weit wirklicher als die Tatsache, dass die Sonne scheint, der Fluss fliesst, der Wind weht, das Kind lächelt und Felsen hart sind. Sieh doch, wie friedlich Du im Tiefschlaf bist. Wärest Du in diesem Zustand Deiner selbst bewusst, würdest Du grenzenlosen Frieden erfahren. Im tiefen Schlaf stört Dich nichts von alledem, was in der Aussenwelt geschieht. Man kann ein Tuch auf Dich legen und es wieder wegnehmen. Furchterregende Gestalten können bei Dir stehen. Draussen kann der Donner rollen. Ein paar Kilometer weiter können bei einem Erdbeben Häuser einstürzen und Menschen verschüttet werden. All das bringt Dich nicht aus der Ruhe. Überall herrscht Unrast. Wenn Du aber schläfst, weisst Du von alledem nichts. Du bist in grenzenlosem Frieden. Du bist unbehelligt, unbeeindruckt und in tiefe innere Stille versunken.

Alles ist in uns selbst. Wenn wir es aufrichtig und ernst meinen, wird uns das Göttliche all diese Wunder erfahren lassen. Wir sind nicht auf der Welt, um ein wenig Freude oder Frieden von äusseren Dingen oder Umständen zu erhaschen, sondern um den unendlichen Frieden, die unendliche Freude, das unendliche Licht, die unendliche Erkenntnis und Schönheit, die unser Inneres birgt, in die Aussenwelt zu tragen. Unsere Umwelt ist uns gegeben, damit wir zum Ausdruck bringen, was in uns verborgen liegt. Die Welt ist so schön, so voll Wohlklang und Musik, wie wir in unserem Inneren sind. Oder sie ist so arm und unglücklich, so voll Missklang, wie wir selbst sind.

Die Menschen begehen einen grossen Fehler, wenn sie glauben, sie müssten etwas von der Welt und dem Leben erwarten. Bei dem Versuch, sich an ihnen zu bereichern, stecken sie immer wieder Fehlschläge ein und erfahren Enttäuschungen. Ihre Träume haben bald ein Ende, weil man nach dem rechten Ding nicht am falschen Ort suchen soll. Und so verfliegen ihre Freuden bald und ihre Erwartungen erfüllen sich nicht. Sie gehen nicht nur rasch zu Ende, sondern hinterlassen zudem noch Verdruss und Unbehagen. Alles, was man besitzt und braucht, nimmt einmal ein Ende oder wandelt sein Gesicht.

Wenn Dein Bewusstsein, Deine Gefühle und Gedanken sich um Deinen Körper drehen, und wenn Du Deinen Körper für ein und alles hältst, wirst Du erleben, dass andere Körper sich ihm entgegenstellen und Du von Widerständen umgeben bist. Ein Wind kann Dich umblasen oder ein Stärkerer Dich überwinden. Mechanische, materielle und tierische Kräfte können Dich besiegen.

Die Begrenzungen unserer Macht erfahren wir, weil wir in unserem Frieden, unserer Liebe und Erkenntnis begrenzt sind. Durchbrich die Schranken, die Dich an der Ausdehnung Deines Friedens, Deiner Liebe und Erkenntnis hindern, so wirst Du mit Jesus Christus sagen können, dass Du eins mit dem Vater bist und keine Macht der Welt kann Dich begrenzen. Keine Macht der Welt kann Dich besiegen, denn die unendliche Kraft der Gottheit ist in Dir, um Dich und überall.

Ohne den Geist Gottes kann nichts existieren. Nichts vermag zu leben, keiner kann denken, lieben oder glücklich sein ohne diesen allem zugrundeliegenden Gottgeist. Der Geist Gottes ist in allem. Er ist alles. Er, der in Blitz und Donner wohnt, spricht: "Fürchte Dich nicht. Nichts kann Dir geschehen. Du bist ein Teil meines unzerstörbaren Geistes und Lebens." Er, der auch im Erdbeben ist, das uns zu erschrecken, zu bedrohen und zu peinigen scheint, sagt: "Ich bin es, fürchte Dich nicht. Ich bin hier doch nicht als dieses Furchterregende, dieses Beunruhigende, als diese Not, sondern hinter diesen und bereit, Dir zu helfen darüber hinauszugelangen. Mein Reich ist nicht von dieser Welt (Joh. 18, 36). Mein Reich besteht nicht aus Furcht und Not, aus Unglück und Jammer, aus Schwächen, Fehlern, Unwissenheit und Übel. Mein Reich ist ewiger Friede."

Die unerkannte Menschenwürde
Du Sohn oder Tochter des höchsten Bewusstseins! Die grösste Wahrheit in bezug auf Dich liegt in der Tatsache, dass Du ewig eins mit der unendlichen Würde der inneren Seele, dem Licht, dem Bewusstsein, dem göttlichen Bereich in Deinem Inneren bist. Die höchste Intelligenz, die alles durchdringt und das Geschick der Universen lenkt, ist auch in Dir. Ein unendliches Meer der Freude und der Schönheit, der Macht und Gnade liegt in Dir. Du bist Träger des unendlichen Bewusstseins, der Allgegenwart, Allmacht und Allwissenheit. Es gibt keine Freude, keine Form von Frieden und Vollkommenheit, die nicht aus Deinem inneren Wesen zum Vorschein kommen kann.

Alles, was die göttliche Wirklichkeit in sich trägt, ist Dir übergeben. Alle Schätze schöpferischen Denkens, die sich im Unendlichen befinden, sind in Deinem inneren Wesen, das Dein Eigentliches enthält. Dieses ist allvollkommen, vollendet schön, voll Schöpferkraft und Allmacht. Es ist Mittelpunkt und Ursprung jeglicher Kraft, die durch Deine Sinnesfunktionen und andere Fähigkeiten zur Wirksamkeit gelangt.

Durch den Kontakt mit diesem göttlichen Bewusstsein kannst Du unendliche göttliche Kräfte in Dir zum Ausdruck bringen.

Wir besitzen auch die Mittel, um auf dem Weg zu dieser Erfahrung des göttlichen Bewusstseins in uns voranzuschreiten. Die Tatsache, dass ein Erkennen, das alle Vernunft übersteigt, dass Wahrnehmungskräfte über allen Sinnesfunktionen, dass die Fähigkeit, das Göttliche zu erfahren und sichtbar zu schauen dem Menschen zugänglich sind, wurde im Laufe der menschlichen Geschichte immer wieder durch Menschen bezeugt, die es selbst erleben durften. Grosse Propheten. Menschen der Gottschau, übermenschliche Wesen, die höhere Kräfte des Göttlichen sichtbar machen konnten, haben die besten Kräfte ihres inneren Wesens dazu verwendet, die unsichtbare Gottheit für uns sichtbar zu machen und uns den Weg zu ebnen. Es ergab sich eine Vielfalt scheinbar verschiedener Wege lediglich daraus, dass sich jeder nach Temperament und Begabung vom anderen unterschied. Dringen wir in tiefgründigem Forschen in den vorhandenen Schatz göttlichen Wissens ein, erschliessen sich zahllose Methoden, mit deren Hilfe wir zum göttlichen Bewusstsein in uns vorstossen und die höchsten Kräfte in uns wachrufen können.

Jeder ist ein Mittelpunkt des unendlichen Geistes, der alles durch unsere Sinne Wahrnehmbare ins Dasein rief. Somit besteht die Grösse des Menschenlebens in der Tatsache, dass es hier auf Erden aus der Gotterfahrung heraus gelebt werden kann. Darin liegt die Grösse eines jeden Menschen: als das Göttliche zu leben, zu atmen und sich zu regen. All die Unvollkommenheiten, Schwächen, das Übel, das Unrecht, der Irrtum und die Unwissenheit, die durch die Sinne und das menschliche Denken hindurch wahrgenommen und erlebt werden, sind nur an der Oberfläche, den Schaumkronen der Wellen vergleichbar, und all die Ruhelosigkeit und Unvollkommenheit der äusseren, materiellen Welt ist nichts, verglichen mit dem unendlichen Meer der Stille, des Friedens, der Ruhe und Vollkommenheit in Dir. Unter den aufschäumenden Wogen und dem Tosen der Brandung herrscht in der Tiefe unendliche Stille und grosser Friede. Wie sehr Du auch über Unvollkommenheiten und Versagen im Äusseren klagen magst - tief drinnen herrscht vollkommene Stille, Kraft und Schönheit. Den Kräften aus Deinem Inneren ist es möglich, Krankheit und Unglück, das Böse, alles Unvollkommene und Schwache, ja selbst den Tod zu überwinden. Dein Körper ist nicht unsterblich; Du aber bist unsterblich. Dein menschliches Erkennen mag begrenzt sein; Du aber bist allwissend. Dein Herz mag von sich widersprechenden Gefühlen ruhelos umhergetrieben sein, Schmerz und Pein mögen Dich ergreifen - tief im Inneren jedoch in ewiger Stille wohnen Friede und Freude, ruht Dein wahres Sein.

Du bist ein Träger des Bewusstseins, aus dem das Universum hervorging. Dem göttlichen Bewusstsein in Dir entspringen unzählige Kräfte. Das ganze weite Universum ist letztlich nur ein winzig kleines Staubkorn aus diesem unermesslichen Urgrund göttlichen Bewusstseins, das sich in seiner ganzen Fülle in Dir selbst befindet. Die Ursache Deiner Weigerung oder Deiner Unfähigkeit, diese Unendlichkeit an Kraft, Freude und Vollkommenheit zu erleben, liegt darin, dass Du Dich so gänzlich in das Vordergründige und Sinnenhafte menschlichen Denkens verlierst.

Die zeit- und raumlose Dimension des menschlichen Bewusstseins gelangt jedoch erst zur Wirksamkeit, wenn die notwendigen Voraussetzungen gegeben sind, wenn schon eine gewisse Bewusstseinserhellung voranging. Die folgenden Tatsachen sind nicht ganz leicht zu verstehen. Sie zu erfahren, erfordert eine in hohem Masse disziplinierte Vernunftkraft; auch zu phantastische Vorstellungen über Gottesmänner sollten wir ablegen. Ferner ist etwas Mut erforderlich, um die Wahrheiten und Prinzipien der Existenz zu erforschen, wie sie in Zuständen erleuchteten geistigen Bewusstseins empfangen und offenbar werden. Doch ist es grundsätzlich jedem Menschen möglich, nach Gott zu suchen und Gott als unendlichen Frieden, als Glück und als Kraft zu erfahren, und zwar hier und jetzt, wo immer wir uns gerade befinden, ganz gleich unter welchen Lebensumständen.

Der inneren Potenz nach ist in jedem von uns ein Plato, ein Franz von Assisi; man kann sagen: alle Mystiker der Welt, alle Kräfte des göttlichen Bewusstseins, alle Vollkommenheiten des Vaters im Himmel befinden sich in uns. Wären diese Vollkommenheiten nicht in uns, bestünden nicht lebendige, unauflösliche, unverbrüchliche organische Verbindungsfäden zwischen Gott und uns, dann hätte die biblische Forderung, vollkommen zu sein wie der Vater im Himmel (Matth. 5,48), keine Geltung. Wenn diese Möglichkeit jedoch besteht, muss sie auch schon in uns angelegt sein.

Wer beobachtet das Wirken der Intelligenz in unserem Denken? Nicht unsere leiblichen Augen. Die äussere Sichtwahrnehmung ist nicht in der Lage, es zu sehen. Es ist eine Fähigkeit in der Intelligenz selbst, die das Wirken der Intelligenz wahrnimmt. So sind es nicht unsere menschlichen Fähigkeiten, nicht die Fähigkeiten unserer Intelligenz, die den Geist Gottes gewahren, sondern es ist eine Fähigkeit des göttlichen Wesens in uns, die das Göttliche begreift. Um das Wirken unserer Intelligenz zu erkennen, müssen wir mittels des der Intelligenz innewohnenden Prinzips erkennen, was der Intelligenz am ähnlichsten und was mit ihr letztlich identisch ist. Ebenso müssen wir, um Gott zu erkennen, Ihn durch das erkennen, was Ihm am ähnlichsten ist und sich als Göttliches in uns befindet: Gott selbst. Die Tatsache, dass Gott in jedem von uns ist und wir ohne Ihn weder atmen noch uns bewegen, weder denken noch fühlen können, bildet die Grundlage all unserer Möglichkeiten. Die Stärke, die Würde und der Genius des menschlichen Individuums beruhen auf der Fähigkeit, die äusseren wie die inneren, subjektiven Beziehungen mit dem Göttlichen in allen Wesen anzuknüpfen. Wenn die Menschen das einmal begreifen und aufhören, am falschen Ort, in der Aussenwelt, nach Glück und Frieden zu suchen, ist eine der Hauptursachen für Streit und Not beseitigt.

 

2. FREUDE

Bewusstsein ist Freude
Das Bewusstsein Deiner selbst, das Wissen, dass Du bist, dass Du lebst und nicht tot bist, ist Glück. Wo immer Bewusstsein ist, wo immer ein Erkennen, ein Gewahrsein seiner selbst ist, sind auch Glück und Freude zugegen. So gehören also Existenz, Bewusstsein und Glück zusammen. Existenz ist die Grundlage des Bewusstseins, und Bewusstsein ist die Grundlage aller Erkenntnis, aller Freude:

An einem reich gedeckten Tisch sitzen zwei Menschen. Der eine schläft, der andere betrachtet die Speisen. Der Schlafende hat keine Freude an den Gerichten, die vor ihm auf dem Tisch stehen, während der andere wach und bewusst die Speisen betrachtet und sich des Anblicks erfreut. Das Glück dieses Menschen ist aus der Erkenntnis entstanden, dass köstliche Gerichte auf dem Tisch stehen, deren Genuss Freude vermitteln kann. Der Schlafende dagegen, dessen Bewusstsein zeitweilig seine Aussenweltfunktionen eingestellt hat, weiss von alldem nichts.

Sobald also das Bewusstsein in Funktion tritt, sind Glück, Erkennen und Freude da. Wo immer Existenz ist, da ist Bewusstsein, und wo Bewusstsein ist, da ist Glück. Dieses sind grundlegende Aspekte der höchsten Wahrheit, alles andere ist darauf aufgebaut.

Aus dem Bewusstsein gehen alle Sprachen, alle Wissenschaften, alle Künste, alle schöpferischen Tätigkeiten hervor und aus diesen wiederum jede Art von Glück, Schönheit, alle Fähigkeiten und Kräfte. Alle Farben, Formen, Namen und Erscheinungen nehmen in diesem Bewusstsein ihren Ursprung. Dies zu erkennen ist an sich schon Freude. So sind Existenz, Erkenntnis und Freude die besten Umschreibungen Gottes.

Hier ist die materielle Welt. Auch im menschlichen Körper ist selbsterkennendes Leben vorhanden und ein Bestreben, sich dieses Lebens zu erfreuen. Doch wir sind begrenzt. Darum wissen wir nicht aus Erfahrung, was wahres Glück und wahre Freude sind. Gott ist reines Glück, das nichts von Unglück weiss, während menschliches Glück vom Wissen um menschliches Leid getrübt ist. Unser Glück ist nicht beständig und unbedingt. Doch wenn wir erfahren, wie wechselhaft das Leben mit seinen Schmerzen und Freuden ist, werden auch die Schmerzen leichter überwunden. Solange wir aber die Glückseligkeit Gottes, die unbedingt und immerwährend ist, nicht erlangt haben, wird dem Leben nicht die richtige Antwort zuteil.

Wie könnten wir jemals glücklich sein mit dem, was uns wieder genommen werden kann? Wir suchen ein Glück, das frei und unabhängig macht. Wir können die Schwierigkeiten des Lebens nur überwinden, indem wir uns an das halten, was allmächtig, allgegenwärtig und allwissend ist. Wenn wir uns erst dessen bewusst sind, dass eine Kraft in uns ist, die uns nie verlässt, dass eine Gegenwart in uns ist, die uns mit Frieden und mit Freude erfüllen kann, auch wenn der Friede und die Freude dieser Welt dahinschwinden, dann sind wir in Sicherheit geborgen. Wenn wir wissen, dass die innere Seele, das göttliche Bewusstsein in uns nicht sterben kann, besiegen wir durch diese Erkenntnis der Unsterblichkeit den Tod.

Durch das Wissen, dass alles vorübergeht, dass es auf der Welt nichts Bleibendes gibt, dass die Quelle allen Glückes in uns selbst liegt und uns in jedem Augenblick glücklich machen kann, überwinden wir das Unglück. Diese Erkenntnis lässt uns das Glück erobern. Darüber sollten wir nachdenken, wenn wir neue Kraft, neuen Frieden und neuen Geist gewinnen wollen.

Menschliche Freuden sind vergänglich und mühevoll zu erlangen. Haben wir sie endlich, verschleissen sie die Nerven und bringen unsere Kräfte zum Versiegen, bis wir dem Alter und der Schwäche erliegen. Wenn sie uns verlassen, hinterlassen sie Leere, Schmerz und Pein. Sie versklaven uns dem süchtigen Verlangen, ihr flüchtiges Dasein wieder zu erwecken. Suche darum das Unendliche, das Göttliche, denn darin allein liegt unbegrenzte Freude, die unvergänglich, unfehlbar, sich selbst erhaltend, unbedingt und zeitlos ist. Hast Du diese Freude erst gewonnen, dann wird das Leben für Dich zum Paradies, die Freuden des Himmels sind Dir sicher, das Licht, die Gnade, die Macht und die Vollkommenheit des höchsten, geistigen Bewusstseins in Dir zeigen sich in Deinem Alltag. Sowohl körperliche als auch mentale Freuden sind abhängig und begrenzt. Sie bedürfen zu ihrer Erfüllung bestimmter Umstände und sind Freuden mehr äusserlicher Art, die mit negativen Nachwirkungen verbunden sind. Darum sind körperliche, gefühlsmässige, selbst poetische und ästhetische Freuden nicht mit der transzendenten Freude vergleichbar. Sie haben einen Anfang und ein Ende, während die Freude, die wir aus der Erkenntnis und Erfahrung des göttlichen Bewusstseins in uns gewinnen, transzendental und von allem unabhängig ist. Sie ist wesenhafte Freude, ohne Anfang, ohne Ende, sie kann überall und jederzeit genossen werden. In überbewussten meditativen Zuständen erleben wir grenzenlose Freude, grenzenlose Kraft, Schönheit und Vollkommenheit.

Wenn wir ein inniges Gotterkennen haben, wenn uns das Selbst, der Odem oder das Reich Gottes im eigenen Inneren zur Erfahrung wurde, öffnet sich uns eine Welt endloser Vollkommenheit, auch während wir uns hier auf Erden in einer Welt von Zeit, Raum und Materie befinden.

In der Erfahrung Gottes liegen unbeschreibliches Glück, unbeschreiblicher Friede, ein nicht zu beschreibendes Mass an Macht, Reichtum und Schönheit. Die Hingabe an diese Erfahrung ist so wunderbar, dass jene, die einmal Berührung mit ihr hatten, niemals mehr zu den Freuden dieser Erde zurückkehren wollen.

Im Vergleich mit dem Glück der Gotterfahrung sind alle Freuden der Menschheit zusammengenommen nicht mehr als ein Kummer, eine Pein, eine leidvolle Erfahrung. Das Glück der Gotterfahrung ist so einzigartig, so unbeschreiblich, dass es mit nichts auf der Welt verglichen werden kann. Wir können uns der Wirklichkeit der Gotterfahrung nur mühsam mit menschlichen Worten und Symbolen in menschlicher Ausdrucksweise anzunähern versuchen, während doch die Freude der göttlichen Erfahrung so unbeschreiblich gross ist, dass es überhaupt keine Analogie in der menschlichen Erfahrung dafür gibt. Jeder Versuch, sie zu beschreiben, muss fehlerhaft bleiben. Doch etwas Licht ist besser als gar kein Licht, und deshalb sind auch die Schriften der Mystiker und Heiligen voll solcher Beschreibungen.

Dein Leben ist ein grossartiger Ausdruck der unendlichen Freude. Das Göttliche, welches unendliches Sein und Glückseligkeit ist, schenkt Sich selbst die Freude, Sich in Form einer endlichen Individualität gegenüberzustellen. Überall und jederzeit ist das Unendliche in Seinem eigenen unendlichen Entzücken, in Seiner Macht und Schönheit festgegründet und wird durch nichts getrübt und durch nichts begrenzt. Es ist Seinem ganzen Wesen nach schöpferisches Bewusstsein voll unendlichen Friedens, aus der Substanz unendlicher Vollkommenheit gebildet. Du bist aus Ihm hervorgegangen und wirst auch wieder zu Ihm zurückkehren. Wenn Du ganz im Gottbewusstsein lebst, wirst Du eins mit der tiefsten Essenz in allen Wesen, in allen Männern, Frauen und Kindern und in der ganzen Schöpfung. Du wirst zur innersten Seele in allen Wesen. Du wirst zum Herzen der Natur. Du wirst zum Licht all dessen, was offenbar geworden ist. Das ist wirkliches Leben. Das ist eine wirkliche Errungenschaft, die eines Gotteskindes würdig ist.

Aber das höchste Bewusstsein lässt sich nicht in uns wachhalten, wenn menschliche Schwächen ins Spiel kommen. Den Zustand innerer Freudigkeit zu einer bleibenden Haltung werden zu lassen, ist das Hauptziel wahrer Geistigkeit. Religion sollte das Glück des Menschen nicht zerstören, sondern es bleibend und vollkommen werden lassen. Wahre Religion verleiht dem Menschen die Fähigkeit, sich über jeden Kummer und alle Sorgen zu erheben. Sie beraubt ihn nicht der Freude. Der beste Beweis für wahres geistiges Leben liegt in einer glücklichen und schöpferischen Haltung, die sich im Alltag bewährt.

Der Mensch ist ein vielschichtiges Wesen. Geistiges Wachstum macht sich auf allen Ebenen seines Seins bemerkbar. Ein Mensch, der Gott liebt, kann nicht negative Gedanken denken, unrechte Gefühle hegen oder falsche Handlungen ausführen. Zu jeder Minute seines Lebens ist er sich bewusst, dass eine alles beobachtende Gegenwart bei ihm ist. Stiehlt ein Dieb in der Gegenwart anderer? Er wird nicht stehlen, wenn er sich beobachtet fühlt. Wie kann ein Mensch, dessen Herz auch nur ein wenig Glaube und Hingabe an das Göttliche besitzt und weiss, dass die Gegenwart, die ihn umgibt, unendlicher Reichtum, unendliche Schönheit, unendliche Kraft und Vollkommenheit ist, jemals in Versuchung geführt werden?

Wie kann ein Mensch, der weiss, dass die Allmacht bei ihm ist und ihre Arme um ihn gebreitet hält, sich je fürchten? Wie könnte er auch nur den Tod fürchten, wenn er doch weiss, dass der Herr des unendlichen, ewigen und unzerstörbaren Lebens bei ihm ist? Wie könnte jemand, der weiss, dass die wundersame Gegenwart des Göttlichen in allen Herzen gegenwärtig ist, jemals irgend einen Menschen hassen oder ihm Böses wünschen?

Ein solcher Mensch wird von selbst die ganze Natur verwandelt und vergeistigt, ja vergöttlicht erleben, sein ganzes Bewusstsein und auch sein inneres psychisches Wesen werden völlig gewandelt. Sein Fühlen und Denken werden anders. So vollzieht sich in ihm eine Umwandlung auf allen Gebieten seines Lebens und seiner Persönlichkeit. Alle Seinsebenen werden emporgehoben. Selbst seine Träume nehmen Bezug auf die Gegenwart der göttlichen Schönheit, auf das göttliche Glück und spiegeln etwas von der Gotterfahrung wider. Unser unbewusstes inneres psychisches Wesen wird durch diesen Läuterungs- und Umwandlungsprozess von allen rohen Kräften befreit.

Wenn wir einen Heiligen wie Franziskus betrachten, sind wir erstaunt, wie spontan und natürlich sein inneres Wesen eins wird mit der Seele in allen Vögeln und anderen Tieren. Sein psychisches Wesen ist durch die Umwandlung für die Schönheit der Natur, die Schönheit in allem Leben höchst empfindungsfähig geworden und empfänglich gegenüber der Wahrheit in aller Schöpfung und der all-segnenden Gegenwart im Herzen aller Dinge.

Das Licht im Menschen
Das Licht in Deinen Augen spiegelt etwas vom Licht des unendlichen Bewusstseins wider. Die Liebe in Deinem Herzen ist ein Offenbarwerden der Liebe des Unendlichen.

Gott wohnt in allen Wesen als ein Licht, das Schönheit ist. Vergleiche einen Schlafenden mit einem Toten. Auch wenn die Augen des Schlafenden geschlossen sind und dieser im tiefen Schlaf nicht weiss, wo er sich befindet, hat der Betrachter doch den Eindruck von Leben. Er gewahrt etwas wie Licht, das in den Zügen spielt. Da sind Bewusstsein und Schönheit. Zuweilen bewegt der Schlafende die Lippen oder seine Glieder. Es öffnet sich vielleicht der Mund und schliesst sich wieder. Auch Laute werden hörbar und verraten Leben.

Wo Leben ist, sind Licht und Schönheit - ja Schönheit ist bedingt durch Leben und Bewusstsein. So ist nun Gott als Ausdruck von Schönheit in allen Wesen gegenwärtig. Schönheit ist das Merkmal des Lebenslichtes im Inneren jeden Wesens. Sieht eine Mutter ihr Kindlein schlafend liegen, dann geht sie hin und streichelt seine Wange voll Zärtlichkeit. Sie findet Schönheit auf den Zügen ihres Kindes spielen - doch fürchtet sie, das Zimmer zu betreten, in dem ein Toter liegt. Der blosse Anblick schon lässt sie erschauern.

Daraus verstehen wir: Wo Leben und Bewusstsein herrschen, ist Schönheit, und Schönheit ist aus Gott. Das Göttliche spiegelt sich in ihr. Die unendliche Schönheit anzubeten, heisst, mit ihr in unserem innersten bewussten Streben eins zu sein. Wir werden eins mit dem, dem unsere Liebe gilt, und was wir denken, sind wir.

Ein Mensch, der beständig an Göttliches denkt, gewinnt ein lichteres Verständnis und ein weiteres, liebevolles Herz. Und was er tut, hat Gott getan. Gott ist bei ihm. Wenn sich auch Prüfungen, Nöte und Fragen ergeben - sie verschwinden wieder: Gott steht ihm zur Seite. Und jedes seiner Gebete stärkt und erhebt ihn, erleuchtet Herz und Bewusstsein.

Gott ist Licht - nicht das äussere Licht, obschon auch dieses leuchten mag. Der Blinde sieht es nicht, er trägt jedoch ein Licht im Inneren, durch welches er Gedanken und Gefühle wahrnimmt. Mit Hilfe dieses inneren Lichtes kann er sich sogar vorstellen, was das Licht im Äusseren sein mag. Licht ist Freude. Und es gibt ein Licht, das über allen Lichtern ist.

Schliesse die Augen. Du siehst nichts von aussen. Innen jedoch siehst Du im Licht des Bewusstseins Gedanken aufsteigen. Du vermagst die guten Gedanken von bösen zu unterscheiden, auch grosse und hohe von kleinen und niedrigen. Wer sieht nun, wie sich dieses Beobachten in Dir ereignet? Es ist ein höheres Bewusstseinslicht, das über der Bewusstseinstätigkeit in unserem Inneren wacht - ein zeitloses Licht, das überall zugegen ist. Es ist in allen und wird von keinem Vorgang in der Zeit betroffen. Es ist unendlich, transzendent, ein Licht ohne jede Finsternis. Es ist das ewige Licht. Es wirkt und schafft in seinen höchst wunderbaren Eigenschaften, die absolut sind. Je mehr wir darüber nachsinnen, umso tiefer erfassen wir Sein Wesen. Je mehr wir darüber meditieren, umso mehr nimmt unser Denken dessen Gestalt und Wesen an und befreit sich aus seiner eigenen engen Form und Begrenztheit.

Wenn ein Raum von innen hell erleuchtet ist, doch weder Türen noch Fenster hat, sondern nur einen Lichtschacht an der Decke, dann findet das Licht aus dem Inneren durch diese Öffnung einen Weg, auf dem es sich mit dem Licht und dem Sonnenschein draussen vereint. Wenn man nun diese Öffnung mit einem dicken Blatt Papier bedeckt, schliesst man das Licht, das drinnen leuchtet, von der allgemeinen Lichtflut draussen ab.

Der Mensch ist diesem Raum vergleichbar. In seinem Inneren befindet sich das Licht des göttlichen Bewusstseins, das Bildnis Gottes. Der Verbindungsweg geht durch das Herz oder das innere Verstehen. Hier vereinigt sich das Licht im Inneren mit dem unendlichen Gotteslicht, das überall zugegen ist.

Wenn nun auf diesem Herzen nur ein einziges Blättchen weltlicher Gefühle liegt - was wird geschehen? Es schliesst das Herz vom Göttlichen ab. So lasse alle Gedanken und Gefühle fallen, die sich nicht auf Gott beziehen. Der geistige Mensch oder der Strebende auf dem geistigen Pfad ist keinesfalls ein Versager im Leben, sondern der produktivste Mensch der Welt. Die grössten Errungenschaften verdankt die Menschheit grossen Geistesmenschen. Wenn wir weltliche Gedanken und Gefühle fallen lassen, gewinnen wir an Kraft und Intelligenz und werden übermenschlich. Sobald sich jedoch auch nur ein dünnes Blättchen weltlicher Gefühle und Gedanken dazwischenlegt, begrenzt es uns, macht uns schwach und schafft Probleme, da es uns von der lebendigen Verbindung mit der endlosen Gnade, Kraft und Schönheit des Göttlichen trennt.

Überall ist strahlend helles Licht. Die Sonne scheint an einem Sommernachmittag. Tausende erfreuen sich des Sonnenscheins, Tausende gehen ihrer Arbeit im Licht der Sonne nach. Doch der Blinde sieht keine Sonne, sieht kein Licht. Für ihn herrscht Dunkelheit wie eh und je. Mühsam tastet er sich vorwärts. Nicht anders ist es mit der Blindheit des menschlichen Geistes. Ringsum strahlt leuchtend hell das Licht von Gottes Gegenwart und Liebe, Gnade, Friede und Vollkommenheit. Überall leuchtet die Sonne der höchsten Wahrheit. Millionen Engel, alle Heiligen und Weisen bewegen sich in diesem Licht und erfreuen sich des Gottesreichs von Ewigkeit zu Ewigkeit; der Mensch in seiner geistigen Blindheit aber sieht Gott nicht und leugnet Seine Existenz.

Angenommen, einem Blindgeborenen würde das Augenlicht geschenkt. Was geschieht? Eine unbekannte Erfahrungswelt tut sich ihm auf, wundersam und neu für ihn. Unendlich viel wunderbarer ist die Welt, die sich uns eröffnet, wenn wir von der Gnade Gottes berührt sind, eine Welt, deren Wunder unbeschreiblich sind. Selbst das beste Leben auf Erden, und sei es das des grössten Menschen dieser Welt, des grössten Herrschers, des grössten Generals, des grössten Künstlers oder Wissenschaftlers, des reichsten Menschen der Welt, ist armselig, verglichen mit dem Leben eines Menschen, dessen Herz mit Gott in Beziehung steht.

Unsere Freude hier auf Erden, wie intensiv sie auch sein mag, ist im Vergleich dazu keine Freude. Sie ist vergänglich und begrenzt und hängt von diesem und jenem ab. Auch wir selbst sind vergänglich. Unsere Macht und unser Reichtum, unser ganzes Menschenleben ist dem gleichen Schicksal unterworfen. Wenn uns jedoch die Gnade Gottes berührt, öffnet sich uns eine vollkommen neue Welt, noch während wir hier in unserem Körper leben und unseren Tagespflichten nachgehen. Eine wunderbare Welt gehört uns, das Königreich des Himmels; ja, wir befinden uns dann in der Welt des allvollkommenen Göttlichen.

Gott ist es, der in Wahrheit Macht verleiht. Er ist es, der uns wahres Glück ermöglicht, wahre Schönheit und wahren Frieden. Er ist es, der das ewige Leben schenkt. Die von der Gnade Gottes berührt sind, wissen nichts vom Tod, auch wenn ihr Körper stirbt, auch wenn die Erdenzeit für sie vorüber ist. Ihr gesegnetes Herz ist Zeuge, wie der Körper stirbt, doch wird es nicht davon berührt. Es ist in die Gnade Gottes eingetaucht. Es ist mit unbegrenztem Licht, mit Schönheit, Macht, Erkenntnis, Glück und Frieden beschenkt. Eine wundersame Welt hat sich ihm aufgetan, eine Welt von ewiger Dauer.

Die Welt, wie sie sich unseren Sinnen darbietet, diese materielle Körperwelt, ist nicht die wahre. Sie ist ein Bereich, in dem die schmerzliche Erfahrung vorherrscht, ein Spielplatz von Freud und Leid, von Hell und Dunkel, Gut und Böse, Leben und Tod. Alle Gegensätze spielen sich in dieser relativen Welt mit ihren engen Grenzen ab, die für die feinen Seelen so bedrückend sind.

Solange wir nicht von der Gnade Gottes berührt sind, gleichen wir einem Blinden; solange sind wir schwach und haben unsere Nöte und Probleme, unsere Ängste und unsere Schwierigkeiten, beklagen wir uns über dieses und jenes. Wir machen Unterschiede zwischen den Menschen. Wir haben unsere Schwächen und Fehler und finden keinen Frieden. Das ist nicht wirkliches Leben; es ist im Vergleich zu dem Leben, das dem von Gott berührten Herzen gegeben ist, eher dem Tode vergleichbar.

Doch wenn das menschliche Innenleben - die Sinne, das Denken, das Fühlen - in einem geläuterten, lichtvollen Zustand sind, beginnt das göttliche Bewusstsein aus Dir hervorzuleuchten. Weil der Urquell in Dir ganz und gar vollkommen, unsterblich, ewig, weil er absoluter Friede, absolute Freude ist, herrscht in Dir ein Verlangen nach Unsterblichkeit, nach letzter Erkenntnis, nach Frieden, Freude und Vollkommenheit. Sobald Du über etwas mehr Weisheit verfügst, kommst Du aus den Kümmernissen heraus.

Die Menschen machen Fehler und ernten deren Folgen. Doch gibt es hie und da einen Weisen, der seine Begrenzungen und Schwächen überwindet und eine Weisheit und Kraft, ein Leben zum Ausdruck bringt, die übermenschlich sind. Wir sprechen von "übermenschlich", einfach, weil wir dies nicht bei allen Menschen finden; in Wahrheit jedoch ist es der natürliche Zustand des Menschen, während das sogenannte anormale» Menschenleben nicht natürlich ist.

Wenn in grosser Reinheit und Hingabe, in tiefer Meditation Deine innere Seele eins mit der Wirklichkeit Gottes wird, dann kannst Du als das Ewige bezeichnet werden; dann kannst Du das Unsterbliche genannt werden; dann kannst Du als das Unzerstörbare betrachtet werden; dann kannst Du allwissend und allmächtig genannt und als das allgegenwärtige Wesen bezeichnet werden, als Schöpfer und Erhalter des Universums.

Vom Menschlichen zum Übermenschlichen
Das ganze Leben ist von Natur aus in Unordnung. Harmonie und Ordnung sind nur in dem zu finden, was auf vollkommene Weise die göttliche Ordnung, den Frieden, die Freude und die Kraft Gottes widerspiegelt. Das menschliche Leben, wie gross und schön es auch sein mag, ist in seinem tiefsten Grunde irgendwie unvollkommen; deshalb kann sich der Mensch niemals endlosen Friedens, beständigen Glückes und unerschöpflicher Kraft erfreuen. Selbst wenn Du ein Gelehrter bist, wohlsituiert, in guten Verhältnissen lebend, auch wenn Du mit acht Kindern und zehn Autos gesegnet bist - irgend etwas stimmt nicht in Deinem Leben. Ein gewisses Unglücklichsein und Missbehagen in Form von Erschöpfung und Beschränkung Deiner Möglichkeiten, irgendwelche Schwächen oder Mängel werden Dir zunehmend bewusst, wenn Du ein gewisses Mass an Intelligenz und Einfühlung besitzt. Der ungetrübte Genuss von Frieden, Glück und was man sich im Leben sonst noch als erstrebenswert denken mag, wird behindert, ganz gleich, ob es sich um einen Wissenschaftler, einen Arzt, einen Bauern, einen Handwerker, ein junges Mädchen, einen Knaben oder eine Hausfrau handelt. Und lacht einmal das Glück, so währt dieses nur kurze Zeit, und es folgen wieder Unglück, Langeweile, Unrast und Unzufriedenheit. Das ständige Greifen nach sinnlich wahrnehmbaren Dingen sichert nicht das Glück, sondern es entgleiten Glück, Friede und Macht immer wieder der Hand des Menschen.

Gehen wir der Ursache dieses Unbehagens, das die Menschen in aller Welt wie eine allgemeine Krankheit, wie ein Grundübel des Lebens verspüren, auf den Grund, dann stossen wir auf die Unfähigkeit, mit jener Quelle in Kontakt zu kommen, die grenzenloses Licht, Liebe, Frieden, Kraft, Vollkommenheit und schöpferisches Bewusstsein ist. Diese Quelle ist unser wahres Selbst, das göttliche Bewusstsein oder Gott in uns. Dieses unendliche Bewusstsein ist überall zugegen und bringt sich als Materie und Leben, als Gemüt und Geist zum Ausdruck. Alle Ordnungen der Wirklichkeit, die Du gewahrst - wie Geist, Materie und Leben - sind Erscheinungsweisen, durch die sich das unendliche Bewusstsein offenbart.

Dieser Bewusstseinszustand ist nun keinesfalls etwas Unnatürliches, sondern eigentlich das Natürlichste der Welt. Er enthüllt das wahre Wesen der göttlichen Natur in uns. Daher darf man nicht den Normalzustand des Menschen im täglichen Leben als natürlich ansehen, denn dieser liegt weit unter dem, was dem Menschen ständig zu eigen sein sollte. Darum ist dieser Zustand auch durch ein Gefühl der Ruhelosigkeit, Unzufriedenheit und des Unglücklichseins gekennzeichnet. Er zeigt sich als eine gewisse Schwerfälligkeit, die Schwierigkeiten, Nöte und Unklarheiten schafft. Die höheren Bewusstseinszustände dagegen zeichnen sich durch Leichtigkeit, durch grössere Freiheit, grösseres Glück und grössere Stärke aus.

Doch ist die Quelle mehr als das, was ihr entspringt, wie ja auch die Erde reicher ist als alle Pflanzen, alle Blumen und Früchte, die ihr entspriessen. Alle, die sich mit dieser Quelle bewusst in Verbindung halten, sind Menschen von grosser Kraft. Ihr Friede, ihre Freude und ihre Vollkommenheit sind so ungewöhnlich wie ihr Gottbewusstsein. Verbinden wir uns mit dieser Quelle, dann sind wir sicher und geborgen, voll Frieden, Glück und Kraft. Wir überwinden die Krankheiten des Lebens und jede Unvollkommenheit. Denn es ist nicht genug, die Quelle nur berührt zu haben; wir sollen etwas von diesem Gottbewusstsein in unserem Leben zum Ausdruck bringen.

In diesem Zustand ist der Mensch glücklich und zum Singen aufgelegt. Ein Gefühl des Gesegnetseins wiederum wird den anderen zum Segen. In diesem Zustand lösen sich alle vorhandenen Schwierigkeiten und Probleme leichter. Auch körperliche Schmerzen werden weniger empfunden und alle Ängstlichkeit verschwindet. In diesem Zustand vernimmt man die Stimme des höheren Selbstes in sich. Man hat das deutliche Gefühl, unsterblich und mit dem Herzen aller Geschöpfe eins zu sein. Zuweilen tut sich der Seele die höchste Wirklichkeit auf, und die Existenz Gottes wird als weit wirklicher empfunden als die der Materie. Das göttliche Bewusstsein ist die zentrale Substanz, die Seele, das Leben und der Atem Deines Seins. Es ist das, was allen Sinn für Werte in Dir trägt und erhält, was die Grundlage aller geistigen Funktionen ist - ein Unbeschreibliches voll Kraft und unbegrenzter Möglichkeiten. Es ist ein allerschaffendes Licht, das in Dir ist und mit dem Du organisch verbunden bist. Ohne dieses bist Du nichts; mit ihm bist Du alles. Wenn diese Kraft beständig bei Dir ist - welche Unklugheit ist es dann, sie nicht zu sehen und sie nicht zu offenbaren? Je mehr Du diese Bewusstseinskraft in Dir erkennst, desto mehr entfaltest Du Deine Fähigkeiten.

Falls Du ein Wissenschaftler bist, wirst Du ein grosser Wissenschaftler. Falls Du ein Arzt bist, wirst Du zum grossen Arzt. So kann eine Verbindung mit diesem inneren göttlichen Bewusstsein wunderbare Schätze aus Deinem Inneren entfalten.

Indem Weisheit und Liebe in uns wachsen, lernen wir mehr und mehr die Wahrheit Gottes erkennen. So wird das Leben zur Freude, nicht eher. Das Leben mit all seinem Reichtum an Schönheit, an Frieden, an Kraft und Erkenntnis wohnt in einem Herzen, das Liebe, Güte und Weisheit hegt. Die äusseren Bedingungen und Umstände, wie wundervoll sie auch sein mögen, können niemals zur Quelle bleibenden und wahren Friedens und Glückes werden. Was zählt, ist das, was wir aufgrund unserer Berührung mit dem Göttlichen in einem Herzen voll Liebe und Weisheit tragen. Wenn wir von innen her Erleuchtung erlangen, wird das Leben zu dem, was es wirklich und wesentlich ist, nämlich zu einer Manifestation der göttlichen Glückseligkeit. Um diese höhere, wahre und wesentliche Dimension des Lebens zurückzugewinnen, ist es unerlässlich, dass der Mensch geistige Erkenntnis gewinnt und beständig ein Gefühl der göttlichen Gegenwart hegt, ist es nötig, sich vom Gedanken an das Göttliche beherrschen zu lassen, von einem machtvollen Gewahrsein des allsehenden, allwissenden und auf alles Antwort gebenden göttlichen Seins.

Der wahre Künstler
Es gibt viele Künstler und auch Künstler verschiedener Art. Einige sind Maler, andere Musiker, wieder andere zeichnen mit der Feder. Über allen aber steht der seltene und höchste Künstler, der sich mit der Formung seiner selbst befasst. Ihm fällt die Freude zu, in jenem Teil seines Wesens zu wachsen, der in alle Ewigkeit im Sein der zeitlosen Wirklichkeit geborgen ist. Er geht einer Erkenntnis nach, die ihn sich selbst in der ganzen Menschheit, in der ganzen Natur, im Göttlichen erkennen lässt. Er handelt, ohne dabei sein Ego zu Worte kommen zu lassen. Er schaltet die hartnäckigen Äusserungen seines Selbstinteresses aus. Er ist von unbestechlicher Wachsamkeit, wenn es gilt, sich die machtvollen Ansprüche egoistischer Bewusstseinsformen und der aus ihnen hervorgehenden Gedanken fernzuhalten. Er taucht jede seiner Energien, sein ganzes Streben und Sein in selbstvergessene Hingabe und ununterbrochenen Dienst an der Gottheit im Menschen. Der wirkliche Künstler ist ein Schaffender von hohem geistigen Rang, der mit einer inneren Freude arbeitet, die nur jenen bekannt ist, die sich selbstlosem Wirken hingeben. Er ist ein Dienender, nicht an der Menschheit als solcher, sondern an der Gottheit in den Menschen, die seine Seele erschaut, die sein inneres Empfindungsvermögen als Gegenwart fühlt, auf die seine geballten Energien ausgerichtet sind. Der selbstlos Arbeitende lebt sein Leben in Übereinstimmung mit den Gesetzen eines Seins, das alles auf Erden irgendwie Fassbare übersteigt. Er führt ein Leben der rückhaltlosen Selbsthingabe, ein Leben, das auf jener Art des Dienens gründet, das nicht nach Lohn verlangt, das keine Vergünstigungen erbittet und sich nicht um Erfolge kümmert. Es ist ein Dienen, das kein anderes Verlangen kennt, als sich dienend zu entfalten und den letzten Tropfen ichhaften Fühlens und Strebens abzustreifen. Es ist ein Leben wunderbaren dynamischen göttlichen Seins, um eine überpersönliche Kraft hervorzubringen, die immer grenzenloser und unendlicher wird, um der mühseligen menschlichen Existenz auf dieser Erde etwas von der Seligkeit göttlichen Seins zu vermitteln.

Der wirklich geistig Strebende ist der grosse und wahre Künstler. Ruhigen Geistes, angenehmen Wesens, voller Liebe, Glauben, Weisheit und reinen Herzens, ist er höchst empfänglich gegenüber allem Wahren, Guten und Schönen der göttlichen Gegenwart. Sein Leben ist beherrscht, geläutert und erhaben. Seine Perspektiven sind weit; sein Herz ist grossmütig. Schönheit bringt sich in seinem schlichten Leben voll göttlicher Würde zum Ausdruck. Seine innere Ruhe birgt eine Schönheit, die kein Künstler malen und kein Dichter schildern kann. Seine Reinheit übt eine Anziehunskraft aus, die kein Lied besingen, noch ein Musiker zum Ausdruck bringen kann. Sein Streben kann kein Himmel begrenzen. Seine Weisheit ist ein Licht, das immer scheint, das nicht, wie das Licht der Sonne auf und untergeht, das nicht, wie das Licht des Tages, von der Nacht überwältigt wird oder wie das Verstandeslicht der grossen Denker gerade dann versagen kann, wenn es am nötigsten gebraucht wird. Seine Gegenwart gleicht einem Duft, der nicht vergeht wie der Duft der schönsten und wohlriechendsten Blüten der Welt. Gesegnet ist das Erdenleben, das zu den Eigenschaften dessen emporblüht, was das Höchste in sich selbst ist.

Das Leben ist nicht schwer, wenn man die Kunst des Lebens beherrscht. Das Leben ist eine hohe Kunst. Doch nicht alle beherrschen sie, und darum finden sie das Leben so schwierig, so voller Probleme, so voll Unstimmigkeiten und Missklang. Widerstände und Schwierigkeiten stellen sich uns nur dann in den Weg, wenn unser Bewusstsein eingeengt ist, wenn ihm die Nerven und der Körper Begrenzungen auferlegen und es mit Unvollkommenheiten behaftet ist, wie etwa der Unfähigkeit, andere zu lieben. Das Herz verfügt über eine lösende und frohe Kraft, wenn es sich wirklicher Nächstenliebe öffnet.

Unter den grössten Dichtern waren ganz schlichte, ungeschulte Menschen, die sich lediglich durch eine grosse Menschenliebe auszeichneten. Die grossen Propheten waren ebenfalls keine Gelehrten, doch ihr Glauben und ihre Liebe, die sie für alle hegten, verliehen ihnen ungewöhnliche Kräfte. Aller Mangel an Inspiration, alle Unfähigkeit, andere zu verstehen oder sich anderen verständlich zu machen, erwächst aus den engen Grenzen unserer Liebesfähigkeit, unserer Geistes- und Bewusstseinskraft. Jegliche Unfähigkeit, die Dinge recht zu begreifen oder sich richtig auszudrücken, ist eine direkte Folge von Unvollkommenheiten unseres Herzens. Darum sollten wir versuchen, das Bewusstsein in einen Zustand emporzuheben, in dem es wahrhaft froh und frei sein kann und bereit ist, Gutes zu vollbringen und Sonnenschein zu verbreiten.

Angenommen, jemand gehe durch den Wald. Er wird von einem starken Regen überrascht und hat keinen Schirm bei sich, so dass er durch und durch nass wird. Gerät er deshalb in Zorn? Schlägt er Alarm? Schreit er irgend jemanden an? Sicherlich nicht. Er begegnet der Lage mit Verständnis, geht nach Hause und wechselt die Kleider. Damit ist die Sache erledigt. Nehmen wir an, derselbe Mensch gehe durch eine Strasse. Aus Versehen giesst jemand Wasser aus dem Fenster des dritten Stockwerkes und trifft zufällig gerade seinen Kopf. Wenn er nun nicht dieses besondere Verständnis besitzt und nicht bemüht ist, die Bergpredigt in die Tat umzusetzen, wenn er nicht vorhat, die in ihm ruhenden Vollkommenheiten des Vaters im Himmel zum Ausdruck zu bringen, dann wird alles in ihm in Aufruhr versetzt und er ist sich und anderen lästig. Besässe er jedoch etwas Einsicht und Liebe und etwas von der guten Absicht, aus dem Leben einen Gesang des Friedens, des Glücks und der Freude zu machen, dann hätte er der Situation stillschweigend Verständis entgegengebracht.

Das Leben verlangt von uns den ständigen Einsatz jener Verstandeskraft, die jede schwierige oder herausfordernde Situation löst, oft ohne auch nur den Finger zu rühren, jener Kraft, die das Dunkel von den Ereignissen des Lebens vertreibt, ohne Hand an sie zu legen oder etwas gegen sie zu unternehmen. Wie verwickelt, verwirrend, wie schmerzlich auch eine Situation oder Erfahrung sein mag, der Betroffene meistert die Lage mit Hilfe eines tieferen Verstehens. Dieses bringt einen anderen Standpunkt mit sich und verleiht die Stärke, die aus einer unpersönlichen Sichtweise erwächst, indem wir die Situation unter neuen Gesichtspunkten im grossen Zusammenhang sehen. Das wahre Verständnis hebt den Menschen, der sich zu neuen Perspektiven aufschwingt, über allen Tumult, über alles Versagen, über allen Widerstand und Unmut, über alle Versuchungen, Prüfungen und Herausforderungen hinaus. Auch die grösste Schwierigkeit verliert ihre Stosskraft und zeigt zuweilen selbst gute Seiten, sobald das rechte Verständnis erwacht.

Probleme gibt es nur, wo das Verstehen getrübt oder durch plötzlich auftauchende negative Regungen wirkungslos wird - wenn etwa der Stolz sein Haupt reckt, die Eitelkeit uns anspringt, ein Anfall von Eifersucht uns überwältigt, ein entstellendes Vorurteil sich einschleicht oder ein vorschnelles Urteil und Ungeduld zum Fehlverhalten führen. Schwierigkeiten und die nicht selten daraus hervorgehenden Fehlschläge, Niederlagen und Verzweiflungstaten entspringen einer unbeherrschten, menschlichen Natur, jenen Trieben und Neigungen, die noch nicht durch die Bemühungen um ein zur Einheit führendes Ziel, um eine befreiende Tugend, ein erleuchtendes Ideal oder einen allumfassenden Wert umgewandelt sind.

Ganz besonders in unserer Zeit des übermässigen Lärms, zu vieler Ablenkungen, nervenzerrüttender Aktivität und ebensolcher Vergnügungen fordert das Leben von uns auf Schritt und Tritt viel Verständnis. Wo Verstehen herrscht, haben wir das Leben in der Hand, bleiben Friedensstifter und darüber hinaus eine Quelle des Glückes und der Kraft für uns und andere. Durch ein solches Verstehen, das allen Aspekten des Lebens besondere Farbe verleiht, sie beeinflusst und umwandelt, kommt das Göttliche in uns, das tief in unserem Inneren verborgene Bild Gottes, zu vermehrtem Selbstausdruck.

Welten über Welten, Kräfte über Kräfte, Mächte über Mächte sind in Dir. Viele Bereiche der Wirklichkeit sind Deiner Erfahrung verschlossen, weil Du auf den engen Wahrnehmungsbereich Deiner fünf Körpersinne angewiesen bist. In Wahrheit ist ein allerschaffendes Licht in Dir, mit dem Du auf ewig verbunden bist. Diese Einsicht solltest Du bewusst pflegen und sie Dir im Alltag vor Augen führen. In dem Masse, als Du zur bewussten Erfahrung des Göttlichen in Dir, zur Erfahrung der Einheit und Identität mit dem Vater im Himmel gelangst, der in Deinem Herzen wohnt, bist Du ein Mensch voll unerschütterlichen Friedens, der beständiges Glück und ausserordentliche Kraft in sich trägt. Viele ungewöhnliche Dinge werden in Deinem Leben vor sich gehen, und Du wirst Grosses vollbringen. Wunder werden sich ereignen.

Ein Leben als Mensch auf dieser Erde zu führen - mit all seinen Notwendigkeiten wirtschaftlich-materieller Art - und sich dennoch nicht von den Kräften des menschlichen Bereichs binden zu lassen, sondern über sie hinauszuwachsen, um eine bewusste und dynamische Erkenntnis dieser unendlichen Bewusstseinswirklichkeit in sich zu erlangen - das macht den Menschen gross, das Leben kostbar. Dies zu erreichen, ist nicht von einem Tag zum andern möglich; doch wir können es von jetzt an üben, wenn wir nur innerlich bereit sind und uns von den Dingen dieser Erde nicht gefangennehmen lassen.

Das höhere Bewusstsein lässt sich jedoch nicht in uns wachhalten, wenn menschliche Schwächen ins Spiel kommen. Den Zustand innerer Freudigkeit zu einer ständig bleibenden Haltung werden zu lassen, ist das Hauptziel wahrer Geistigkeit. Der beste Beweis für wahres geistiges Leben liegt in einer glücklichen und schöpferischen Haltung, die sich im Alltag bewährt.

Sei tapferen Herzens!
Es ist gleich, welche grossen Vorteile, Besitztümer und Werte Du im Leben haben magst, Dein Leben wird doch zur einen oder anderen Zeit, in dieser oder jener Stunde mit Problemen vor Rätsel gestellt, es begegnet dem Unglück und steht Versuchungen und Herausforderungen gegenüber.

Während Du in allem, was in Dir positiv ist, und in allem, was eine Quelle der Freude für Dich ist, weiterwächst, versuche tapferen Herzens zu bleiben angesichts der Anstrengungen, der Spannungen, der Schicksalsschläge, der unglücklichen Situationen und Ereignisse.

Lerne eine Lektion von der Sonne. Kann die Sonne erwarten, dass sie von der Belästigung der Wolken, die dunkel und manchmal gewitterhaft sind, befreit wird? Nein. Vor Billionen Jahren war die Sonne entstanden, und dennoch ist sie bis heute nicht fähig, sich von der Belästigung der Wolken zu befreien. Jahr für Jahr, Monat für Monat und fast Woche für Woche beeinflussen so die Wolken die Strahlen der aufgehenden Sonne, so dass ihre volle Kraft auf der Erde nicht zur Wirkung kommt. Wenn die mächtige Sonne dies so ruhig und heiter trägt und genau so weiter scheint, warum erträgst Du nicht ebenso die Wolken Deines Lebens mit Ruhe und Heiterkeit? Denke doch daran, dass die Prüfungen nur kommen, um wieder zu vergehen. Es gibt kein Unglück, das bestehen bleibt und das nicht leicht vergeht. Kein Leid ist grösser als Deine Kraft, es zu tragen, denn Deine inneren reichen Hilfsquellen sind grösser als Deine äusseren Herausforderungen. Ruhe, Geduld, Güte, eine positive Einstellung und das Vertrauen in das, welches die unendliche Intelligenz, die unendliche Kraft, der unendliche Friede und die unendliche Freude ist, von denen Du innerlich nie getrennt werden kannst - sie werden Dich befähigen, jede dunkle und beklemmende Wolke in Deinem Leben zu vertreiben und beständig Sonnenschein auf Erden zu verbreiten.

 

 3. KENNZEICHEN DES
WACHSENDEN LEBENS

Geistige Entfaltung
Was ist ein geistig Strebender? Im Grunde kann jeder Mensch, der von geistigen Gedanken, Gefühlen und Erfahrungen beherrscht ist, als solcher bezeichnet werden. Ein geistiger Mensch ist, wer von höherem Streben erfüllt ist und sich von einer Vernunft leiten lässt, die von ihren Fesseln befreit und durch eine Liebe voll intuitiver Wahrnehmung des Unendlichen geläutert ist.

Das ganze Leben des geistig Strebenden spielt sich vor dem Hintergrund des Unendlichen ab. Er ist ein von wahrer Vernunft erfüllter Mensch, voll echter Erkenntnis und Weisheit. Er allein ist realistisch, praktisch und wahrhaft optimistisch, weil er nicht vergänglichem Gewinn nachläuft, nicht Ausschau hält nach Umständen und Bedingungen, die doch einmal vorübergehen. Er strebt nicht nach Besitz, der wieder verloren geht. Er begnügt sich nicht mit Fähigkeiten an der Oberfläche seiner Persönlichkeit, die ihm zu anderen Zeiten oder in anderen Situationen abhanden kommen können. Er verlässt sich auch nicht auf Hilfsmittel ausserhalb seiner selbst, die ihn in Augenblicken der Not im Stiche lassen können. Er ist realistisch und praktisch, indem er sein Leben auf etwas gründet, das unvergänglich ist und niemals aufhört, ihm Glück, Macht und Erkenntnis zu gewähren. Er ist sich selbst ein Licht. Er ist so praktisch und so stark, dass kein Lebensumstand und keine Tragödie, kein Problem und keine Schwierigkeit, keine Situation und keine Lebensbedingung ihn je negativ beeindrucken können. Da er sein Leben der Führung der Vernunft, der Weisheit, der Liebe und des höheren Bewusstseins unterstellt hat, beherrscht er alles, ohne sich von irgend etwas beherrschen zu lassen. Er meistert sein Leben. Er ist Herr seines Körpers. Er vermag Harmonie in den zwischenmenschlichen Beziehungen und sozialen Gegebenheiten herbeizuführen. Er ist auch Meister seines eigenen Geistes, Meister über die Kräfte der Natur, Meister über alles, was ihm begegnet. Sein Leben ist auf unerschütterlichen Grundlagen aufgebaut. Er fällt nicht der ewig veränderlichen menschlichen Natur zum Opfer und auch nicht den unberechenbaren Einfällen des menschlichen Geistes; nie wird er von dem unverlässlichen menschlichen Verstand irregeführt. Sein Geist ist von jener unfehlbaren Weisheit erfüllt, die aus der Erkenntnis der Einen Wahrheit fliesst. Er ist sich selbst ein Licht, weil sein Wissen fortwährend aus seinem Innern hervorquillt; und dieses Wissen allein ist grundlegende und zeitlose Erkenntnis. Die Entdeckungen Einsteins können in späteren Zeiten einmal widerlegt werden; das Wissen des geistig Strebenden jedoch ist nie überholt, noch bedarf es teilweiser Richtigstellungen. Unter keinen Umständen verliert es je seine Gültigkeit.

Das Herz des geistig Strebenden sieht überall das Feuer und Licht des göttlichen Bewusstseins: Von jedem Menschen strahlt das Göttliche aus; überall werden göttliches Licht und göttliches Bewusstsein sichtbar.

Der geistige Mensch sieht sich in ein Meer des Friedens und der Freude, der Kraft und Stärke getaucht. Sein Herz schwimmt in grenzenloser Freude, in grenzenlosem Licht. Er ist von der Erfahrung des Einen erfüllt. Sein Leben und Schicksal, all sein Tun wird zum äusseren Spiel. Immer wieder hat er von sich den Eindruck, dass er die zeitlose, körperlose Wirklichkeit voll unendlichen Friedens, voll unendlicher Freude ist. Immer wieder verschwindet die ganze Welt, und das grenzenlose Licht voll Friede, Freude und Erkenntnis steht vor ihm. Nerven, Füsse, Zähne, Nägel, Finger - alles ist aus dem grenzenlosen Licht des göttlichen Bewusstseins gebildet. So wie sich alles, was sich in einem Spiegel zeigt, in einem Augenblick auflösen lässt, indem man den Spiegel in eine andere Richtung dreht, so verschwindet die ganze Welt ins Nichts, sobald der geistig Strebende den Spiegel seines Bewusstseins auf das Göttliche richtet.

Ist denn das Spiegelbild der Stadt mitsamt den Bergen als solches wirklich? Nein. Es ist nur eine Erscheinung. Genau so ist die ganze Welt für das Herz des Geistesmenschen nur Erscheinung und verschwindet augenblicklich, sobald sich der Spiegel seines Bewusstseins dem Göttlichen zuwendet. In ihm spiegelt sich eine Unendlichkeit an Schönheit, spiegeln sich Friede, Erkenntnis, Freude, Macht, Gnade und Licht.

Erforsche Dein inneres Wesen und ermesse Deinen Fortschritt daran, ob Du solche Erfahrungen, Gefühle und Gedanken kennst und Dich bemühst, den Spiegel Deines Inneren beständig auf das Göttliche zu richten um jedem Gegenstand, in jedem Menschen, überall einen Ausdruck des göttlichen Bewusstseins zu sehen.

Wenn eine junge Mutter, die erst vor wenigen Tagen ihr dreijähriges Kind verlor, ihr Gesicht im Spiegel betrachtet, dann taucht beim Blick in den Spiegel plötzlich das Bild des Kindes statt ihres eigenen auf, und die Tatsache des Todes ihres Kindes verfolgt sie, wohin sie geht, wie eine traurige Begleitmusik im Hintergrund ihres Bewusstseins. In ähnlicher, nur freudig erhebender Weise ist der geistig Strebende ständig vom Bild und von der Gegenwart des Göttlichen beherrscht.

Löse in Deinem Bewusstsein die ganze Welt im Licht des unendlichen Göttlichen auf. Bitte das Göttliche um Tilgung jener Unwissenheit, welche die Ursache Deiner illusorischen Weltschau ist und Dich die Dinge für wirklicher ansehen lässt als Gott. Erbitte die Gnade, das Göttliche überall zu sehen, innen wie aussen, und grenzenlosen Gottesfrieden und Freude überall zu erleben. Möge Dir Sein Wesen, das unendliche Schönheit, Gnade, Liebe, Licht und Vollkommenheit in allem ist, offenbar werden. Mit jedem Atemzug lasse Deine Intelligenz und Dein Herz in der grenzenlosen Kraft und Erkenntnis, im Licht, im Frieden, in der Schönheit und Freude Gottes tanzen.

Fühle, wie die Allmacht Gottes Dich umgibt, wie Myriaden Spiegel Gottes auf Dich gerichtet sind. Fühle, dass Du im Meer von Gottes Gnade, Frieden und Freude schwimmst. Sei ein tapferer Kämpfer Gottes, der auch unter Schwierigkeiten durchhält. Ja, heisse sie willkommen, denn sie bringen Deine Kräfte zur Entfaltung. Sei zu grossen Opfern bereit, denn das herrlichste Leben ist jenes, das voller Opfer ist. Je mehr Du opferst, umso mehr bist Du zu opfern fähig, denn die Energien Gottes sind unendlich. So lasse Gottes Willen sich durch Dein Tun und Wesen zum Ausdruck bringen.

Furchtlosigkeit und Frohmut
Furchtlosigkeit und innere Heiterkeit gehören zu den Erstlingsgaben wahren geistigen Lebens. Die Furcht lähmt unsere Kraft. Wer beim Schwimmen in einer Flussmündung von Angst befallen wird, wenn er die zum Meer ziehende Strömung spürt, ist leicht verloren. Die Strömung ergreift den von Furcht Geschwächten und treibt ihn ins Meer hinaus, auch wenn er sonst die Kraft besessen hätte, sie zu besiegen. So kann auch keine negative Strömung irgendwelcher Art den geistig Strebenden ergreifen und vom Weg des Fortschritts abbringen, wenn er mutig, furchtlos und stark ist. Ein wenig Angst schon schwächt uns innerlich und bringt uns in Schwierigkeiten. Darum sind Mut und Furchtlosigkeit die Tugenden eines wahren geistig Strebenden. Aus Mut wächst Sieg, aus Sieg wächst Freude.

Wir brauchen uns nicht zu fürchten, denn in uns, um uns, in jedem Knochen und in jeder Zelle wohnt die unendliche Kraft des Göttlichen. Sobald wir uns auch nur einen Augenblick lang von Angst ergreifen lassen, haben wir die Wahrheit schon geleugnet; dies ist eine Treulosigkeit der Wahrheit gegenüber, die daraufhin Abstand von uns nimmt und uns den Schwierigkeiten überlässt. Je mehr wir also klar erkennen und bejahen, dass in uns und um uns eine mächtige und allbesiegende Kraft ist, schwinden alle Befürchtungen und Ängste.

Warum haben wir allen Grund zu frohem Mut? Weil Gottes unendlicher Reichtum, Seine Liebe, Sein Licht, Sein Schutz, Seine Freude, Seine Weisheit und Seine nie endende Kraft in uns und um uns sind. Darum seien wir heiter und voll Freude! Bleiben wir durch die beständige Anrufung Gottes mit der grenzenlosen Kraft, dem Licht und der Freude verbunden. Was könnte uns schrecken? Was uns stören? Wenn wir furchtlos und froh sind, werden wir das Leben immer erfolgreicher, immer dynamischer meistern und eine Quelle der Freude für uns und für andere sein. Fortschritt lässt sich an beständiger innerer Freude und unermüdlicher Kraft zu wirkungsvollem Tun erkennen, ist doch das Wesen des Göttlichen das allerhöchste Glück, und jeder kleinste Fortschritt zu Gott hin macht uns glücklich.

Frieden und Stille
Die Menschen des wahren Friedens, der wahren Freude und Kraft sind wirkliche Heilige, Mystiker und Weise. Sie allein sind Herr über ihren Körper, sie haben die Welt, das Leben und den Tod überwunden. Sie allein sind wahre Menschen auf Erden. Sie allein verfügen über ein Glück, das jenes des sinnesfreudigsten Menschen der Welt weit überragt, eine Freude die auch kein Multimillionär auf dieser Erde je erleben kann. Sie allein sind völlig furchtlos, wo sonst jeder unter der Sonne Geborene dieser oder jener Angst verfällt.

Für sie ist auch unsere Zeit eine Zeit der Offenbarung Gottes. Anderen mag sie als Zeit der Zerstörung und des Verfalls erscheinen, weil sie nicht wach und aufgeschlossen für die höheren Wirklichkeiten, Wahrheiten und Prinzipien sind. Sie sind noch schlafend für Gott. Sie sind in ihrem inneren Bewusstsein, in ihren Gefühlen und Erfahrungen von der rettenden und erlösenden Kraft des Allmächtigen abgetrennt. Gross ist ihr Verlust. Sie müssen viel Leiden und Pein erdulden. Das Leben selbst ist für sie eine Überbeanspruchung. Es erfüllt nicht ihre Wünsche und macht sie unglücklich.

In der Welt schwirrt es von Nachrichten aller Art. Sie kennt keinen Frieden. Sie hat keine Ruhe. Sie hat keine Kraft, kein Glück. Sie hat keine Kenntnis der Wahrheit. Doch während jeder von einer unglücklichen Welt voller Begrenzungen spricht, halte Du die Wurzeln Deines Geistes tief in das unmittelbare Erleben der Vollkommenheiten des göttlichen Reiches versenkt.

Liebe ist Dir natürlich. Deine Seele, Dein ganzes Leben ist licht. Weisheit quillt aus Deinem Innern. Kein Wesen gibt es auf der ganzen weiten Welt, dem Du nicht schon in Deinem Herzen in aller Stille Wohlergehen, Gesundheit, Glück und Gedeihen, Gottes Gnade und Segen gewünscht hättest.

Lege im Geiste Blumen der Anbetung voll Liebe und frommer Verehrung auf die Schwelle eines jeden Hauses in Stadt und Land. Schliesse die Augen und denke an alle, die Du kennst. Erkenne sie als Ausdruck des göttlichen Seins, als Erscheinungsformen Christi, als Verkörperungen des Göttlichen. Sprich in Deinem Inneren mit dem Christus in all diesen Formen und sage: "Mein Gott, Du bist das Königreich unendlicher Seligkeit. Du bist endlose Weisheit, endlose Kraft, unendliche Liebe. Du bist das Brot und die Kraft. Du bist der Friede, die Freude und das Glück. Du bist das Licht der Ewigkeit. Dir sei Ehre und Ruhm! Lebe Du in meinem Herzen und nimm es ganz zu eigen. Sprich durch meinen Mund. Atme Du in mir. Lasse durch mein Tun und Wirken Deine Liebe und Weisheit scheinen. Lasse mich ganz in Dich hineingenommen werden, und lebe Du ganz in mir. Du bist meine einzige Stärke, mein einziger Schatz. Du bist der Anfang und das Ende meines inneren Lebens. Dich allein habe ich nötig. Wenn ich nur Dich habe, dann habe ich alles."

Lebst Du im Geist dieses Gebetes, dann wirst Du Ihn in jedem Raum des Hauses sehen. Gehst Du in die Küche, ist Er da. Gehst Du ins Bad, ist Er da. Gehst Du ins Schlafzimmer, ist Er da. Dein Bett ist in strahlendes Licht gehüllt. Engel umstehen es. Legst Du Dich nieder, geschieht dies in Seiner Gegenwart, in Seinem all-heilenden Licht, in Seiner allschützenden und allsegnenden Gnade. Siehst Du Menschen vor Dir, dann wirst Du Seiner im Herzen dieser Menschen gewahr. Wie deren Charakter auch beschaffen sein mag - Er wohnt in allen.

Wie sollen wir Ruhe, tiefe, innere Stille und Frieden finden? Indem wir uns mehr und mehr des inneren Ozeans des Friedens und der unendlichen Freude, der in uns, um uns und überall ist, bewusst werden. Wie bleiben wir unberührt von allem Lärm, allen Ablenkungen, allem Unheil und aller Unruhe? Indem wir uns auf einen Punkt in unserem Inneren zurückziehen, der nicht angreifbar ist. Es ist ein allvollkommenes, unendliches göttliches Bewusstsein überall zugegen, ein Bewusstsein, das ganz voll Frieden, Stille, Segen, Liebe, Licht und Vollkommenheit ist. Dieses ist in uns, bei uns, rings um uns. Es beobachtet und sieht uns, es kennt und versteht uns, es macht all unsere Erfahrungen erst möglich. Indem wir uns mehr und mehr dieses Göttlichen in uns und um uns bewusst werden, indem wir immer tiefer über diesen unendlichen Frieden, diese unendliche Gegenwart, über dieses göttliche Bewusstsein nachdenken, nimmt unsere innere Ruhe und Stille zu. Wenn unsere Aufmerksamkeit völlig in den Erfahrungen der Aussenwelt aufgeht, wenn wir auf alles hören und alles sehen, was an uns herankommt, wenn wir uns von diesem Durcheinander stören lassen, dann sind wir ruhelos.

Werden wir uns dagegen des unendlichen Friedens, der unendlichen Ruhe und Stille der göttlichen Gegenwart bewusst, dann übt dieser äussere Lärm keine Wirkung mehr auf uns aus. So ist eines der grössten Geheimnisse, stille zu werden und in innerer Stille zu verharren, beständiges Nachdenken über die göttliche Gegenwart und das wunderbare göttliche Bewusstsein in uns selbst und rings um uns her. Was ist das Wesen dieses göttlichen Bewusstseins, dieser göttlichen Gegenwart? Es ist voller Liebe, voll Licht und Gnade, voll Frieden, Stille, Vollkommenheit, Schönheit und Harmonie. Es ist voll der alles mit Kraft durchströmenden Energien Gottes.

Lasst uns mit unserem Gebet die Erde segnen. Lasst uns die Erde segnen mit unserem geheimen Einssein in dem aus sich selbst hervorquellenden, uns allezeit zugänglichen, unendlichen Frieden, der Freude und Fülle des allsegnenden Gottes.

Die Freude des Gebens
Bereite Dir selbst die Freude, andere glücklich zu machen. Entsprechend Deinen Talenten und Gaben, Deinen Kräften und Fähigkeiten tue Dein Möglichstes, die Welt zu bereichern. Frage nie: "Was kann mir der andere geben?" Mache es zum Grundsatz Deines Lebens, freudig zu geben und stets zu überlegen: "Wie könnte ich anderen eine Freude bereiten?" Ein kleines, enges Herz fragt: "Welche Freuden hält die Welt für mich bereit?" Ein edles, weites Herz hingegen ist bestrebt, die Welt mit äusseren Gütern und inneren Freuden zu bereichern. Durch solches Wirken wird es froh und glücklich.

Der Ozean denkt nicht ständig: "Kommt dieser Strom und führt mir Wasser zu? Kommt jener Fluss und füllt mich?" Der Ozean ist majestätisch, gross und mächtig. Er kann nicht ausgetrocknet werden. Er bittet nicht die Flüsse, ihm zu dienen. Er gibt bereitwillig aus seiner Fülle Wassermengen von sich, erlaubt der Sonne in völliger Selbstaufgabe, ihm diese zu entziehen und in Wolken zu verwandeln. Er tränkt die Erde aus diesen Wolken mit Regen, und das Wasser rinnt wiederum zu Tale und strömt den Flüssen zu. So ernährt er die Menschheit, lässt Ernten entstehen und grünende Fluren.

Wer ist der Glücklichste?
Wer ist der glücklichste, der reichste, der friedvollste und wunderbarste Mensch? Dies kann ein heiliger Franziskus im Gewand eines Taxifahrers sein - oder auch eines Bankdirektors, eines Offiziers, oder einer Hausfrau. Er ist einer, der das höchste Ideal im Herzen trägt und es im täglichen Leben zu verwirklichen sucht. Er hat im Sinne, diesem Höchsten zuliebe zu leben und zu wirken, diesem Höchsten zu gehören, das allgegenwärtig, allvollkommen ist und alles zur Erfüllung bringt. Schauen wir uns einen solchen Menschen an. Er lässt sich auch vom Schlimmsten nicht erschüttern. Sein Herz ist durchkraftet von Liebe, Hingabe, Weisheit, Gnade, Friede. Er ist in sich und für sich selbst ein Freudenfest und wird es auch für andere. Keine Lage, wie verführerisch auch immer, kann ihn je in Versuchung bringen, und keine Lage ist zu peinvoll, um ihn abzuschrecken, ihm schliesslich zu verleiden, denn seine Kraft ist übermenschlich. Sein Friede geht über jedes menschliche Verstehen hinaus. Er ist von einer hohen Freude des Seins erfüllt. Tapfer, frei, furchtlos besteht er jede Prüfung.

Du trägst alle Fähigkeiten in Dir. Latent sind alle unendlichen Möglichkeiten des Göttlichen in Dir enthalten. Bitte, sei so gut und bringe sie zur Entfaltung - langsam aber sicher, mit Geduld und Ausdauer! Wachse in der Weisheit und erwirb auch Du die Gnade, den Frieden, die Freude und die Kraft! Ja, sie können auch Dein sein, und Du bist dann der wunderbarste Mensch der Welt.

 

 4. DIE QUELLE DER KRAFT

Wirkliche Kraft - Ausdruck des Höchsten in Dir
Wenn der Mensch nach wirklicher Kraft verlangt, nach einer Kraft, die unendlich viel grösser ist als jene, mit der Nietzsche seinen Übermenschen ausstattete, nach einem Frieden, der nicht nur alles menschliche Verstehen übersteigt, sondern tatsächlich der Friede Gottes ist, nach einer Freude, die unbeschreiblich grösser ist als alle Freuden der Welt zusammen, dann ist es allerdings erforderlich, dass er sich von höheren und immer höheren Zielen leiten lässt, dass er beständig versucht, sein Wesen zu läutern, zu verfeinern, sein irdisches Bewusstsein zu verwandeln und seine Kräfte zu sublimieren.

Als erstes erinnere Dich daran, dass in Dir und um Dich unendliche Kraft ist, ein Bewusstsein, das hinter allen Vorgängen der menschlichen Psyche steht. Es ist das Göttliche. Es gibt keinen Punkt im ganzen weiten Universum, wo es nicht mit Seiner unendlichen Macht zugegen wäre, mit seiner gänzlich reinen, guten Kraft, die Liebe und Erbarmen ist, die ohne Anfang und ganz ohne Grenzen ist. Sie war vor Millionen Jahren und wird noch nach weiteren Millionen Jahren sein. Sie hat Stoff, Geist und Leben, hat alles Erschaffene aus sich hervorgebracht und ist in ihnen allen.

Dieses göttliche Bewusstsein tritt in einem entwickelten menschlichen Denkvermögen deutlicher zutage und offenbart sich schöner in einer Liebe und einem Verhalten, die dem Wissen um unseren wahren Wesenskern entspringen. Doch ist es darum nicht weniger wahr, dass es in jedem Punkt des Raumes und in jeder Zelle Deines Körpers ebenfalls mit seiner ganzen Allmacht und Allwissenheit zugegen ist.

Die Begrenzungen unserer Macht erfahren wir, weil wir in unserer Liebe und Erkenntnis begrenzt sind. Durchbrich die Schranken, die Dich an der Ausdehnung Deiner Liebe und Erkenntnis hindern, so wirst Du mit Jesus sagen können: Ich und der Vater sind eins.

Keine Macht der Welt kann uns überwinden, denn die unendliche Kraft der Gottheit ist in uns, um uns und überall. Doch warum steht sie uns nicht ständig zur Verfügung? Warum erfreuen wir uns nicht immer dieser Kraft? Warum sind wir durch die äussere Form begrenzt? Wir sind in Unwissenheit gehüllt. Sobald wir aber die absolute Macht in uns erkennen, die Gott ist, erlangen wir Herrschaft über Erde und Natur, die dem Menschen in der Bibel zugesprochen wird.

Das Wesen Gottes ist voll unendlicher Möglichkeiten, ist Sieg und Erfolg. Bei Gott ist nichts unmöglich, während dem Menschen in seinen Begrenzungen vieles nicht möglich ist Sein Name ist Versagen, Misserfolg, Unmöglichkeit. Gott aber ist überall als ewiger Reichtum zugegen. Er ist auch im Menschen, als unvergänglicher Reichtum des inneren Bewusstseins.

Du bist eine Quelle des Segens
Wie eine rotglühende Platte ständig Hitzewellen aussendet, die dem Auge zwar verborgen sind, doch mit der Hand aus der Nähe empfunden werden können, so strahlt die Seele eines wahrhaft erleuchteten Menschen beständig Wellen einer erhebenden, segnenden, befreienden und erleuchtenden Liebe, Reinheit und Güte aus, die dem leiblichen Auge verborgen und auch dem groben Intellekt nicht erkennbar sind, von geistig sensitiven Menschen jedoch erspürt und erfahren werden. Ein solcher Mensch wird zu einem Quell des Segens für das ganze Universum, schon durch sein blosses Dasein auf Erden. Ein Mensch, der nicht von Falschheit, Sinnlichkeit, Trägheit, Selbstsucht und anderen Leidenschaften und Verkehrtheiten der menschlichen Natur befallen ist, empfindet grosse Freude an einer solchen Seele, und selbst die Tiere freuen sich über seine Gegenwart.

Es steckt sehr viel mehr im Menschen als alle Soziologen, Psychologen und Philosophen, alle führenden Persönlichkeiten in Politik und Wirtschaft je erkannt haben. Es gibt kein grösseres Versäumnis im Leben, als von dieser Wahrheit nichts zu wissen, als ohne Kontakt mit der Quelle aller Vorzüglichkeit zu bleiben, die wir im Geiste Gottes bereits in uns tragen, als auf dieses immerwährende Anrecht zu verzichten, das jedem, auch dem Geringsten aller Sterblichen, verliehen ist. - Wo wäre Gott nicht? Es ist Sein Licht, das alles erleuchtet. Es ist Sein Licht, aus dem alle Schöpfung hervorging. Es ist Sein Licht, das alle Schönheit erhält.

Es gibt Töne, die so niedrig oder so hoch sind, dass wir sie nicht hören. Es gibt den Lichtwellen verwandte Strahlen von so hoher und so niedriger Schwingungsfrequenz, dass sie sich ausserhalb unseres Wahrnehmungsbereiches befinden. Unser physisches Auge ist vielen Bedingungen unterworfen. Es ist von zu intensivem Licht geblendet, so dass es nichts mehr sieht. Das Licht des Göttlichen, das von unserem inneren Bewusstsein überall in allen Dingen wahrgenommen werden kann, ist unsichtbar für unser äusseres Auge, bis es durch unsere Bewusstseinsentwicklung seine engen Begrenzungen überwindet.

Es ist das Licht Gottes, das in unserem Herzen als Gottesliebe glüht. Es ist Sein Licht, das jegliche Wahrnehmung, Offenbarung, Intuition, jede Art von Sehen, von Einsicht und jede Art von Genialität hervorruft. Es ist die Freude unseres Daseins. Es ist immer bei uns. Es schützt und nährt die unerschöpfliche Essenz unserer Seele mit Seiner grenzenlosen Schönheit und Liebe. Möge unser Herz innerlich immer mit Ihm sprechen, mit Ihm wandeln, möge es Ihn hier und dort und überall erfühlen. Möge die Gnade des allsehenden und allgegenwärtigen Gottes uns mit Seinem Licht durchfluten.

Der Demütige wird die Welt besiegen
Demut ist Macht. Sie tritt spontan in Erscheinung, sobald die Hingabe zum Göttlichen gross genug ist. Demut trägt unbegrenzte Kraft in sich. Das Wasser erweckt den Anschein, sanftmütig und schwach zu sein, doch seine Macht höhlt den Stein, verändert das Gesicht der Landschaft, bewegt riesige Erdmassen und trägt Berge ab. Der Fluss ist sehr demütig und ist doch in der Lage, Felsen zu durchbrechen. Ein Sämling, der schwach und zart erscheint, trägt die Kraft in sich, einen Stein zu sprengen und Mauern zu durchwachsen. So machtvoll ist die Demut.

Nimm ein Glas Wasser und giesse seinen Inhalt ins Meer! Das Wasser in seiner Demut geht sofort im Meere unter. Es liefert sich dem Ozean aus. Es wird so zum Erben des Meeres und ist dann so gross und so mächtig wie der Ozean selbst. Die Sanftmut des Wassers, das im Glase war, lässt es die Weite, die Schönheit und Macht des Ozeans erleben.

Der Mensch ist das Glas Wasser, und Gott ist das Meer. Die Kraft, Genialität und Vollendungsmöglichkeit des Menschen liegen in einer Sanftmut, die jener gleicht, mit der sich das Wasser dem Meer unterordnet. Fehlt es an dieser Übergabe an Gott, dann ist der Mensch Gefahren ausgesetzt.

Es gibt Millionen Menschen auf Erden, die nicht die nötige Sanftmut aufbringen, sich dem grenzenlosen Ozean der Gegenwart und Macht Gottes anzugleichen. Während sie so dahinleben, bleiben sie von den echten Freuden des überfliessenden Lebens, der göttlichen Macht, Weisheit und Schönheit abgetrennt.

Nimm ein Stück Holz und wirf es ins Meer. Weit davon entfernt, sich dem Ozean unterzuordnen und so die Weite des Meeres zu erlangen, bleibt es in der starken Schale seines Ego eingeschlossen. Es wird umhergestossen und von den Wellen zermürbt, bis es endlich seine Gestalt verliert und zerfällt.

Es wird uns berichtet, dass der heilige Franziskus eines Tages mit einem Begleiter zu einem Kloster namens S. Maria dell'Angeli unterwegs war. Es war Winter, und er litt heftig unter der bitteren Kälte. Da rief er seinem Begleiter, dem Bruder Leone, der ein wenig vor ihm dahinschritt, zu: "Bruder Leone, auch wenn wir Brüder im ganzen Land ein hohes Beispiel der Heiligkeit und Erbauung liefern - merke es Dir wohl und schreibe es auf, dass dieses nicht die Quelle vollkommener Freude ist."

Ein Stück Weges weiter rief St. Franziskus wiederum "Ach Bruder Leone, auch wenn wir Brüder Blinde sehend machten, Lahme heilten, Teufel austrieben, den Tauben das Gehör schenkten, Gichtbrüchige gehen und Stumme reden machten, ja selbst einen Toten nach vier Tagen wieder zum Leben erweckten - merke Dir, dass darin nicht die vollkommene Freude liegt."

Und er ging wiederum ein wenig weiter und rief laut: "Bruder Leone, auch wenn ein Bruder alle Sprachen und alle Wissenschaften beherrschte und die ganze heilige Schrift auswendig kennte und zudem imstande wäre, die kommenden Dinge und die Geheimnisse des Gewissens und der Seele zu offenbaren - schreibe nieder, dass dies nicht die Quelle der vollkommenen Freude ist."

Nach einer weiteren Wegstrecke rief Franziskus laut: "O Bruder Leone, Lämmlein Gottes, wenn ein Bruder auch mit Engelszungen redete und den Lauf der Sterne und die Kräfte der Kräuter kennte, wie auch alle Schätze der Erde, und Bescheid wüsste über alle Vögel und Fische und sonstigen Tiere, und ihm ebenso die Eigenschaften der Menschen und der Bäume und der Steine und der Wurzeln und der Gewässer offenbar würden, dann merke Dir dennoch, Bruder Leone, dass darin nicht die vollkommene Freude ist."

Franz ging noch ein wenig weiter, und darauf sagte er mit lauter Stimme: "O Bruder Leone, wenn ein Bruder auch zu sprechen verstände, dass alle Ungläubigen sich zum Glauben Christi bekehrten, dann merke Dir dennoch, dass darin nicht die vollkommene Freude ist!"

Und so fuhr er fort zu reden über zwei Viertelmeilen

Weges. Zuletzt aber sagte Bruder Leone mit grosser Verwunderung: "Vater, ich bitte Dich um Gotteswillen, dass Du mir sagst, wo die vollkommene Freude zu finden ist."

Und Franz erwiderte ihm: "Wenn wir jetzt nach Portiuncula kommen und vom Regen durchweicht, von der Kälte erstarrt, vom Kot der Wege beschmutzt und vor Hunger ermattet sind und wir so an die Klosterpforte klopfen und der Pförtner kommt und böse ist und sagt: "Wer seid ihr?" und wir sagen: "Wir sind zwei Deiner Brüder!" und er sagt: "Ihr redet nicht die Wahrheit, sondern ihr seid zwei Strassenräuber, die umhergehen und die Leute anführen und den Armen die Almosen stehlen; fort mit Euch!" - wenn er also redet und uns nicht öffnet, sondern uns draussen im Schnee und im Wasser und in der Kälte hungrig stehen lässt, und die Nacht hereinbricht, und wenn wir dann solche Schimpfworte und eine solche Bosheit und eine solche Behandlung ertragen, und sie über uns ergehen lassen, ohne böse zu werden und ohne gegen ihn zu murren, und wenn wir statt dessen demütig und liebevoll denken, dass dieser Pförtner uns recht gründlich kennt und dass Gott es ist, der ihn gegen uns reden lässt - o Bruder Leone, merke Dir, dass dies die vollkommene Freude ist!"

Die Dimension selbstlosen Wirkens
Ein starkes Persönlichkeitsbewusstsein ist die Ursache aller menschlichen Bedingtheit, allen Leidens und aller Begrenzungen. Lebe und arbeite nicht als kleiner Mensch, sondern löse das Persönliche und Individuelle auf und arbeite als ein Zentrum göttlicher Liebe und göttlichen Lichtes. Lebe als Bewusstsein, nicht als Körper. Lebe als eine göttliche Gegenwart, nicht als ein menschliches Wesen. Der Gedanke ist eine Kraft. Schöpferische Ideen sind eine Kraft. Der Wille ist Kraft. Eine starke Persönlichkeit ist eine Kraft. Doch ist es nicht die rohe, selbstsüchtige, egoistische Kraft, die in dieser Persönlichkeit zur Auswirkung kommt: in ihr ist das Ego beherrscht. Ihre inneren Energien erfahren eine Umwandlung, indem sie sich in ihrem Wirken mit Leib und Seele an hohe Werte hingeben. Grosse Persönlichkeiten arbeiten für ein Ideal, mit einem hohen Ziel vor Augen, das grösser ist als das kleine Ich.

Freiheit vom Ich oder Selbstlosigkeit ist eine sehr grosse Kraft. Wie gross und schwierig auch immer eine Arbeit sein mag, sie hört auf, eine Belastung zu sein und hinterlässt keine negativen Auswirkungen auf Vitalität und Gesundheit, sobald der Mensch weiss, dass er nicht selbst der Wirkende ist, sondern dass die unpersönliche Intelligenz, die unpersönliche Kraft in ihm das eigentlich und letztlich Wirkende ist. Sobald wir uns selbst für die Wirkenden halten, beginnt die Not.

Ein wahrer geistig Strebender ist dem Ozean, der Alltagsmensch einem Teich vergleichbar. Wenn nur ein kleines Bächlein daherkommt und in den Teich fliessen möchte, ist er schon aufgewühlt und in Unruhe versetzt und fängt an sich zu beklagen, als wäre sein Dasein bedroht. Der Ozean jedoch lässt es still geschehen, dass alle Flüsse der Welt sich in ihn ergiessen und empfängt sie alle.

Der wahre geistig Strebende ist ein strahlendes Feuer. Alle Schwäche verschwindet aus seinem Leben. Wenn er meditiert, ist alle Freude der Welt in seinem Herzen vereinigt. Alle geistigen Kräfte der Welt sind in seinem Herzen gesammelt. Er ist eine Kraft, die aller reglosen Schwere, Unwissenheit, Dunkelheit und Stumpfheit der Materie entgegenwirkt. Nichts ist ihm unmöglich. All sein Tun und Wirken ist göttlich. Er ist mit weitem und tapferem Herzen zu Grossem bereit, so dass das Unmögliche für ihn möglich wird. Sein Wesen ist in direktem Gegensatz zur menschlichen Natur, die alles schwierig findet, die voller Klagen und Beschwerden ist und das Wirken des Geistes in schwere Fesseln schlägt.

Stelle Dein Ich, Dein gefährliches, bedenkliches, ungutes kleines Ego zur Seite. Solange man störenden Faktoren aus der niedrigen Natur ausgesetzt ist, ist man kein wirklich geistig Strebender und der Gottesgnade noch nicht würdig. Darum sollten wir uns im Alltag immer wieder aus unserem Ich herauszuheben suchen, Name und Form zurücklassen und nicht mehr in persönlicher Weise wirken wollen. Je unpersönlicher wir in dieser Hinsicht sein können, um so stärker und machtvoller wird sich die innere Seele zum Ausdruck bringen, um so mehr werden wir geläutert und um so stärker ziehen wir die Gnade Gottes herbei.

Die Macht der Liebe
Gott ist nicht nur unendliche Liebe, sondern auch unendliche Macht; denn Liebe ist Macht: eine wahre Grossmacht, eine Macht, die alles überwindet ohne es anzurühren, alles beherrscht ohne zu kämpfen. Ein wahrhaft geistig Strebender ist in dieser grenzenlosen Liebe, die grenzenlose Macht ist, fest verwurzelt.

Liebe ist eine sehr dauerhafte Energie. Sie ist die wohltätigste Macht im Universum. Sie ist jeder mechanischen, materiellen und elektrischen Energie unvergleichlich überlegen.

Die Bewegung auf Gott hin ist nichts anderes als ein grossartiges Wachstum unserer Liebe, unserer Weisheit und Kraft, unserer Milde, Strahlkraft und Vollkommenheit. Als Ergebnis dieser Hinwendung zur ganz und gar lichten, allvollkommenen Gottheit gelangen zugleich viele der höheren Eigenschaften, die unserem geistigen Sein innewohnen, im äusseren Leben zur Entfaltung.

Ist Liebe etwa ein Merkmal der Materie? Gewiss nicht. Sie ist Eigenschaft des Geistes Gottes in uns. Weil der Geist Gottes in uns ist, tragen wir in uns den Drang zur Höherentwicklung, die Neigung zu einer erweiterten Sicht, zu hohen Gedanken, zur Erkenntnis des Göttlichen, zur unwillkürlichen Bewunderung alles Edlen, Grossen und Schönen, sowie eine spontane Würdigung der geistigen Lehren Jesu. Aus dem gleichen Grunde findet sich auch die Bereitschaft, alles aufzugeben und zu opfern, um den Spuren Christi zu folgen, dessen Leben und Lehren und dessen wirkmächtige Gegenwart uns zu Freiheit, Heil und Rettung führt. Weil der Geist Gottes in jedem von uns zugegen ist, erhebt sich aus unserem Inneren ein beständiges geistiges Streben, das sich in meditativen Stimmungen, im Verlangen nach Gotterkenntnis, im Verlangen, das Göttliche zu fühlen und wahrzunehmen, bekundet. All dies ist nicht Funktion der unbelebten Materie, auch nicht auf Gehirnprozesse oder irgendwelche Vorgänge in unserer begrenzten Vernunft zurückzuführen; vielmehr ist es der Geist Gottes in uns, der sich auf diese Weise in Seinem Ebenbild bezeugt. Im Gottesgeist in uns liegt die Möglichkeit unserer Gemeinschaft mit dem unendlichen Gott, mit der ewigen, unermesslichen Liebe, dem Licht, der Schönheit, der Erkenntnis und dem Leben. Nicht der Körper kann mit Gott in Gemeinschaft treten, und ebensowenig kann dies das unvollkommene, irrende, abgelenkte und von Ängsten und vielfacher Unruhe geplagte menschliche Fühlen und Denken. So wie wir den Raum in einem Zimmer mit dem Geruch schöner, wohlriechender Blüten oder mit Weihrauchduft erfüllen können, so können wir den Raum um uns mit dem Duft unserer Liebe erfüllen. Wie wir eine Batterie mit Energie aufladen, so können wir alles mit Liebe aufladen.

Sieh, wie ein unguter Mensch voll Gier und Neid die Nahrung, die ein anderer zu sich nimmt, durch einen blossen Blick darauf vergiften kann, so dass dieser ein paar Stunden lang Beschwerden hat. Warum? Offensichtlich haben dies die negativen und zerstörerischen Energien der Habgier und des Neides, die durch nichts als den Blick der Augen auf die Nahrung übertragen wurden, verursacht. Darum können wir den Wert einer liebenden Mutter, die ihren Kindern das Essen bereitet, nicht hoch genug schätzen. Eine solche Mutter übermittelt der Nahrung sehr wohltuende Energien der Liebe und des Wohlwollens, indem sie in ihrem Herzen den Wunsch trägt, dass die Kinder tüchtig essen und gedeihen mögen.

So wie aus einem guten Herzen heraus Essen und Trinken mit wohltätigen Energien oder aus einem unguten Wesen heraus mit zerstörerischen Energien um uns her mit den Energien der Liebe und des Wohlwollens aufladen. Sieh Dir zwei Pflanzen an: die eine im Zimmer eines gütigen, liebevollen Menschen, der sich immer segnend und liebend um sie kümmert, die andere in einem Zimmer, dessen Eigentümer voll negativer Ge danken und Gefühle ist. Alles um ihn her ist von Energien des Hasses aufgeladen, und die Pflanze antwortet auf diese Kräfte damit, dass sie langsam zugrunde geht. Wie liesse sich besser beweisen, dass wir beständig den Äther des Raumes um uns her mit aufbauenden oder zerstörerischen Energien, mit Kräften der Liebe oder des Hasses aufladen? Wir sollten versuchen, den Raum um uns mit Energien und Schwingungen der Liebe und des Wohlwollens zu erfüllen. Liebe trägt Verehrung in sich, und diese ist Nahrung für alles, was einem Ding oder einer Umgebung Dauer verleiht. Die Dinge halten länger und besser in der Nähe von Menschen, die beständig den Raum um sich mit guten Schwingungen erfüllen. Die Energien schlechter Gedanken und Gefühle, die Kraft negativer seelischer Zustände lassen die Dinge rasch zugrundegehen. Liebe ist eine bewahrende, vereinigende und harmonisierende Kraft, wie es keine zweite gibt. Sie ist die mächtigste Energie der Welt. Je mehr wir sie in den Raum um uns her aussenden, je mehr wir sie den Dingen aufprägen, je mehr wir sie aufgeladen werden können, so können wir alles rings durch unsere Augen, unseren Blick, unsere Berührung, unsere Gegenwart mitteilen, je mehr Liebe in uns erwächst, um so grösser wird die Fülle der aufbauenden, positiven und wohltätigen Energien in unserem Inneren.

Im Zimmer eines Rauchers riecht alles nach Rauch und verrät, dass sein Bewohner Raucher ist. Die Liebe aber ist eine weitaus feinere, subtilere und dauerhaftere Energie, und sie durchdringt die Dinge, die um uns sind, viel stärker, als der Rauch es je vermag.

Ob Du ein Philosoph oder ein geistig Strebender bist, ein Gedanken- oder ein Gefühlsmensch - ohne die Entfaltung echter Liebe ist keine Gotterfahrung möglich. Die Liebe ist auch bei den am stärksten intellektuell ausgerichteten Wirklichkeits- und Wahrheitssuchern als Erscheinungsform der Wahrheit wie auch als die Kraft des Strebens nach ihr enthalten. Sie befähigt den Einzelnen, über die Materie hinauszugelangen und seine Identität zu erkennen. Darum sende Ströme der Liebe durch alle Nerven und Zellen Deines ganzen Wesens. Liebe reinigt. Sie läutert und erleuchtet. Sie ist Leben, ist höchstes Erlangen. Sie ist Unsterblichkeit. Sie ist Genialität und jene Kraft, aus der die Dinge ihren Ursprung haben.

Gott ist der einzig wahre Liebende, der wahre Vater, die wahre Mutter. Er ist auf keines Menschen Liebe angewiesen. Sein Wesen selbst ist Liebe. Er besteht ganz aus Liebe. Er allein ist wirkliche und wahre Liebe. Darum halte Dich an Gott.

Das verständige Herz
Ein verständiges Herz ist ein steter Segen. Salomon erbat von Gott ein solches Herz, und es wurde ihm geschenkt. Die Gnade Gottes hilft uns, ein verständiges Herz zu entfalten. Das Verstehen erwächst mehr und mehr aus unserem Inneren, je mehr wir das schon einmal erlangte Verständnis nützen. Verstehen ist eine Gabe des inneren göttlichen Wesens in uns, das sich in immer höherem Masse bekundet, bis das Verständnis im Innersten und die zutagegetretene Erkenntnisfähigkeit gleich grenzenlos und zu einem einzigen Verstehen ohne Unterscheidung von Innen und Aussen geworden sind.

Was immer wir an Güte, Verstehen, Geduld, innerem Licht schon haben, sollte ständig eingesetzt werden. Bis zu welchem Grade wir auch immer schon über Tugenden verfügen mögen, wir können damit anfangen, sie beständig in unserem vielseitigen Alltagsleben zu üben. Eines Tages werden wir zur lebendigen Verkörperung der Schätze des Geistes und des Lichtes. Hass und Abneigung dagegen sind uns nicht natürlich. Sie sind unserem Innersten fremd und nicht einmal nötig, um den Anforderungen des Tages gerecht zu werden. Sie gehören nicht wesenhaft zu uns, und Gott formte uns nicht nach ihrem Vorbild, sondern nach Seinem eigenen Bilde der göttlichen Güte und Liebe, des Friedens, der Freundschaft und Vollkommenheit. Daher sollten Hass und Abneigung in unserem Denken und Verhalten, in unserem ganzen Leben keinen Raum einnehmen dürfen.

Wenn Du in Gemeinschaft mit anderen lebst und arbeitest, dann bietet sich Dir eine goldene Gelegenheit, Dich selbst zu prüfen, ob Du ein liebevolles Herz hast oder nicht. Jemand kommandiert Dich; jemand beleidigt Dich; jemand ist stets anderer Meinung; jemand macht Lärm und stört Dich. So hast Du alle Arten von Prüfungen zu bestehen. Besitzest Du jedoch ein wenig Liebe, dann werden alle diese Prüfungen zu grossen Segnungen für Deine rasche geistige Entfaltung. Ein Heim oder ein Haus, wo Stille herrscht, ist wunderbar; da hat man seinen Frieden. Doch ist das nicht der rechte Platz, um innerlich zu wachsen. Nur ein Ort, wo sich von allen Seiten Widerstände erheben und der so zum Prüffeld für uns wird, kann uns innerlich wachsen lassen. Wenn Du an einem solchen Ort im Gleichgewicht der Sanftmut und Ruhe bleiben kannst, bist Du auf dem rechten Weg.

Das Leben findet seine höchste Freiheit und sein wahrstes Glück, wenn wir das Herz besitzen und den Geist, die Christus eigen sind und in der Bergpredigt zu Worte kommen. Wir wollen unser Bestes tun, um in immer höherem Masse unsere Stärke, unser Licht, und alles Positive aus uns hervorzuholen. Unsere Gegenwart soll eine Freude und Anregung, eine Quelle des Friedens und ein Segen für die Erde sein.

Es gibt für Dich keine Feinde, keine Bedrängnisse, keine Störungen, wenn Du nur Verständnis, Liebe, Weisheit, Glauben und Vertrauen hast: Vertrauen in die grosse Wirklichkeit, Vertrauen in die Wahrheit, die Liebe, Frieden, Glück, Erfüllung und ewiges Leben ist. Alle Menschen gehören dann zu Dir, alle sind gut und wenden Dir ihr Wohlwollen zu. Warte ab und bringe zunächst Dein eigenes Haus in Ordnung. Sieh zu, dass Güte in Dir herrscht. Wenn diese immer mehr heranwächst, ist die ganze Welt Dein eigen. Wenn Liebe in Dir wohnt, dann ist Dir alles liebenswert,und alles wird Dir liebend entgegenkommen. Sollte Dich irgend jemand hassen, verklagen und verleumden, dann warte ab und sieh geduldig und verstehend zu. Entziehe diesem Deine Liebe und Güte darum nicht. Wunder werden sich ereignen. Bleibe in diesem Bewusstseinszustand. Du bist ein Gotteslicht. Führe Dein Leben in Harmonie mit der hohen Wahrheit, dass das Bild, der Geist, der Atem Gottes in Dir ist.

Das Geheimnis des Friedens und der Fülle liegt in der Grösse unserer Dankbarkeit und schenkenden Liebe, in Fleiss und Edelmut. Sie sind etwas Grosses, ja Göttliches. Sie können unser Leben mit Kraft, Frieden, Freude und Vollkommenheit erfüllen. Es gibt auf der Welt viele Menschen, die trotz grossen Reichtums und beneidenswerter äusserer Lebensumstände bedrückt und unglücklich sind. Es gelingt ihnen nicht, die Fülle des Lichtes und der Liebe, der Freude und Kraft an sich heranzuziehen, weil es ihnen an dem starken und beherrschenden Gefühl der Dankbarkeit, der gebefreudigen Liebe und Grossmut fehlt. Die Bibel sagt, dass die Liebe eine Menge Sünden zudeckt. Wo Dankbarkeit herrscht, ist rasches Wachstum möglich. Wo Grossmut sich verströmt, wohnen Fülle und Frieden.

Diese Welt stellt eine eigenartige Mischung aus guten und üblen Kräften dar. Innerlich vornehme und reine Menschen sind selten, während es genug Menschen gibt, deren zweite Natur es ist, Fehler zu entdecken und Kritik zu üben. Sie erleben die Welt durch die Brille ihrer niederen Regungen. Ihre Ansichten stecken voller Vorurteile, und ihr Wesen ist begrenzt. Sie fallen leicht den Sinnen und den Verkehrtheiten ihres Willens zum Opfer. Sie sind mehr von Unwissenheit und Egoismus als von Einsicht und Erkenntnis geleitet.

Von alledem sollten wir uns nicht beeinflussen lassen, sondern in einer Welt der Erleuchtung leben. Und wie erleuchten wir das Innere? Durch geistige Gedanken, geistige Erkenntnis, durch Hingabe und Glaube, durch Reinheit und Güte, durch Anerkennung der Wahrheit. Versuche also, Dein ganzes Inneres immerzu mit göttlichen Gedanken und Gefühlen, mit dem Nachdenken über das Wesen des Göttlichen zu erleuchten. Wenn Du Dich mit dem Körper identifizierst, dann kommt viel Not über Dich; erkennst Du Dich jedoch als Geist und Seele, als das innere Selbst und denkst über das Wesen der Wirklichkeit nach, dann bist Du erleuchtet und Herr über den Körper und die Umstände des äusseren Lebens.

Wenn wir vom rechten Verständnis erfüllt sind, kann uns nichts unglücklich machen. Gehe darum nicht zu schnell auf irgendwelche Bemerkungen anderer ein. Irgendeine Art von Betrunkenheit mag den lieblosen Worten, der voreiligen Kritik und den unbedachten Handlungen zugrundeliegen. Wir wollen immer mehr jenes Verstehen erwerben, das aus der Macht der Güte, der Erkenntnis und der Milde erwächst und für uns und andere einen wirklichen Himmel erschafft. Auf diese Weise schreitet Gottes Herrschaft auf Erden voran.

Jeder ist Dein Freund, wenn Dein Herzschlag von Freundlichkeit geprägt ist. Hast Du ein warmes Herz voll echter Liebe, dann strahlen Deine Augen. Dein ganzes Antlitz leuchtet und verkündet es. Dein Benehmen drückt es aus. Um Freundschaft brauchst Du nicht zu bitten.

Schenke anderen Liebe, und die Liebe wird tausendfach zu Dir zurückkehren. Schenke anderen Frieden, und der Friede wird auf Dich zurückfluten. Erweise anderen Ehre, und man wird Dir ein Übermass an Ehre erweisen. Bringe anderen Menschen Verständnis entgegen, sei bereit zu vergeben - und Verständnis und Vergebung werden Dir in Fülle zuteil. Diene und opfere, und die ganze Menschheit wird zu Dienst und Opfer für Dich bereit sein.

Leise, ohne Worte, allein durch die prägende Kraft Deines Vorbildes verbreite, wo immer Du bist, begnadetes, wunderbares Leben. Lasse durch edles Denken und Tun mehr und mehr göttliches Licht, göttliche Liebe, göttliche Weisheit und Demut erblühen.

Gesegnet sind, die im Bewusstsein Gottes leben. Dreifach gesegnet sind, die sich Gott so völlig ausgeliefert haben, dass sich Gottes eigenes Bewusstsein durch ihre Intelligenz, durch Regungen ihres Herzens und durch ihr lichtvolles Handeln zum Ausdruck bringt.

Quelle der Kraft und des Friedens
Wenn das Leben Leiden mit sich bringt, dann sei geduldig und vertraue auf das Höchste in Dir, auf Gott. Geduld und Gottvertrauen sind wirkliche Kraft und Stärke. Auch wenn das Glück Dir lächelt, so dauert dies nicht lange, und Zeiten der Not und Trübsal folgen. Nur Weise und Heilige, edle, praktische und geistige Philosophen können beständig glücklich sein. Nimm daher die Herausforderungen des Lebens an wie sie sind. Lebe nicht als ein Mensch dieser Erde, sondern als ein Kind Gottes. Lebe als Sohn oder Tochter Gottes und lasse Dich nicht von dem verwirren, was um Dich her geschieht. Lasse, während Du in der Welt lebst, Dein Herz immer wieder in den unendlichen Frieden und die grenzenlose Liebe Gottes zurückkehren. So allein gewinnst Du die Kraft, das äussere Leben siegreich zu bestehen. Sprich immer wieder zu Deinem Herzen: Die Begrenzungen des Lebens sollen mich nicht länger in Fesseln schlagen. Gott ist mein Frieden und meine Freude. Er sieht mich, beschützt mich und lebt in mir. - Versuche so, im äusseren Leben mehr und mehr Harmonie zum Ausdruck zu bringen. Überall gibt es Probleme und Sorgen, niemand bleibt jemals ganz von ihnen verschont. Versuche, sie so heiter wie nur möglich zu tragen und zu besiegen.

Wie kommt uns Stärke zu? Sie kann aus der Weisheit kommen, die Prüfungen ertragen hilft und alles im Licht der göttlichen Erkenntnis sieht. Sie kann aus dem vollen Vertrauen auf die lebendige Gegenwart des Göttlichen kommen, die uns leitet. Sie kann aus beständigem Wachstum, aus der inneren geistigen Höherentwicklung, der Entfaltung unserer Talente und Fähigkeiten erwachsen.

 

 5. DAS MENSCHLICHE LEBEN  

Das dem Leben innewohnende Streben
Das Innerste des Lebens verlangt nach göttlicher Vollkommenheit. Die Stimme des Göttlichen in uns sagt: Alle Zeit gehört mir. Die Vollkommenheit des Unendlichen, des Vaters im Himmel, alle Schätze im Bereich des göttlichen Bewusstseins gehören mir. Wer sein ganzes Leben von Liebe, Wahrheit, Güte, freudigem Sehnen und von göttlichem Bewusstsein bestimmen lässt, wird in ungebrochenem Frieden, in Vollkommenheit und Furchtlosigkeit leben, und all seine Arbeit auf dieser Erde wird hundertfältig Frucht tragen.

Stecke Dir ein hohes Ziel, so wirst Du wenigstens die Hälfte davon erreichen. Schönheit verblüht und Jugend entweicht. Das Leben schwindet von Minute zu Minute. So besteht für uns äusserste Dringlichkeit, uns auf dem Weg zur Erfahrung göttlicher Vollkommenheit voranzukämpfen. Im Herzen wollen wir die höchsten geistigen Gefühle erwecken. Unser Geist soll die Form der Schönheit, des Lichtes und der Liebe durch ständige Betrachtung der unendlichen Schönheit, des unendlichen Lichtes und der unendlichen Liebe, welche Aspekte Gottes sind, annehmen.

Der höchste Wert, der erhabenste Wert, das einzige, was zu retten vermag, der einzige Reichtum, das einzige Leben, die einzige Wahrheit, das einzige, was Gedeihen, Freude, Gesundheit und wahres Leben schenkt, ist Gott. Verliere nie den Halt am Göttlichen, auch nicht für eine Minute oder einen Augenblick. Lebe nicht in der Sündhaftigkeit Deiner privaten und persönlichen Gefühle, Gedanken und Pläne, sondern aus einem grossen, weiten Herzen der Hingabe, des Glaubens, des Lichtes, der Güte und der Geistigkeit. Wenn Du wirkliches Glück, wahren Frieden und Erfolg im Leben wünschst, dann berühre das Göttliche, sei kompromisslos in Ihm verwurzelt. Alles übrige wird Dir hinzugegeben. Alles andere rückt dann an seinen rechten Platz. Nichts wird Dir fehlen. Du wirst jetzt und für immer gesegnet sein.

Durch Mangel an Ernsthaftigkeit vergeudest Du Dein Leben. Darum sei ernst und aufrichtig und halte mit Deinem ganzen Herzen am Göttlichen fest. Dieses Sich-Anklammern an Gott ist Dein grösster Schatz und wird Dich mit dem wirklichen Leben, dem wahren Licht, dem wahren Frieden und Glück beschenken. Das Gute, das Du tust, bringt Dich dem Herzen Gottes näher. Es ist nicht etwas, das Du persönlich für Dich behalten und geniessen könntest. Sobald Du dieses möchtest, bist Du in der Welt der Illusion, der Täuschung, des Todes, der Probleme und Sorgen befangen, eingespannt in Raum und Zeit. So behandle alles um Dich wie in Dir und alles, was Du für Gott tust, nur als ein Mittel, um ins Reich des wahren Lebens zu gelangen.

Die Prüfungen des Lebens kommen und gehen. Während sie da sind, rufen sie Kräfte wach, die in uns verborgen lagen. Sie erwecken Fähigkeiten, die bisher in uns brach lagen. Sie machen uns im Willen stark, im Herzen tapfer, an Erfahrung reicher, so wie auch rauhe, gefährliche Meere die besten Kapitäne formen. Die Grösse des Menschen erwächst aus seinen Schwierigkeiten. Aus unserem Inneren heraus fliesst uns die Stärke zu, wenn wir schweren Situationen gegenüberstehen. Geduld lässt schliesslich die schwersten Prüfungen erlahmen. Weisheit bahnt uns neue Wege, sie zu mildern, und die Zeit hilft mit, sie endgültig zu überwinden. Und so ist die Zeit nicht ferne, wo wir eine Welt des Friedens, der Freude und der Kraft erlangen.

 

 Eine Analyse des menschlichen Lebens

Das Leben hier auf Erden ist in sich selbst nicht ganz zufriedenstellend. Das Leben in dieser Welt und in diesem Körper ist nur eine vorbereitende Stufe, um zu einem höheren Leben emporzusteigen.

Was wir sehen und wovon wir hören, ist nicht das Ganze. Das Wirkliche liegt jenseits davon. Das gegenwärtige Leben dient uns als Leiter, um das Wirkliche zu erreichen. Es ist ein Wirkungsfeld, das dem Menschen Bedingungen und Umstände bietet, um seine Beziehungen mit dem allerhöchsten göttlichen Leben anzuknüpfen und zu festigen. Daher ist es falsch, unseren Lebenshorizont auf die sichtbaren Phänomene der Wahrnehmung zu beschränken und unsere Wertschätzung vom objektiven Wert der Dinge her bestimmen zu lassen. Die Erhabenheit und Grösse unseres Lebens hängt davon ab, wie weit wir uns zum Gesetz des innersten Lebens im höchsten Sein emporschwingen.

Zwischenmenschliche Beziehungen haben nur solange ihre Berechtigung, als sie uns nicht von den ewigen Gesetzen der geistigen Natur ablenken. Weder soziale Wohlfahrt noch wirkliche Verbesserung staatlicher Verhältnisse sind möglich, solange man mit Schatten ficht und die wesentliche Substanz unbeachtet lässt.

Das Wesen der Wahrheit gehört nicht einem bestimmten Menschen zu, denn es ist Sein und Leben all dessen, was ist. Das Eine und Gemeinsame muss notwendigerweise in einer mit sich selbst identischen Existenz ungeteilt und allumfassend vorhanden sein. Darin liegt der Gipfel des Erreichbaren, der Kulminationspunkt allen idealen menschlichen Strebens.

In dieser integralen geistigen Sicht des Lebens wurzelt die ethische Grundlage der sozialen und familiären Beziehungen. Die Gesellschaft ist die Gesamtheit der Einzelnen. Sie ist dazu bestimmt, die Schleier zu durchdringen und mit der Kraft vereinten und gemeinsamen Strebens im Ringen um das Höchste in den Bereich des unsterblichen Seins vorzudringen.

Vereint leben wir, getrennt hören wir auf zu leben. Die menschliche Verbundenheit bedeutet nichts weniger als den Versuch, im täglichen Leben die selbstlose geistige Liebe, die hinter allen lebendigen Wesen steht, zum Ausdruck zu bringen. Die Liebe zum göttlichen Selbst oder zu Gott bedeutet Liebe zu allem und jedem im Universum.

Altruistische Liebe ist der Ausdruck sichtbarer Übereinstimmung mit dem unendlichen Leben im Herzen des Universums. Wenn Familie, Gesellschaft oder Nation dazu benutzt werden, Trennungen unter Menschen aufzurichten, kann eine solche Menschengruppe, Gesellschaft oder Nation nicht erfolgreich sein, wie weit und umfassend sie auch konzipiert sein mag. Jede Zusammengehörigkeit hat in die absolute Einheit. die nichts von sich ausschliesst, einzumünden. Dieses Ziel des Lebens sollten wir im täglichen Tun und Wirken vor Augen haben, wenn usere Handlungen freu von Selbstsucht und im Einklang mit der Bewegung der ganzen Schöpfung sein sollen.

Leben ist Gottesdienst. Richtiges Verhalten in der Familie, in der Verwaltung öffentlicher Angelegenheiten und in der Gesellschaft hat teil an der höchsten Leitung des Universums, welche die Gesamtheit aller Wesen mit völlig unparteiischem Auge überblickt. Wir leben, weil Gott ist, und unser Leben hat zum Ziel, so vollkommen und gerecht zu sein, wie Gott vollkommen und gerecht ist.

Diese Aufforderung, den Nächsten wie sich selbst zu lieben, bedeutet, dass der Nächste Dein eigenes inneres göttliches Selbst ist. Wir leben aus Gottes eigenem Sein. Wir atmen und bewegen uns in Ihm, und wir sollen zu Seiner Vollkommenheit heranwachsen. Als das Absolute ist es überall, beobachtet uns jederzeit und kann immer von uns erfahren werden. Wir sind in Seinem Herzen, und Sein Herz ist in uns. Mögen wir das klarer fühlen, wissen, erfahren und die Ergebnisse einer solchen Erfahrung im täglichen Leben zum Ausdruck bringen. Mögen wir beständig die Einheit mit dem Herzen Jesu Christi fühlen, mit dem Herzen der unendlichen Weisheit, mit dem Herzen der nie versagenden und unwandelbaren Liebe.

Die höchste Wahrheit ist die: "Das unendliche König reich Gottes ist überall." Die weisesten Menschen, die grössten Heiligen und Mystiker erfahren dieses unendliche Königreich in allen Lagen. Alles Unglück dieser Welt, alle Sorgen und alle Not kommen aus dem menschlichen Denken. In Wahrheit ist all das, was war, ist und sein wird, Gott. Sobald ein wenig Reinheit im Herzen und etwas Offenheit gegenüber der Gegenwart Gottes vorhanden sind, sobald ein wenig Übergabe an das Göttliche und Liebe für das Göttliche da ist, öffnet sich unserem täglichen Leben sofort eine neue Dimension: die Dimension des Reiches Gottes. Wir werden bewusst, dass das all-liebende Herz Gottes und die allsegnenden und schützenden Hände Gottes immer um uns und bei uns sind.

Wir leben aus Gottes eigenem Sein. Wir atmen und bewegen uns in Ihm, und wir sollen zu Seiner Vollkommenheit heranwachsen: "Seid vollkommen, wie der Vater im Himmel vollkommen ist."

Das Problem des Lebens ist ein Problem des Veränderlichen und des Unveränderlichen, dessen, was menschlich und dessen, was göttlich ist, des Unvollkommenen und des Vollkommenen. Die Wahrheit allein ist unveränderliche, ewige, grenzenlose Liebe, Licht und Weisheit. Wenn Christus hier und jetzt zugegen ist, dann deshalb, weil Er unbegrenzt ist. Das Unbegrenzte ist überall, das Begrenzte dagegen kann nur an einem Ort sein. Der Atlantik kann sich nicht zugleich an zwei Stellen der Erdkugel befinden. Nichts Erschaffenes kann zu gleicher Zeit an zwei oder an vielen Orten sein. Nur das Unveränderliche kann es, nur das Absolute. Es ist überall. Es schliesst alles in sich. Es überragt alles. Es war, ist und wird immer sein. Es ist das gleiche gestern, heute und morgen.

Der Mensch fährt fort zu leiden, bis sein Herz die unveränderliche Wahrheit liebt, bis sein Herz die unveränderliche Liebe berührt, die Gott ist, bis sein Herz mit der unwandelbaren, grenzenlosen, unendlichen Weisheit, die Gott ist, in Gemeinschaft tritt.

Wie auch immer die Menschen um uns her ihrer äusseren Persönlichkeit nach beschaffen sein mögen - in allen ist das strahlende Licht des Geistes Gottes. Die geistige Schau vermag es zu erblicken. Die reinen Herzen sehen dieses Licht. Heilige haben es erschaut. Die Erfahrung dieses Lichtes in allen Herzen formte ihr Leben. Eine solche Erfahrung ist für unser inneres Wesen ganz natürlich. Sie wird mit der Gnade Gottes durch Entfaltung innerer Demut erlangt, durch Pflege von Liebe und Selbstbeherrschung, durch beständiges inneres Herzensgebet und indem wir unser Bewusstsein mit den grossen geistigen Wahrheiten der Bibel erfüllen.

 

Die Bedeutung und Erfüllung des Lebens

Das Leben ist eine grosse Gelegenheit, denn es fordert uns immer wieder von neuem die Entwicklung moralischer und geistiger Qualitäten ab. Ein Samenkorn legt man nicht in die Erde, damit es dort untätig liege und zugrunde gehe, sondern damit es in aller Geduld zu seiner vollen Gestalt und Grösse, zu der ganzen in ihm angelegten Schönheit und Fülle heranwachse, damit es seinen vollen Wert als Baum mit Tausenden von Blüten, Blättern und Früchten entfalte. Für das Menschenleben gilt das gleiche. Gesegnet sind jene, die seinen tiefen Sinn erkannt haben.

Der Geist Gottes in uns kann uns zu Seinen gesegneten Kindern heranwachsen lassen, uns von Sünden erlösen, von menschlichen Schwächen befreien und zum göttlichen Bewusstsein emporheben. Weil der Geist Gottes schon in uns ist, in unserem Innersten wohnt, ist die Möglichkeit zur unmittelbaren Erfahrung Gottes gegeben. Weil Dampf latent im Eis vorhanden ist, kann Eis in Dampf verwandelt werden. Doch dazu müssen gewisse Bedingungen erfüllt sein.

Unser Erdenleben ist keine Bestrafung, sondern eine Herausforderung und Gelegenheit zu Wachstum und innerer Entwicklung, indem es immerzu Umstände schafft, an denen wir emporwachsen und uns weiterentwickeln können. Göttliche Macht und Gottbewusstsein wohnen in uns. Wir sind gesegnet. Unser Wert ist endlos und unsere Würde absolut. Das Leben bietet Umstände, unter denen wir gegen das, was unserem Frieden und unserem Glück entgegensteht, ankämpfen müssen und so die Kräfte des Geistes und des Herzens entfalten.

Menschen, die extremen Leiden ausgesetzt sind, gelangen in einen tiefen Gebetsgeist hinein, in dem sie eine Zeitlang verharren. Sie befinden sich dann in einem Zustand des Bewusstseins, in dem Gott für sie wirklich ist. Doch wenn das Leiden vorüber ist, vergessen sie leicht wieder das Göttliche und gleiten in ihren gewohnten Bewusstseinszustand zurück. Wenige nur, denen ausserordentliche Gnade zuteil wird, können sich weiterhin diesen besonderen Bewusstseinszustand erhalten und ihn mehr und mehr vertiefen. Jene, die sich rasch höherentwickeln wollen, versuchen, all diese Kräfte mehr und mehr aus sich zu offenbaren und so zunehmende Meisterschaft über die Bedingungen des Lebens zu erlangen. Das Leben verleiht uns eine Fülle von Erfahrungen, die uns seine Begrenzungen erkennen lassen, so dass wir die Mängel und Beschränkungen des irdischen Lebens klar sehen können und danach streben, über sie hinauszuwachsen. Wir gewinnen Stärke, sie zu überwinden und erwerben Eigenschaften, die für einen solchen Sieg notwendig sind. Um dieses Ziel zu erlangen, muss unser Streben immer vollkommener und ausdauernder werden. Immer mehr sollte das Verlangen in uns erwachen, uns ganz bewusst mit allen verfügbaren Kräften mit der Gegenwart Gottes zu verbinden.

Die unveränderliche Wirklichkeit in Dir ist der Fels, auf dem Du für immer unerschütterlich und unbesiegbar stehen kannst. Jenes wechsel- und zeitlose, allvollkommene Bild Gottes allein ist Deine unbesiegbare Stärke, Deine Macht, Deine Sonne, Dein unerschöpflicher Reichtum. Das Unveränderliche in Dir ist nicht Dein menschliches Gemüt, nicht Dein menschlicher Geist. Sie sind nicht Deine wirkliche Stärke. Der Bereich der menschlichen Psyche ist ein chaotischer Bereich, ein Tummelplatz aller Arten von Bestrebungen, Instinkten, Trieben, Wünschen und Begierden. So lange Du in Deinem Menschsein befangen bist, hast Du keinen Frieden. Stehst Du jedoch festgegründet auf dem unveränderlichen Sein der Wirklichkeit Gottes in Dir, dann bist Du Herr über das Gemüt, kannst es emporheben und lenken. Dann kannst Du das Leben meistern und die äussere Umgebung beherrschen, anstatt Dich von ihr beeinflussen und irreführen zu lassen. Dann kannst Du in die äussere Umwelt Werte tragen, die sie zu einem Paradies für Dich machen. Wir sind in dem Masse gesegnet, als wir auf dem Felsen des Göttlichen festgegründet stehen.

 

Die Struktur des geistigen Fortschritts

Die Bedeutung des geistigen Lebens liegt darin, hier und jetzt das äussere Leben reich und gesegnet zu machen, so dass es Sonnenschein um sich verbreitet. Je mehr Du Dich in diesem Augenblick bemühst, das Himmlische aus Dir hervorleuchten zu lassen, um so mehr gewinnst Du an Leuchtkraft und Stärke. Kannst Du Dich aber jetzt nicht dazu erheben, dann wird es Dir in Zukunft noch schwerer fallen. Kräfte, die brachliegen, schwinden dahin, und zuletzt geht selbst noch der Wunsch verloren, weil die Dunkelheit weiteres Dunkel anzieht. Aus diesem Grunde sollen wir alles Positive stets sogleich und mit Freude vollbringen, im Frieden, voll Licht und Kraft, im dynamischen und schöpferischen Wagnis. Darin liegt das Geheimnis raschen inneren Wachstums.

Wir sollten eine richtige Einstellung zum Leben gewinnen, eine Lebensanschauung, die in Harmonie mit dem göttlichen Bewusstsein in uns ist. Diese Haltung und Einsicht wird das ganze Leben vergöttlichen, vergeistigen und aus dem Leben selbst eine überzeugende Bewegung in Richtung auf die Erfahrung des göttlichen Bewusstseins machen.

Das göttliche Licht, das göttliche Bewusstsein, das göttliche Leben ist ohne Alter. Es ist unsterblich. Es ist allmächtig. Anstatt das Gefühl zu haben, in einem alternden Körper zu leben, wollen wir erkennen, dass die höchste Gottheit uns einen Mantel übergezogen hat, für dessen Reinerhaltung wir Verantwortung tragen. Wir sollen nicht meinen, dass dieser Mantel unserem persönlichen kleinen Ich gehört. Es ist ein Mantel, in den die unendliche Gottheit sich gehüllt hat. Wenn wir ihn pflegen, dann sollten wir spüren, dass wir der Gottheit unter diesem Mantel dienen. Wenn wir unser Gesicht waschen oder uns ankleiden, dann sollten wir spüren, dass wir unmittelbar der Gottheit in uns einen Dienst erweisen. Durch solches Denken lässt sich die Einstellung zum Körper grundlegend ändern.

Wir sollten keinem Menschen begegnen, ohne an erster Stelle die göttliche Gegenwart, die auch in ihm ist, anzuerkennen und zu grüssen. Obwohl unsere physischen Augen ständig von der Vielfalt der Aussenwelt, von Menschen und Dingen berichten, sollten wir jede Gelegenheit nützen, um uns an das Bewusstsein Gottes zu erinnern, das alle Schöpfung durchdringt und belebt. Wir sollten keine Nahrung zu uns nehmen, auch nicht die kleinste Speise, ohne sie im Geiste zuerst dem Göttlichen dargebracht zu haben. So können wir hier in diesem Erdenleben auch durch äusseres Tun das Gottbewusstsein in uns lebendig erhalten. Anstatt ein normales menschliches Leben der äusseren Sinne zu leben, statt uns in kleine Gefühle und Empfindungen einfangen zu lassen, sollten wir dem göttlichen Bewusstsein in uns, um uns und überall in unserem Leben dienen.

Die menschliche Intelligenz wird niemals in der Lage sein, eine richtige Erklärung für das Vorhandensein von Unwissenheit, Übel, Leiden und Unglück in dieser Welt zu geben, so lange sie nicht aufhört, nur menschlich zu sein und sich nicht mit der höchsten Intelligenz vereinigt. Nur ein Mensch. der in bewusster inniger Vereinigung mit Gott, als der unendlichen Wahrheit, unendlichen Vollkommenheit und dem unendlichen Bewusstsein lebt, kann die Welt so, wie sie an sich und in sich selbst ist, erkennen.

Die Disziplinierung des Unterbewussten ist daher ein sehr wichtiger Faktor beim geistigen Fortschritt. Seinen Einflüsterungen nicht nachzugeben, sondern Abstand von ihnen zu nehmen und die Dinge nicht im Licht des Unbewussten zu betrachten, sich von unbewussten und hintergründigen Tendenzen und Leidenschaften nicht verwirren zu lassen und alle Dinge im Licht der göttlichen Liebe zu sehen, darin besteht eine der wichtigsten Disziplinierungen des Unbewussten.

Wenn wir zur Einheit mit dem unendlichen göttlichen Bewusstsein gelangen, dem gleichen unendlichen göttlichen Bewusstsein, das die Schöpfung mit all ihren Unvollkommenheiten trägt und erhält, dann wissen wir, dass die Schöpfung ein zeitweiliges Phänomen ist, das keine Wirklichkeit in sich selbst besitzt und einmal verschwinden muss. Wenn wir eine direkte Erkenntnis des göttlichen Bewusstseins haben, dann sehen, erkennen und erfahren wir in und hinter allen Schrecken und Begrenzungen der Schöpfung die Vollkommenheit des himmlischen Königreichs.

Solange wir jedoch noch nicht zu dieser hohen Erfahrung des Göttlichen gelangt sind, hat es keinen Sinn, die Unvollkommenheiten und Schrecken in dieser Welt als illusorisch abzutun oder zu behaupten, dass Gott in ihnen erblickt werden könne oder dass sie gar von Gott selbst akzeptiert werden müssten.

Da das Problem der Erfahrung von Unvollkommenheiten in der Schöpfung aber nun einmal besteht, treiben unsere Vernunft sowie ein Verlangen nach Frieden und Glück uns dazu an, eine Lösung zu finden und die Erfahrung der unendlichen Wahrheit oder des göttlichen Bewusstseins zu erlangen.

Dass die Empfindungsfähigkeit gegenüber der Allgegenwart des Göttlichen bei vielen Menschen fehlt, ist auf die Vergröberung der menschlichen Natur und fehlende Läuterung des Wahrnehmungsvermögens, auf mangelnde Kultur des Herzens durch allumfassendes, liebendes Fühlen und mangelnde Disziplinierung des gesamten inneren Wesens zurückzuführen. Sobald diese höhere Empfindungsfähigkeit zur Wirksamkeit gelangt, fangen wir an, Gott überall zu erleben. Die Gottgegenwart ist überall vorhanden, auch in uns, und darum finden wir, dass das göttliche Bewusstsein in uns seine Fähigkeiten zur Gotterfahrung frei werden lässt, wenn unsere Natur geläutert ist, sei es durch das Wirken des Glaubens, durch das Wirken einer ungetrübten und lichten Intelligenz, oder indem sich die rohen menschlichen Kräfte beständig durch erhabene Formen des Dienens und durch fortgesetztes Wachstum an Weisheit aufbrauchen.

Wir sind nicht das, was wir aufgrund unseres menschlichen Denkens und Fühlens zu sein scheinen. Wir sind weit mehr als alles, was unserer Intelligenz sichtbar wird. In uns liegt ein seelischer Bereich voll endloser Kräfte. In uns befindet sich das Königreich des göttlichen Bewusstseins, das diesem noch übergeordnet ist. Wir haben viele Schichten in uns. Die Herrlichkeit und Grösse unseres Lebens beruht auf unserer Fähigkeit, uns diesen höheren Ebenen unseres inneren Wesens zu öffnen.

Jene, die noch nicht in der Lage sind, die göttliche Gegenwart mit der Wahrnehmungskraft ihrer Intelligenz oder der Liebe ihres Herzens zu erkennen, können versuchen, sich die Gegenwart Gottes vorzustellen, bis sich ihnen die Wahrheit erschliesst. Dieses Sich Erschliessen der Wahrheit der göttlichen Gegenwart ist nicht das Ergebnis einer Vorstellung, sondern ist die Wahrheit selbst. Die Einbildungskraft hat nur nachgeholfen, unser Bewusstsein zur Wahrheitsschau zu befähigen. Darum können jene, deren Sensibilität noch nicht gross genug ist, aus der blossen Vorstellung des Göttlichen Nutzen ziehen.

Wir sollten uns immerzu klar darüber sein, dass die Wahrheit der Gottgegenwart überall zu finden ist, nicht als eine tote Wahrheit wie etwa die Tatsache, dass ein Tisch vor uns steht; sondern diese Wahrheit der Gottgegenwart ist unbeschreiblich wunderbar. Sie ist allsehend. Sie ist in unserem Herzen und in unserem Denken. Sie weiss alles, und sie versteht alles. Sie ist um uns als die Unendlichkeit der Schönheit, aus sich selbst leuchtend und allbewusst. Sie kann für uns in einer Minute einen Himmel erschaffen, uns unendliche Stärke gewähren, uns mit endlosem Frieden und endloser Freude erfüllen. Sie kann uns zu Genies und Übermenschen machen. Sie kann uns von allen Seiten beschützen. Sie ist die Quelle von allem.

Unsere Möglichkeit zu Entwicklung, Entfaltung und Wachstum liegt in der beständigen Anerkennung der höchsten und überall gegenwärtigen Bewusstseinswirklichkeit. Wir werden niemals wahren Frieden, wahre Freude, wirkliche Macht gewinnen, bis wir diese Wirklichkeit berührt, erkannt und bewusst in uns verwirklicht haben. Diese ist jetzt und immer unser wesentliches Sein. In unserer Unwissenheit lösen wir uns in Gedanken und Gefühlen beständig von dieser Wirklichkeit los, um uns der Aussenwelt zuzuwenden und ausschliesslich in ihr zu leben. Dabei gerät diese Macht und Gegenwart in unserem Inneren in Vergessenheit. Wenn wir uns Gottes bewusst sind, können wir allen Versuchungen widerstehen, denn wir wissen um den grössten Schatz, der höchste Erfüllung schenkt und mit dem wir zugleich alles besitzen. Dieses göttliche Prinzip voll endloser Vollkommenheit, voll Frieden, Kraft, voll Weisheit und Wunder soll zum festen Bestandteil unserer alltäglichen Erfahrung werden. In einem solchen Erleben liegt die Kraft und Herrlichkeit des Lebens.

Wir leben durch die Berührung des Göttlichen im Bewusstsein unserer Unsterblichkeit. Es gibt mehr Wunder im Universum, als unsere Wissenschaften und Philosophien uns bisher erschliessen konnten, und noch grössere Wunder liegen in den inneren Bereichen der Menschenseele für uns bereit. Sie alle offenbaren sich, wenn wir die Gegenwart Gottes beständig vor Augen haben. Wir sollten immer mehr in das Bewusstsein des unendlichen Friedens, des unendlichen Glückes, der unendlichen Erkenntnis hineinwachsen und aus ihm heraus unser Leben führen.

Ein Kranker ist vom Bewusstsein seiner Krankheit beherrscht. Er redet beständig sich und anderen vor: "Ich bin krank, ich bin schwach, ich bin unglücklich." Ein wahrer Gottsucher jedoch ist vom Bewusstsein der Kraft und Stärke, des Friedens und des Lichtes, der allsehenden, auf alles reagierenden Gegenwart der Wahrheit oder Gottes erfüllt. Das äussere Leben kann nicht auf edle Weise schön, harmonisch, fruchtbar und in reicher Fülle gelebt werden, es sei denn, wir berührten zuvor die Gegenwart des Göttlichen. Unser wahrer Schatz, unser wahres Gesegnetsein liegen hier in dieser Gottgegenwart, die unser eigentliches Wesen ausmacht und das letzte und oberste Prinzip in unserem inneren Aufbau darstellt. In Seinem Licht wollen wir leben, in diesem Bewusstsein uns bewegen, von Seinem Frieden, Seinem Licht und Seiner Freude uns leiten lassen. Es ist ein allwunderbares, unendliches Bewusstsein, unendlich in Seiner Schönheit und Kraft. Wer könnte es jemals begreifen? Welche Wunder kann das kleine menschliche Bewusstsein im Traumzustand hervorbringen. Es erschafft Donner, Sonnenschein und Landschaften, Städte und fremdartige Wesen. Wo wäre ein Ende der Wunder, die es im Traumzustand hervorzubringen vermag? In einer einzigen Nacht kann ein Mensch vier oder fünf verschiedene Träume haben, vier oder fünf verschiedene Erfahrungswelten erschaffen. In dem einen Traum kann er Kaiser eines ungeheuren Weltreiches sein; in einem anderen Traum ist er in Armut verstrickt, voll Hunger und Verzweiflung. Für das Bewusstsein im Inneren ist alles möglich. Um wieviel grösser sind die Möglichkeiten des unendlichen göttlichen Bewusstseins!

Die Dimensionen des Bewusstseins im inneren Sein in uns oder im göttlichen Bereich, dem Bildnis Gottes in uns, sind grenzenlos. Alle Erkenntnis wohnt im Innern. Das Bewusstsein Gottes in uns birgt jetzt schon alle Zukunft in sich und weiss, was in Milliarden Jahren mit dem Universum geschehen wird; es trägt das Bild dieses Geschehens schon in sich. Was im Universum geschah, ehe die Erde entstand, die Menschen,die vor zehntausend Jahren die Erde bevölkerten, das Schicksal jedes einzelnen Menschen, der in tausend Jahren hier leben wird - jedes kleinste Detail von Vergangenheit und Zukunft, liegt im göttlichen Bewusstsein in uns bereit. Unbegrenztes Glück und grenzenlose Schönheit, die unvergänglich, unzerstörbar, allvollkommen sind, wohnen in diesem Bewusstsein des Bildes Gottes in uns. Wo befinden sich für einen Schlafenden die Grenzen seines Raums? Wo hat der Weltraum seine Grenzen? Sie existieren nicht. Dem Bewusstsein des Göttlichen in uns liegt jede Raumbegrenzung fern. Alles ist hier, und alle Zukunft ist jetzt - ebenso gegenwärtig ist alles Vergangene. Wir tragen Wunder in uns, von deren Grösse wir keine Ahnung haben. Wir kennen unsere Grösse nicht.

Wir leben in grosser Unwissenheit über diese wunderbare Gottgegenwart in uns. Wie Blinde, Irre und Kranke halten wir nach kleinen Dingen Ausschau, geben uns mit Kleinlichkeiten ab, stürzen uns in kleine, dumme Freuden, lassen uns von Hass und Gier, von Neid und Niedrigkeit gefangennehmen. Darin liegt unsere Sünde, dass wir die Bank endlosen Reichtums in uns nicht betreten, die Wunder in uns vergessen und nicht wissen, dass unendlicher Friede in uns bereitliegt, dass wir die unleugbare Tatsache verleugnen, dass das Zentrum unendlichen Glückes und unendlicher Vollkommenheit in unserem Inneren liegt. Darum besteht die letztgültige und ewige Botschaft der grössten geistigen Persönlichkeiten in der menschlichen Geschichte in der Aufforderung, sich selbst zu erkennen und das Himmelreich als erstes zu suchen.

 
In Dir ist der Schatz über allen Schätzen

In einem der bewohnten Räume eines schönen Schlosses liegt auf dem mit kostbaren Teppichen belegten Marmorboden eine Damentasche. Es ist eine ganz besonders schöne Tasche, sie ist mit Perlen und Diamanten bestickt. In ihr befinden sich sieben Millionen Franken, Wertpapiere und Dokumente. Ein Kind, das sich im gleichen Raum befindet, wird von den Farben und dem Glitzern der Tasche angezogen.

Es spielt damit. Es wirft die Tasche hin und her und weiss nichts vom Wert noch vom Inhalt dieser Tasche. Doch selbst wenn es davon wüsste, könnte es nicht den immensen Wert jener Millionen und jener Dokumente ermessen. Es erkennt ja noch nicht einmal den Wert jener sichtbaren Diamanten und Perlen. Das Kind spielt mit der Tasche und hat seine Freude daran, ohne etwas von den endlosen Möglichkeiten, die in ihr verborgen liegen, zu wissen. Viele gute und grosse Dinge könnte man mit dem Inhalt der Tasche, mit dem Spielzeug dieses Kindes, vollbringen.

Genauso spielt jeder Mensch mit der wundervollen Tasche seines inneren Wesens, erkennt und versteht nicht den Wert der Schätze, die sich in ihm befinden. Viele Menschen auf der ganzen Welt lesen täglich in der Bibel: "Das Königreich des Himmels ist in Euch". oder: "Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, und alles andere wird Euch hinzugegeben werden." Doch leider ist niemand den Wundern gegenüber aufgeschlossen, die sich im Himmelreich seines eigenen inneren geistigen Seins befinden.

Das Leben gleicht einer anziehenden, äusseren Hülle, die Schätze über Schätze in ihrem Inneren birgt. Der Mensch lässt sich vom äusseren Schein blenden und begnügt sich mit ihm. Er kennt und schätzt die Wunder seines Inneren nicht. Doch in ihm befindet sich der Schatz der nie endenden Liebe, der Schatz des allwissenden Geistes, der Schatz des Friedens, der jedes Verstehen übersteigt, der Schatz der unverwelklihen, unendlichen Schönheit, der Schatz der grenzenlosen Freude und der Schatz der allvermögenden Macht.

 
 

 6. DAS GLÜCK IST INNEN

 Der subjektive Charakter des Glücks
Stelle Dir vor, es würde Dir eine ganz besonders schöne und wohlschmeckende Frucht geschenkt. Doch zugleich ereilte Dich die Nachricht, Deine liebe Mutter sei gestorben: Du bist von Trauer übermannt. Die herrliche Frucht liegt vor Dir. Doch in Dir herrscht tiefer Schmerz. Man gibt sie Dir in die Hand, doch Du legst sie achtlos beiseite. Man schiebt Dir ein Stück in den Mund; aber sie schmeckt Dir nicht und Du weist sie zurück. Wäre nun wirklich Glück in der Frucht, etwa in ähnlicher Weise wie Strom in der elektrischen Leitung ist, dann hättest Du das Glück dennoch gespürt, so wie wir von einem stromdurchflossenen Leitungsdraht einen Schlag erhalten, ohne Rücksicht auf seelische oder gesundheitliche Zustände. Doch im Falle der Frucht verhält es sich anders. Sie schmeckt Dir nicht mehr, wenn keine Bereitschaft vorhanden ist, sich zu freuen. Sie schmeckt Dir auch nicht, wenn die Geschmacksorgane erkrankt sind.

Doch gibt es ein Glück, das von allem Äusseren unabhängig ist: Ein Mädchen schläft. Es befindet sich im Zustand tiefsten Schlafes. Wenn es erwacht, hat es den Eindruck, glücklich gewesen zu sein. Es sagt: "Ich habe sehr gut geschlafen." Erwuchs ihm dieses Glück aus irgendwelchen Dingen? Sah es schöne Blumen oder köstliche Gerichte oder sonst irgendwelche begehrenswerten Dinge dieser Welt? Gebrauchte es seine Augen, Ohren, seine Zunge oder sonst irgendwelche Sinne? Woher kam ihm dieses Glück im Schlaf? Dieses Glück war unabhängig von allen Gegenständen. Dieses Mädchen kann arm oder reich, gebildet oder ungebildet sein, sein Glück ist dennoch unabhängig, selbst vom Gebrauch und der Funktion der Sinne. Es ist in ihm. Es ist auch in uns. Auch wir sind im Zustand tiefen Schlafes glücklich, und dieses Glück ist von allem Äusseren unabhängig. Das Glück des Tiefschlafes wird jedoch in völliger Unwissenheit genossen.

Ein erleuchteter Geist oder ein kontemplativer Mensch könnte sich dieses Glückes im Zustand tiefer Meditation bewusst erfreuen. Etwas von diesem inneren Glück wird in der schöpferischen Aktivität grosser Künstler sichtbar. Es scheint, als verschaffe ihnen die künstlerische Tätigkeit Glück; in Wahrheit aber taucht dieses Glück aus sich selbst auf, dringt in die künstlerische Aktivität ein und wird in ihr offenbar. Das Schaffen des Künstlers selbst ist nicht die Ursache seines Glückes. Der wahre Friede, das wahre Glück, die wahre Kraft und Vollkommenheit des Menschen liegen nicht ausserhalb seiner selbst.

Das Universum, das wir erfahren, ist die Wirkung einer unsichtbaren Ursache. Das Unsichtbare ist Auslöser und Träger der Wirkungen, die wir im Universum vor Augen haben. Das Absolute ist die einzige Wirklichkeit. Die relativen Dinge und Objekte, das ganze Universum,das wir sehen, sind blosse Folgeerscheinungen, und in ihnen ist das Absolute vorhanden. Das Zeitlose ist die eigentliche Seele und die Substanz aller Zeitprozesse.

Das nie Erschaute, das Unsichtbare ist der wirkliche Träger alles Sichtbaren. Die letzte Erkenntnis, das wirkliche und wahre Wissen um irgend etwas Endliches, um das Universum, um den Menschen, liegt in der unerschauten Realität, welche Substanz und Quelle des Universums wie auch des Menschen ist: im göttlichen Königreich im Herzen des Menschen, dem Schöpfer des Menschen, dem wirklichen subjektiven inneren Beobachter menschlicher Erfahrungen und Zustände. In ihm liegt unsere wirkliche Kraft. Aus diesem steigt unsere Intelligenz empor. Aus ihm treten moralische, ästhetische und intellektuelle Vorzüge in Erscheinung. Aus dieser unsichtbaren, zeitlosewigen, unsterblichen Quelle treten die äusseren und inneren Merkmale des Bewusstseins zutage. Das Verlangen nach Frieden, nach Einheit und Vereinigung, nach Freiheit und Kraft, das wir im menschlichen Leben beobachten, ist Ausdruck der eigentlichen Natur des inneren Bewusstseins.

Der Mensch wird im allgemeinen vom Gefühl des Mangels beherrscht. Er ist stets voller Wünsche. Ungestillte Bedürfnisse und Wünsche führen zu Konflikten und Spannungen. Diese gelangen jedoch durch das ständige Wissen um unser eigentliches Wesen, um unser Sein als Gott und durch das Gewahrwerden, dass Gott unendliches Glück ist, zur Auflösung. Dieses beherrschende Erkennen im Hintergrund unseres Bewusstseins integriert unsere Persönlichkeit, gewährt uns innere schöpferische Befriedigung und richtet unser Wünschen, Streben und Verlangen auf immer höhere Ziele.

Wünsche und Begierden steigen aus Ermangelung höherer Erkenntnis und Einsicht auf, dass wir alles aus den unerschöpflichen Quellen in unserem Inneren haben könnten, wenn wir diese im täglichen Leben gebrauchten. Als etwas Begrenztes und mancherlei Bedingungen Unterworfenes, ist die Natur des Menschen durch Bedürftigkeit und dadurch bedingtes Unbehagen gekennzeichnet.

Im Menschen herrscht ein unwiderstehlicher Drang nach dem "Mehr" und somit letztlich nach dem Absoluten. Gib dem Menschen Reichtum - er wird mehr haben wollen. Gib ihm mehr, und er hat immer noch nicht genug. Das geht so ohne Ende weiter, ad infinitum. Gib dem Menschen Glück. Er wird mehr davon haben wollen. Gib ihm mehr, und er wird noch mehr haben wollen - endlos, ad infinitum. Gib dem Menschen Frieden. Er wird nach mehr verlangen. Gib ihm mehr, und er wird noch mehr haben wollen - ad infinitum. Gib dem Menschen Kraft. Er wird nach mehr Kraft verlangen. Gib ihm mehr, und er will noch mehr - ad infinitum. Gib dem Menschen Erkenntnis, und er wird mehr Erkenntnis haben wollen. Gib ihm grössere Erkenntnis, und er wird wiederum nach mehr verlangen, ad infinitum. Das im Menschen liegende Absolute gibt ihm diese Neigung ein und hält ihn dazu an, in jeder Hinsicht dem Absoluten zuzustreben und in jedem Wert, in jeder Wahrheit, in jeder Schönheit, in jedem Glück, in jeder Vorzüglichkeit nach dem Absoluten zu suchen.

Doch auch einen Kummer ohne Grund in sich zu tragen, ist kennzeichnend für den Menschen. Hat er auch nicht ein einziges Problem, bereitet er sich eines, nur um sich unglücklich zu machen. Er ist wie ein kleines Mädchen, das weint und zur Mutter sagt: "Mein Spielzeug kann nicht sprechen!" Die Mutter kauft ihm schliesslich eine sprechende Puppe, da ist das Kind zufrieden und hat einen Augenblick lang kein Problem. Doch dieser Zustand ist nicht von Dauer. Schon fängt das Kind von neuem an: "Mutter, meine Puppe will nicht mit mir gehen, sie kann die Beine nicht von selbst bewegen." Nun, es gelingt der Mutter, eine Puppe zu besorgen, die auch gehen kann, doch hat das Kind bald wieder eine Klage: "Die Puppe kann nicht essen wie ich." Es liegt nun einmal in der Natur des menschlichen Gemütes, Probleme zu erzeugen. Das gehört zu seinem Wesen. Das Wesen Gottes jedoch ist Glückseligkeit.

Wer weise ist, vergeudet keine Zeit und Kraft dem Glück am falschen Orte nachzujagen. Die Weisen suchen es in Gott, und Gott findet sich hier und jetzt in unserem eigenen Leben. Wir können Ihn deutlicher erleben als das Wirken des menschlichen Verstandes und alle Regungen unseres Herzens. Das Wirken des Gemütes führt uns in Probleme und hat seine Grenzen. Dem Wirken unseres Geistes, dem höheren göttlichen Bewusstsein in uns, sind keine Grenzen gesetzt. Es ist zeitlos, raumlos und führt zu unermesslichem Glück. Berühre Gott und lasse Deine Arbeit und Dein Tun, Dein ganzes Leben zu einer immer neuen, beständigen Schöpferfreude werden.

Die Psychologie menschlichen Glückstrebens
Eine Psychologie des menschlichen Glückes würde berechtigterweise die unendliche, vollkommen unabhängige Seligkeit als das letzte Ziel menschlichen Glücksverlangens erkennen. Diese Glückseligkeit ist das wesentliche Merkmal und die Eigenschaft der Gottheit, die in jedem von uns wohnt.

Der Mensch, so wie er beschaffen ist, fühlt sich in seinem Zustand nicht recht wohl. Dieser ist durch Unruhe gekennzeichnet, während Glück das Merkmal seines inneren göttlichen Bewusstseins ist. Das Glück ist Gott zu eigen, nicht dem Menschen. Die menschliche Erfahrung zeigt das immer wieder. Wie könnten sonst so häufig Menschen, denen nichts mangelt, die Geld, Ruhm und Namen haben, sich selbst das Leben nehmen? Denken wir an die zahlreichen Künstler, die Selbstmord begingen. Wonach haben sie denn in ihrem Leben gestrebt? Vielleicht ist man geneigt zu sagen: "Sie stellten zu hohe Anforderungen an ihre künstlerische Vollkommenheit. Sie hatten sich künstlerische Vollendung zum Ziel gesetzt." Doch was sie letztlich erstrebten, war das Glück. Sie glaubten, dass sie dieses erreichen könnten, indem sie ihre Begabungen entfalteten und Berühmtheit als Künstler erlangten. Sie suchten das Glück - doch, wie aus ihrer Lebensgeschichte hervorgeht, haben sie es nicht gefunden. Sie fanden nur vergängliche Freuden, Sensationen und Nervenkitzel, und schliesslich entglitten ihnen auch diese, denn alles Vergnügen hat einmal ein Ende, man kann sich nicht darauf verlassen. Darum sagt die Weisheit, die höhere Vernunft, die geistige Erfahrung, die Stimme der Güte und des Göttlichen in uns: "Es gibt noch etwas anderes, das die wirkliche Quelle unseres Glückes ist."

Jeden Tag wächst das Wissen an, das der Menschheit zur Verfügung steht. Über Welt und Natur, über das Universum wissen wir schon erstaunlich viel, jedenfalls weit mehr als unsere Vorfahren wussten. Vom Fortschritt des menschlichen Wissens bleibt jedoch unglücklicherweise unser eigentliches inneres Wesen, unser Herz und unsere Seele unberührt. Der Versuch, auf dem Weg der Überfülle äusseren Wissens zu unserem eigentlichen Wesen vorzustossen, ist eine Entstellung dieser Tendenz. Wir sollten unseren Wissensdrang und das Erkenntnisstreben in die rechten Bahnen lenken, indem wir Gott, das Sein unseres Seins, zum Gegenstand unserer Erkenntnis machen. Der beste und einzige Weg, alles zu erkennen, besteht darin, Gott zu erkennen. Erkennen wir Ihn, so erkennen wir damit auch alles Übrige. Wenn wir indessen bemüht sind, irgend etwas anderes zu erkennen, ohne Gott zuvor erkannt zu haben, geraten wir in Unwissenheit und werden von allerlei Prüfungen und Schwierigkeiten heimgesucht. Wir vereiteln so immer wieder unser eigenes Bemühen.

Indem wir danach streben, unser Inneres zu verstehen, werden wir unsere Begrenzungen und Schwächen einsehen lernen. Dann beginnt ein beständiges Kämpfen und Ringen, um über unsere Grenzen hinauszugelangen, um jene Bedingungen zu überwinden, die ein Hindernis für wahres Glück, wahren Frieden, für unsere Vollkommenheit und Macht darstellen.

Wir spüren ein Verlangen nach grösserem Glück, nach mehr Wissen und nach grösserer Schönheit in uns. Wir suchen dem Tod und dem Unglück, der Disharmonie und der Unordnung, allem Unguten zu entrinnen, um innerlich reich zu sein und uns selbst wie unsere Umgebung zu bemeistern.

Jeder sucht nach Glück und Kraft, nach jeder Art von Fülle und Erkenntnis, nach Schönheit, Harmonie und Freiheit, wie auch nach Befreiung vom Tod. Fragen wir nach den Gründen, warum all diese Tendenzen in uns liegen, dann lautet die Antwort: "Weil ein göttliches Bewusstsein, eine Wirklichkeit, die unbegrenzt und unbedingt, die absolut und unendlich ist, in uns lebt und durch uns seine Eigenschaften offenbaren möchte." Dieses göttliche Bewusstsein ist der Atem unseres Atems. Es möchte uns Menschen eine vollständige Erfahrung Seines Wesens zuteil werden lassen. Sein Wesen ist unbegrenztes Glück, endloser Friede, absolute Kraft, unendliche Freiheit, unendliches Licht, Bewusstsein, Erkenntnis und unbegrenztes, alldurchdringendes, zeitlos-ewiges Leben.

Wir beobachten daher auf der psychologischen Ebene unserer menschlichen Erfahrung den Wunsch nach Friede, Glück, Freiheit und Unsterblichkeit. Weil das göttliche Bewusstsein, ohne das wir nichts sind, ohne das wir nicht existieren können, das allein unser Dasein trägt und erhält, unendliche Fülle und unermesslicher Reichtum ist, besteht im Menschen der Erwerbstrieb, eine Tendenz, Dinge zu erwerben und zu besitzen. Schon das Kind ist eifrig bestrebt, Spielzeug zu erwerben. Der Geschäftsmann ist bemüht, seinen Reichtum zu mehren. Jeder Mensch hat normalerweise das Streben, seinen Besitz zu erweitern. Dieser Erwerbstrieb ist für den Menschen ein gewaltiger Ansporn zur Aktivität. Die Gewaltherrscher strebten danach. sich immer weitere Länder und Gebiete untertan zu machen. Eine schöne Frau will ihre Schönheit und ein starker Mann seine Kraft mehren. Die Tendenz, mehr zu sein und mehr zu besitzen, ist überall vorhanden. Besitzt ein Mensch mit stark entwickeltem Erwerbstrieb bereits zwei Häuser, dann möchte er noch weitere haben; hat er einen eigenen Wagen, dann wünscht er sich ein neueres und grösseres Modell mit automatischer Gangschaltung; und diese Art des Habenwollens wird sich bei ihm auf den meisten Lebensgebieten zeigen. Beschränkt er sich in seinem Streben ausschliesslich auf das Materielle, dann läuft er in eine Sackgasse.

Ein wenig Unterscheidungskraft, Weisheit und Güte, ein wenig höhere Empfindungsfähigkeit und ein Gefühl für die höhere Wirklichkeit im Menschen würde ihn zu der Einsicht bringen: "Ein Haus ist genug, ein Wagen ist genug. Ich habe, was ich zum Leben brauche." Und er würde damit sein Erwerbsstreben in eine andere Richtung lenken. Jeder besitzt schon etwas Liebe, Herzensgüte und ein wenig Weisheit, doch sind sie meist sehr begrenzt. Diese Grenzen könnte er nun erweitern. Jeder kennt schon ein gewisses Verlangen nach Vollkommenheit. Nunmehr sollte er sein Bemühen darauf richten, höhere Erkenntnis und mehr Wissen zu erwerben. Ferner könnte er seine Erwerbstendenz einsetzen, um seine moralischen Qualitäten, seine seelischen Vorzüge, sein inneres Bewusstsein zu vermehren. Ein Vermehren an Liebe und Weisheit, die Entfaltung der in ihm angelegten Möglichkeiten höheren Bewusstseins wäre ein wirklicher Gewinn.

Wenn jemand plötzlich stirbt, wenn er den stofflichen Körper ablegt, dann wird ihm keines seiner äusseren Besitztümer folgen, doch wird ihn alles, was er an Liebe und Erkenntnis, an Hingabe, Güte und Glauben erworben hat, begleiten. Durch sie wird er wirklich reich. Äusserer Reichtum sollte nur als Grundlage für inneren Reichtum dienen.

Im allgemeinen ist jeder bestrebt, sein Leben zu erhalten. Jeder schreckt vor dem Tode zurück. Das Leben ist dem Menschen teuer. Wir treffen mit all dem Aufwand unseres Lebens Vorkehrungen gegen den Tod. Diese Selbsterhaltungstendenz ist umfassend und stark. Wir essen, wir schlafen, um uns am Leben zu erhalten. Alles was wir tun, dreht sich irgendwie um dieses Streben nach Selbsterhaltung. Wir wollen nicht altern, wollen das Alter hinausschieben und jünger aussehen als wir eigentlich sind. Wenn wir dieser Tendenz in uns nicht unter der Führung von Vernunft und Weisheit eine Richtung nach oben geben, werden wir von den Kräften der Finsternis eingefangen, von Unwissenheit und Irrtum beherrscht und irregeführt. Schon beim ersten Versuch, ihr eine höhere Richtung zu weisen, würden wir rasch einsehen, dass diese Selbstbewahrungstendenz eine Entstellung des aus sich selbst seienden und sich selbst genügenden Wesens unseres inneren Bewusstseins oder Gottes darstellt. Dieses ist unser wahres Sein. Das sind wir wirklich unserem eigentlichen Wesen nach. Es ist unsterblich, unzerstörbar, das Eine ohne ein Zweites. Es ist allmächtig. Es kann nicht getötet werden. Es hat keine Kraft gegen sich. Weil es unsterblich und unzerstörbar ist, sich selbst erhält und alles in sich trägt, haben wir auf psychologischer Ebene das krankhafte Bestreben, unsere äussere, kleine und vergängliche Form um jeden Preis zu erhalten. Das ist eine Entstellung. Wir können uns in Wahrheit nur bewahren, indem wir das all-erhaltende, unsterblich-unzerstörbare Wesen bewusst in uns erleben.

Wir wollen noch eine weitere Tendenz in uns erkennen. In jeder sozialen Gruppe besteht ein Streben nach Einheit und Zusammenschluss, nach Harmonie und gegenseitigem Austausch. Wo liegt, vom metaphysischen und geistigen Standpunkt aus betrachtet, die Quelle dieser Tendenz zur Einheit, zur Freude und zur Harmonie? Sie liegt im Wesen Gottes, das Einheit ist. In diesem Einen ist alles enthalten, und in allen ist dieser Eine. Der Eine in den Vielen und das Viele in dem Einen.

Dieses Wesensmerkmal des göttlichen Bewusstseins in uns ist auf der menschlich-psychologischen Ebene in viele unglückselige Tendenzen aufgespalten und entartet. In seiner Unfähigkeit, diese Einheit zu erlangen, die für das göttliche Bewusstsein in uns kennzeichnend ist, versucht es der Mensch mit allen Arten äusserer,sozialer Zusammenschlüsse. Dochallenpolitischen oder menschlichen Zusammenschlüssen war bisher nur ein sehr bedingter Erfolg beschieden. In der äusseren Welt lässt sich keine wirkliche Einheit erlangen. Doch können wir aus der äusseren Einheit so viel wie möglich herauszuholen versuchen und sie als Ausgangsbasis nehmen, um zur göttlichen Einheit oder zur Einheit unseres inneren Wesens mit dem Göttlichen vorzustossen. Nur indem wir uns mit der göttlichen Natur in uns selbst identifizieren, erlangen wir vollkommenes Glück und wahre Sicherheit. Auf der menschlichen Ebene ist alle Einheit relativ. Menschliche Erfahrung zeigt uns, dass ein Glück, das sich auf dieser Art menschlicher Einheit und Vereinigung aufbaut, immer gefährdet, nur zeitweiliger Natur und mehr oder weniger starker Entartung ausgesetzt ist.

So sollte also diese Tendenz zu Harmonie und Einheit in rechte Bahnen gelenkt werden, und wir sollten dieser so lange folgen, bis die Einheit und Identität mit dem höchsten Sein und Wesen, mit Gott erlangt ist.

Auf seiner Suche nach Glück begeht der Mensch hunderterlei Fehler. Er ist ruhelos und denkt, eine Reise um die Welt würde ihn glücklicher machen. Vielleicht mag er auf seiner Reise ein wenig Freude erleben, doch sobald die Reise vorüber ist, fühlt er sich wiederum unglücklich. Dann beginnt die Jagd nach dem Glück von vorn.

Die Menschen glauben, sie fänden Glück oder Frieden, wenn sie in die Berge fahren; doch unglücklicherweise entgeht ihnen der Friede, und Ruhelosigkeit kennzeichnet ihr Leben. Wahrer Friede lässt sich niemals in dieser Welt von Zeit und Raum erlangen. Unsere Suche nach Frieden in der äusseren Welt ist eine grosse Täuschung. Nur indem wir in einen anderen Bewusstseinszustand überwechseln, in dem Gott die einzige Wirklichkeit ist und Gottes Gegenwart erfahrbar wird, erlangen wir Frieden. Gott allein ist wahrer Friede, und Ihn zu berühren und zu erkennen, Ihn zu erfühlen und zu erfahren, ist der Weg zum Frieden und das Ziel des Lebens. Unser Leben in der Aussenwelt ist dann ebenfalls durch Frieden gekennzeichnet. Wenn es gelingt, die zentralen Triebe des Menschen in einem einzigen Streben nach Vollkommenheit und Gotterfahrung zu vereinigen, wird unser ganzes Leben auf eine höhere Stufe emporgehoben, und das verleiht uns eine neue Würde, erfüllt uns mit Kraft und Licht.

Unser Streben, die Grenzen unseres gegenwärtigen Lebens zu überschreiten, unsere Ketten zu durchbrechen, unsere äusseren, emotionalen und mentalen Hindernisse zu überwinden, also das Streben nach wirklichem Wachstum, nach Wachstum in den Fähigkeiten des Herzens und des Geistes, des Willens und der Seele - dieses Streben bedeutet, den Frieden und das Glück Gottes zum bleibenden, normalen Kennzeichen unseres täglichen Lebens zu machen. Es bedingt aber auch, dass wir danach streben, die Ursache unserer Fehler und unserer Unwissenheit, unserer Begrenzungen und unseres Unglücklichseins zu beseitigen. Ein mühevolles Ringen um höhere Stufen des inneren Bewusstseins und der Evolution ist damit verbunden, ein Streben, das Antlitz Gottes zu erschauen und in Seiner Vollkommenheit zu leben, während wir in der Welt und im Körper leben, ein Streben, die Maske äusserer menschlicher Bedingtheit zu durchschauen und uns als das zu erkennen und als das zu leben, was wir in Wirklichkeit sind: als Kinder Gottes.

 
Neue Quellen des Glücks
Es ist unter der Würde menschlicher Vernunft, beständig in Probleme des Körpers vertieft zu sein und sich dauernd mit körperlichen Zuständen zu befassen. Lebe nicht im Körper, auch nicht im,kleinen persönlichen Ich mit seinen Wünschen und Gefühlen, sondern in etwas anderem, im dynamischen selbstlosreinen Dienen für Gott.

Versuche, im Göttlichen zu leben, versuche immerzu, den Geist, das Herz, die ganze Aufmerksamkeit dem Göttlichen zuzukehren. Manche Menschen können sich in Gesellschaft anderer selbst vergessen und werden dabei dynamisch und lebendig. Selbst diese Art von Selbstvergessenheit kann zur Quelle von Glück und Stärke werden und einer Heilkur gleichen, die den Menschen von sich selbst kuriert. Doch hält die Wirkung dieser Kur nicht lange an, so dass sie mehr als Flucht vor sich selbst zu bezeichnen ist. Wenn Du nun aber in Gott lebst und die Aufmerksamkeit von Herz und Geist von Dir und Deinem kleinen persönlichen Ich ins Göttliche verlegst, wirst Du mit seltener Kraft erfüllt. Hier ist das gleiche Verfahren nicht mehr Flucht, denn Gott ist ja Dein Höchstes, Dein wahres Selbst.

Wie verhält es sich nun, wenn Du Glück und Kraft aus köstlichen Speisen zu gewinnen suchst? Wenn Du bei Tisch ein köstliches Gericht vor Dir hast und zu essen beginnst, ist Dein Gemüt nicht mehr in Dich selbst vertieft und kann Dir darum nicht mehr lästig werden. Es ist bei den Speisen und mit dem Essen beschäftigt. Darum bist Du glücklich, darum bist Du stark und friedlich. Doch wie lange dauert dieser Zustand an? Nur so lange Du isst. Nach einer halben Stunde bist Du von neuem ruhelos und friedlos, und Deine alten Probleme kehren wieder.

Der Weg zum Glück besteht darin, in etwas anderem zu leben als man selbst ist. Wenn Du etwas Köstliches verspeist, lebst Du in dem, was Du zu Dir nimmst und nicht in Dir. Darum spürst Du Frieden, Glück und Kraft. Doch da all diese Objekte - ob nun Gäste oder köstliche Gerichte - ausserhalb von Dir sind und nicht, wie das Göttliche, in Dir, trägt dieses Tun den Charakter einer vorübergehenden Flucht. Lebst Du jedoch in Gott und nicht in Dir selbst, dann lässt sich von Flucht nicht mehr gut sprechen, weil ja das, in dem Du weilst, der Atem Deines Atems und das Leben Deines Lebens, das Herz Deines Herzens und die Seele Deiner Seele ist.

Der Weg des Weisen

Die Wahrheit gleicht einem fernen Ozean. Welchen Wert hat das Meer, um Deinen Durst zu stillen? Du kannst nicht daraus trinken. Dazu brauchst Du ein Glas Wasser, und dieses gleicht dem persönlichen Gott. So ergreife Gott sofort und unmittelbar als dieses Glas. Nimm und trink, und Du wirst Kraft bekommen. Dann kannst Du auch zum Meere wandern und dessen Grösse und Herrlichkeit erfahren.

In der Geschichte geistiger Erfahrung begegnen wir eher hundert Heiligen als einem Weisen. Es ist sehr schwer, ein Weiser zu sein. Es ist leichter möglich, auf dem Weg des Heiligen Gotterfahrung zu erlangen als auf dem Weg des Weisen. Doch manchmal lassen sich beide Wege auch zusammenfassen.

Der Weise geht den Weg des Denkens, der Vernunft, des Intellektes, der Betrachtung und der Meditation über die eine Wahrheit des Unendlichen. Seine Vorstellung von Gott ist das Absolute. Er lebt der Erkenntnis. Sein Weg ist abstrakt, ein Weg, auf dem das Bewusstsein sich vom Körper, von der Umwelt und der Welt freimacht.

Es ist keineswegs leicht, diesen Weg zu beschreiten. Gott ist die eine Wahrheit - doch kannst Du sie sehen? Du siehst sie nicht. Nun fragt es sich, wieviel Dir innerlich bedeuten kann, was Du nicht siehst. Gott ist absolute Energie und Liebe, unendliches Licht. Doch kannst Du diese nützen? Welchen Nutzen hat für Dich, was Du nicht nützen kannst? Gott ist allvollkommen, unendlich - doch welche Beziehung hast Du zum Allvollkommenen, Unendlichen? Was gewinnst Du, wenn Du nur gerade an dieses Absolute denkst? Wie kannst Du Dein ganzes Leben zu diesem Absoluten emporheben?

Tausend Gefahren lauern auf dem Pfad, hundert unvorhergesehene Versuchungen, gewaltige negative Mächte, die sich freundschaftlich anbieten und Dir doch gewaltigen Schaden zufügen. Das Wahrheitsbewusstsein lässt sich nicht leichthin erwerben. Die Welt hat während der letzten tausend Jahre noch keine zehn Weise hervorgebracht. Seit Sokrates, Pythagoras und anderen grossen Mystikern und Weisen haben wir kaum mehr von ihnen gehört.

Es ist sehr schwer, ein Weiser zu sein. Wie aber können wir dennoch zu dieser hohen Stufe der Weisheit gelangen? Der Weg führt über die Heiligkeit. Ein Heiliger ist. wer mit der Wahrheit lebt und wandelt, so wie man mit einem Freund zusammen durchs Leben geht, und mit der Wahrheit zusammen lässt sich wiederum nur leben und wandeln, wenn die Wahrheit zu einem persönlichen Freund wird. Also nennt der Heilige die Wahrheit Vater, Mutter, Freund, Geliebter, Jesus. Auf diese Weise erfasst er das Absolute in einem persönlichen Wesen, das bei ihm ist. So wird die unendliche namenlose Wahrheit zu einer persönlichen Gestalt, die mit ihm geht, mit ihm isst, mit ihm arbeitet, bei ihm steht, ihn beschützt - zu jemand, den er schauen, dem er dienen kann, während man von der unendlichen Wahrheit und Liebe zwar reden, aber keinen lebendigen Kontakt mit ihr pflegen kann. So lange indessen kein lebendiger Kontakt besteht, ist auch keine wirkliche Erkenntnis vorhanden. Darum rate ich Dir, den Weg des Heiligen und nicht unbedingt den des Weisen zu gehen.

 

Das Licht Christi

Unser Zeitalter ist so stark diesseitsgerichtet, areligiös und auf das sinnlich Wahrnehmbare eingestellt, dass die Befürchtung auftaucht, jedes Verlangen nach Jesus Christus könnte erlöschen. Das ist jedoch ganz unmöglich so lange der Mensch Mensch bleibt, d.h., so lange ein Sinn für die Unvollkommenheit des Zustandes, in dem er sich befindet, sein Herz nicht zur Ruhe kommen lässt. Seine sich ihrer selbst bewusste

Intelligenz hilft ihm nicht nur wie ein guter Lehrmeister, sich über seinen Zustand der Unvollkommenheit klar zu werden, sondern sie drängt auch auf dessen Überwindung. Es ist undenkbar, dass dieses Verlangen erlöschen könnte, solange der Mensch einen starken inneren Drang, eine allgemeine Vorstellung, einen Begriff wahren Fortschritts in sich trägt, so lange er für Ideale empfänglich ist und ein Empfinden für das Wahre, Schöne und Hohe hat.

Der Gedanke, die Menschheit könnte jemals das Licht, die Führung und Inspiration sowie die Gnade Jesu Christi entbehren, entspringt mangelndem Verständnis sowohl für das wahre Wesen und die Grösse Jesu Christi als auch für die fundamentalen Bedürfnisse des menschlichen Herzens und Geistes.

Im heutigen Zeitalter der Vernunft, der wissenschaftlichen Analyse, des Pragmatismus und des betont materialistischen Lebensstils sollten wir Jesus Christus nicht nur auf eine dem Geist des Zeitalters entsprechende Art, sondern zugleich auch auf eine Weise interpretieren, die der über das Menschliche hinausreichenden Bedeutung der erhabenen Persönlichkeit Jesu Christi gerecht wird. In Übereinstimmung mit der wahren geistigen Grösse, die Jesus Christus verkörpert, dürfen wir in Ihm nicht bloss eine menschliche Gestalt und geschichtliche Persönlichkeit, den Urheber einer bestimmten Religion, des Christentums, sehen, sondern den Herrn jedes menschlichen Herzens, das zum Denken an Gott erwacht ist, eine Gegenwart und Macht, die höchste geistige Regungen in der Seele jedes Menschen wachruft.

Wir sollten in Jesus Christus jene Schönheit erkennen, die sich in der Herrlichkeit Seiner segensreichen Taten, in der unsterblichen Kraft Seiner Worte und in der Erhabenheit Seines offenbargewordenen Wesens zeigt und zum Ausdruck bringt. Jesus Christus wird für alle kommenden Zeiten eine kulturfördernde und lebensbereichernde Macht darstellen, die dem Himmelreich im Herzen des Menschen Nahrung zu seiner Entfaltung bietet und ein Licht zur Erleuchtung von Leben und Denken bleiben wird. Dem Blick intensiven Gottgewahrseins des erwachten Menschen bietet Er sich als das unendliche Gottbewusstsein in der Umhüllung allumfassender Liebe dar, in Gestalt erlösender und umwandelnder Erkenntnis, als Verkörperung des Lichtes, das die irrenden und schwachen menschlichen Füsse zu geistiger Kraft, Freude und Freiheit geleitet.

Die moderne Wissenschaft hat die wesentlichen Probleme der menschlichen Existenz nicht gelöst. Die Biologie vermag nichts über das eigentliche Wesen des Lebens auszusagen. Auch keine andere moderne Wissenschaft kann Anspruch darauf erheben, Einblick in die eigentlichen Probleme und Schwierigkeiten menschlichen Daseins auf dieser Erde zu haben. Die wahre Einsicht in das Wesen des Menschenlebens und seiner grundlegenden Probleme erwächst dem christlichen Herzen aus dem strahlenden Licht und der erlösenden Liebe Jesu Christi.

Die heutige Wissenschaft spricht von einer unbekannten, unendlichen Intelligenz, die jede Erscheinung im materiellen Bereich organisiert. Was trägt und erhält sie? Es ist die Essenz der unendlichen, unzerstörbaren, ewigen Existenz: Gott. In jedem von uns befindet sich der lebendige Odem und das Bild des Höchsten. Weil dieser Geist in uns ist, wissen wir mit tiefer Überzeugung, dass unser eigentliches Wesen unsterblich ist. Wir verspüren darum auch den Wunsch, gut zu sein und Gutes zu vollbringen. Daraus entspringt der Impuls zu moralischem und geistigem Fortschritt.

Liebe, Glaube und Selbstübergabe an Gott sowie die grundlegenden geistigen Werte und Wahrheiten, die allein zur Lösung der eigentlichen grossen Fragen unseres täglichen Lebens beitragen, sollten in ihrer vorrangigen Bedeutung gesehen und erkannt werden. Demzufolge hat das Christentum sowohl heute als auch in Zukunft eine grosse Aufgabe zu erfüllen: die Lösung jener fundamentalen Lebensfragen, die von einer noch so fortgeschrittenen Wissenschaft bisher nicht gelöst wurden und auch in Zukunft nicht gelöst werden können. Was unsere technisch-wissenschaftliche Zivilisation an Wundern und Errungenschaften hervorgebracht hat, kann nur erhalten und fruchtbar genutzt werden, wenn wir zugleich auch eine Liebe in uns entwickeln, die vom wachen Empfinden für die göttliche Gegenwart, vom innigen Kontakt mit dem alles ernährenden, erhaltenden und beschützenden Gott getragen wird.

Alle grossen Staatsmänner zusammengenommen haben nicht erreicht, was Jesus Christus in den drei Jahren der Mission Seines Erdenlebens fertigbrachte. Das Geheimnis dafür liegt in Seinem Kontakt mit Gott. Die unverbrüchliche Beziehung zwischen Jesus und Seinem Vater wurde zur unsterblichen Grundlage all dessen, was Er in der kurzen Zeit Seines Erdenwirkens aufgebaut hat. Wenn wir nur ein Tausendstel der Liebe zu Gott und den Menschen hätten, die Er in sich verkörperte und zu der Er uns ermahnte, dann wären wir die rechten Werkzeuge, um Seine Gnade zum Ausdruck zu bringen und das Reich Gottes auf Erden zu bauen. Indem wir auf jede nur mögliche Art und Weise in unserem Alltag der Gegenwart Gottes Anerkennung zollen, indem wir üben, stille zu sein, mit <einfachem Auge> das Eine in allem zu sehen und mit allen Kräften zu lieben, wird es jedem von uns möglich, auf fruchtbare Weise mit dem Göttlichen in Kontakt zu kommen. Ist dies einmal der Fall, dürfen wir erleben, wie uns jeglicher Segen hier auf Erden auch im äusseren Bereich hinzugefügt wird.

Wenn sich ein wahrhaft christlicher Charakter entfaltet ein wahres geistiges Leben, das beständig im Herzen betet, das voll Demut, Glauben und Hingabe an Gott ist, das sich selbstlosem Dienen hingibt und gewohnheitsmässig dazu neigt, im Licht und durch das Licht der Lehren Jesu Christi zu leben - was geschieht dann? Wir sehen Christus überall. Wir sehen Gott überall. Die höheren Gesetze des Göttlichen, die in der noch nicht umgewandelten menschlichen Natur an ihrer Auswirkung verhindert sind, beginnen durch das Denken und Fühlen, durch den Willen, das Leben und Tun des Menschen hindurch zu wirken.

Es ist jedoch nicht leicht, das alte Wesen umzuwandeln. Diszipliniere Dich! Viele Schwächen machen sich bemerkbar und zerstören die schöne Blüte, die unser Leben ist. Lasse keine falschen und negativen Gefühle und Gedanken von Dir Besitz ergreifen. Versuche, Dich immer an die Wahrheit der strahlend wunderbaren göttlichen Gegenwart zu halten und in ihr zu leben, nicht aus dem Ego, nicht aus dem Stolz, nicht aus Neid, Eifersucht oder anderen inneren Unreinheiten heraus.

Das Leben ist sehr ernst, und mit jeder Minute geht viel verloren. Bemühe Dich, jede Minute mit intensiver Hingabe, mit gläubigem Vertrauen auf das Göttliche und mit Dienst für Gott auszufüllen. Lasse den ganzen Tag hindurch die Anrufung des höchsten Namens im Hintergrund der Seele, im Lichte dieser wunderbaren strahlenden Allgegenwart weitergehen.

Für einen grossen Menschen ist alles gross. Für ein reines Herz ist Gott überall sichtbar. Für einen Paulus ist Christus überall zugegen. Für einen Franz von Assisi ist Gott in Vögeln und anderen Tieren wahrnehmbar; es gibt keinen Ort, an dem Gott nicht gegenwärtig wäre. Gewaltig offenbart sich diese Welt für einen grossen Geist. Für einen echten Wissenschaftler von wahrer Grösse ist diese unsere Erde eine Wunderwelt voll nie enden wollender Entdeckungen.

Wer kann den Reichtum an Schönheit ausschöpfen, den sie für einen genialen Künstler in sich trägt? Wer kann die Harmonie ermessen, die sich dem unsterblichen Musiker darbietet? Wer wollte je bezweifeln, dass diese Welt für einen grossen Denker, dessen Intelligenz sich angeregt mit höchsten Fragen befasst, eine Welt endlosen Wissens ist?

Wenn sich der wahrhaft christliche Charakter aus den Tiefen unseres verborgenen geistigen Wesens heraus entfaltet, das dem Aufleuchten des Ebenbildes Gottes in uns entspringt, dann ist unser menschliches Leben mit göttlicher Gnade, Kraft und Erleuchtung gesegnet, und wir werden wahrhaft zu Friedensstiftern, zu lebendigen Formen, die Gottes Harmonie und Licht zum Ausdruck bringen.

 

Der Mensch als Saatkorn
göttlicher Eigenschaften

Wir sehen ein kleines Pflänzchen mit schönen Blättern und duftenden Blüten vor uns. Woher kamen all jene Blüten mit ihren bezaubernden Farben und jene zarten feinen Dolden mit ihrem Dufthauch? Sie ruhten verhüllt im Samenkorn. Ebenso sind wir Saatkörner des himmlischen Reiches. Wir sind das Samenkorn von Gottes Liebe, Schönheit, Güte, Macht, Erkenntnis und Glück. All diese Liebe, Schönheit, Güte, Macht, Erkenntnis und dieses Glück ruhen auch in uns. Als Saatkorn des Unendlichen tragen wir alle Vollkommenheiten in uns: Absolute Liebe ist die eine Vollkommenheit, absolute Schönheit eine weitere; absolute Güte ist die dritte Vollkommenheit; eine vierte ist absolute Erkenntnis; absolute Macht ist die fünfte Vollkommenheit, und noch eine weitere ist das absolute Glück. Diese sollen entfaltet werden, und Jesus besteht darauf: "Seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist."

Wie der Geist des Menschen im Traum ein ganzes Epos an Erfahrungen aus sich entfaltet, so enthüllt das höhere Bewusstsein Schönheit ohne Ende, die Eigenschaften und Erfahrungen des höchsten göttlichen Seins. Das Innere wird zum "Aussen". Hätte das "Innen" nicht schon zuvor bestanden, dann wäre auch kein "Aussen" möglich. Was in Erscheinung tritt, ist der Selbstausdruck dessen, was verborgen im Inneren ruhte. Die innere Essenz manifestiert sich in der äusseren Substanz. Das verborgene unendliche Königreich Gottes verlangt nach tätigem Selbstausdruck im täglichen Leben eines jeden Menschen. Doch ist dieses Saatkorn der göttlichen Eigenschaften, Schönheiten und Vollkommenheiten in jedem von uns von der Hülle des Ego umgeben, von entstellender Ichheit und begrenzender Selbstsucht, von Unreinheit und Schwächen, von der harten Schale des Stolzes, von Unwissenheit und allen anderen Unvollkommenheiten. Diese Hülle muss zerbrochen werden. Das Leben ist der Bereich, in dem sich die Eigenschaften des Göttlichen aus der Grobstofflichkeit und Verhüllung der Materie befreien, ein Kampf um Erfahrung und Manifestation jener Schätze von Liebe, Glück und Schönheit, die unserem höheren Wesen, dem Atem Gottes in uns, innewohnen. Was immer die Menschen in der Welt unternehmen, ist eigentlich und letztlich darauf ausgerichtet, Glück, Liebe und Erfüllung hervorzubringen; doch da sie jene Schätze, die ausgesprochen göttlicher Natur sind, im täglichen Leben nicht erfahren, wenden sie verkehrte Mittel und Wege an. Wahres Glück und wahre Schönheit können nur durch immer stärkeres Hervortreten jener Eigenschaften erlebt werden, die in unserem Innersten verborgen liegen.

Die Pflanzen stehen, äusserlich betrachtet, still und reglos da, doch von innen heraus wachsen sie. Ein dynamisches Leben beseelt sie. Die Energien in der Pflanze sind nimmermüde am Werk, um durch Blätter und Blüten das zur Offenbarung zu bringen, was in ihr angelegt ist. Die in der Pflanze wirksamen Kräfte versuchen, Farbe, Duft, Gestalt und alle besonderen Vorzüge zu entfalten. So ist auch unser inneres Sein langsam am Wachsen, ganz unbemerkt, unaufhörlich ist es immerzu in Bewegung, immerzu lebendig, rastlos tätig, selbst während unser Körper schläft. Auch wenn der Körper sich völlig still verhält, laufen die inneren Vorgänge in uns weiter. Das innere Wesen möchte sich offenbaren, indem es seine Vollkommenheiten im äusseren Leben zu entfalten sucht. Dieses Sein in uns trägt unendliches Wissen in sich. Höchstes Glück, Frieden und Erkenntnis ruhen in ihm. Es ist ein unvergängliches Prinzip in uns.

Heute haben die Wissenschaften, die sich mit Materie und Energie befassen, ungeheure Fortschritte zu verzeichnen, während es der Menschheit noch weitgehendst an der Beherrschung und Erkenntnis des inneren Bewusstseins mangelt. Philosophie und Psychologie sind entstanden, um die Natur und das letzte Prinzip in der menschlichen Konstitution zu erforschen, um tiefer in die psychologische Beschaffenheit des Menschen und den Mittelpunkt des Bewusstseins einzudringen. Doch unglücklicherweise haben diese beiden Wissenschaften dem menschlichen Leben im allgemeinen nicht den lebendigen Impuls und die dynamische Philosophie geben können, wie dies ein Leben, das im göttlichen Bewusstsein gelebt wird, zu tun vermag.

Die wahre Wissenschaft des Lebens besteht in der tiefsten Erkenntnis dessen, was das Höchste und Grösste im Menschen ist. Das ist wahre Wissenschaft, die unverbrüchlich an der inneren Essenz im Menschen festhält und ihn in die Lage versetzt, im täglichen Leben unendlichen Frieden, Stille und Glück zu erleben. Das Leben gelangt nur dann zu seiner tiefsten Erfüllung, wenn es aus den Quellen der höchsten göttlichen Erkenntnis, Liebe, Kraft, Schönheit - aus dem Gottbewusstsein gespeist wird.

Die Erkenntnis dessen, was das Beste im Menschen ist, die Erkenntnis der Wahrheit des letztlichen Prinzips seines inneren Seins muss an den Menschen nicht erst von aussen herangetragen werden. Der Mensch wird früher oder später, indem er innerlich heranwächst und sich geistig zu entfalten beginnt, darauf stossen. Das innere Selbst, die Wahrheit, das göttliche Prinzip im Menschen hat nämlich seine eigenen Mittel und Wege, sich ihm zu offenbaren. Selbst die grössten Atheisten und Agnostiker der Welt erlebten Augenblicke des Berührtseins vom Göttlichen, was ihrem Agnostizismus oder Atheismus ein für allemal ein Ende bereitete. Das Göttliche in uns ist allsehend und voller Dynamik. Es bringt sich zu dieser oder zu jener Zeit einmal zum Ausdruck, je nach der inneren Bereitschaft des Menschen. Gotterfahrung oder die Erfahrung grossen Friedens und einer unbeschreiblichen Schönheit, einer göttlichen Gegenwart, ist engstens mit dem Menschsein verwoben. Das ganze Leben ist nur eine Vorbereitung, damit der Mensch diese Berührung erreicht. Das Göttliche zu erleben, allumfassende Weisheit zu erlangen und zum Ausdruck zu bringen, hängt nicht vom Lebensalter oder vom Geschlecht, von der Zeit, Kultur oder Rasse ab. Weder Reichtum noch Armut spielen dabei eine Rolle. Weisheit, Liebe, Gotterfahrung - sie sind universal und zeitlos. Der ärmste Mensch kann einen grossen Reichtum an Liebe in sich tragen, kann von göttlicher Weisheit erleuchtet sein und durch eine innige und dynamische Erfahrung des Göttlichen gewaltige Kräfte erlangen; das gleiche Glück kann ebensowohl einem Millionär zuteil werden. Die Weisheit kann überall wohnen, und die Liebe kann in jedem Herzen weilen. Weisheit und Liebe stammen aus Gott, sind Attribute des Göttlichen. In Weisheit und Liebe kann die Menschheit sich einen. In Weisheit und Liebe werden wir das Reich des Göttlichen finden. In Weisheit und Liebe erlangen wir eine allwissende Intelligenz. In ihnen berühren und erfahren wir die Gegenwart des Göttlichen. Die Möglichkeiten des Menschen sind ohne Ende, weil sein inneres Sein die Gegenwart Gottes in sich trägt.

Man sagt nicht umsonst, dass der Mensch das Mass aller Dinge sei. Der Mensch ist ein vielschichtiges Wesen, das von verschiedenen Hüllen, die sein eigentliches Inneres verbergen, umgeben ist. Er kann sich sowohl mit seinem grobstofflichen Körper identifizieren und in der Sorge um dessen Wohl und Wehe aufgehen, wie es auch das Tier tut, er kann sich mit seinem selbstbewussten Verstand gleichsetzen, kann aber auch sein Einssein mit dem wahren Selbst fühlen, dem Saatkorn des Unendlichen.

 

Die Macht des Glaubens

Der Glaube ist es, der vor der Dämmerung schon den Vögeln das Morgenrot verkündet und sie singen lässt, obwohl es dunkel ist. So spürt auch die Menschenseele etwas von der Gegenwart des Göttlichen, noch ehe der Tag der Gotterfahrung angebrochen ist. Und indem man die göttliche Gegenwart fühlt und sie in freudigem Erkennen preist, sein Herz in liebender Hingabe und Verehrung für ihr Licht und ihre Liebe, ihren Frieden und ihre Freude weit auftut, wird auch die Erfahrung des Göttlichen in der Folge zur Wirklichkeit werden.

Wenn der Glaube in unserem Herzen erwacht, verströmt sich unser Leben in Liebe, und die den Himmel schaffenden Eigenschaften drücken sich beredter aus. Wir erlangen die Macht und Möglichkeiten, die Welt in Liebe zu erobern. Wenn der Glaube in unserem Herzen erwacht, gehen Ströme des Segens von uns aus. Wir werden zu Ausstrahlungszentren wunderbarer Schwingungen, aus denen die ganze Schöpfung ihren Nutzen zieht.

Der Glaube bringt unsere Seele mit den unausschöpflichen Schätzen des Himmelreiches in Verbindung. Übermenschliche Stärke zeichnete die grossen Christen aus, die ihr Leben aus dem Glauben lebten. Der Glaube an Gott, der Glaube an die Grösse der Religion, der Glaube an die Grösse des Herzens Jesu Christi hat Hunderten von Christen die Macht verliehen, durch unvorstellbare Prüfungen und Schwierigkeiten hindurchzugehen, gerade als wären sie nicht nur unwirklich, sondern er gab ihnen darüberhinaus eine positive Freude, die um ihrer selbst willen wert wäre, erlebt zu werden.

Der Glaube erhebt unser Wesen und verleiht ihm Licht und Kraft, so dass uns keine Umweltbedingungen mehr zur Niederlage zwingen. Der Glaube macht uns sanftmütig und deshalb wahrhaft machtvoll. Er schenkt uns echte Demut, die die Stärke der Grossen ist. Er macht uns furchtlos und gibt uns endlose Geduld. Wir treten jeder Herausforderung des Lebens gefasst, ruhig und mit heldenhaftem Geist entgegen.

Worin liegt das Geheimnis der Grösse jener, die auf grossartige Weise an der Entfaltung des Christentums mitwirkten? Ihre Grösse liegt im Glauben an Gott als unmittelbare Gegenwart, im Vertrauen auf den einen Gott, welcher der Welt Seinen herrlichen Sohn Jesus Christus geschenkt hat, auf Gott, dessen Gegenwart wir nie und nimmer entfliehen können, dessen Name Liebe und dessen Wesen Licht ist, auf den allbeschützenden und allbarmherzigen Vater.

Der Glaube an Gott hat die gewaltigsten Werke auf Erden geschaffen. Betrachten wir das Heldentum christlicher Propheten, Apostel und Heiliger, ihre Dynamik und Geistesgrösse, die Macht, die ihnen innewohnte, die Wunder, die sie im Namen Gottes vollbrachten, die übermenschliche Stärke, die sie in ihrer Hingabe an Gott und Jesus bewiesen: Es ist der Glaube an Gott, die Annahme des in Jesus, dem Christus verkörperten Lichtes und der durch Ihn zum Ausdruck kommenden Liebe, in dem die grössten Werke der menschlichen Geschichte ihren Ursprung nahmen. Wenn die Propheten in den unsterblichen Worten, die sie der Welt schenkten, im Gedächtnis der Menschheit weiterleben, wenn man die Heiligen achtet und verehrt, so geschieht dies um der grossen und wunderbaren Wirkungen willen, die sie aus der Macht des Glaubens vollbrachten.

Der Glaube macht Unmögliches möglich. Der Glaube ist der Mutterboden, dem alle Wunder entwachsen. Der Glaube bewirkt Erlösung. So kann uns Jesus, der Christus, sagen, dass schon ein Senfkorn Glaube Berge versetzen kann. Wir brauchen einen Glauben, der es uns ermöglicht, ständig im Bewusstsein der uns umgebenden Gegenwart Gottes zu leben. Wir brauchen einen Glauben, der unserem Leben neue Kraft eingiesst und uns im Wissen um den Schutz des allmächtigen Gottes stark sein lässt. Wir brauchen einen Glauben, der uns erkennen lässt, dass Gott hier und jetzt bei uns ist.

Der Glaube giesst uns unerschöpfliche Energien ein und befähigt uns, die Umstände des Lebens zu beherrschen. Wir brauchen Glauben an den, der das Leben erschaffen hat. Was verlieren wir, wenn wir Gott als das Leben unseres Lebens anerkennen? Statt zu verlieren, gewinnen wir unendlich. Wir sind von hoher Freude und von einer Kraft erfüllt, die alle Bedingungen und Umstände und alle Tücken des Lebens bewältigen.

Gottesglaube ist unerlässlich, wenn unser Leben ein Himmel werden soll. Wie eine Schlingpflanze Kraft gewinnt und gedeiht, wenn sie sich vom Boden erhebt und um den Stamm eines starken Baumes windet, um dem Zertretenwerden durch Tiere zu entrinnen und um aus Licht und Luft Leben zu gewinnen, so müssen auch wir die Macht und Gnade des unendlichen Gottes umschlingen, wenn wir leben, wachsen und uns himmelwärts erheben wollen. Letzten Endes ist Gott die einzige Kraft, die einzige Zuflucht, die einzige Stütze unserer Existenz. Wir brauchen Sein Licht und Seine Gnade bei jeder Wende unseres Lebens im Alltag. Weder die Macht, die der Wohlstand verleiht, noch die Hilfsquellen der menschlichen Intelligenz, des menschlichen Fleisses und der menschlichen Weisheit reichen aus, um den Anforderungen des Lebens gerecht zu werden. Wir brauchen die Gnade Gottes, damit unser Leben zu seiner Erfüllung gelangen kann.

Unsere wirkliche Stärke liegt in dem, der die Ursache unseres Lebens ist. Wenn wir keinen Glauben an uns selbst haben, dann haben wir auch keinen Glauben an Gott, und wenn wir Glauben an uns selbst besitzen, dann haben wir in Wahrheit auch Glauben an Gott. Letztlich sind wir mit Gott innigst verwandt. Gott hat uns nach Seinem eigenen Bildnis erschaffen, und Seine Gnade bringt sich uns im täglichen Leben auf tausenderlei Weise zum Ausdruck. Die ganze Schöpfung strahlt die Gegenwart Gottes wider. Jedes Atom der ganzen Schöpfung singt Gottes Lob und Preis.

Die Welt ist aus dem Herzen Gottes gebildet, wird vom Herzen Gottes erhalten, und unsere Kraft, unser Glück und unsere Erleuchtung beruhen auf unserer Fähigkeit, die Gegenwart Gottes überall wahrzunehmen. Unser Leben erlangt dadurch ein alles überragendes und alles in sich vereinigendes Ziel. In dem Augenblick, in dem wir die Wirklichkeit Gottes anerkennen, gewinnt es Sinn, Bedeutung und Wert. Der Mangel an Glaube ist es, der eine Welt des Unglücks und der Prüfungen, der Unstimmigkeiten und Probleme, der Kriege und des Leidens hervorruft. Wenn der Glaube in uns wächst, wird unsere Seele lichtvoll, und die Weisheit Gottes kann sich in uns entfalten.

Keiner würde Selbstmord begehen, keiner würde sich und anderen zur Quelle des Unglücks werden, keiner würde die Probleme des Lebens fürchten, wenn er nur ein wenig Glauben an Gott besässe. Schon ein wenig Glaube befreit uns von den Belastungen des Lebens, macht uns furchtlos und frei, sanft und gesegnet, stark und unbesiegbar, selbst unter schlimmsten Bedingungen und Prüfungen. Wo immer sich wahre Grösse in der Welt findet, kann man sicher sein, dass sie eine Frucht des Glaubens ist. Der Glaube lässt den schwachen, hilflosen, unglücklichen Menschen eins werden mit der Allmacht, dem Licht, der Gnade und der Liebe Gottes. 

Das göttliche Licht

Gott ist Licht - was soll das heissen? Ein Bewusstseinslicht ist damit gemeint, nicht etwa ein Licht im physikalischen Sinne. Es bezeichnet das Licht der Seele, das Licht des inneren Seins und Bewusstseins. Es ist die Erkenntnis- und Wahrnehmungskraft, die Bewusstseinskraft, die im Menschen durch die körperlichen Augen hindurch die Welt erschaut. Es ist ein unbeschreibliches Licht. Man kann vielleicht das Sonnenlicht beschreiben, doch nicht das Licht der göttlichen Erfahrung. Es ist unendlich viel strahlender als das Licht, das aus den vereinten Strahlen von Milliarden Sonnen hervorbricht. Es ist über alle Worte erhaben. Das äussere Auge kann es nicht sehen, denn seine Fähigkeit ist so begrenzt, dass es noch nicht einmal in die volle Strahlenfülle unserer äusseren Sonne blicken kann.

Die Herrlichkeit der Gotterfahrung, die Strahlkraft seines Lichtes ist unbeschreiblich. Nur das Auge Gottes in uns erblickt dieses Licht. Es ist ein unvergängliches und von allem unabhängiges Licht. Die Sonne geht auf und die Sonne geht unter, doch dem Licht Gottes ist kein Aufgang und kein Untergang gesetzt. Es ist ein beständiges, ewiges Licht. Es war, ist und wird immer sein. Es ist grenzenlos. Durch die Erschaffung der Welten, durch die Offenbarung des ganzen Universums wird es um nichts dunkler. Es nimmt nicht durch die Milliarden Sonnen und Gestirne, die es ins Dasein gerufen hat, ab, sondern bleibt unberührt von allem, was es aus sich erschaffen hat und weiter offenbaren wird. Es ist unbeschreiblich, doch kannst Du etwas davon ahnen, wenn Du die Tatsache bedenkst, dass unsere Sonne, die ein so winzig kleiner Stern ist, eine solche Strahlkraft besitzt. Es gibt noch unzählig viele Sterne im Kosmos, die weitaus grösser sind als unsere Sonne. Wie ungeheuer machtvoll muss dieses Licht doch sein, das während Jahrmillionen solche Lichtkörper erschaffen und erhalten kann!

So ist es nicht zu fassen, wie gross und wunderbar das Licht der Gottheit ist. Und wenn Du sagst: "Gott ist Licht", dann gleicht das dem Geplapper eines Kindes, das nicht weiss, wovon es redet. Deine Vorstellung von Licht nimmt vielleicht das Kerzenlicht oder auch das Sonnenlicht zum Vorbild. Heller noch und strahlender als die Leuchtkraft von Millionen Sonnen ist die Gegenwart des Göttlichen, dieser Wirklichkeit der Wirklichkeiten und Wahrheit aller Wahrheiten.

Gott ist weit wirklicher als das Licht, das unseren Raum erhellt. Er ist uns näher als unser Verstand. Er ist das Wunder aller Wunder, zeitlos, unsterblich, ewig, unzerstörbar und unbeschreiblich in seinem Wesen. Er ist die zeitlose Wirklichkeit in uns. Er weiss alles. Er sieht alles. Alles ist aus Ihm hervorgegangen. 

Das unendliche Bewusstsein

Du bist Träger des unendlichen Bewusstseins, der Allgegenwart, Allmacht und Allwissenheit. Es gibt keine Freude, keine Form von Frieden und Vollkommenheit, die nicht aus Deinem inneren Wesen emporzusteigen vermag. Das ist so, weil Du nicht nur eine Schöpfung aus der höchsten göttlichen Wirklichkeit bist, sondern weil Du das Göttliche selbst verkörperst, so dass Du nie von Ihm getrennt werden kannst. Du bist ewig eins mit Ihm. Wo hätte Es eine Wohnung, wenn nicht in Deinem innersten Herzen, in Deinem Sein und Wesen. Sein Bewusstsein ist es, das Grundlage, Substanz und Quelle aller Intelligenz und Strahlkraft, jeder Kraft und Schönheit, alles Vorzüglichen und Lichten in Dir und um Dich her ist. Dieses Bewusstsein liegt aller geistigen, psychischen und körperlichen Aktivität zugrunde. Diesem kannst Du niemals entfliehen, denn dieses allsehende, allwissende, allmächtige und allschöpferische Bewusstsein ist immer bei Dir und kann nicht zerstört werden. Es kann Dir nicht genommen werden. Wohin Du Dich auch wenden magst - es geht mit Dir. Es ist untrennbar mit Dir verbunden als die Grundlage des Bewusstseins, das Du von Dir selbst wie auch von Deiner Umwelt hast, des empirischen menschlichen Bewusstseins, das sich entwickeln und sich selbst transzendieren kann.

Die endlosen Kräfte und Wunder der Vollkommenheit und des Friedens Gottes lassen sich weder angemessen beschreiben, noch können sie im Bereich des äusseren Lebens völlig sichtbar gemacht werden. Doch lässt sich beweisen, dass der menschliche Alltagsverstand mit seiner Behauptung, die Kräfte Gottes seien nicht erfahrbar, leicht zu widerlegen ist und der kritische Intellekt kein Recht hat, über das Vorhandensein des Göttlichen ein Urteil zu fällen. Dazu müsste erst einmal der Nachweis erbracht werden, dass dieses kritische Denken wirklich dem idealistischen Denken der Grössten der Welt gewachsen ist.

Wenn uns schon klar ist, dass wir nicht die glänzende Vernunft eines Plato, die Heiligkeit und Sensitivität eines Franz von Assisi, die Seelengrösse anderer grosser Heiliger und Weiser in der Welt besitzen, sollte uns auch bewusst sein, dass wir nicht über die nötigen Voraussetzungen verfügen, um.die Existenz Gottes oder die Möglichkeit der Verwirklichung von göttlichen Kräften im menschlichen Leben zu bestreiten.

Tatsächlich ist Gott die zentrale und unbedingte Wirklichkeit all dessen, was je sichtbar wurde. Es gibt keinen Ort, an dem Er nicht zugegen wäre. Es gibt keinen Weg, auf dem Er nicht berührt werden könnte. Gott hat sich nicht nur in die innerste Tiefe jedes Menschenherzens versenkt, sondern auch in jeden von uns die geeigneten Fähigkeiten und Kräfte gelegt, durch die wir Sein Dasein erfassen können. In Zuständen des meditativen und mystischen Bewusstseins erlangen wir eine direkte Wahrnehmung der unendlichen Glückseligkeit, die Gott ist. In solchen Bewusstseinszuständen haben wir eine sehr starke, unwiderlegbare, persönliche, unmittelbare Erfahrung der Unendlichkeit des Friedens und des schöpferischen Bewusstseins, das Gott ist.

Der Mensch übt seine Funktionen in Zeit und Raum aus. Gott dagegen ist jenseits von Zeit und Raum. So lange Du Dir der Zeit und des Raumes bewusst bist, stehst Du nicht wirklich mit Gott in Verbindung. Versuche darum, Dein Bewusstsein aus dem Körper, aus der Zeit-Raum-Welt herauszuheben und als zeitlose, formlose, namenlose göttliche Wirklichkeit zu leben. Ein wirklich geistig Strebender kümmert sich nicht darum, wann er geboren wurde. Er denkt weder an sein Alter noch an sein Geschlecht. Er ist nur Seligkeit, nur Licht. Er ist sich seiner Unvergänglichkeit bewusst. Ein Weiser akzeptiert nicht seinen Geburtstag und infolgedessen auch nicht seinen Todestag. Er ist sich seines Alters und seines Körpers nicht bewusst, und darum ist er immer jung, dynamisch und voller Energien. Wie immer auch unsere psychologischen, moralischen oder körperlichen Mängel aussehen mögen, das metaphysische Prinzip wird davon nicht berührt. Das Reich des Göttlichen im Innern wird von menschlichen Begrenzungen und Fehlern nicht betroffen. So wird es möglich, sich mit Hilfe dieser Schätze aus dem Innern aller äusseren Schwächen zu entledigen und das Licht Gottes hier auf Erden als Frieden, Weisheit, Freude, Liebe und Schönheit des Geistes aufstrahlen zu lassen. 

Das Streben nach dem Höchsten als
Ausdruck eines universalen Impulses

Religion ist nicht Idee, nicht leere Phantasie, nicht die Liebhaberei einer bestimmten Menschengruppe. Religion ist Ausdruck eines universalen Impulses, dem letztlich niemand widersteht. Jeder Mensch denkt verschieden und dennoch in Richtung auf das eine höchste Sein.

Glaube, Liebe, Dienen, Weisheit und Gott sind gemeinsames und ewiges Gut der Menschheit. Sie gehören jedem, der unter der Sonne geboren wurde. Sie sind nicht Alleinbesitz irgendeiner Religion oder Institution, irgend eines Menschen, eines Landes oder einer Kultur. Sie sind wesenseigene und untrennbare Eigenschaften des höchsten Bewusstseins im Menschen, wo immer er sich befindet, in jedem Zeitalter, in jeder Klimazone, in jeder Kultur. So lange wir nicht dieses Reich in uns berührt haben und seine Schätze im täglichen Leben offenbaren, können wir niemals wirklichen Frieden und wirkliches Glück geniessen. Wir mögen noch so grosse Persönlichkeiten, in noch so hoher sozialer Stellung, hochgeehrt, mit glänzender Intelligenz begabt und ungeheuer reich sein, wir können sein, was immer wir wollen, niemals wird unser Leben wirklich glücklich sein, so lange wir nicht die Eigenschaften, Merkmale und Schätze dieser Wahrheit aus unserem Inneren offenbar werden lassen.

Die Unterschiede liegen in der Verschiedenheit der Wege, die benutzt werden. Es ist der untermenschliche, sinnliche Trieb und nicht das geistige Streben des Menschen, was durch Verachtung fremder Völker gerade die eigentlichen Lebenswerte zerstört, zu Kriegen, Ruhelosigkeit, Kummer, Unglück und Leidenführt.

Die moderne Zivilisation verachtet die Religion, weil sie diese für einen Ausdruck irrationaler Geisteskräfte hält. Doch ist dem nicht so. Religion ist das Licht, das ein in höchstem Masse rationales Leben emporhebt. Sie ist Manifestation der ewigen Glut göttlicher Intelligenz, die selbst bei den gewaltigsten Genies der Welt nur wie durch einen kleinen Spalt hindurchschimmert. Ohne Religion gibt es keine Kultur. Doch ist Religion ohne Wert, wenn es ihr an wahrer Geistigkeit mangelt.

Ein Mensch, der seine innere Schau durch den Glauben an die Grundwahrheiten der eigenen Religion vertieft und eifrig bemüht bleibt, das ihm vorgesteckte Ziel zu erreichen, wird erkennen, dass die Vielzahl der Glaubensbekenntnisse schliesslich in den einen universalen Glauben einmündet. Die Unterschiede liegen nur an der Oberfläche. Das Wesentliche in allen Religionen bleibt sich gleich. Alle Propheten sprachen, wenn auch in verschiedenen Worten, von demselben Gott. Die Erziehungsmethoden aller Religionen sind sich im Grunde gleich. Sie haben die Reinheit des Herzens, die Entwicklung des Glaubens, das Erlangen göttlicher Weisheit, die Liebe zum Nächsten, die Bereitschaft im Dienst für andere, Gebet und Hingabe an Gott und die Treue zur Wahrheit zum Ziel. Die Rosensorten sind verschieden, aber der Duft ist ihnen gemeinsam. Die äusseren Formen der Anbetung sind verschieden, aber die Religion des Herzens ist immer dieselbe. Verschiedenartigkeit liegt im Plan der Schöpfung, und auch die Religion bildet hier keine Ausnahme.

Die Religion des Herzens ist die einzige Grundlage der wahren und dauernden Einheit aller Menschen. Die Religion des Herzens ist die Religion der Liebe. Die Menschen können nur zur Einheit gelangen, wenn sie von Neid, Hass und niedriger Gesinnung frei sind. Wenn das Herz gereinigt ist, erwidert es Hass mit Liebe und gutem Willen. Der Mensch kann sein Leben geistigen Werten weihen; er wird dann Freude und das Königreich Gottes überall finden. Das eigentliche Wesen der Religion liegt in der unmittelbaren Erfahrung des Göttlichen.

Die universelle, Freude spendende Kraft absoluter Religion muss das Herz ergreifen. Es gibt nur ein einziges Ziel des Lebens, dem wir alle bewusst oder unbewusst zustreben, und dieses besteht darin, immerwährende Freude, nie zu erschütternden Frieden, niemals irrende Weisheit und göttliche Vollkommenheit zu erlangen. Dies zu erreichen ist nur möglich, wenn der Mensch erkennt, dass alle Vorstellungen über Gott nur Aspekte des einen höchsten, unsterblichen, göttlichen Seins und alle religiösen Formen nur verschiedene Abschnitte des grossen Pfades der einen Wahrheit sind.

 

 

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